wird. Es ist unbedingt erforderlich, daß sich die maßgebenden Stellen sofort mit dieser Angelegenheit befassen und anordnen, daß bestimmte Aufschläge von den Hotels und Gasthäusern von allen Fremden zu erheben sind, daß sie aber nicht, wie bis jetzt, nur den Hotels und der Steuer zufließen dürfen, sondern dar- über hinaus einem Fonds zuzuführen find, aus dem Frei- betten und F r e i b e k ö st i g u n g resp. Zuschüsse zur Bezahlung des Kuraufenthalts Minderbemittelter zu leisten sind. Ebenso müssen die Badevermaltungen Zuschläge zur Kur- taxe und zu den eigentlichen Bädern erheben, die aber einem Ausgleichsfonds zugeführt werden müssen, der den völligen Erlaß der Kurtaxe und die kostenlose Bäder- Verabreichung an Minderbemittelte ermöglicht. Führen wir auch den Programmpunkt durch, durch ge- eignete bauliche, eisenbahntarifliche und sonstige Maßnahmen die Saison der Bäder zu„strecken", die heute auch für eine wirkliche Rentabilität der Badevermaltungen zu kurz ist, so ist es dann auch ohne Schwierigkeiten möglich, trotz starken Fremdenbesuches eine ausreichende Zahl von Volksangehörigen aus den minderbemittelten Schichten zur Badekur zuzulassen. Ein verheißungsvoller Anfang liegt z. B. in dem von Preußen und dem Reich beschlossenen Bau eines Eisenbahn- d a m m e s vom Festland nach der I n s e l S y l t. Hierdurch wird diese Insel mit ihrem für Winterkuren Lungenkranker und Brustleidender sehr geeigneten milden Klima in die Lage gesetzt, später ein Winter-Luftkurort im großen zu werden und dadurch auch ihre infolge der kurzen Sommersaison immer sehr schlechten Finanzen zu sanieren. Ueberhaupt dürfen See- b a d e o r t e nicht aus der ganzen Regelung des Bäderwesens herausgelöst werden. Sie sind, wenn sie auch z. B. für unsere Kriegsbeschädigten nicht die gleiche Bedeutung haben wie Thermalbäder, doch für unterernährte Kinder, Schwache, Blut- arme— und auf einen wie großen Teil des arbeitenden Volkes trifft diese Bezeichnung zu!— von unschätzbarem Wert. Darum sollten von Reichs wegen aus Valutazuschlägen für Ausländer in den Seebadeorten kleine Baracken st ädte gebaut wer- den, die die Unterbringung und Beköstigung giüglichst großer Massen von Schulkindern aus den minderbemittelten Kreisen, verteilt auf die Zeit von Mai bis Oktober, ermöglichen würden. An anderer Stelle wird auf die einzelnen Programmpunkte und ihre Verwirklichungsmöglichkeit näher eingegangen wer- den müssen. Bei so manchen zuständigen Stellen— ich denke ' B. an das Preußische Ministerium für Volkswohlfahrt— «st, wie ich aus den früheren Verhandlungen des Vorjahres und aus der Diskussion der vom Landtag ausgegangenen An- regungen weiß, volles Verständnis für die Forderungen der Stunde vorhanden. Jetzt aber ist die h ö ch st e Z e i t, daß die Parteien sich in dieser das Voltsganze angehenden Angelegen- heij zu einem gemeinsamen Vorgehen entschließen und an die Reichsregierung mit substantiierten Vorschlägen der oben angedeuteten Art herangehen. Die Zeiten sind so schwer und die gesundheitlichen Verhältnisie und die daraus sich mit Naturnotwendigkeit ergebenden seelischen Stimmungen der Massen so kritisch und traurig, daß wir nicht das Recht haben, nochmals einen Sommer verstreichen zu lassen, ohne auf fried- lichem Wege durch eine großzügige Art sozialpolitischer Gesetz- gebung, ergänzt durch praktisch durchführbare und nicht weit- ftemde Ausführungsbestimmungen, dem deutschen Volke seine Heilquellen und Luftkurorte zurückerobert zu haben. Nicht nur Brot und Arbeit darf die Losung sein, sondern auch Luft, Licht, Sonne und Heilung, um die Menschen körperlich und seelisch zu stärken und zu wirklich nachhaltiger Arbeit im aufbauenden Sinne erst einmal fähig und freudig zu machen!
Solsthewiftisches Doppelspiel. Der Prozeß der Sozialisten-Revolutiouäre. Wir haben gestern hier auf den offenkundigen Wider- fpruch hingewiesen, der zwischen den Erklärungen Rädels auf der einen Seite, Lenins und Kurskis auf der anderen über den Prozeß der russischen Sozialisten-Revolutionäre besteht. Auf der Berliner Konferenz hat sich Rädel ziemlich human geberdet, indem er erklärte, die Sowjetregierung habe, wie aus
Die pelzkönigin. Ein Beitrag zur Soziologie des Schundromans. Von Ernst Simon. Zv Goethes und Schillers Tagen waren Kotzebue , Jffland und Clauren die berühmtesten Autoren der Zeit. Ihre Stücke wurden weit«ehr gespielt, ihre Romane sehr viel eifriger gelesen als die Werte der großen Dichter. Heute ist es nicht anders. Gerhart Hauptmann und Thomas Mann sind nur scheinbar die Beherrscher der Literatur. Trotz der großen Auflagen, die gute Bücher, heute «rreickien können., und der vielen Versuche, durch Volksleseabende, Volksbühnen usw. die edle Kunst den breiten Masten näherzubringen, bleiben Namen und Werk der deutschen Dichter dieser Zeit der Mäste und mehr vielleicht noch dem kleinen Bürger so' gut wie unbekannt. Ein« Schreiberin wie Hedwig Courths-Mahler Hot einen unvergleichlich breiteren Einfluß als jene beiden unerbittlichen Diagnostiker. Deshalb besteht ein soziologisches Interefle daran, etwa einen der neuesten Romane der Courths-Mahler einmal zu betrachten. Eine Bemerkung ist vorauszuschicken. Es handelt sich bei dieser Art von Familienromanen, die heute zu Hunderten umlaufen und meist zuerst in einer der zahlreichen und weitverbreiteten Haus- srauenzeitschriften erscheinen, zwar durchaus um Schundliteratur, doch nicht gerade um solche, gegen die sich der Kampf der Zensur und der Jugend zu richten pflegt. Meist ist von groben Verstößen gegen das„Sittengesetz" gar keine Rede, auch die aufreizenden Schil- derungen räuberischer Taten fehlen im allgemeinen. Jedes junge Mädchen kann ohne sittliche Gefahr die Romane der Courths-Mahler lesen— und das Gefährliche ist: fast jedes junge Mädchen liest sie denn auch. Das Verderbliche dieser Art von Literatur liegt also auf anderem Gebiet als bei den Heften der Schundserien. Ein Blick in den Roman„Die Pelzkönigin" wird klarmachen, was hier gemeint ist: die demoralisierende Wirkung des Klischees. Da wird der hochherrschaftliche Haushalt eines Dollarkönigs in Kanada geschildert Natürlich stammt er aus Deutschlnd, war ein- mal Offizier(der darf auch heute noch nicht fehlen), hat aber den üblichen Fehltritt begangen, paßte nicht in den preußischer. Drill und ist nun in Amerika zum reichen Manne geworden. Mit drei- testem Behagen erlebt der Leser, die elegante, aber keineswegs protzige Einrichtung der Wohnung, die vornehme Art, in der das Mittagsmahl serviert und oerzehrt wird und atmet voller Lust die ganze Atmosphäre eines behaglichen und geschmackvollen Wohl- lebens. die seine eigene umsorgte und arbeitsreiche Lebensweise so wohlig ergänzt. Hier scheint mir die eigentliche Gefahr dieser Romane zu liegen: sie geben den kleinbürgerlichen Schichten ein großbürgerliches
Veröffentlichungen ihrer offiziösen Presie hervorgehe, im vor- aus auf Todesurteile verzichtet. In Moskau will man von einem solchen Verzicht nichts wissen, und verzieht man gegen die Berliner Verzichtler drohend die Stirne. Das veranlaßt Radek, noch einmal in der„Roten Fahne" das Wort zu er- greifen und u. a. folgendes zu erklären: „Die Delegation der Kommunistischen Internationale hat es in der Ncunerkommiflion abgelehnt, irgendwelche bindende Erklärung im Namen der Sowjetregierung abzugeben, da sie nicht die Sowjetregierung, sondern die Exekutive der Kommunistischen Internationale vertrat. Sie hat aber erklärt: die Sowjetregierung wahre sich das revolutionäre Recht, auf Gewalt mit Gewalt zu antworten, aber wir wissen auf Grund der Meldungen der Sowjetpresse, daß sie, angesichts der Tatsache, daß die konkreten Verbrechen der S.-R. vor 3 Jahren geschehen sind, nicht vor hat, diese Verbrechen jetzt mit der Todesstrafe zu ahnden. In dieser Form kam die Erklärung der Delegation der Kommunistischen International« in die gemeinsame Resolution der Konferenz. Und ich erkläre heute zum zweitenmal: was gesagt worden ist von den Vertretern der Kommunistischen Internationale, besteht, und jedes Geschrei gegen die Todesgefahr, in der die So-ialiflen-Uevoluttonäre schweben, widerspricht den Tatsachen und dient objektiv nur den Sozialisten-Revolutionären, die mit der Waffe in der Hand gegen die Sowjetregierung auch heute noch kämpfen. Damit sagt Radek den Moskauern ziemlich unverblümt, daß sie mit ihrer zur Schau getragenen Erschießfreudigkeit der Sache des Kommunismus in Europa schaden. Der Wider- spruch zwischen den Berliner und den Moskauer Erklärungen wird dadurch nicht beseitigt, sondern nur noch schärfer hervor- gehoben._
pferüe- und tzunüefleisch. Das Ausland betrachtet Deutschlands Ernährungslage oft an der Hand der Speisekarte des Hotels Adlon ; im In- land hört man häufig genug, daß es im besonderen die Ar- bester seien, die die Fleischerläden füllen. Gegenüber diesen gleicherweife unsinnigen Behauptungen gibt die aiytliche Statt- stik über die Schlachtvieh- und Fleischbeschau im Deutschen Reiche erschütterndes Tatsachen-Zahlenmaterial, das in seiner Nüchternheit grauenhaft wirkt. Der Pferdefleisch- genuß ist in Deutschland schon immer die Nothilfe der ganz Armen gewesen, die sich einmal sattessen wollen. Daß wir aber 1 921 in Deutschland 149 495 Pferdeschlachtungen gehabt haben, muß die Statistik ausweisen, sonst würde es un- glaubhaft erscheinen. Unter amtlicher Aufsicht und Schlachtbeschau wurden des weiteren 5481 Hunde als menschliche Nahrung hergerich- teil Die Hauptkonsumgebiete für Hundefleisch sind Sachsen, Anhalt, Provinz Sachsen , Ober- und Niederschlesien .
Drohungen ües Lanübunües. Der Gesamtoorstand des Reichs-Landbundcs nahm, wie die„Deutsche Tageszeitung" mitteilt, in seiner Sitzung vom 21. April einstimmig folgende Entschließung an: „Der Reichs-Landbund lehnt die Wiederholung der Umlage m jeder Form ab und wird sich gegen ihre Einführung mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln wehren." Es ist kein Zufall, daß in dieser Entschließung nicht etwa von allen gesetzmäßigen, sondern von allen zu G e- böte stehenden Mitteln die Rede ist. Denn nach der letzten Gesamttagung des Landbundes kann kein Zweifel darüber fein, daß die Herren Agrarier auch mit allen u n- gesetzlichen Mitteln, mit Sabotage und Lieferungsstreik. ihre Wucherfreiheit verteidigen werden. Die Herren schreien sich die Kehle heiser nach„Wiederherstellung einer festen staat- lichen Autorität", die zu untergraben sie fest entschlossen sind, falls sie ihnen irgendwie unbequem werden wird. Sie führen den Mund voll patriotischer Phrasen und beweisen ihren Patriotismus dadurch, daß ihnen die Not des Volkes höchst gleichgültig ist gegenüber ihren Profitintcreffen.
Wunschbild, ein bourgeoises Ideal. Auf diese Weise hemmen sie mehr, als man ahnt, die wirkliche Erneuerung des Voltes. An die Stelle des revolutionären Impulses trist die Sehnsucht, den Gestalten der kapitalistischen Phantasie gleich zu sein. Und was noch schlimmer ist: auch die revolutionär Gestimmten empfangen von sclchem Ziel her oft den bestimmenden Einfluß. Die Umwandlung der Revolution in einen bloßen„Lohnkampf" hängt deutlich mit derarttgen Vor- bildern zusammen. An die Stelle der vollen Erneuerung tritt der banausische Wunsch, sich selbst in die Lage der Besitzenden zu setzen. Und nun hat der kapitalistische Schundroman noch einen mäch- tigcn Bundesgenossen in seinem Kampfe gegen d«n guten Sinn des Volkes: das K i n o. Auch da rollen elegante Autos, denen Fracks, Uniformen und Roben entsteigen, auch da wird auf den Balkonen herrlicher Villen vornehm gefrühstückt— es ist ganz dasselbe Bild. Und auch das Publikum ist dasselbe: Arbeiter und Kleinbürger. So wirken denn diese Erzeugnisse des Kapitalismus: der Kitsch- roman und das Kino mit der Notwendigkeit des Naturgesetzes weiter im Sinne ihres Ursprungs. Nicht nur, daß die Autoren, Verleger usw. glänzende Geschäfte machen, vor allem wird jene Beruhigung im Wünschendürfen erzeugt, die jeder ehrlichen Erneuerung im Wege steht. Darum: Vergeht den Kitsch nicht.
Eine neue Aufgabe für den Film. Einen Gedanken, den viel- leicht schon mancher unter den dem Filin Fernstehenden gehobt hat, will der amerikanische Filmunternehmer David Wark Kriffith zur Ausführung bringen. Er ist nach England gekommen, um von da aus Films herstellen zu lassen, die, wie er sich in amerikanischer Redeweise ausdrückt,„allen Kriegen ein Ende machen sollen".„Vor wenigen Iahren noch", so äußert sich Mr. Griffitb darüber zu den Berichterstattern,„opferten die Völker der Welt Millionen für den Krieg. Di« Zeit ist gekommen, um Geld und Gehirnkräste daran zu wenden, die Völker den Frieden zu lehren. Wenn die Völker hinreichend belehrt werden, werden sie Frieden miteinander halten. Hier liegt die große Aufgabe für den Film." Di« Filme, die Griffith herstellen lassen will, sollen mit aller Genauigkeit an den Plätzen aufgenommen werden, wo der Krieg stattgefunden hat. Wenn sich nun auch das Problem von Krieg oder Frieden kaum so einfach lösen lassen wird, wie der Amerikaner meint, so wäre es doch zweifellos eine aller Mühen werte Aufgabe für den Film, allen Menschen, die der: Krieg nicht kennengelernt haben, ihn zu zeigen, wie er wirtlich war. Man dürfte sich dabei allerdings nicht darauf beschränken, die Verwüstungen des letzten Krieges dar- zustellen, fondern müßte mit aller zu erreichender Korrektheit zeigen, was die Welt auf Grund der seitdem schon wieder ungeheuer fort- gefchritterien Technik des Menschenmordes von einem neuen Krieg zu erwarten hätte. Wer kauft Schiffe? Die Regierung der Vereinigten Staaten hat fast 309 Holzschiffe, mit denen sie nichts anzufangen weiß. Diese Schiff« wurden zum Preise von je 126 000 Dollar während des Krieges gebaut und bereiteten mm Bevdrießlichkeiten. Nach dem
Lanütagswahl in Schaumburs- Lippe. Der Freistaat S ch a u m b u r g- L i p p e ist wohl das Land, das zuletzt fein nach dem großen Umschwung zusammengesetztes Landes- Parlament erneuert. Das ist in den Landesoerhältnissen begründet. Zunächst haben die Auseinandersetzung zwischen Land und früherem Fürsten über das Domanium lange Zeit in Anspruch genommen. Dann mußten aber auch verschiedene Gesetze erledigt werden, b:vor 1 zur Neuwahl des Landtages geschritten werden konnte. Namentlich um die Verfassung haben unsere Genossen lang« Kämpfe führen müssen, denn die bürgerliche Minderheit wollte gar zu gern den sozio- listifchen Geist, wenn möglich auch den demokratischen Geist aus der neuen Verfassung fernl)atten. Auch hat es ziemlicher Kämpfe bedurft, ehe sich die Bürgerlichen zur Wahl eines befotdeen Regierungsmit- gliedes, das der Sozialdemokratie angehört, bereitfanden. So zog sich'die Neuwahl bis zu diesem Frühjahr hin. die nunmehr am Sonntag, den 23. April, stattfindet. Die Bürgerlichen hoffen, die geringe sozialdsmokrattfche Mehrheit zu beseitigen. Diel« Hoffnung ist begreiflich, da sie bis zu den Reichstagswahlen 1920 gegenüber den Wahlen von 1919 um über 1000 Stimmen gewonnen haben. Bei der Landtagswahl am 16. Februar 1919 wurden 22 690 Stimmen abgegeben, davon erhielt die Sozialdemokratie 12 217 Stimmen und 8 Mandate, die Demokratische Partei 3574 Stimmen und 2 Mandate, die Deutschnational« Volkspariei 2487 Stimmen und 2 Mandate, die parteilose Wählervereinigung 2068 Stimmen und 2 Mandate, die Deutsch : Volkspartei 1341 Stimmen und 1 Mandat. Die Listen der B-amtenvereinigung mit 812 Stimmen und die des Zentrums mit 101 Stimmen erhielten kein Mandat. Bei der Reichstagswahl 1920 wurden 24 784 Stimmen abae- geben: davon erhielten die Sozialdemokratie 11107, USP. 1392, Demokraten 2608, Bolkspartei 6001, Deutschnationale 3509 und Zentrum 130 Stimmen. Im Juni 1920 standen so den 12 499 so- zialistischen Stimmen 12249 bürgerliche Stimmen gegen- über. Um zu ihrem Zitt« zu gelangen, haben die Bürgerlichen nicht weniger als? Kandidatenlisten aufgestellt. Die Unabhängigen konnten es nicht unterlossen. auch ein« eigene Lifte aufzustellen, haben dies« ober mit der Liste d-r Sozial- demokratischen Partei verbunden.
Antisemitismus und Rechtsprechung. Wir berichteten jüngst über das Urteil einer Strafkammer in Glogau , die das kommantomäßige Ausspucken einer deutsch . völkischen Jugendrott« am Iudenfriedhof für straflos erklärte. Dieses Urteil macht Schule. Am Gymnasium zu Fron- k e n sie i n, wo der deutschvölkische Radauantisemitismus eine be- sondere Pflcgstätte zu besitzen scheint, besteht eine Wandervogel. gruppe, die Ende vorigen Jahres unter Führung eines Studien- rates die Stadt mit einem Gesang durchzog, dessen Kehrreim lautet:„Blut muh fliehen, Zudcnblut!". Wegen dieses Gesanges wurde gegen den Studienrat und seinen Sohn, den Bundesleiter, Strafanzeige wegen Aufreizung zum Klassenhaß nach§ 130 StGB, erstattet. Der Oberstaats-. anwalt in Glaz— übrigens derselbe Oberstaatsanwalt, der kein öffentliches Interesse zum Einschreiten fand, als vor Jahres- frist eine Rotte Selbstschutzrowdys einen linksstehenden Schrift- steller barbarisch mißhandelt— lehnte ober die Erhebung der Anklage ab mit der Begründung, daß die Juden keine Klasse, sondern eine Rasse seien, weshalb eine Aufreizung zum Klassenhaß nicht vorliege. Daß das Reichsgericht mehrfach den Klassenbegriff dahin definiert hat, daß darunter„durch historische Entwicklung abgegrenzte Teile der Bevölkerung" zu verstehen seien. scheint dieser Staatsanwalt nicht zu wissen. Der Generolstaats- anwalt in Breslau hat übrigens den Anzeigeerstattern auf ihr« Be- schwende erklärt, daß er diese Entscheidung de» Oberstoatsanwatt? aufheben werde. Es scheint aber dringend geboten, daß der Oberstaatsanwall in Glaz, der seiner Aufgabe offenbar in de« Nichterhebung von Anklagen gegen rechtsgerichtete Exzedenten erblickt, endlich von seinem Posten entfernt wird. Noch ein zweiter Fall schlesischer Justiz: In einer Versammlung des deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes, die am 1. März 1921 stattfand, behauptete der Vorsitzende, ein Herr R e i f f g e r st e, daß der Zentralverein Deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, Ortsgruppe Halle a. d. S., einem Kommunisten 3000 Mk. dafür geboten habe, daß er den Schriftleiter der„Deutschen Zeitung" ermorde. Wegen dieser Behauptung strengten
Waffenstillstand stellte die Regierung die Schisse zum Berkaus. Es fand sich aber kein Käufer. Die Regierung wollte sie nun verschenken, aber keiner wollte sie haben. In der Verzweiflung entschloß man sich schließlich dazu, die Fahrzeug« zu zerstören, aber es stellte sich leider heraus, daß die nichtswürdigen Schiff«, die zu nichts zu ge- brauchen sind, unzerstörbar sind. Man füllte sie eines Tages mit zahl- losen Hektolitern Petroleum und steckte sie in Brand. Für 20 000 Dollar hatte man ein sehr schönes Freudenseuer, aber als der Brand verlöscht war, schtvammen die Schisse in verkohltem Zustande immer noch auf dem Wasser. Jetzt beabsichtigt man, dies« Fahrzeuge mit Seinen zu füllen und sie versinken zu lassen. Pessimisten behaupten allerdings, daß dies nicht viel nutzen werde, denn die Schiffe würden sich um ihre Achse dreben, ibren Ballast in die Tiefe fallen lassen und selbst wieder an der Oberfläche erscheinen, eine ständige Gefahr für die gesamte Schiffahrt. Nicht besser wäre es, wenn man die Schiffe mit Dynamit sprengen würde. Es wird also der amerikanischen Re- gierung nichts übrig bleiben, als die verteufelten Schisse zu beholten, wo sie in dem Hafen weiter ein beträchtliches Hindernis für die Schiff- fahrt bilden werden. Erössnung des Bayern werkes. Das Bayernwerk, dieses groß- zügige, über ganz Bayern ausgedehnte elektrisch« Unternehmen der Ueberlandoersorgung, wird in kurzer Zeit wenigstens teilweise er- öffnet werden können. Eine Reihe bereits bestehender Dampfkraft- werke wurde bereits in das Unternehmen einbezogen, so daß in den nächsten Monaten die eletttische Kreisversorgimg Unterfrankens und der Oberpfalz eröffnet werden kann. Unterfranken wird vom Großkraftwerk Dettingen aus mit Strom und Licht versorgt werden, die elektrische Versorgung der westlichen Oberpfalz von Reger.sburg über Amberg nach Nürnberg wird durch dos Dampfkraftwerk Pon- holz geschehen. Dies« Strecke dürfte im Laufe des Sommers in Betrieb gesetzt werden. Der Dollbetrieb des Bayrrnwerkes wird im Herbst 1923 oder Frühjahr 1924 eröffnet werden, sobald die Wasser- krastwerke des Walchensees und der mittteren Isar fertiggestellt sind.
Erstaufführungen der Wockie. To. Schlotzparl-Tbeater:.Balduins Hochzeit'. Freit. Schillcr-Tyeater:.DerHochtourift'. Urania -VortrSge. Sonnt.. Mittw., Freit.: Vom Garda« lee nach Venedig . Mont.. Tonnab.: Von Genua nach Florenz . Tienöt.: Reg.-Zlat GoSIar: D o S moderne A m e ri l a. Don».: Filmgeheimnilje und Filmwunder. Kunftchronik. Bei Paul C a s s i r e r werden vom Dienstag ab neue Aguarelle von OSkar Kokoschka gezeigt. Im Hrrbst folgt-In« Gcsomtschau der neuesten Gemälde dcS günsller». In der Volksbühne oetangt teilte wegen p'ödlscher Ei krankung eines Hauptdarileller« nickt.König Lear', sondern um 7'/, Uhr Björnscn?.Uebcr die Kraft' I. zur»lufsührung. Eine päpstliche Gttftung für Köln . Der Paust hat zu Errichtung deS vom gesamten eeullcheir Epil kopatei in Köln gevlar tcn Philotop' ischen Instituts 200 000 Lire(über 3 Millionen Mark) ildersrnvt. Tas Sinken der französischen vevSlterungSztffer. Da» P»-irr«I Officiel meldet, dast nach dem Ergebnis der lebten velkszähluni die Ge- samtzabt der französischen Bevölkerung 392Ö9 766 Einwohner betrug. Im Jahre 1SU lautete die Ziffer 39004392. Da indessen in der diesjährigen Ziffer die Einwohner von Elsaß und Lothringen mit 1 709 749 milcnhaltcn find, ist die Bevölkerung um 2101975 zurückgegangen.