Nußlanös Antwort. Bedingungsweise einverstanden.' Genua , 21. April. (Spezialbericht des WTB.) Die«m den italienischen Ministerpräsidenten gerichtete Note Tschitscherins hat folgenden Wortlaut: Die russische Delegation hat mit größter Aufmerksamkeit die Vorschläge der alliierten Regierungen geprüft, die in dem Anhang zu dem Protokoll vom IS. April d. I. enthalten sind, und hat gleich- zeitig die Ansicht ihrer Regierung darüber eingeholt. Die russische Regierung verbleibt bei der Ansicht, daß die gegenwärtige wirt- schastliche Lage Rußlands und die Umstände, die sie herbeigeführt haben, Rußland reichlich berechtigen würden, sich von allen seinen in den oben erwähnten Vorschlägen angeführten Verpflichtungen im chinblick auf seine Gegenforderungen befreit zu sehen. Indessen ist die russische Delegation bereit, einen weiteren Schritt zu tun in dem Bestreben, zur Herbeiführung einer Lösung die Diffe- renzen auszugleichen. Sie ist bereit, die Artikel 1, 2 und 3a des oben erwähnten Anhanges unter folgenden Bedingungen a n z u- nehmen: 1. Daß die Kriegsschulden und die Zinsenrückstände oder die aufgeschobenen Zinsenzahlungen aller Schulden v e r- mindert werden; 2. daß Rußland ein angemessener finanzieller Beistand bewilligt werde, um ihm zu helfen, aus seiner gegen- wärtigen wirtschaftlichen Lage so schnell wie möglich hsrauszu- kommen. Die russische Regierung ist unter dem Vorbehalt der oben angeführten Bedingungen bereit, den vormaligen Eigentümern die Nutznießung ihrer nationalisierten oder beschlagnahmten Güter wiederzugeben oder, falls dies nicht möglich ist, den berech- tigten Forderungen der ehemaligen Eigentümer Genüge zu tun; sei es durch ein gegenseitiges, direkt mit ihnen abgeschlossenes Ab- kommen, deren einzelne Bestimmungen aus gegenseitigen Konferenzen; erörtert und festgelegt werden würden. Ein finanzieller Beistand des Auslandes ist absolut unentbehrlich für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Rußlands . Solange sich keine Aussicht auf Wieder- oufbau bietet, sieht die russische Delegation keine Möglichkeit, ihr Land mit dem Gewicht der Schulden zu belasten, die es nicht be- zahlen könnte. Die russische Delegation wünscht auch klar zu ver- stehen zu geben, obgleich sich dies eigentlich von selbst versteht, daß die russische Regierung keinerlei Verpflichtungen für die Schulden ihrer Vorgängerin übernehmen kann, solange sie nicht offiziell de jure von ollen interessierten Möchten anerkannt worden ist. In der Hoffnung, daß Sie diese Vorschläge für eine ausreichende Grundlage zur Wiederaufnahme der Beziehungen ansehen, ver- bleibe ich gez. Tschitscherin . Russisches Memorandum. Geyua. 21. April. (Intel .) Dis russische Memorandum, dgs gleichzeitig mit der Note überreicht wurde, verlangt vor allem, daß folgende drei Punkte als Basis anerkannt werden: Anerkennung der vollkommenen Souveränität jeder Nation in bezug auf ihr Wirsschafts- und Verwaltungssystem, gesetzliche, juridische und administrative Garantien für die Fremden, die sich nach Rußland begeben, dort Handel zu treiben und sich wirksam am Wirt- schäftsleben beteiligen, Anerkennung der Gegenseitigkeit zwischen den Regierungen in bezug auf die gegenseitigen Schäden. Das Memorandum ruft in Erinnerung, daß die Alliierten sich bereit erklärt haben, die russische Frage vom Standpunkt der G e r e ch t i g- k e i t und den Möglichkeiten des wirtschaftlichen Wiederaufbaus Ruß- londs prüfen zu wollen. Beigelegt ist eine Darstellung der Revo- lution von 1917, die darlegen soll, daß die Sowjetregierung die rechtmäßige Regierung in Rußland sei. In einer Anlage er- bringt die russische- Delegation den Nachweis, dag die Entente ort den weißgardistischen Interventionen betelligt sei. Der Schluß stimmt mit der gestern von Preobraschenski überreichten Denkschrift Lberein, in der zu beweisen versucht wird, daß es Rußland auf Grund seiner wirtschaftlichen Lage unmöglich sei, den Forde- rungen der Entente nachzukommen. Sawinkoff in Genua verhaftet. Genua . 21. April. (Intel .) Unter den 16 russischen Gegenrevo. lutionären, die hier verhaftet wurden, weil sie angeblich ein Attentat gegen die russische Delegation planten, ist auch der bekannte Weiß- gardistenführer S a w i n k o f f. » Genua . 21. April. (Spezialbericht des MTB.) Die Unter- kommission der ersten Kommission hat heut« unter Vorsitz des Mi- nisters Schanzer ihre Arbeiten wieder aufgenommen. Der Prä- sident teilte mit, daß die Antwort der russischen Delegation auf die Dokumente, die ihr noch einer Anzahl von offiziösen Besprechungen überreicht worden waren, derartig befunden worden ist, daß sie die Fortsetzung der Besprechungen zuläßt. Da die Antwort indessen einige Punkte enthält, die der Aufklärung bedürfen und die nicht allen annehmbar erscheinen, Hot man es für angemessen erachtet, eigen Ausschuß von Sachverständigen zu bilden, der sich aus fünf Mitgliedern für die fünf einladenden Mächte und aus zwei Mitgliedern für die anderen Mächte zusammensetzt. Diese Sachverständigen sollen in Uebereinstimmung mit den russischen Sachverständigen die Note besprechen. Dieser Borschlag wurde ein- stimmig angenommen. Der Sachverständigenausschuß wird morgen vormittag seine Arbeiten beginnen. Die NeunerkommWon. Men, 21. April. (Intel .) Der Vorsitzende der Internationalen Arbeitsgemeinschaft sozialistischer Parteien, Friedrich Adler , hat ein Telegramm der Exekutiv « der Kommunistischen Internationale er- halten, in dem dies« mitteilt, daß sie das auf der Berliner Konferenz der drei Exekutiven geschlossene Uebereinkommen ratifi- ziert und als ihre Vertreter in der Organisationskommissian zur Einberufung des proletarischen Weltkongresses Frossard, Klara Zetkin und Karl Rodek delegiert hat. Da die auf der Berliner Konferenz zur Wahl vorgeschlagen« Neunerkommission nunmehr vollständig ist, beabsichtigt Friedrich Adler , dt« erste Sitzung der Neunerkommission zu einem möglichst naheliegenden Termin noch Amsterdam einzuberufen.__ Abschlagszahlungen für enteignete Konzessionen, Rechte und Beteiligungen Deutscher an öffentlichen Unternehmungen in Ruh- land, China . Oesterrcich-Ungarn , Bulgarien , Türkei und den ehe- rnals reichsdeutschen Gebieten, mit Ausnahme Elfaß-Lothringens , sind in Berlin W. 36, Potsdamer Str. 122a b, Stelle für auslän- dische Wertpapiere, zu beantragen.' � Lüttwih. wo bist Du? Nach der Meldung eines rechts- stehenden Blattes soll Herr Kapp bei seiner Festnahme in Saß- nitz den ihn verhastenden Kriminalrat gefragt haben, ob auch General L ü t t w i tz schon in Deutschland eingetroffen fei. Kapp rechnet angeblich damit, daß auch die übrigen noch flüchtigen Angeklagten des Kapp-Putlches sich selber stellen werden. Zu solchem Optimismus liegt eigentlich wenig Anlaß vor, namentlich was den General v. Lüttwitz anbetrifft, der bekanntlich sein Ehren- wort für sein Bleiben verpfändet hatte, dann aber die Flucht nach dem Ungarlande vorgezogen hat, wo er sich in den Armen einer jugendlichen ungarischen Gemahlin den Verhältnissen entsprechend wohl befinden soll. Denn:- nach getanen Putschen ist gut ruhn....
Frankreich braucht Sie Konferenz. Wie wenig die Drohreden der Nationalisten dem Interesse der französischen Bourgeoisie entsprechen, zeigt die vom„Populaire" mit- geteilte Tassache, daß Donnerstag nachmittag gegen Ende der Börse in Paris� eine Panik durch das Gerücht herbeigeführt wurde, die deutsche und russische Delegation seien von Genua a b g e r e i st. Es trat eine wesentliche Baisse ein. Nach Schluß der Börse aber hat sich das Gerücht als falsch erwiesen. Polen bekommt eine englische Anleihe? Marcel C a ch i n schreibt in der„Humanite"', am 31. März d. I. habe Polen gemeinsam mit den baltischen Staaten in die formelle Anerkennung Sowjetrußlands eingewilligt. Cachin ftagt weiter: Ist es wahr, daß England in den letzten Tagen Polen eine Anleihe über einen erheblichen Betrag bewilligt hat und Zu welchen Bedingungen soll diese Anleihe gewährt werden? Polens innere Schwierigkeiten. In mehreren Garnisonen PoseNs und Westpreuhens ist es nach einer nicht unwahrscheinlichen Posener Denameldmig aus Anlaß der Entlassung einer großen Anzahl von Offizieren aus den großpolnischen Regimentern und ihrer Ersetzung durch(galizische) L e g i o n s- offiziere zu einer Offiziersrevolte gekommen. Sämtliche ehemals deutschen und russischen Offiziere haben sich zu einem Offiziersbund zusammengeschlossen und sofortige Abberufung der Legionsoffiziere gefordert. Eine Anzahl Offiziere ist daraufhin auf Anordnung des Warschauer Kriegsministeriums verhaftet worden. Ein Dementi Georgiens . Äe georgische Mission in Berlin tellt durch den„Rul" mit: Die Meldungen, daß B a r r e r e gefordert habe, Georgien zur Konfe. renz in Genua hinzuzuziehen, und daß deswegen Tschitscherin einen Protest eingereicht hatte, entspricht- nicht den Tatsachen. Diese Frage ist überhaupt nicht aufgeworfen gewesen. Genueser Berichterstattung. Paris , 21. April. (DA.) Herr Guy Mounereau, Sonder- berichterstatter des„Echo de Pari s", drahtet in seiner Schilde- rung des Festbanketts bei de Facta:„Was die Deutschen anlangt, so haben sie gegessen. Damit ist alles gesagt oder vielmehr, da- mit ist nichts gesagt. Sie allein haben proportional mehr gegessen, als alle übrigen eingeladenen Delegierten zusammen. Rathenau insbesondere hat geradezu gefressen.„Er hat sich bis hierher vollgestopft", sagte mir beim Herausgehen ein Gast."
Wahrheit über(dberschlesien! Breslau , 21. April. (Eig. Drahtbcricht.) Die letzten Bluttaten in Oberschlesien finden in der deutschen Presse im Abstimmungs- gebiet ein ganz anderes Echo als in den meisten reichsdeutschen Zeitungen. Selbst die„Kattowitzer Zeitung ", das Organ des Deut- schen Volksbundes für Polnisch-Schlesien, erklärt, daß die Ereignisse den polnischen Behauptungen über eine Byeslauer Mordkommission recht zu geben scheinen. Der„Oberschlesische Courier", der für die streng bürgerlichen deutschen Elemente spricht, die in Neu-Polen an der deutschen Kultur festhalten wollen, aber als loyale polnische Staatsbürger angesehen zu werden wünschen, wendet sich gegen die reichsdeutschen Zeitungen, die die Lage der Deutschen in Oberschlesien so düster und schrecklich wie nur möglich schildern. Damit schüfen sie eine Atmosphäre, die zur Vergeltung geradezu herausfordere. Sie unterscheiden sich damit kaum von gewissen polnischen Blättern aufreizendster Tonart. Der„Courier" stellt eine Reihe von Falschmeldungen aus der„Deutschen Tagesztg.", der„Köln . Volksztg." usw. zusammen und meint schließ- lich mit Recht, wenn die reichsdeutsche Presse so fortfahre, die wirk- lichen Verhältnisse in Oberschlesien tendenziös zu ent- stellen, dürfe man sich nicht wundern, wenn es immer wieder Elemente gebe, die sich unter Hintansetzung aller sitllichen Bedenken für berufen hielten,„das Vaterland zu retten", koste es, was es wolle. Die sozialdemokratische„Volksstimme" für Oberschlesien nSnnt die Gleiwitzer Putschmeldung des„Berliner Tagebl." Befatzungs- klatsch dümmster Sorte, den kein Mensch in Oberschlesien glauben werde. Die einzige Wirkung, die solche Verdrehungen hätten, seien gewissermaßen die, daß auch ruhig denkende Engländer und Italiener in den alliierten Behörden sich von der Berechtigung der Klagen über deutsche Unehrlichkeit überzeugen- müssen. Es sei tief bedauerlich, daß das„Tageblatt" sich zum Abdruck von Material hergeben konnte, dos aus den Spitzelzentralen mili- tärischer Kloaken stammt. « Paris , 21. April. (WTB.) Die Botschasterkonferenz trat heute zusammen. Das Ministerium für auswärtige Angelegenheiten gab von dem letzten Bericht des Generals L e R o n d über die Ereignisse in Petersdorf und G l e i w i tz Kenntnis. Die Konferenz regelte die Modalitäten bei der polnischen Besetzung der Dörfer auf dem rechten Weichselufer und befaßte sich mit der Jnkraft- setzung des am 16. August 1920 unterzeichneten Vertrages zur Fest- fetzung der Grenze der Staaten Mitteleuropas .
tzilfesuchenüe Minüerheiten. München , 21. April. (TU.) Die von der Völkerbundliga ein- gefetzt« internationale Kommission zum Schutze der nationalen Minderheiten hat weiter die Vertreter der deutschen , slowakischen und ukrainischen Minderheiten in Polen , der deutschen und unga - rischen Minderheiten in Südtirol , Iugoslawier. und R u- m S n i e n vernommen. Auch Vertreter des an Belgien verlorenen Gebietes von Eupen-Malmedy sind zur Aeußerung einge- troffen. Eupen und Malmcdss. München . 21. April. (WTB.) Die Vertreter der Kreise Eupen und Malmedy wiesen auf die Gewaltherrschaft des belgischen Gou- verneurs B a l t i a hin, der die in seiner Proklamation zugesicherte Gleichberechtigung der deutschen und französischen Sprache und die Mitbestimmung der Bevölkerung ins Gegenteil oerkehrt hat. Sie konnten sich dabei teilweise auf die Zeugnisse eines altbelgischen Blattes stützen, die die Regierung des Gouverneurs als eine D i k- t a t u r ohne jede Parlamentsaufsicht bezeichnet haben. Die Zoll- und Stcucrwillkür, die den Kreisen das Acht- bis Zwölfsache der Steuerlasten Altbelgiens auferlegt, die Günstlingswirtschaft bei der Eupcner Regierung, die finanzielle Mißwirtschaft, die Unterdrückung der Presse, insbesondere aber die Kampfmaßnahmen gegen die deutsche Sprache und die deutschen Schulen, wurden von den Ver- tretern besonders unterstrichen. Di« Klagen gipfelten in dem folgen- den Ausspruch: Wenn Belgien zu unserem Deutschland und zu uns nicht anders wird, dann werden auch unsere Kinder nicht Belgier sein. Wir sind Belgien nicht zugeteilt worden, weil wir von Belgien geliebt werden, sondern weil unser Gebiet ein strategisches Auf- marschgelände gegen Deutschland bildet. Man werde 93 Proz. der Bevölkerung wieder glücklich machen, wenn man sie Deutsch - land zurückgebe.
Wirtschaft Deutsche Dank— Deutsche Petroleum A.-G. Während die Blicke ganz Deutschlands nach Genua gelenkt waren, hat sich in aller Stille eine Kapitaltransaktion vorbereitet, die selbst in unserem Zeitalter der Verschmelzungen größter Betriebe eine Sensation bedeutet. Die Deutsche Bank vereinigt sich mit ihrer Tochtergesellschaft, der Deutschen Petroleum A.-G."und erhöht bei dieser Gelegenheit ihr eigenes Aktienkapital von 4 0 0 auf 800 Millionen Papiermark. Gleichzeitig soll aber eine neue Gesellschaft unter der alten Firma Deutsche Petroleum A..G. mit einem Grundkopital von 130 Millionen Mark gegründet werden, die sämtliche Beteiligungen der bisherigen Gesellschaft an in- und ausländischen Unternehmungen der Petroleumindustrie ungefähr zu den bisherigen Buchpreisen erhält. Die wirtschaftliche Be» deutung dieses für den Laien etwas undurchsichtigen Vorganges besteht darin, daß die reinen Finanzgeschäfte der bisherigen Deutschen Petroleum A.-G. von der Deutschen Bank übernommen werden und daß die neu zu gründende Gesellschaft zu einem reinen Unternehmen der Pctroleumindustrie und des Petroleumhandcls ausgebaut wird. Die Deutsche Bank rückt bei dieser Gelegenheit hin- sichtlich der Größe des Grundkapitals wieder an die e r ste Stell« der deutschen Großbanken. Diese neueste Kapitals- erhöhung bildet somit nebenher einen Ausschnitt aus dem seit län- gerer Zeit andauernden Wettlauf zwischen der Deutschen Bank und .der Disconto-Gesellschaft, die bekanntlich erst vor wenigen Wochen ihr Kommanditkapital von 400 auf 610 Millionen Mark erhöht hat. Das gesamte Eigen kapital der Deutschen Bank(Aktien- kapital und bilanzmäßige Reserven) beträgt nunmehr rund zwei Milliarden Mark Der Zusammenschluß einer Großbank mit einem industriellen Großunternehmen ist immerhin eine neuartige Erscheinung und legt die Frage nahe, welche wirtschaftspolitischen Gründe und Absichten wohl hierbei eine Rolle gespielt haben. Nach dem Verluste des wichtigsten Teils ihrer Auslandsinteressen(Steaua Romana in Rumänien ) hatte die Deussche Petroleum A.-G. für einen großen Teil ihrer sreigewordenen Kapitalien nicht mehr so große Verwendungsmöglichkeiten im Auslande wie früher, zumal dem deutschen Kapital die Festsetzung in überseeischen Petroleum- gebieten durch die eifersüchtige Wachsamkeit der amerikanischen und englischen Petroleumtrusts fast unmöglich gemacht wird. Im In- lande besitzt die Gesellschaft die Aktienmehrheit verschiedener Unter- nehmungen verwandter Art, vor allem auch in der Braunkohlen- industrie, die bekanntlich durch die neuzeitliche Gewinnung von Oel aus Kohle große Bedeutung erlangt haben. Außerdem ist es aber vielleicht kein Zufall, daß die schon seit langer Zeit erwartete, aber immer wieder oertagte Umgestaltung der Deutschen Petroleum A.-G. unmittelbar nach der Veröffentlichung des deutsch -russischen Wirtschaftsvertrages bekanntgegeben wird. Rußland ver- fügt im Kaukasus und anderwärts noch über ungeheure Oelvor- kommen, die zwar in den letzten Iahren stark heruntergewirt- schaftet wurden, aber verhältnismäßig leicht wieder zu einer großen Ergiebigkeit gebracht werden können. Da die deutsche Petroleumindustrie aus politischen Gründen und mit Rücksicht aus unsere schwache Valuta sich in den überseeischen Gebieten nur sehr schwer festsetzen kann, so besteht immerhin die Möglichkeit, daß sie sich am Wiederaufbau der russischen Petroleum- gewinn ung beteiligt. Von russischer Seite würde zweifellos der- artigen Plänen ein größeres Entgegenkommen gezeigt werden, da Deutschland nicht mehr mit dem Verdachte politischer Eroberungs- gelüste belastet ist. VWB. Zuckcrwirkschast und Verbraucher. Der Ausschuß des Reichswirtschaftsrat für Landwirtschaft und Ernährung beschöftigte sich am 19. und 20. April 1922 mit der gegenwärtigen Lage der Zuckerwirtschaft und faßt« nach eingehender Be- sprechung folgende Entschließung: 1. Der Ausschuß führt Klage darüber, daß seinem am 13. No- vember 1921 aufgestellten Verlangen, die Genossenschaften reichlicher mit Zucker zu beliefern, n i ch t in vollem Umfange st a t t- gegeben worden ist Er wiederholt daher dieses Verlangen und weist darauf hin, daß von den Genossenschaften die Verkaufspreise crtsprechend den Tagesförderungen der Fabriken eingehalten werden. 2. Der Ausschuß stellt uuch erneut das Verlangen, die Zucker- wirtsckjaftsstelle möge sich unverzüglich einen Beirat zur Seite stellen, in welchem neben anderen auch die Verbraucher und Ge- nossenschaften vertreten sind. Die Zuckerwirtschaftsstelle würde da- mit sicherlich die großen Bedenken, welche gegen ihre Tätigkeit er- hoben werden, einschränken, was in ihrem eigener. Interesse liegen dürfte. 3. Der Ausschuß behält sich vor, zu einem späteren Zeitpunkt die Frage der Zuckervcrsorgung erneut zu behandeln.
Der Banknotenumlauf der Reichsbank hat in der Monatsmitte. nachdem in der zweilen Aprilwoche allein wieder für 2.2 Milliarden Mark neue Banknoten in den Verkehr gebracht wurden, die Höhe von 134 Milliarden Marl erreicht. Außerdem sind an popiernen ZahlungÄnitteln noch für 13,1 Milliarden Mark DarlehnS- lassenscheine im Umlauf. Aus dem Eisenwirlschafksbund. In der Sitzung des Inlands- arbeitsausfchusses des Eisenwirtfchastsbundes am Donnerstag wurde seitens ddr Arbeitnehmer der Antrag auf Wiedereinführung von Höchstpreisen für Halbzeug- und Walzeisen gestellt, der aber mit Stimmengleichheit abgelehnt wurde. Nach Schluß der Sitzung des Eisenwirlschaftsbundes traten die Vertreter der Der- braucher, des Handels und der Erzeugerunternehmer im Deutschen Stahlbunde zu einer Besprechung über die Kohlenprciserhöhung zusammen mit folgendem Ergebnis: Die von heute ab eintretende Kohlenprciserhöhung von 194,30 M. für die Tonn« Fettförderlohle würde nach den früher getroffenen Vereinbarungen entsprechende Halbzeug- und Walzeisenpreise zur Folge haben. Der Stabeisen- Grundpreis würde sich hierdurch automatisch um 333 M. für die Tonne erhöhen müssen. Es wurde ober zugestanden, daß die seit dein 1. April geltenden Richtpreise für Halbzeug- und Walzeij«» trotz dieser Kohlenpreiserhöhung einstweilen unverändert fortbestehen soll, vorbehaMich einer vom 1. Mai 1922 eintreten- den Aenderung, falls bis dahin eine anderweitige Preisregelung vorgenommen werden soll. Für solche Abschlüsse, die vor dem 1. April 1922 zu festen Preisen mit Kohlenklausel getätigt worden sind, können die Preise nach Maßgabe der geltenden Bestimmungen erhöht werden.— Die feste Haltung der Arbeiter gegen Preis- erhöhung hat also doch einigen Erfolg gehabt. Die Entscheidung, ob jetzt Höchstpreise eingeführt werden, liegt beim Reichswirtschafts- Ministerium, das vorläufig noch nicht zum Einschreiten gesonnen ist. Da jetzt die Arbeiter bei der Be�chlußsassunq über die Preise aus- geschaltet sind, wollen sie beim Reichswirtschaftsminister und beim Reichswirtschaftsrat vorstellig werden. Aufhebung des cedermonopols in Sowjeirußland. Die Sowjet- regierur.g hat, in Abänderung der bisherigen Bestimmungen, den An- und Verkauf und die Verarbeitung von 5)äu- tcn und Rohleder freigegeben. Die staatlichen Wirt- schaftsorgane erhalten indessen das Vorzugsrecht für den Ankauf von Häuten bei sämtlichen staatlichen Organen und Wirtschasts- behärden. Alle Gewerbebetriebe und-Werkstätten bedürfen für ihre Tätigkeit der Registrierung durch die lokalen Volkswirtschaftsräte. Die Registrierung kann verweigert werden, wenn die technischen Verfahren in den Betrieben den behördlichen Vorschriften nicht ent- sprechen. Die Ausfuhr von Häuten und R o h l e d e r nach dem Ausland« soll im Rahmen der allgemeinen Bestimmungen über den Außenhandel erfolgen. Die unter Beteiligung englischen Kapi- tals geblldete„Aktiengesellschaft für den Innen- und Außenhandel mit Leder" durch ein Inserat in der Sowjetpresse hat ihre Tätigkeit aufgenommen.