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2. SeilagL öes vorwärts
Sonntag, ZH. �prll 1H22
Nun trägt die Arbeit Jeierkleiö...
Unsre grauen Gassen ersticken in trübem Schein. Die engen Fenster lassen nur spärliches Lichi herein. Doch einmal im Jahr wollen wir Sonne sehn. Am unser versiaubles Haar sollen die freien Winde wehn. Mit den Lerchen steigen wir jubelnd ins Blau. Bruder, komm und schau: So hell die Stunde, so klar die Lust! Alles ein Schritt in einem Bunde, übersprungen jede Kluft! Von einem Himmel umspannt grüßt uns junxes Land. Die Bäume winken mit grünen Schleiern unsrem Zug. Laßt uns ein Hochamt der Arbeit feiern, los von haß und Trug. einer sestiich dem andern gesellt im Anblick einer blühenden Welt. heut trägt die Arbeit Feierkleid und singt. Durch Gram und Leid. durch dunkle Zeil ein Ton der Zukunft klingt. ftarl ScBgcr.
7. Mai im Giockenftuhi. Im Uhrwerk der mitten in einem Arbeiterviertel stehenden Kirche rummelte es ein wenig, und dann holte der Klöppel aus und schlug mit jener salbungsvollen frommen Gemessenheit, die dem Uhrklöppel einer christlichen Kirche geziemt, auf die Glocke. Fünf Schläge hallten langsam über die Dächer der schmutzigen bröckeligen Mietkasernen und verhallten. Danach wurde es wieder still wie zuvor. In dem Sparren- und Balkenwerk des Kirchturms hatte auch eine ältliche Dohle ihr Dauerquartier. Die Dohle war dick und fett und rund wie ein Koch, denn sie tat nichts weiter als stehen und schlafen, und wenn sie den Schnabel aufsperrte, dann zu nichts anderem als zum Schimpfen und Räsonnieren über die schlcchlen Zeiten und die schlechter. Menschen. Nur wenn die Uhr früh- morgens fünf schlug, dann freute sich die dicke, fette und foule Dohle, die eigentlich ein„Er", keine„Sie" war, denn dan wuhte sie, daß es in den alter, bröckeligen Häusern bald lebendig werden und daß die Männer nach und nach herauskommen und zur Arbeit schreiten würden. Und darüber freute sich die fromme fette Dohle gar sehr, wenn sie andere zur Arbeit schreiten sah. Heute aber war es merkwürdig da unten bei den Menschen. Die Dohle blinzelte ein wenig und wartete auf das nun bald ein- setzende Geräusch. Dos wollte und wollte nicht kommen. So im Druseln merkte sie aber nicht, daß allmählich eine Stunde herumging und der Klöppel der Uhr wieder zum Schlag ausholte und wieder auf die Glocke schlug, und jetzt sechsmal. Da fuhr der Dohlerich auf. Was war das? Er wußte doch ganz bestimmt, daß heute weder ein Sonntag noch ein christlicher Feiertag war, und dennoch regle sich da unten bei den Menschen nichts, gar nichts? War denn alles tot? Oder war das sündige Boll etwa von einem Taumel der Trunkenheit so bef in Schlaf versunken, daß es den Tag der Arbeit oerschlief? Der Dohlerich wurde vor Neugier und Wut und Empörung ganz munter, strich sich flüchtig mit dem schartigen Schnabel über das Gefieder, lupfte die Flügel, flog herab und setzte sich auf einen wohlvertrauten Platz, nämlich auf die Regenrinne
eines hohen Hauses, von wo er in die Fenster von etwa 40 Proletarierwohnungen sehen konnte. Sonst waren an den Küchen, deren Fenster er ganz genau kannte, schon längst die Gardinen zurückgezogen und die Frauen in den Räumen tätig. Heute aber nichts dergleichen. Der Dohlerich wußte nicht, wie ihm geschah, und er vergaß ganz, sich nach dem gewohnten Morgenfrah umzutun. Er saß nun immerfort auf dem Rand der Regenrinne und sann dem Wunder nach. Da er aber nur von schwerem Verstand und scharfes Denken nicht seine Sache war, so schlief er nach und nach wieder ein. Und dann war es ihm im Schlaf, als ob er aus weiter Ferne sieben Schläge einer Uhr hörte. Und dann, als ob hier urd da eine Zuggardine mit scharfem Ruck zurückgezogen und ein Fenster geöffnet würde. Plötzlich aber gab es einen kurzen scharfen Knall, und der Dohlerich fiel vor Schreck von der Regenrinne hinab in den Hof. Aber wie nun mal so ein Vogeloieh ist, im Fallen spreizte er instinktiv die Flügel, hielt den Sturz auf und flatterte voller Angst in dem engen halbdunklen Hof umher. Ueberall taten sich jetzt die Fenster auf, und Männer» und Frauenköpfe schauten, teils gespannt, teils ängstlich in den Hof hin- aus. Und wie er schon glaubte zu entkommen, da fuhr ihm plötzlich aus einem der obersten Fenster eine lange Stange entgegen, daran flatterte ein rotes Tuch, und an dem unteren Ende der Stange war ein lachender Jungen köpf. Die Hände, die die Stange hielten, schwenkten sie hin und her, und der junge Mund rief mit heller, lachender Stimme in den dumpfen dämmerigen Hof und zu den ver- wunderten Menschen hinab: Hurra, Kameraden, heute ist der 1. Mai! Kameraden, die Sonne scheint hell über allen Häusern! Auf und heraus! Es lebe der 1. Mail Da entfuhr die alte Dohle mit einem schrillen heiseren Krächzer, wie der leibhaftige Satan, aus dem dumpfen engen Hof, vorbei an dem roten Tuch und an dem lachenden Junger gesicht, flatterte schnurstracks in das Gebälk des Kirchturms und verstopfte sich die Ohren, um nichts zu hören, und kniff die Augen zu, um nichts zu sehen. Als dann aber nach einiger Zeit die Uhr acht Schläge tat, da wurde es munter in den Straßen Die Männer und Frauen des Volkes, feiertäglich gekleidet, erschienen. Und die Jungen und die Mädels strahlend und stisch. Die Sonne breitete einen goldenen ! Schleier über die ganze Erde. Die Maschinen standen still. Kein i Straßenbahnwagen fuhr. Ueberall wehten Fahnen. Musik und � Gesang erscholl. Niemand mochte zu Hause bleiben. Alles strömte ' dem Platz zu, wo sich die Massen tresfen sollten. Denn es war wieder der 1. Mai.
Im anöeren Lichte.
In welchem Lichte einem unbefangenen... Zuschauer die Dildcrfolge des Fridericus-ssilms erscheinen kann.
und
unbeeinflußten .. lnen kann. Ich» die uns von bekannter Seite zugehen.
rcn folgende kleilen. „Fridericus Rex" müßte als Aufklärungsfilm Verwendung fin- den für diejenigen, die bis heute noch den alten Glauben hegen, daß in einem Königshaus alles edel, gut, gerecht und schön sei, einge- . schlössen die ehelichen Verhältnisse. Das widerlegt der Film zründ- lich, er zeigt vieles, was nicht nur früher war, sondern bis in die Neuzeit hinein geschah. Er beweist vor allem, wie Menschenleben ein Nichts sind, wenn es gilt, Launen eines.'inzelnen zu befriedi- gen, er zeigt die brutale Macht eines Königs, gestützt auf die Bajo- nette seiner Potsdamer Riesen, er zeigt weiter das Intrigenspiel der | Vertrauten des Königs, die nicht nur ihre Soldaten kommandierten, i sondern schon damals ihre Rase in die hohe Politik steckten. Aber � auch die hohe Diplomatie kennzeichnet er, die der Weisheit letzte Fülle holten von gewissenlosen Horchern an der Wand und Tür. Er j gibt Aufschluß über die große Liebe eines Königs zu seinem Volk, die darin bestand, ein unschuldiges Mädchen als Dirne zu bezeichnen und sie vor dem übrigen Volk auspeitschen zu lassen. Er zeigt weiter die Grausamkeit eines Vaters und Ehemanns an Frau und Kindern. die sich nicht nur in brutalen Worten austobte, sondern mit Stock- schlügen und Fußtritten endete.
Aber, wo blieben die Entrüstungsruse, als der hohe Herrscher die geliebte und gepriesene Disziplin mit Füßen trat, indem er vor dem Volk den Kronprinzen herabsetzte und vor den Augen der an- wesenden Soldaten einen königlich preußischen Hauptmann mit Stock- schlügen bedrohte. Wo blieben die Pfuirufe, als der oberste Gerichts- Herr das Recht brutal vergewaltigte, indem er das Urteil des Kriegs- gerichts zerriß und Richter zu offener Rechtsbeugung ausiorderte mit den Worten:„Fritz und Katte stirbt" und sie gleichzeitig zu Ma- rionetten stempelte. Sahen es die Hochrufer nicht, wie der König seine kindische Einfalt dokumentierte, indem er nach reichlichem Ge- nutz von Alkohol von einem Spaßmacher Bärcntänze aufführen ließ, um reitend und schlagend den anwesenden Militärs bill'z zu einem Gaudium zu verhelfen. Habt ihr auch gesehen, wie ein armer Grenadier dafür leiden mußte, weil der hohe Herr unzufrieden war mit seinem Sohn, und wie der hohe Herr vor den Augen der ver- sammelten Mannschaft den Hauptmann Fritz als bummliz und schlapp bezeichnete? Sie hatten wirklich keinen Grund, in Hochrufe auszubrechen, sondern hätten vielmehr fluchtartig den Zuschauerraum verlassen müssen, denn treffender konnte das System, das sie so sehr vereyren, nicht dargestellt werden, um als das zu erscheinen, was es ist. näm- lich als ein System der brutalen Gewalt, der Ungerechtigkeit, gepaart mit Falschheit und Lüge. Das Ausland hat diese Wirkung des Films bereits richtig erkannt und in Polen hat er bekanntlich unter dem Titel„Der König der Barbaren" in den Kinos seinen Einzug ge- halten. « Das Berliner Polizeipräsidium hat sich mit den Vorgängen anläßlich der Vorführung des Fridericus-Rex-Films beschäftigt der bekanntlich die Gefühle republikanisch Denkender durch die Auf- nähme, die er in den monarchistischen Kreisen gefunden hat, verletzt. Das Polizeipräsidium hat die rechtliche Seite der Angelegen- heit in der Konferenz zwischen dem Polizeipräsidenten Richter , dem Oberregierungsrat G l a s e n a p p und Oberregierungsrat Weiß nachgeprüft und ist zu dem Beschluß gekommen, daß e i n Verbot der beiden jetzt lausenden Teile des Films nicht an- l g ä n g i g ist. Da der Film von der Filmoberprüfungsstelle ge- � nehmigt ist. hat die Cxetutivbehördc kein Recht, ein Vorführung?- verbot zu erlösten. Gegen die Ruhestörer soll in Zukunft energisch vorgegangen werden. Der Kriminal- und Schutzpolizei sind ent- sprechende Weisungen zugegangen. Der 3.» n d 4. Teil, die jetzt , fertiggestellt wurden, sind von der Oberprüfungsstelle noch nicht �zur Vorführung freigegeben, da hierüber noch Ver- Handlungen schweben.__ Der Kampf gegen Sie Wohnungsnot. Aus dem Programm des Berliner Städtebaudirektors. Ueber die Arbeit des Städtebauamtes Berlin sprach vor den Vertretern der Presse der Städtebaudirektor El- kort, der vor kurzem seinen Posten übernommen hat. Einst. weilen ist die w t ch t l g st e Ausgabe die, den Mangel an Wohnungen zu mildern. Vor dem Kriege wurden im Gebiet des jetzigen Berlin jährlich 40 01)0 Wohnungen fertig- gestellt, in 1921 dagegen brachte man es nur auf 1600 Wohnungen in Dauerbauten, und zurzeit sind weitere 1200 in Ausführung. Diese geringe Zahl von zusammen 2800 Wohnungen erforderte schon einen Zuschuß von zusammen 124 Millionen Mark. Die Baustoff- Wirtschaft, die vom Wohnungsverband Größ-Berlin als Erbstück Hinterlasten wurde, ermöglichte die Belieferung von Siedlungsgesell. schaften mit Materialien zu erträglichen Preisen. Elkart gibt, auch im Kampf gegen die Wohnungsnot, den Dauerbauten doch den Vorzug vor den unzulänglichen Notwohnungen. Aber als Be- helfe will er auch ausgebaute Dachgeschosse und Wohnlauben zu- lassen. Flachbauten solle man nur weit draußen errichten, an breiten Verkehrsstraßcn mit starkem Bedarf an Wohnungen seien Hochbauten nicht zu vermeiden, aber er wünscht möglichst nur Vorderhäuser. Unausgenutzt seien in Groß-Berlin noch 2 8 0 Kilometer bereits fertig angelegte Straßen mit 800 Kilometer Bauflucht, an denen 100 000 Wohnungen gebaut werden könnten. Die schwierigste Aufgabe Ist die Finanzierung der Kleinwohnungsbauten. Die Baukosten einer Kleinwoh-
.2, Die Macht der Lüge. Roman von Johann Bojer. „Der arme Mann." sagte der Direktor und spielte mit seinem Bart. „Tja,— schade um ihn. Aber wir wollen Wangen gewiß nicht verurteilen," sagte sie.„Aber so lange wir in einem ge- ordneten Staate leben, haben wir wohl Anspruch aus Schutz. Und man kann doch nicht so vorgehen, wie Wangen es tat." Frau heagen schüttelte den Kopf.„Nein," sagte sie und blickte ihren Mann an. „Aber wer in dieser Zeit am meisten gelitten hat, lieben Freunde, das ist doch Norbn. Und nun wollte ich vorschlagen. daß wir ihm in irgendeiner Form unsere Sympathie zeigen." Heggen stand auf, um sich eine Pfeife zu stopfen. Dann zündete er sie langsam an, kam wieder zurück und setzte sich. Die untergehende Sonne schickte goldene Strahlen durch die Baumwipfel in das Zimmer hinein. „Ja, wie meinen Sie das?" fragte Heggen endlich, indem er sich mit seiner Pfeife abmühte. Frau Thora errötete unwillkürlich, sie hatte hier Wider- stand erwartet und war deshalb auch zuerst hierhergekommen. Wer sie nahm sich zusammen und fuhr mutig fort: „Ja, sehen Sie, wie es zum Beispiel unsere Politiker machen, wenn einer von ihnen ungerecht angegriffen worden ist. Dann geben sie ihm ein Fest. Und ich finde, wir könnten für Norby ein kleines Fest veranstalten, es könnte ja ganz ein- fach gehalten werden." Heggen und seine Frau sahen einander an.„Ja," sagte er mit einem verlegenen Lächeln. Es entstand eine kleine Pause. Frau Thora wollte, sie nicht zu lang werden lassen. „Um auf den Kern der Sache zu kommen" sagte sie, „glauben Sie nicht auch, daß Norby in vollem Recht war?" „Doch," sagte Frau Heggen.„Vom ersten Tage an hatte er gesagt, daß Wangen schuldig sei. Und mein Mann hat eine eigene Gabe, so etwas gleich richtig zu beurteilen." „Nun— sagte Frau Thora,—„dann hoffe ich, daß alte Zwistigkeiten setzt nicht stören sollen. Wir müssen doch endlich auch einmal die Menschen gerecht beurteilen, mit denen wir nicht immer einig sind." „Ja, ja— liebe Frau Thora," sagte heggen eifrig.„Aber wer, dachten Sie, soll noch mitmachen?"
Frau Thora legte ihre hübsche Hand auf den Tisch, als I wollte sie ihren Worten mehr Nachdruck verleihen:„Alle, die � wollen. Die Behörden, Bauern, ohne Unterschied. Wäre es � nicht schön, wenn Beamte und Bauern einmal sich die Hände gäben und sagten: hier ist einer unserer Besten verfolgt und mit Schmutz beworfen. Und hier sind wir, stellen uns um ihn und wollen ihn wieder reinwaschen, hier muß endlich einmal ein Beispiel gegeben werden daß Christentum und National- gefühl nicht bloße Worte sind, sondern daß wir wirklich einem Bruder in der Not helfen." „Ist diese Geschichte Norby sehr nahe gegangen?" fragte Heggen teilnehmend. „Ich weiß nicht. Der Mann ist ja so stolz. Er klagt ge- wiß nie. Aber in diesen Tagen schrieb mein Bruder an mich, ob es wirklich wahr sei, daß Norby die Witwe, deren Vor- mund er sei, betrogen habe. So verbreitet sich die üble Nach- rede. Das muß einem Mann doch schaden." „O ja, das Schlechte findet immer seinen Weg," seufzte Frau Heggen. „Und darüber sind wir uns doch jedenfalls einig," fuhr Frau Thora fort,„einen besseren Hausvater und Arbeitgeber als Norby gibt es nicht in der Gemeinde. Wer ist so gegen seine alten Dienstboten und Kätner wie er?" Der Direktor gab das zu. Und Norbys Güte gegen seine Leute machte ihn so weich, daß er die letzten Bedenken über- wand. „Ja— ich will gern mitmachen," sagte er.„Aber wer soll die Rede halten?" dachte er in aller Stille. „Ja," sagte Frau Thora und nippte wieder an ihrem Glas.„Aber damit kommen Sie noch nicht frei. Sie müssen auch die Rede halten. Das kann keiner so gut wie Sie." „Ich?" sagte Heggen und bekam einen roten Kopf. — Aber zuletzt wurden sie doch einig. Wenn einige Worte auf Frau Norby geredet werden sollten, so könnte es vielleicht Frau Thora von Lidarende versuchen. Als sie ging, fühlte sie sich über diesen Erfolg leicht und froh— denn dann kam das übrige schon in Ordnung. Und lebhaft wie ein junges Mädchen schritt sie die Allee hinunter, während die letzten Sonnenstrahlen auf das Laub und ihr helles Kleid fielen. Ohne etwas' von Frau Thoras Plan zu ahnen, faß an diesem Tage Knut Norby in voller Arbeit über seinen Büchern. Endlich war er wieder ins alte Geleise gekommen. All diese Schererei mit Wangen hatte ihm soviel Zell gekostet. Jetzt
mußte es endlich genug sein damit. Er mußte jetzt versuchen, das Versäumte wieder einzuholen. Er war in den letzten Monaten grauer geworden, er war blaß und müde. Aber solch ein Vorgehen mußte einem ja mitnehmen. Als er fertig war und, die Pfeife im Mund, vors Haus trat, kam Jngeborg zu ihm und erzählte mit Tränen in den Augen, daß die alte Magd gestorben fei. Norby steckte die Pfeife in die Westentasche und ging mit hinüber in das kleine Haus. In der Kammer'aßen die beiden alten Knechte am Bett und starrten vor sich hin, die großen, groben Hände zwischen den Knien gefaltet. Der mit der Magd immer wieder verlobt gewesen war, hatte feuchte Augen. Norby blieb stehen und sah die alte tote Magd an: seine Lippen zuckten.— Noch am selben Nachmittag ging er hinauf zu der kleinen Kate, wo Lars Klevens Witwe allein und verlassen saß. Als er eintat— er mußte sich in dem niedrigen Zinsner bücken—, saß die alte Frau an ihrem Spinnrad. Sie erhob sich ganz erschrocken, sie dachte: „Jetzt will er mir das Häuschen doch wegnehmen." „Wie geht es?" fragte Norby, setzte sich und nahm den Stock zwischen die Beine. „O, über die Gesundheit kann ich nicht klagen, Gott sei Dank," sagte sie ängstlich.„Aber vor dem Winter fürchte ich mich,,. „Ja, nun ist die alte Magd von uns gegangen, und ihre Kammer steht leer. Und wenn du vorlieb nimmst, kannst du ja für den Nest deiner Tage hinziehen, heute machen sie die Kammer, denke ich, sauber dann ist sie morgen fertig. Deine Kuh und die Hühner, tja! Die kannst du ja initnehmen, soviel Platz wird schon noch auf Norby sein." Die Alte faltete die Hände und starrte ihn an, als käme er vom Himmel, dann sank sie nieder und brach in Weinen aus. Er mochte keine Tränen sehen. Als er nach hause stapfte, hatte er nicht das Gefühl, etwas Gutes getan zu haben. Er hatte nur etwas auf seinen richtigen Platz gestellt. Ihr Mann hatte sich ja von Wangen und Ge- nossen verleiten lassen. Aber der ruhte jetzt im Grabe— und damit war es ja nicht mehr der Rede wert. Draußen setzte er sich hin und blickte über das Kirchspiel hinaus, das jetzt von der untergehenden Sonne beschienen wurde, so daß lange blaue Schatten auf den See hin fielen. Er stützte die Hände auf den Stock und blieb sitzen. (Fortsetzung folgt.).