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Nr. 183 39.Jahrgang

Ausgabe A nr.91[ AQ]

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Zentralorgan der Sozialdemokratifchen Partei Deutfchlands

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Mittwoch, den 19. April 1922

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Protest gegen den Russenvertrag.

Verhandlungen mit Rußland ohne Deutschland .

Genua , 18. April. ( Eigener Drahtbericht.) Die Chefdelegier- I Die Tatsache, daß zwischen Deutschland und Rußland in ihrer Abwesenheit geführt wurden, etwas auch für Deutsch­ten Englands, Frankreichs , Belgicas , der Tschechoslowakei , Berhandlungen schwebten zu dem Ziel, wie es in dem land Nühliches. ersprießen würde, sondern es als ihre Pflicht Bolens, Jugoslawiens , Rumäniens und Japans haben be- nun vorliegenden Bertrag fest umriffen ist, war auch hier und ansah, rasche Vorkehrungen gegen ein unerwünschtes Ergebnis schlossen, folgende Note an die deutsche Delegation zu richten: in aller Welt längst bekannt. Es gibt sicher feine Re- zu schaffen welcher gerecht Denkende wollte verkennen, Die unterzeichneten Mächte haben mit Ueberraschung gierung die nicht von ihrer Berliner diplomatischen Vertretung| daß dieser Mangel eines vollkommenen Vertrauens in die vernommen, daß Deutschland im ersten Stadium der Arbeiten der darüber in ausführlichen Berichten unterrichtet worden ist. Absicht der anderen, auch Deutschlands Lebensnotwendigkeiten Konferenz insgeheim ein Abkommen mit der Sowjet- Ebenjowenig war es ein Geheimnis, daß die Verhandlungen zu wahren, in vielen bitteren Erfahrungen der Vergangenheit regierung getroffen haf, ohne die anderen hier vertretenen in Genua fortgesetzt wurden. Was aber alle Welt, auch hier feine Rechtfertigung findet? Staaten davon zu unterrichten. Die Angelegenheiten, auf die fich in Berlin , überraschte, das war der plöhliche Abschluß liefes Abkommen bezieht, bilden gegenwärtig den Gegenstand ven und die sensationell wirkende Art, mit der er in die Konferenz Verhandlungen zwischen den Bertretern Rußlands und denjenigen hineingeworfen wurde. aller anderen Mächie, welche zur Konferenz eingeladen worden sind, einschließlich Deutschland .

Es ist faum eine Woche vergangen, jeisdem der deutsche Reichs­fanzler selbst in der Eröffnungssigung der Konferenz erklärt hat, daß die deutsche Delegation beabsichtige, im Geiste aufrichtiger Loyali­tät und Solidarität zur klärung dieser Fragen mit den ande. ren Mächten zusammenzuarbeiten.

den Geist gegenseitigen Verfrauens zerstört,

Gewiß war der Zwischenfall selbst und die Aufnahme, die er gefunden hat, ein Beweis dafür, daß die Luft noch immer mit Mißtrauen geladen ist. Der Zweck der Konferenz von Genua foll aber gerade sein, die Luft zu reinigen und Beziehungen zwischen den Völkern zu schaffen, die auf gegenseitiges Vertrauen gegründet find. Wir, die wir von Deutschland aus den Verlauf der Konferenz verfolgen, wünschen dringend, daß dieses Werf nicht gestört, sondern gefördert werde und wir wissen uns in dieser Grund: richtung unseres Willens mit unserer bevollmächtigten Vertre tung in Genua eins.

Wenn dieser Abschluß wie ein Ueberraschungs­streich mirtte Blizschlag, Donner, Fauftsch.ag las man in auswärtigen Blättern, so lag das gewiß nicht in der Absicht der deutschen Delegation. Sie war nicht nach Genua gekommen mit dem vorgefaßten Plan, dort zur allgemeinen Berblüffung die Karte des erfolgten Bertragsabschlusses auf den Tisch zu werfen. Sie wünschte vielmehr, in Ueberein Die unterzeichneten Mächte müssen hiermit der deutschen Dele- ftimmung mit den hinter ihr stehenden politischen Parteien, gaiton in der offensten Weise ihre Meinung dahin zum Ausdruck in Genua eine Atmosphäre zu schaffen, die das Vertrauen der Die deutsche Delegation, die nicht mit der Absicht und bringen, daß der Abschluß eines solchen Abkommens, während die Welt zum neuen Deutschland stärkte und für eine billige und nicht mit dem Auftrag nach Genua gefahren ist, die deutsche Konferenz noch tagt, eine Verlegung derjenigen Bedingungen verständige Lösung der aus dem Versailler Vertrag stammen Politit auf ruffischem Gleis zum Zusammenstoß mit der En­darstellt, welche Deutschland sich verpflichtet have einzuhalien, indem den Schwierigkeiten die Boraussetzungen schuf. Sie wünschte tente zu führen, hat die Aufgabe, Mißverständnisse aufzu­es sich der Konferenz anschloß. Mit der an Deutschland gerichteten gewiß nichts weniger, als den alten Gegnern einen neuen flären und dafür zu sorgen, daß Deutschland mit einem ver­Einladung, nach Genua zu kommen, und mit dem Anerbieten, in Bormand zu geben, um Deutschland der Brutalität, der mehrten Fonds von Bertrauen von der Kon­diefer kommiffion auf demselben Boden der Gleichberechtigung mit loyalität, der Heimtüde zu zeihen. ferenz zurückkehrt. Was sie getan hat, fann man abschließend ionen felbst vertreten zu sein, haben die einladenden Mächte ihre Be- Im Laufe der Verhandlungen über die Rußlandfrage erft beurteilen im Zusammenhang mit dem, was sie weiter reitwilligteit bewiesen, die Erinnerung an den krieg bei ergab fich jedoch eine Situation, die sie nicht voraus tun wird. feite zu laffen und Deutschland die Gelegenheit zu einem gesehen hatte und die nach ihrer Meinung die Notwendig- Das ist es, mas man von Berlin aus der deutschen Dele­loyalen Zusammenarbeiten mit seinen früheren Feinden zur Lösung feit zu neuen raschen Entschlüssen in sich barg. Diese gation fagen fann. Welche Schritte sie zu unternehmen hat. der europäischen Aufgaben, welche sich die Konferenz gefeht hat, su Situation aber ist durch die Taktik der Entente selbst herbei- um zu dem wünschenswerten Ergebnis zu gelangen, muß fie bieten. Deutschland hat auf dieses Angebot des guten Willens und geführt worden. Die Entente wollte die diplomatische Ein an Ort und Stelle selbst entscheiden, insbesondere auch, wie der Solidarität mit einer Handlung geantwortet, die heitsfront Rußland gegenüber, aber sie selber zerriß diese fie fich mit der Lage abzufinden gedenkt, die durch die neueste Einheitsfront, indem sie Deutschland von ihren Verhandlungen Note der Entente geschaffen ist und die wir von hier aus der für die internationale Zusammenarbeit unerläßlich ist. Und doch mit den Sowjetleuten ausschaltete. Dadurch gab sie diesen keineswegs als hoffnungslos beurteilen. Ist die Wiederherstellung dieses Geistes das vorzüglichste Ziel der und das bedeutete eine ganz erhebliche Stärkung der russischen die Möglichkeit, nach zwei Seiten gleichzeitig zu unterhandeln, Konferenz. 3n allen Konferenzen find offiziöse Besprechungen Stellung. Die Entente hatte aber außerdem schon früher mit zwischen den verschiedenen Parteien nicht nur erlaubt, sondern off Warum der Vertrag geschlossen wurde. infohenswert. Sie find nühlich, sofern sie darauf gerichtet sind, die dem berühmten Artikel 116 des Verfaillet Dokuments den Sowjets eine Waffe in die Hand gedrückt, wie sie gar nicht Paris , 18. April. ( EE.) Das Mitglied der deutschen De­gemeinsamen Aufgaben zu erleichtern, und fofern ihre Ergebnisse besser sein fonnte. Dieser Artikel 116, der Rußland das Recht legation , Dr. Hilferding, gab dem Temps"-Vertreter in Genua der Konferenz zur gemeinsamen Erörterung vorgelegt werden. So haben jedoch die deutschen Delegierten nicht gehandelt. Während falls zu befriedigen, war als ein Lockmittel gedacht, um den Die deutsche Regierung hatte nicht die Absicht, die konferenz vor haben jedoch die deutschen Delegierten nicht gehandelt. Während gibt, sich nachträglich an den deutschen , Reparationen gleich folgende Erklärung: Der Bertrag war seit mehreren Monaten fertig. die konferenz fagte, und während Deutschland in der Kom- falls miffion und in der Unterkommission vertreten war, die beauftragt abtrünnigen Bundesgenossen wieder in die Hürde zurück eine vollendete Tatsache zu stellen. Erst nachdem die Entente unter waren, auf den Grundlagen von Cannes über den europäischen Frieden zulocken. Praktisch hat er aber ganz anders gewirkt, nämlich Ausschluß Deutschlands Verhandlungen mit den Sowjetvertretern waren, auf den Grundlagen von Cannes über den europäischen Frieden als ein 3 wang für Deutschland , sich mit Ruß begonnen hatte, mußten wir die Befürchtung hegen, daß Ruß­mit Rußland zu verhandeln, haben die deutschen Bertreter in der ge- land zu verständigen, damit nicht auch dieses schließland mit der Entente ein Sonderabkommen schließen würde. nannten Kommiffion ohne Borwiffen ihrer Kollegen lich noch in den Kreis der Reparations- Interessenten mit. Daraufhin 30g Deutschland seinen Vertrag, hervor. Deutschland insgeheim ein Abkommen mit Rußland fürchtete einfach, daß Rußland sich mit den Alfiierten ohne Deutsch­fiber die besonderen Fragen beschlossen, die sie sich verpflichtet hatten, Unter folchen Umständen war die Sorge der deutschen land und gegen Deutschland verständigen würde. Hätten wir nicht in loyaler Zusammenarbeit mit den Vertretern der anderen Länder Delegation, fie fönnte am Ende der zwischen der Entente und fo gehandelt wie wir es faten, so wäre das Einvernehmen zwischen 31 erörtern. Dieses Zibkommen ist nicht an die Bedingung irgend- Rußland geführten Verhandlungen vor einer vollendeten, für Rußland und der Entente vollzogen gewesen, dann hätten die einer Prüfung oder Genehmigung durch die Konferenz geknüpft. wir sie höchst unangenehmen Tatsache stehen, durchaus begreiflich. Bolschewiffen fein Abkommen mit Deutschland abschließen wollen. müssen annehmen, daß es endgültig ist und daß man nicht ge- und ebenso begreiflich ist, daß aus dieser Sorge der Wunsch Veröffentlicht wurde der Vertrag übrigens auf Wunsch der denff, es dem Urteile der Konferenz zu unterbreiten. Es stellt fat- entsprang, einer solchen Entwicklung durch einen rafchen Russen und nicht der Deutschen . Er verleht nicht die materiellen fächlich einen Verstoß gegen einige der Prinzipien dar, oder, wenn man so fagen will vielleicht sogar überstürzten Rechte einer Nation und die Erregung darüber ist uns unver­auf denen die Konferenz ruht. Abschluß mit Rußland zuvorzukommen. Dieser Abschluß tändlich. Die Zusammenarbeit Deutschlands mit Rußland ist Dies vorausgefeht, find die Unterzeichneten der Meinung, daß scheint im Bewußtsein der deutschen Delegation ein Akt der eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Nur diese Zusammenarbeit ge­es nicht gerecht und billig wäre, wenn Deutschland , nachdem es ein biplomatischen Notwehr gewesen zu sein, den man flaitet, Frankreichs Reparationsforderungen zu erfüllen. befonderes Abkommen mit Rußland getroffen hat, an der Dis- unternehmen mußte auf die Gefahr hin, daß er zunächst Miz fuffion eines blommens mit ihren Ländern und Rußland feil- verständnisie hervorrufen würde, den man aber auch unter nähme. Sie schließen daraus, daß die deutschen nehmen konnte in der Hoffnung, es werde gelingen, diese Delegierten, indem sie jo handelten, beabsich- Mißverständnisse zu zerstreuen.

dern und Rusland zu verzichten.

Genehmigen Sie, Herr Präsident ufm.

eintrete.

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Paris , 18. April. ( WLB .) Der Sonderberichterstatter des Deuvre" in Genua telegraphiert seinem Blatt: Seit Monaten und Monaten versuchen die Ruffen, sich mit der französischen Regierung auseinanderzusetzen, die aber nicht hat hören wollen, und tigt haben, guf eine weitere Teilnahme an der Wenn nun die Sache in auswärtigen Blättern so dar während Herr Poincaré schöne Worte über die verschleierten Damen Diskussion über ein Abkommen 3wischen den ver- gestellt wird, als sei von der deutschen Delegation beabsichtigt, machte, haben die Deutschen Nutzen aus seiner Haltung gezogen. fchiedenen auf der konferenz vertretenen Can- eine neue meltpolitische Konstellation Heute nacht hat man in der französischen Delegation flar zu verstehen Deutschland und Rußland gegen die Entente zu schaffen, gegeben, daß die Konferenz durch diesen Zwischenfall gesprengt so ist das nichts weiter als ein große Albernheit. Für eine merden könnte. Nichts wäre beflagensmerter für unser ( gez.) Lloyd George de Jacta. Barthou . Theunis. solche Politik würde die Regierung im Reichstag feine Mehr- Land. Aber man muß von Männern, die die Politik der Furcht nur Stirmunt. Nintschitsch. Diamandi. Jshii. heit bekommen, und ein Vertrag, der in solchem Geist abge- aufgeben, um halsftarrig zu werden, alles befürchten. fchloffen wäre, würde nicht die Ratifitation durch den London , 18. April. ( WTB.) Manchester Guardian" fagt in Wie EP. dazu erfährt, hatten die Franzosen und Engländer Reichstag finden, deren er unter allen Umständen bedarf. einem Leitartikel, der Abschluß des deutsch - russischen Vertrages sei zunächst viel strengere Straſbeſtimmungen für Deutschland beantragt Aber fachlich bedeutet der Vertrag auch durchaus keine Kriegs- eine unvermeidliche Folge des Systems der Ariierten, Deutsch­und den völligen Ausschluß von der Konferenz gefordert. Dank der Vorstellungen der italienischen Vertreter einigte man sich dahin, erklärung an die Entente, vielmehr nur ein durchaus beher land zu isolieren und zu vernichten. Es sei angebracht und natür. zigenswertes Beispiel dafür, wie verwickelte Welthändel, fich, daß Deutschland bei der Wiederherstellung des russischen Wirt­Deutschland nur von den Berhandlungen mit Rußland auszuschließen die uns als Erbteil des Kriegs hinterblieben sind, am besten schaftslebens die Führung übernehme, denn Deutschland verfüge und dem deutschen Reichskanzler die entsprechende Note zu senden. zu schlichten wären. Dieses Beispiel zu schaffen, dazu hat sich, über die besten technischen und geographischen Vorteile. wie schon gesagt, die deutsche Delegation durchaus nicht ge- New York , 18. April. ( Reuter.) New York Herald " schreibt:

leber den Stand der Dinge in Genua unterrichtet drängt, sie hat sich vielmehr, mit Recht oder Unrecht, durch Da Rußland aus den Nationen ausgestoßen sei, und da Deutsch­ber oben wiedergegebene Tert der an die deutsche das Berhalten der Entente zu ihrem fachlich unanfechtbaren land durch die Versailler Bestimmungen gefesselt sei, da das deutsche Delegation gerichteten Note. Man hat inzwischen auch nur durch Ort, Zeit und Umstände auffälligen Entschluß Gebiet von drohenden, aufpeitschenden fremden Heeren besetzt sei, hier in Berlin das erste Wort fam naturgemäß den gedrängt gefühlt. und da Deutschland mit der Spize des Bajonetts gezwungen Berichterstattery am Konferenzorte zu soviel Ueberblic Wären Fehler begangen worden, so wäre es ungerecht, werde, Abkommen zu unterzeichnen, in denen es sich verpflichtet, un­über die letzten Ereignisse gewonnen, daß man versuchen sie nur auf einer Seite zu suchen. Wenn die deutsche mögliche Reparationen zu leisten, sei das Zusammenrücken Deutsch­tann, sich mit ihnen ruhig auseinanderzusehen. Delegation nicht glaubte, daß aus Verhandlungen, die lands und Rußlands unvermeidlich gewesen.