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Nr. 165+ 39. Jahrgang

Beilage des Vorwärts

Der Werklehrling der Neuzeit.

Wissenschaftliche Ausbildung bis zum Gesellen.

,, Die altväterliche Art der Lehrlingszüchterei, die in der Hand-| Lehrzeit fehrt er in die Lehrlingswerkstatt zurück, macht hier fein werfslehre beim Kleinmeister und in der Prinzipalslehre beim Gesellenstück und empfängt nechmals eine gründliche Belehrung über Kleinträmer ihre typischen Ausdrucksformen fand, steht vor dem alle Einzelheiten seines Handwerks. Durch seine ganze Lehrzeit Zusammenbruch und vor der Auflösung. Jeder Versuch, sie neu zu hindurch begleitet ihn das Werkflatibuch. Von allen Stücken, die er beleben, ihr neuen Geist und neuen Inhalt einzuflößen, wäre eine in den ersten zwei Jahren anfertigt, muß er eine freihändige Skizze in dieses Buch mit ferrefter Maßangabe einzeichnen. Die Stizzen nicht zu rechtfertigende Halbheit, die zum Scheitern verurteilt und werden zensiert und gegebenenfalls verbessert. In den letzten beiden darum abzulehnen wäre." Dieser Satz steht am Anfang der vom Lehrjahren muß innerhalb zwei Wochen eine Skizze der jeweils wich­Genossen Sassenbach eingebrachten Grundsatzerklärung, die der tigsten Arbeit geliefert werden. Nürnberger   Kongreß der deutschen Gewerkschaften im Jahre 1919 feinen Vorschlägen zur Regelung des Lehrlingswesens voranstellte. Eine Reihe größerer Betriebe ist nun in der Lehrlingsausbildung planmäßig unter Berücksichtigung der vom Gewerkschaftsbund ge­machten Vorschläge vorangegangen, unter anderem auch die Deutschen   Werke in Spandau  - Haselhorst  . In diesem Frühjahr haben dort 57 Lehrlinge ihre Lehrzeit beendet und aus diesem Anlaß wurde im Kasino in der Berliner Straße eine Aus­stellung von Lehrlingsarbeiten veranstaltet, die einen guten Ein­blick in den Lehrbetrieb dieses staatlichen Werkes gestattete.

Psychotechnische Prüfung.

Fortbildungsunterricht.

Der theoretische Unterricht wird im Werke selbst erteilt. Das hat den Vorzug, daß die Jahrgänge zusammenbleiben und daß der Unter­richt der Pragis angepaßt werden kann. Er umfaßt sonst den gleichen Unterrichtsstoff wie in den übrigen Fortbildungsschulen. Daran schließen sich Besichtigung von Wertsanlagen. Die letzte größere Be­fichtigung führte die Lehrlinge nach Stettin  , und es besteht die Ab­licht, in diesem Jahre das Riefengebirge und dabei eine Anzahl Schlesischer Betriebe aufzusuchen.- Den Lehrlingen steht neben einer Unterhaltungsbibliothet eine 200 Bände starte fachwissenschaftliche Bücherei zum eingehenden Studium zur Verfügung. Die Intelligen­testen von ihnen erhalten noch eine besondere achtwöchige Ausbildung im technischen Bureau, auch werden sie angeregt zur Lösung frei williger Hausaufgaben. Am Schlusse eines Halbjahres finden Ge­fellenprüfungen statt, aber auch die Leistungen der übrigen Jahr­gänge werden einer Kritik unterzogen.

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Vor der Einstellung findet eine Auslese der Begabten durch eine psychotechnische Prüfung statt. Es handelt sich dabei nicht um die Feststellung von Kenntnissen, sondern um die von Fähigkeiten und Eigenschaften, die der junge Mensch für den Beruf als Schlosser, Dreher, Modelltischler oder Former mitbringen muß. Die Prüfung bezieht sich auf geistige und förperliche Fähigkeiten. In geistiger Hinsicht werden von dem als Lehrling Einzustellenden verlangt: Eine lehthin eröffnete Ausstellung zeigte den Erfolg dieses Lehr­Gedächtnis für sinnvolle. Zusammenhänge, Gedächtnis für Form betriebes. Alle dort ausgestellten Gefellenarbeiten mit einer ein und Zahl, Kombinations- und Konzentrationsfähigkeit, Raumvor- zigen Ausnahme- entsprachen den in der Praxis zu stellenden An­stellung, Geschicklichkeit im Zeichnen und gewandtes Rechnen. In forderungen vollauf, einige waren von einer geradezu bewunderns förperlicher Hinsicht wird Augenmaß, Gelenkempfindlichkeit und würdigen Sauberkeit. Die Arbeiten in der Lehrlingswerkstatt werden Feingefühl der Hand verlangt. Das Augenmaß wird durch Oplo- nach den Grundfäßen des Deutschen Ausschusses für technisches meter und einen Apparat geprüft, bei dem ein Winkel mit verstell- Schulwesen durchgeführt und wurden auf der Ausstellung in ihrer baren Schenkeln auf 90 Grad eingestellt werden muß. Bei dem Optometer hat der Prüfling eine Strecke zu halbieren oder zu Steigerung vom Einfachen zum Schwierigen gezeigt. Endlich möge dritteln. Die Fehler können auf Behntel genau von einer nur für noch erwähnt werden, daß bei der Eröffnung der Ausstellung eine den Prüfenden sichtbaren Stala abgelesen werden. Diese wie alle Preisverteilung stattfand und daß der erste Preis eine Goethe- Aus­folgenden Versuche werden sechsmal wiederholt, um so aus den gabe war, die der Betriebsrat geftiftet hatte. Darin lag nicht nur Abweichungen der einzelnen Ergebnisse einen Schluß auf die Zu- eine Anerkennung für den Preisträger, sondern auch für die Ber­verlässigkeit des Prüflings zu gewinnen. Zur Feststellung der treter der Arbeiterschaft. Gelenkempfindlichkeit dient eine von der Hand zu bewegende Kurbel, wie sie an jeder nicht automatischen Drehbank zur Betätigung des

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Freitag, 7. April 1922

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höhung der Tarife mit sich reden lassen werde, setzte der Kämmerer den Einwand entgegen, daß ein Staffeltarif nach fozialen Momenten tatsächlich nicht durchzuführen sei, daß es sich meit besser empfehle, aus dem Gastarif 20-30 Millionen für all­gmeine Wohlfahrtszwecke herauszuholen. Die Deutschnationalen ließen durch Lüdicke heute ihre Zustimmung zu den Vorlagen mit der Maßgabe erflären, daß bis zum 30. Juni eine Revision er­folge. Stadto. Genosse Dr. Lohmann stellte fest, daß sowohl die U. Soz. als auch die Dnat. Bp. heute nur noch Rückzugsgefechie ge­liefert hätten. Gegen das Verfahren der Staatsaufsichtsbehörde, die Erhöhung der Gewerbesteuer um einer Formalität willen nicht zu genehmigen( es find die Handelskammern nicht befragt worden), legte er den bestimmtesten Protest ein. Schließlich betonte er, daß seine Partei dem Magistrat mit seiner sozialistischen Mehrheit stets und fonsequent das Bertrauen entgegengebracht habe, daß er die fozialen Berpflichtungen im Rahmen des finan­ziell Möglichen erfüllen wird; sie wolle diesem Magistrat die dazu erforderlichen Mittel nicht verweigern und nicht unnötige Schwierigkeiten bereiten. Nachdem auch ange für das Zentrum und Brunow   für die Wirtschafts­partei, dieser aber lediglich aus Freude über die Nichtgenehmigung der Gewerbesteuererhöhung, die Zustimmung zu den Vorlagen er­flärt hatten, während Schuhmacher( Komm.) auf dem schroff ab= lehmenden Standpunkt verharrie, nahm die Angelegenheit für heute den oben erwähnten Ausgang; die Annahme wird erst am Diens= tag beschlossen werden.

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ihm

Bei Schluß des Berichts( gegen 10 Uhr) war noch eine lebhafte Erörterung über die vom Magistrat beantragte Verpachtung des städtischen Rieselguts Tas dorf nebst Borwerf Grünelinde auf 18 Jahre an Herrn Franz Gilardone in Neuenhagen   zum Preise von 3750 Zentner Roggen jährlich im Gange.

Opfer eines Sadisten.

den Drehstuhl haltenden Supports" vorhanden ist, die hier eine Die Wiederkehr der Deckungsvorlagen. fie von ihrer Arbeitsstelle nach Hause gerufen, da ihr zwei­

abhängigen stellen Bedingungen.

Feder zusammendrückt, so daß der von der Hand zu überwindende Widerstand bei jeder Umdrehung ein anderer ist. Der Prüfling hat Die Deutschnationalen stimmen jetzt zu. nun die Aufgabe, sich den Widerstand an einer bestimmten Stelle zu merken und nach dem Verstellen der Kurbel wieder diese Stelle zu finden. Die Abweichungen werden ebenfalls auf einer Stala angezeigt. Das Feingefühl der Hand wird mittels eines Apparates festgestellt, der am besten mit einem Schraubstock verglichen werden kann und bei dem der Prüfling mit der linken Hand durch einfaches Drehen einer Scheibe einen sauber geführten Bolzen fester oder Tofer einspannt und den genauen Sih mit der rechten Hand fon­trolliert. Die Scheibe trägt die Gradeinteilung, auf der die Fehler abgelefen merden. Zur Prüfung der Willenstonzentration stellt man die Zeit fest, während der die Prüflinge die ausgestreckten 201716. nicht finder laffen. Damit ist die Prüfung beendet.

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Die Un­

Im Mittelpunkt der gestrigen Stadtverordneten siung standen die beiden Vorlagen, durch die der Magistrat die vor acht Tagen abgelehnte Bewilligung der Erhöhung des Gas­preises und des Straßenbahntarifs von neuem zur wenigstens annähernd vollständigen Deckung der durch den Schieds­spruch vom 7. März erwachsenden Mehrausgaben beantragt. Die Beratung ergab diesmal das Vorhandensein einer großen Mehr heit für die Erhöhung: zur endgültigen Beschlußfassung tam es aber doch nicht, da noch im letzten Augenblick der Widerspruch der Stommunisten gegen die Vornahme der zweiten Lesung die Verab­

Mildes Urteil für unerhörte Kinderquälereien. vertreter den 29jährigen Kaufmann Paul Scherf, welcher gestern Als eine Bestie in Menschengestalt" bezeichnete der Antlage­vertreter den 29jährigen Kaufmann Paul Scherf, welcher gestern 4. Strafkammer des Landgerichts II   unter Vorsitz des Landgerichts. aus der Untersuchungshaft vorgeführt wurde, um sich vor der direktors Dr. Fuhrmann wegen einer ganzen Reihe mit scheu- licher Roheit verübter Mißhandlungen zu verantworten. Die Anklage warf dem Angeklagten vor, seine 4 b3 m. 2 jährigen Stieffinder Edith und Heinz Schnei­der und feine 7 Wochen alte Tochter Lotte vorsätzlich durch boshafte und grausame Quälerei mißhandelt zu haben. Im Juni v. 3. hatte sich der Angeklagte mit der Witwe des Eisenbahnarbeiters Schneider verheiratet, welche ihm die 4jährige Edith und den 2jährigen Heinz mit in die Ehe brachte. Da die Frau den Tag über selbst arbeiten ging, fam fie erst zu spät dahinter, daß sich ihr Mann, der längere Zeit arbeitslos war, während ihrer Abwesenheit in der scheußlichsten Weise an den Kindern verging. Eines Tages wurde jähriger Heinz im Sterben liege. Sie holte den Arzt Dr. Jacobsohn, welcher sofort fragte, wer das Kind so un­menschlich geschlagen habe. Der Angeklagte erflärte, er misse von nichts. Noch an demselben Tage verstarb der fleine Heinz, und zwar nach ärztlichem Zeugnis des Dr. J. an Gehirn blutung  ". Dieser Vorfall führte zur Verhaftung des Stiefvaters fich leider zahlreiche Hausbewohner und andere Zeugen, und der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Erst jetzt meldeten die bisher den eigenartigen Standpunkt eingenommen hatten, sich nicht gerne um fremde Familienverhältnisse zu befümmern". Die polizeilichen Ermittlungen ergaben, daß der Angeklagte die Kinder in fürchterlichster Weise gequält und mißhandelt hatte. Unter den schwersten Todesdrohungen zwang er die 4jährige Edith, jedem Menschen zu fagen, fie fei von anderen Kindern geschlagen worden. Aehnlich verfuhr der brutale Patron mit dem fleinen 2jährigen Heinz. Se1b st Zu Beginn der Sigung hatte Dr. Weŋl den gleichen Wider die in der Wiege liegende 7 Wochen alte, in der spruch ausdrücklich angekündigt, ihn aber nachher zurückgezogen. Ehe geborene Lotte hatte der Rohling nicht ver­Großen Eindru machte die Ausführung des Kämmerers, daß schont. Vor Gericht führte Staatsanwalt Dr. Reimer u. a. Die zweistöckige Lehrlingswerkstatt entspricht allen Anforde- die jetzt zu vervollständigende Deckungsvorlage nur ein ganz furzes aus, daß gegen eine derartige Bestie in Menschen. rungen in bezug auf Licht und Luft. Der neue Lehrling beginnt Provisorium darstelle, daß sie schon in wenigen Tagen durch gestalt nur die allerschärfsten Strafen in Anmen­feine Tätigkeit im oberen Stockwert. Hier lernt er mit Meißel, eine neue Dedungsvorlage abgelöst werden dürfte, da dung tommen fönnten. Sein Antrag lautete auf 8 Jahre Hammer und Feile umgehen, lernt nieten und löten, überhaupt den die neue Gewerbesteuererhöhung die Genehmigung des Oberpräsi- Gefängnis. Das Urteil blieb jedoch weit hinter diesem von der Gebrauch der Schlosserwerkzeuge., Acht Wochen muß er in der Hand- denten nicht finden werde und außerdem Den neuen Deffentlichkeit sicherlich gebilligten Strafmaß zurück, denn es teilte fchmiede verbringen, um die notwendigen Schmiedearbeiten zu er- Forderungen der städtischen Arbeiter und Angestellten mit dem fürchterlichen Unhold nur 3 Jahre Gefängnis lernen, die ihn befähigen, einfache Werkzeuge abzuschmieden. Dann Rücksicht auf die Steigerung des Teuerungsinder im März zu. Der gerichtliche Sachverständige hatte den Angeklagten zwar wird seine Ausbildung an den im unteren Stodmert aufgestellten entsprochen werden müsse. Dem Berlangen Dr. Weyls, daß auch als einen geistig start minderwertigen Menschen be­Werkzeugmaschinen jeder Art fortgeführt. Nach zwei Jahren verläßt im Bereich der Gaslieferung und des Straßenbahnbetriebes eine zeichnet, aber man wird es in der Bevölkerung einfach nicht ver­er die Lehrlingswerkstatt, um run das Gelernte im Betriebe selbst Erleichterung der wirtschaftlich Schwachen Blaz greifen müsse und stehen, daß man einen derartigen Menschen nicht nach dem Antrag zu verwenden. Im letzten Halbjahre der vier Jahre währenden daß die Fraktion unter dieser Voraussetzung über eine mäßige Er des Staatsanwalts auf acht Jahre unschädlich gemacht hat. meinschaft mit ihm, diese Freude, gut zu sein, war auch das Gewinn denkt. Ein schwacher Argwohn, daß einer seiner Trug Trug- Trug? Feinde bei Einars gestrigem Auftreten seine Hand im Spiele gehabt habe, steigerte seine Spannung noch mehr. Diese Leute waren schamlos. Sie fauften 3eugen, wie diesen Sören Kvikne. Sie versuchten den Sohn gegen den Bater auszu­spielen. Aber wartet nur!-

bisher Geprüften wurden nur 92 als geeignet befunden. Später findet noch eine ärztliche Untersuchung statt, nach deren günstigem Ergebnis dann die Einstellung als Lehrling erfolgen fann.

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Lehrlingswerkstatt.

Die Macht der Lüge.

Roman von Johann Bojer.

Ich muß dir etwas sagen, Ingeborg." Und er setzte sich auf ihr Bett, das Licht in der Hand. Das Licht blendete sie erft, aber bald gewöhnte sie sich daran. Die Geschwister waren stets sehr vertraut miteinander gewesen, sie standen sich im Alter am nächsten. Er flüsterte nur, und sie hörte ihm mit weitgeöffneten, erschrockenen Augen zu. Sie atmete immer schwerer. Sie machte Einwände, fie faßte frampfhaft seine Hand und sagte: Sprich nicht weiter, Einar, du bist ja nicht bei Sinnen!" Aber gleichzeitig drängte sie ihn, meiterzu­reden. Sie wollte alle seine Gründe hören. Und er erklärte alles ausführlich, denn er mußte jemand auf seiner Seite haben. Schließlich schloß sie die Augen, als wage sie nicht mehr, aufzublicken. Sie atmete mühsam, es war, als zerbräche

etwas in ihr.

Als er endlich gegangen war, blieb sie unbeweglich mit ge­schlossenen Augen liegen. Schließlich begann sie sich zu fürchten, es war so unheimlich finster, und der Morgen fam.noch lange nicht. Sie warf sich im Bette hin und her und konnte aus einer unbestimmten Furcht heraus nicht schlafen. Hier war ein Ver­brecher ins Haus gekommen, er schlief unter einem Dach mit ihr, und dieser Verbrecher, das war... das war ihr... nein, nein, es war gelogen. Es mußte gelogen sein!

schiedung verhinderte.

Sie warf sich im frampfhaften Weinen im Bett hin und her. Bar Vater schuldig, dann gab es feinen Gott. Dann war alles Trug, Trug.

" Herr, du mein Gott, gib mir ein Zeichen, daß du bist. Schenke mir Frieden. Ist mein Vater ein Verbrecher, der morgen falsch aussagen mird? Mein Bater? Herr, du mein Gott, gib mir ein Beichen! Hilf mir, wenn du bist. Um Chrifti willen gib mir ein Zeichen!"

Sie lag schließlich auf den Knien im Bett und streckte die gefalteten Hände empor.

Einar war höchst erstaunt, als Ingeborg gegen Morgen leise zu ihm hereintrat, sein Gesicht zwischen ihre Hände nahm und sagte:

" Ich muß es dir sofort fagen!" sagte fie, und ihre Stimme bebte vor Freude." Du irrst dich, und Gott sei gelobt und ge­dankt, daß du dich irrst." Sie legte unvillkürlich ihre Hand auf die Brust.

Er zündete die Kerze an und blickte fragend auf sie. Ihre Augen leuchteten freudig.

Ja, Einar, Gott hat mir ein Zeichen gegeben. Du irrst dich, ich habe es wohl gewußt. Und jetzt mußt du zu Vater gehen und ihn um Verzeihung bitten. gehen und ihn um Verzeihung bitten.

Sie strich ihm über die Stirn und glitt lautlos hinaus. Arme Ingeborg," dachte Einar. Dieses junge Mädchen, das der Kummer vorzeitig grau gemacht hatte, diese Nonne, " Hilf mir, du mein Gott! Hilf mir!" Sie schluchzte plök- die mit ihren Gedanken immer jenseits des Grabes weilte, lich in wilder Erregung auf." Hilf mir, gib mir ein Zeichen, würde er nicht auch sie zugrunde richten, wenn er morgen...? daß es nicht wahr ist!" Aber plöglich merkte sie, daß sie Gott verloren habe. Zum ersten Male seit ihrer Befehrung. Was ,, Einar, nimm endlich einmal feine Rücksichten auf die war es nur? Weshalb fonnte sie nicht weiterbeten, sondern Familie legte die Hände auseinander, blieb liegen, und starrte nur er­Schroden ins Dunkel? Gab es feinen Gott? Bar alles ein Trug gewesen?

möge.

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14.

Frau neben ihm. Wenn etwas Wichtiges vorlag, wollte er fie Als Norby am nächsten Tage aus dem Hof fuhr, faß seine immer bei sich haben.

"

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Das Gerichtslokal liegt an der Bucht, im Mittelpunkt der Gemeinde, wo auch die Wohnungen der Beamten sind. Auf den Wegen, die wie dünne Streifen die Schneeflächen durch­30gen, sah man wie schwarze Punkte die Menschen zur Ber handlung eilen. Heute würde der Zuhörerraum wohl voll­gepfropft sein. Der erste, den Norby sah, war Herluffen in seinem großen Wolfspelz, und kaum war er aus dem Schlitten gestiegen, so ging er hin, um ihn zu begrüßen.

Magnete, die sich gegenseitig anziehen. Sie tauschten einen Auch Herlufsen tam ihm entgegen, als wären sie zwei warmen Händedruck, und die beiden Gesichter leuchteten schein­bar voller Freude, sich wiederzusehen. Beide dachten sie: Heut Tuffen ihn auch zum Kaffee ins Hotel ein, während Norby dar­möchte ich nicht in deinen Hosen stecken." Deshalb lud Her­auf bestand, diesmal der Wirt zu sein.

Pelze gehüllten Männer. Und drinnen am Kaffeetisch waren Die Türen waren fast zu eng für die beiden dicken, in ihre sie bald ein Herz und eine Seele im Durchhecheln gemeinsamer Feinde. Die große Angelegenheit wagten sie nur vorsichtig zu erwähnen, aus Furcht, einer könne den anderen durchschauen.

Draußen blies ein scharfer Ostwind und nahm im Schnee­gestöber den Rauch der naheliegenden Fabriken mit. Die Leute rieben sich die Hände vor Kälte. Die Bäckerläden waren voller Menschen, die Brot kauften, um einen Borwand zu haben, fich dort zu wärmen. Endlich kamen die Gerichtsbeamten, der Sigungsraum wurde geöffnet, und die Menge strömte hinein und stapfte die Treppe hinauf sich den Schnee von den Schuhen.

Als Marit eintrat, erblickte sie unter den Zuhörern die Bastorin und Frau Thora von Lidarende. Beide grüßten freundlich und machten ihr zwischen sich Plaz.

Als Wangen vor die Schranken trat und feine Unschuld beteuerte, drehte sich die Bastorin seufzend zu Marit Norby, und ihre Augen sagten: Der arme Mann, wie einfältig er ist!" Aber Thora von Lidarende wäre schon jetzt am liebsten

Sie hatte ja darum gebetet, daß es Vater hierin gut gehen Es war ein grauer Wintertag mit Schneegestöber. Als sie Sie hatte Gott   gedankt, daß Vater unschuldig war und auf die Landstraße einbogen, dachte der Alte: Wie mag es hatte in diesem Dank Trost gefunden. Sie hatte auch für stehen, wenn wir wieder heimfahren?" Wangen gebetet. So weit hatte sie sich selbst überwunden So war also der Tag gekommen, vor dem er solche Angst und darüber Freude empfunden. Aber war dies auch... gehabt hatte, der aber doch unerbittlich immer nähergerückt Trug? Hatte Gott   seinen Spott mit ihr getrieben? Oder gab war. Jetzt hatte er keine Angst mehr. Jetzt war er ungeduldig, in Tränen ausgebrochen. es feinen Gott? War auch dies Trug? Diefer Trost der Ge- loslegen zu können, wie ein überreizter Spieler, der mur an

( Fortsetzung folgt.)