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Sicherheit� Nachrichten unterdrückt, die eine Schwächung des Sieger-' willens zur Folge gehabt hätte." Ein weiteres, recht bedeutsames Ergebnis des heutigen Prozeß- tages ist die Klärung der m i l i t ü r i s ch en Norwände, welche den deutschen und französischen Staatsmännern die Berechtigung zur Eröffnung der Feindseligkeiten und zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen gaben. Auf deutscher Seite war es bekanntlich der Bombenabwurf auf Nürnberg . Er wurde von den militärischen Stellen trotz der technischen Unmöglichkeit der Reichsleitung gemeldet. Die militärischen Stellen aberversäumten" es, diese Meldung zu berichtigen, als sie sich als ein Irrtum herausgestellt hatte. In ähn- licher Weise wurde in Frankreich mit der Meldung über den Auf- marsch österreichischer Truppenteile im Eljaß oerfahren. Von der Unbelehrbarkeit deutschnationaler Agitatoren in wissen- schaftlichem Gewand zeugen die heute gefallenen Aeußerungen über die Beurteilung der tiefer liegenden Änegsgründe. Es wurde ge­sagt'»Den Krieg ein Verbrechen zu nennen, ist ein sentimentales Literatengerede. Kriege sind auch heute nichts anderes wie ein Züchtigungsmittel einer Justiz zwischen den Völ- kern. Der Einmarsch in Belgien sei eine aus der Geographie des Landes sich ergebende Notwendigkeit gewesen." Die Beweis- aufnähme wurde heute zu Ende geführt.

Die tzermes-Unterfuchuug. Usber die Sitzung, die der parlamentarische Unter­suchungsausschuß des Reichstages gegen den früheren Er- nährungs- und jetzigen Finanzminister Dr. Hermes am Dienstag abhielt, veröffentlichen die PPN. folgenden Bericht: Die beiden Berichterstatter, der deutschnationale Abgeordnete Temmler und der unabhängige Abgeordnete Dr. Her tz, erstatteten den Bericht über das vorliegende Aktenmaterial in der Wein- und Zuckersache.(Einer Anregung, die Oeffentlichkeit auszuschließen, wurde infolge Widerspruchs des Abg. Hertz nicht stattgegeben.) Schon der Bericht des Abg. Temmler bestätigte, daß Minister Hermes vom Winzeroerband für Mosel , Saar und Ruwer wiederholt Weine be- zogen hat, zu einem Preis, den er als gering bezeichnete, und daß ferner der Winzerverband in der gleichen Zeit, und zwar zwischen der ersten und zweiten Weinliefcrung, eine Zuckersonderzu- Weisung erhalten hat. Der Bericht glaubt allerdings einen Zu- iammenhang zwischen Weinbezug und Zuckerbelieferung nicht fest- stellen zu können. Den Houptteil der Verhandlung nahm der Bericht des Abg. Dr. Hertz ein. In fast eineinhalbstündiger Darlegung knüpfte Dr. Hertz aus der reichen Fülle des Aktenmaterials Beweis an Beweis, woraus sich ergab, daß l. Minister jzermcs im April 1920 187 Flaschen edle Weine im Gesamtbetrag von 8-1ZO Mark bezogen und dafür am 23. Juli b«> Mark bezahlt hat; 2. daß Minister Hermes in einer Ressortbesprechung am 18. Dezember 1920 eine besondere Zuweisung von Zucker an den Winzerverband für Mosel , Saar und Ruwer angeordnet hat. Dies ist geschehen, obwohl der Vertreter der Reichszuckerstelle darauf hinwies, daß nach den vorliegenden Berichten eine Sonder. Zuweisung von Zucker nicht notwendig sei. Ferner wurde von dem Minister angeordnet, daß die Zuweisung im Gegensatz zur bisherigen Regelung nicht durch Preußen vorgenommen «erden solle? 3. daß Minister Hermes im Februar 1921 erneut Weine ähn- sicher Qualität diesmal 110 Flaschen sowie Sekt zum Preise von 3 Mark vom gleichen Verband bezogen hat. Darüber hinaus stellte der Bericht fest, daß der Minister am IS. Februar 1921 ein« dritte Sendung bSstelltc, und zwar 100 Flaschen zu 5 Mark und im Dezember 1921 die ihm offerierte vierte Weinsendung annahm in Höh« von 230 Flaschen zu 7,70» Mark, obwohl der Minister aus dem Brief vom 27. April 1920 genau den Ausnahme- charakter auch dieser Preise kannte. Besonders scharf wandte sich der Berichterstatter dann gegen die amtliche Berichtigung de» Reichsernährungsministeriums, die nachweisen sollt«, daß die Tonderzuteilung in llebereinstimmung aller beteiligten Referats er- folgt fei und verlas unter großer Spannung des Ausschusses hierzu folgenden handschriftlichen Brief des Weinreferenten Dr. Diel an den Zuckerreferentcn Geheimrat Junget vom 3. Januar 1921: .Nachdem der Mosel inzwischen 1000 Doppelzentner für die Weinoerbesserung zur Verfügung gestellt worden sind, trotzdem ein einwandfreier Beweis für die Notwendigkeit nicht erbracht wurde. und obwohl Zuckerschiebungen von Weinzucker hier bekannt waren, wird die Forderung der Winzer der Pfalz nicht ohne weiteres abschlägig beschieden werden können.... und führte wester aus. daß au» den Akten hervorgehe, daß bis zur Sonderbelieferung an den Winzerverband für Mosch Saar und Ruwer alle derartigen Gesuche ausnahmslos abgelehnt worden frien. Zum Schlüsse seiner Ausführungen unterzog Dr. Hertz noch ein- mal die dem Minister eingeräumten Weinpreise einer näheren Prüfung und verwies insbesondere darauf, daß nach den Akten Minister Hermes die Absicht hatte, für die beraubte Sendung(erste Weinlieferung) von der Bahnverwaltung Entschädigung zu vcr- langen, und zwar ans Grund der IS- bis 20mal so hohen Handelspreise: daß ferner der Betrag der Steuer, wenn die Sendungen überhaupt versteuert wurden, noch von den an sich schon mehr als gering- fügtgem Preis noch abzuziehen ist, wodurch sich der Ausnahme- charakter der Preise noch weiter verschärft. Auf diese Ausführungen antwortete Minister Hermes. Er gab den Tatbestand im großen und ganzen zu, nannte aber den Be- richt von Dr. Hertzeine geschickte Gruppierung einzelner Abschnitte" und begnügte sich damit, alle belastenden Momente von sich auf seinen Mitarbeiter, insbesondere Regierungsrat Ratte abzu- schieben. Cr behauptete, daß nur zwei Weinsendungen vorlägen, indem die zweite und dritte Sendung des Berichts Hertz in einer einzigen Sendung erfolgt wären, und die vierte, die erst im De- zember 1921 auf Offerte des Winzerverbandes hin erfolgte, noch nicht zur Ausführuung gelangt sei. In der Zuckersache behauptete der Minister, nur den Ausführungen der Fachrefcrenten gefolgt zu fein, und stellte auch seinerseits den Bericht, über die Sitzung vom 18. Dezember 1920 als eine Privatarbeit des Weinreferenten hin, eine Behauptung, die Dr. Hertz und Dr. Lcvi auf Grund der Akten in überzeugender Weif« als unrichtig nachwiesen. Einer Slnregung des Vorsitzenden Dr. Fischer-Köln, die Arbeit des Untersuchungsausschusses biszurgerichtlichcnKlärung ruhen zu lassen, stimmten die sozialistischen Vertreter des Ausschusses zu unter der Voraussetzung, daß die genchlliche Entscheidung in nächster Zeit stattfinde. Verschiedene bürgerliche Abgeordnete erhoben Einspruch und verlangten, daß der Ausschuß unabhängig vom Gerichtsver- fahren seine Untersuchungen fortsetzen und zu Ende führen müsse. Der Termin für die nächste Sitzung wurde noch nicht festgesetzt. In ihr soll neues B e w e i s m a t« r i a l vorgetragen werden. Kermes gegen Reichseisenbahn? Dem Londoner Daily Herald" wird aus Berlin gemeldet, die Reis« des Rsichsfinanzministers Dr. Hermes von Genua dorthin gelte eigentlich dem Zweck, das Projekt einer Entstaatlichung der Reichseisenbahn zu fördern. Es soll ein« Konferenz über diesen Gegenstand mst Stinnes. Krupp, Henschel und Linke. H o f m o n n stattfinden oder stattgefunden haben. Lngebsich geht Dr. Herme» von der Ansicht aus, daß Deutschland zur Ueberwin- dung der Reparationskrise einer Anleihe bedürfe, die e, nur durch eine Privatisierung der Reichseisenbahn erhalten könne. Damit seien die Pläne wieder aufgenommen, die Stinnes mit seiner Lon- doner Reise verfolgte. Es ist zu erwarten, daß sich das Reichsiinanzministerimn zu dieser Meldung äußert, die geeignet ist, in Deutschland st a r k e Er-

r« g n n g hervorzurufen. Einstweilen sei bemerkt, daß ein« Ber- schacherung der Reichseisenbahn ohne eine Verfassung. ändernde Zweidrittelmehrheit des Reichstages u n- möglich ist und daß nicht zu ersehen ist, wie sich eine solche Mehr- hest finden könnte.

Preußen und öas Umlageverfahren. Ueber die Sicherstellung der Volksernährung nament­lich mit Brotgetreide im kommenden Wirtschaftsjahr finden zurzeit im Reichsernährungsministerium Verhandlungen statt. Man will versuchen, durch den Abschluß direkter Ver- träge zwischen Produzenten und Verbrauchen: eine Preis- senkung herbeizuführen. Ob dieser Abschluß gelingt, ist aber nach dem augenblicklichen Stande der Verhandlungen außer- ordentlich zweifelhaft. Sollten die Verhandlungen im Reichsernährungs- Ministerium nicht zum Ziele führen, so steht die preußische Staatsregierung,. wie wir zuverlässig erfahren, auf dem Standpunkt, daß dann keine andere Möglichkeit bleibe, als die Einführung einer II m l a g e in irgendeiner Farm. Das Staatsministerium hat sich grundsätzlich für Beibehaltung der U in läge ausgesprochen. Auch der preußische Landwirtschastsminister Dr. Mendorfs, wiewohl er als produzierender Landwirt die Abneigung der Landwirte gegen eine Zwangsumlags begreift und eine frei- willige Verständigung vorziehen würde, verschließt sich keines- wegs der Einsicht, daß die Volksernährung unter allen Umständen sichergestellt werden muß und daß das Umlage- verfahren sich nicht unigehen läßt, wenn die Verständigung scheitert. Bei dieser Gelegenheit ein Wort über das vielgerühmte ..Hilfswerk der Landwirtschaft". Nach vielen großen Worten ist es merkwürdig stille davon geworden. Es haben zwar verschiedene Besprechmigen zwischen Regierungsstellen und Vertretern des Landbundes über das Thema stattgefun­den, dabei haben diese sehr schöne Reden gehalten, aber wenn sie gefragt wurden, was sie nun eigentlich zu t u n beabsich- tigten, ganz unklare Antworten gegeben. Nur in einem waren die Herren vom Landbunde merkwürdig klar: sie for- derten für die Landwirtschast, daß sie von einem neuen Ilm - lageverfahrcn, von der Erfassung der Sachwerte und von sonstigen Steuern verschont blieben. Diese Forderung war so ziemlich alle-, was von demHilfswerk der Landwirt- schafi"(!) an Positivem übriggeblieben ist. Ein Srniü der Republikaner . Alünchen. 2. Mai. (Eigener Drahtbericht.) Am 29. und 30. April fand in München die erste Tagung des Republikani» schen Reichsbundes statt. Die Konferenz führte zu der Vereinigung aller republikanischen Organisa- t i o n e n zu dem gemeinsamen Spitzenverbande des Republikani- fchen Reichsbunfres. Beschlossen wurde: Einführung eines einheit- lichen republikanischen Abzeichens für das ganze Reichsgebiet, Publi- kation einer Großdeutschen republikanischen Hymne und Herausgabe einer Bundeszeitung. Oer Sitz des Bundes bleibt Weimar , Provagandozentrale' München , Pressestelle Berlin , Sitz des Richter- bundes Berlin , Sitz des Lehrerbundes Freiburg i. Br. Am 11. August finden in allen größeren Städten Berfassungsfeiern statt. Die Reichskonferenz 1923 wird in Frankfurt a. M. abgehalten. Telegramme waren eingelaufen vom Reichspräsiden ton E b e r t, Reichskanzler W i r t h. Bundeskanzler a. D. Renner- Wien und von vielen Lairdesregierungen, die auch, mit Ausnahme von Bayern , Delegierte entiandt hatte». Zum Bundespräsidenten wurde wieder der thüringische Staasminister Dr. Branden st ein- Weimar gewählt. Das Hauptreferat erstattete Rsichsminister a. D. Dr. P r« u ß. Er wies noch, wie die Wurzeln des deutschen Volksstaates im ur­eigensten deutschen Wesen, vor allem in der großdeutschen E i n h c i t s b e iv e g u ng der 18er Jahre auszufinden sind. Die Märzidealc unserer Väter wieder zu wecken, sei die Ausgabe des Republikanischen Reichsbundcs. Das alte System habe keine lebendige Tragstütze mehr besessen, als es zusammenbrach. Die Cr- Haltung der Deutschen Republik sei eine nationale und internatio­nale Notwendigkeit und heiligste Pflicht des deutschen Volkes. Dr. Ludwig Q u i d d e sprach sich über die Bedeutung der De- mokratie und Republik für den Völkerfrieden aus. Er habe zwar die Führung der bayerischen Demokraten verloren: sein Trost ober sei die heranwachsende demokratische Jugend. Genosse Dr. Schützinger- München umschrieb den Charak­ter der republikanischen Propaganda in Boyern, die unter Bloh- ftelluna des Kahr-Pöhnerfchen Regimes mit Hilfe der bayerischen Arbeiterschaft den monarchistischen Pseudo-Freistaat in Bayern systematisch umgestalten müsse.

Die Münchener Polizei ist tätig. Alüuchea, 2. Mai. (Eigener Drahtbericht.) In dem Bureau de« Münchener Vertreter« des.Soz. Parlamentsdienste»" wurde heute unter dem Vorgeben, es bestünden zwischen diesem und dem Hochverräter" Leoprechting, dem Verfasser der DenkschriftDunkle Vorgänge in Bayern ", Beziehungen, eine Haussuchung ab- gehalten, die selbstverständlich vollkommen ergebnislos verlief. Die ohne jeden Ausweis vom Staatsanwalt eingedrungene Kriminal- Polizei beschränkte sich im wesentlichen darauf, trotz Protestes, die Telcphonate zu durchsuchen. Rathenau und Morganbank. Genua . 2. Isiai. Sonderbericht de» Intel . Die Turiner Slampa" erklärt die Meldung über Verhandlungen zwischen Ra- t h e n a n und dem Vertreter der Morganbank bestätigen zu können. Dos wichtigste dabei sei, daß die Verhandlungen o u s zu können. Das Michtigsle dabei sei. daß die Verhandlungen auf der Grundlage der sranzösisch-deutscheu Eini­gung geführt werden sollen. Del diese« Besprechungen Hölle sich auch für Frankreich deutlich die Nokwentssgkeit ergeben, wenigstens eine vorübergehende tösung der Reparotions- frage finden zu müssen. Diefe provisorische Einigung soll nuu- mehr durch eine luiernationale Anleihe erzielt werden, die Deutschland in die Lage versehen würde, seine Schulden zu be- zahlen, was natürlich für Frankreich von größtem Interesse ist. Die Stampa " glaubt, daß diese Anleihe zu einer Stabilisierung der wirlschaftslage Europa » führen werde uud erklär!. daß diese Verhandlungen auch durch dle l-hke kontroverse nicht ge­litten hätten._ Aus der kommunistischen Partei ausgeschlossen. Di« Rote Fahne" bringt die folgende harmlose Notiz:Paul Fra sse ck, Berlin- Grünau, der bis zum Januar 1922 Geschäftsführer derViva" war, ist wegen mißbräuchlicher Ver- Wendung von Geschäftsgeldern aus der Partei ausgeschlossen worden." Mißbräuchliche Verwendung von Parteigeldern ist ein neuer Ausdruck für Unterschlagungen, die allein bei derViva" etwa 80 000 Mark betragen haben. Die PPN. behaupten, daß Frasseck auch Zentralkossierer der KPD. gewesen sei und daß die Unregelmäßigkeiten sich auch auf die russischen Subsidiengelder er- streckten. DieRote Fahne " bestreitet da». Doch ist ihr Bestreiten bekanntlich noch kein Gegenbeweis.

Der I.Mai in Moskau . ..Tas scharfgeschliffene Schwert". Moskau . 2. Mai. (MTB.)'Anläßlich der Maifeier fand in Moskau eine groß« Parade statt. Zahlreiche Truppen aller Waffen, gattungen in nagelneuer Feldausrüstung zogen nüt klingendem Spiel, stürmisch begrüßt, durch die Twerskaja nach dem Kreml , wo ste auf dem großen Krasnajaplatz Paradeaufstellung nahmen. Trotzki , an der Spitze der gesamten Generalität, nahm die Parade ab. Unter Todesstille hielt Trotzki eine Rede, in der es u. a. hieß: Unsere stolze, unbesiegbare Armee zwang unsere Gegner zur Konferenz von Genua und zur Einladung unserer Regierung. Sc- treu ihren vierjährigen Ueberlieferungen glaubicn unsere unversöhn- lichen Feinde, uns dort zur bedingungslosen Unterwerfung zwingen zu können. Sie irren sich diesmal, wie sie sich mit Koltschok, Denikin, Polen und Wrangel geirrt haben. Die Armee,, das scharfgefchliffene Schwert in der Hand, sieht ruhig und gefaßt dem Verlauf der Berhandlungen in Genua zu. Wir wollen den Kampf nicht, werden ihm aber auch nicht ausweichen. Gestützt auf unseren Vertrag mit Deutschland werden wir jeden Ver- such, unsere volle Unabhängigkeit zu schmälern, zurückweisen. Ihr aber, Kameraden, arbeitet rastlos an eurer Ausbildung, damit unsere schlagfertige Armee unseren Feinden jeden Gedanken an einen An- griff nimmt." Di« Volksmassen bereiteten Trotzki ein« nicht enden- wollende Kundgebung. Den ganzen Tag über verkehrte in Moskau die Straßenbahn. Die Maifeier in Schweden . Siockholm, 2. Mai. (Eig. Drahtbericht.) Der 1. Mai ist in Schweden ruhig verlaufen. Infolge des starken Regens mußte der übliche Umzug der Feiernden in Stockholm ausfallen. Sozialdemo- kraten und Kommunisten hielten Versammlungen in verschiedenen Lokalen ab, wobei sämtliche Redner die Notwendigkeit de» inter - nationalen Zusammenschlusses oller Arbeiter und das Festhalten am Achtstundentag betonten. Ebenso verurteilten sie die Gewalt- politik der Entente, namentlich Frankreichs , das fortfahre, Deutschland auszuplündern, und Noten für einen baldigen Abschluß eines Abkommens mit Rußland ein.

Wietsthast Zeitungsnok und Handelskammern. Di« Notlage der Zeitungen, die durch die fortgesetzte Teuerung der Materialien auf da» schwerste in ihrer Existenz bedroht sind, hat zu den bekannten Schritten im Parlamem und bei der Reichs- regierung geführt. Das Reichswirtschaftsministerium hat aus diesem Anlaß seine Bereitwilligkeit erklärt, helfend einzu- greifen, jedoch müsse eine durchgreifende Regelung erfolgen, die die Produktion des Papiers vom Rohstosi bis zum Endfabrikat um- fassen müsse. Um so mehr Aufsehen erregte es, daß kürzlich ein Ber - liner Blatt.ein Schreiben des Leiters der gemeinsamen Geschäfts- stelle der sächsischen.Handeiskammern veröfsentlichte, aus dem her- vorzugehen schien, daß der für das Popiergewcrbe zuständige Refe- rent de? Reichswirtschaftsministeriums die Handelskammern aufgefordert habe, sich gegen eine erneute Zwangsbewirtschaftung de» Papiers zur Wehr zu setzen. Die Angelegenheit wird jetzt durch eine amtliche Erwiderung des Reichswirtschaftsministeriums dahin aufgeklärt, daß es sich bei der Wiedergabe der Aeußerung de» Oberregisrunasrate» Feßler durch den Syndikus Dr. Dräger um ein Mißverständnis gehandelt habe. Oberregierungsrat Dr. Feßler hat demnach lediglich erklärt- daß auch Aeußerungen der Handelskammern zu dieser Frage für die entscheidenden Stellen von Bedeutung seien. Könnte man dar- aus entnehmen, daß das eine indirekte Aufsordsrung zum Protest gewesen sei, so steht dem«ine Erklärung des Leiters der Geschäfts» stelle der sächsischen Handelskammern gegenüber, der in einer Er- widerung ausdrücklich schreibt: Mein durch einen groben Dcrtrauensbruch in der Presse oerösfentlichter Bericht ist au» eine? Reihe anderer Berichte über die Angelegenheit willkürlich herausgegriffen worden, und muß schon deshalb mißverständlich wirken, weil in ihm die den lach- fischen 5)andelstammern von mir bereits früher bekanntgegebene Tatsache nicht nochmals betont worden ist, daß das Reichswirt- schastsministerium und insbesondere auch Herr Oberregicrungsrat Feßler die Ansicht verteien, und sie nach Kräften zu ver- wirklichen suchen, daß Mittel und Wege gefunden werden müsson, um der Rot der Presse in möglichst wirk- samer und einfacher Weise zu steuern,«in Standpunkt, dem auch die der Einführung einer Zwgngs- Wirtschaft abgeneigten Kreise volles Ber stand- nis entgegenbringen und der daher auch von ihnen durchaus gebilligt wird." Die Tatsache, daß auch Handelskammern Maßnahmen gegen die Zeitungsnot gutheißen, verdient festgehalten zu werden, und zwar aus zwei Gründen: Einmal, weil die schwierige Lage der Zeitungen unverändert fortdauert sie können nicht ihre Abonne- ments beliebig erhöhen oder sich auf Gnade und Ungnade dem Jntercssenkapitol ausliefern. Dann aber, weil neuerdings auch in der Presse eine Kritik an den Forderungen der Aerlegersrgani- sattonen laut wird, deren Charakter kaum Zweifel darüber läßt, daß sie van denen eingeflüstert ist, die eine geordnete Druckpapierwirt- schaft bekämpfen. So machte kürzlich ein bürgerliches Blatt, dos sonst von der lllotlaoe der Zeitungen nicht genug berichten konnte, aus einmal' die Entdeckung, daß eine Heranziehung der Export« gewinne bei Zellstoff und Papier zur Verbilligunp des Zeituiizs- druckpapiers nicht zweckmäßig fei! Demgegenüber ist es notwendig zu betonen, daß alle Quellen zur Niedrighaltung der Materialpreise für Zeitungen ausgenutzt werden müssen. Nur kommt es darauf an, baß diese Hilfe bald eintritt, damit nicht noch mehr Zeitungen ihr Erscheinen einstellen oder sich willenlos dem Privatkapstal in die Hände geben müssen._ Die Zündholzsteuer. Durch eine Beiannimachiing des Reichs- wirrschostsministers wird die bisher von den Herstellern inländischer Zündhölzer an die Ausgleichskasse für je 600 000 Hölzer abzu- führende Umlage van 300 M. mit Wirkung vom 1. Mai 1922 auf- gehoben. Mit diesem Zeitpunkt tritt die auf Grund des Gesetzes be- treffend Erhöhung einzelner Verbrauchssteuern vom 10. April 1922 vorgesehene Verdoppelung des bisherigen Zünd- waren st euersatze» von 300 M. in Kraft. Berlin Mittelpunkt de, russischen Außenhandels. Während einer Unterredung mit dem Berichterstatter derRosta" in Riga machte der Stellvertreter Krassins die Mitteilung, daß der Mittel- punkt des russischen Außenhandel» sich von London nach V e r l i n verlege. Der Sowjetregierung seien deutscherseits 100 verschiedene Projekte zugegangen, von denen ein Teil bereits bestätigt worden fei. Wenn auch nur 2S Proz. der Projekte realisiert werden sollten, müsse Deutschland al» Dermsttler des gesamten russischen Außen- Handels angesehen werden. Die Valutakurse der russisch«» Staatsbank Die russische Staats. dank hat ihre Ankaufpreise für Devisen stark heraufgesetzt Sie zahlte am 22. April d. I. für 1 Pfund Sterling 4 100 000 Rubel, 1 Dollar 900 000, 1 franz. Frank 85 000, 1 schweb. Krone 215 000, 1 Reichsmark 100 0, 1 poln. Mark 210, 1 cstn. Mark 950, 1 lettl. Rubel 1100, 10 Goldrubel 5 Millionen Rubel. Die größten Steigerungen erfuhren die poln. Mark(um 60 Proz.), die Reichs- mark(um 33 Proz.). das engl. Pfund(um 30 Proz.): auch Gold­münzen und Silber steigen stark.