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Donaerstag, Ken 11. Ma» 1H22
wenn du noch eine Wohnung hast... Die Folgen derSeßhaftigkeit" in den Bevliner Hünfern.
Dreimol umgezogen ist einmal abgebrannt." Das war ein- mal. Vor dem Krieg« wechselte nach der Statistik alljährlich ein Sechstel bis ein Fünftel aller Haushaltungen in Groß-Berlin die Wohnung. Von Jahr zu Jahr hatte der Umzug im Frühjahr und im Herbst größeren Umfang angenommen. Man konnte beinahe von einer Umzugsepidemie sprechen. Die Gründe dieses ungeheuren Wohnungswechsels ließen sich zahlenmäßig nicht festlegen. Sie waren sehr verschiedener Art. Sicher wurde aber vielfach aus den nichtigsten Gründen umgezogen. Obenan stand als Ursache der Satz: Der Ruhigste kann nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt." Mietsteigerungen und andere Unerquicklich- keiten mit dem Hauswirt, Hausabbrüche, Wechsel der Arbeitsstelle, Vcränderungssucht alles dos kam erst in zweiter und dritter Linie. Typisch war auch die Erscheinung, die neue Wohnung an- fang? wunderbar schön zu finfcei, und bald ihre Schattenseiten zu entdecken. Wer zehn Jahre in einer Wohnung sah, wurde als Ju- bilar betrachtet. Schlechtes Nieterverhältnis. Die durch den Krieg und die Wohnungsnot erzwungene Seß- hastigkeit hat das Verlfältnis unter den Mietern noch unerfreulicher gestaltet. Zehulausende möchten die Wohnung wechseln und sind an die winzige Scholle gebunden. Man sollte meinen, daß die ge- mcinsame Not die Hausbewohner einander nähergebracht habe. Ge- rade das Gegenteil ist der Fall. Eine unglaubliche Menge von ver- halten« oder offen hervortretender Abneigung ist aufgespeichert. Patriarchalisch war das Mieterverhältnis in Groß-Berlin schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Jetzt lebt man gezwungenwie Hund und Katze" zusammen, geht sich knurrend aus dem Wege und muß doch noch auf Jahre hinaus unter gleichem Dach schlafen. Eine gewisse Solidarität im Kampfe gegen die Hausbesitzer hat daran auch nicht viel geändert. Jedes neue Kleidungsstück wird bekrittelt, das Braten- düftlein aus der Küche futterneidisch eingesogen. Der Hausklatsch blüht wie noch nie, die Gerichte werden noch immer mit den lächer- lichsten Beleidigungsklagen überschüttet. heruntergewohnte Wohnungen. Noch schlimmer als an den Fassaden, auf den Treppenfluren und Höfen vieler Großstadthäuser sieht es in den einzelnen Woh- nungen aus. Es war ja Grundsatz der Hauswirte geworden, auf ihre Kosten nichts mehr machen zu lassen. Manche kleine Haus- rentner mögen dazu allerdings nicht in der Lage gewesen sein. Früher kündigte man schlankweg, wenn der Hauswirt die gewünschten Erneuerungen verweigerte. Schon seit Iahren geht das nicht. Wo viele kleine Kinder sind, wurde also die Wohnung baldherunter- gewohnt". Dem Mieler blieb es überlassen, die notwendigsten Re- paraluren und Erneuerungen an Wänden, Decken, Fußböden, Fenstern auf eigene kosten herstellen zu lassen. Wie wenige aber, die ein sauberes Heim lieben, tonnten das ausführlich machen! Die Tapeten Höngen   in Fetzen oder sind in allen Schattierungen geflickt mit Ersatz, die Dielen haben fast alle Farbe verloren, die Küchen sind verräuchert, zersprungene Fensterscheiben werden mit Papier überliebt oder gar durch Holz oder Pappe ersetzt. Die Klingelzüge funktionieren nicht, die Klosetts sind in greulich unhygienischem Zu- stände. Wer da auf eigene Kesten auch nur das AUernotwendigste machen lassen wollte, konnte gleich einig« tausend Papiermark hin- einstecken. Da eine solche Ausgabe nur in seltenen Fällen möglich war, hat auch das Wohnungsungeziefer stark zugenommen. Auch neuerdings beschränken sich die meisten Hauswirte auf Instand- setzungsarbeiten außerhalb der Einzelwohnungen, weil die Kosten hierfür durch die hohen Mietzuschläge gedeckt oder aus die Gesam:- heit der Mieter abgewälzt werden. Für die Renovierung des Wohnunqsinnern sind sie nur sehr schwer zu haben. Sie lassen alles drüber und drunter gehen und sagen:Soll es bei dir wohn, licher aussehen, so bezahle selbst!" Natürlich wäre es unrecht, ord- mmgsliebende Mieter mit ihrem Geldbeutel in Anspruch zu nehmen, wenn unsaubere Mieter am schlechten Wohnungszustand schuld sind. Deshalb sagen schon die Richtlinien des Berliner   Magistrats über die Anwendbarkeit des 8 10 der Höchstmictenordnung:Soweit nur einzelnen Mietern oder einer Gruppe von Mietern Reparaturen zum Vorteil gereichen, ist es zulässig, den Zuschlag nur diesen Mietern aufzuerlegen." In solcher Weise ist auch nach dem Reichsmieten- gesetz zu verfahren, jedoch mit der Maßgabe, daß der Hauswirt nun- mehr zu allen notwendigen Instandsetzungsarbeitcn gezwungen werden kann.,
Möbelwagen im RuhestanS. In einem gepolsterten, verschließbaren Möbelwagen steckte schon vor dem Kriege ein Anlagekapital von mindestens IV 12 000 M. Dieses Kapital liegt fast ganz brach. Di« riesigen Möbelwagen schlucken Miete auf ihren Standplätzen, bringen nur noch selten etwas durch Umzüge ein. Zum Teil werden sie für andere Transporte in Handel und Industrie benutzt. Die offenen Möbelwagen sind viel­fach ihrem eigentlichen Zweck entzogen und abgedeckt worden oder vertrauern ihr Dasein auf den Lagerplätzen ebenso wie der Ber- linerKremser". Das erklärt die gewaltigen Preise, wenn die Möbelwagen unbedingt gebraucht werden. Auch dieZiehmänner" haben zum größten Teil ihren Betrieb einstellen müssen. Der Um­zug aus einer Zweizimmerwohnung ist heute nur noch mit min- bestens einöm Tausendmarkschein zu bewerkstelligen. Sonst würden sicher viel iu«hr Wohnungen getauscht werden. Die Post freut sich. Endlich hat aus Jahre hinaus die gewaltige Arbeitslast mit dem Nachsenden von Briefen für verzogene Empfänger so ziemlich auf- gehört. In ähnlich angenehmer Lage befinden sich die Polizei- und Steuerbehörden. Die Melderegister und Steuerllsten weifen eine bisher unbekannte Beharrung des Personenstandes auf. Allein da- durch wird ein kleines Beamtenheer erspart, was aber praktisch durch andere in unserer Zeit.liegende Bedürfnisse wieder doppelt und dreifach überholt ist. So sind als u«ue Einrichtungen die Woh- nungsämter mit ihrem bureaukratischen Ballast hinzugekommen, während die- Einwohner-Meldeämter noch immer mit den Zu- züglern aus anderen Teilen des Reiches und vom Ausland viel' Arbeit haben. An den Adreßbüchern ist nicht viel zu ändern, und selbst der Gerichtsvollzieher hat seinen Nutzen von der allgemeinen Seßhaftigkeit. * Der kommende Umzug kann nett werden. Wem: erst wieder die Bautätigkeit in Gang kommt, wird eine Massenflucht aus den Wohnungen beginnen. Vielleicht wird alles werden wie es war. Frei- lich kann sich das nur langsam vorbereiten, vor zehn Iahren ist über- Haupt kaum daran zu denken. So lange muß der Groß-Berliner noch seßhaft bleiben. Dann wird sich auch wohl noch mancher das Umziehen dreimal überlegen. Die Wohnungen in neuen Häusern werden außerordentlich teuer sein, und in alten wird man mit- bezahlen sollen, was der Vorgäng« meist unabsichtlich durch langes Einwohnen verschandelt hat.
die Geschäfte ües Dokumentenfälschers. lieber die gefährliche Tätigkeit des Dotumentenfälschers An« s p a ch, der von der Berliner   Kriminalpolizei verhaftet werden konnte, haben wir bereits im gestrigen Abendblatt   berichtet. Jetzt veröffent- licht eine gewöhnlich gut unterrichtete Polizeikorrespondenz noch weiteres umfangreiches Material, dem wir folgendes entnehmen: Dr. Anspach" betreibt seine politischen Fälschungen schon seit zwei Jahren. Er begann damit schon, als er auch noch Einjährigen- und Reifezeugnisse fabrizierte. Der Schwindler war ungewöhnlich dreist, dabei doch wieder vorsichtig bis zur Feigheit. Er hat sich sogar verschiedenen Leuten gegenüber mit der Fertigkeit ge- brüstet, daß er der geschickteste Fälscher des Jahrhunderts und durch seine Fälschungen dereigentliche Leiter der Außenpolitik" des Deutschen Reiches sei. Anspach hat der Entente vieles geliefert, was sie brauchte. Dasauthentische Mo- terial", dieamtlichen Geheimberichte" waren nichts anderes als ungemein geschickte Fälschungen desDoktor" Anspach  . Der Verhastete behauptet, er habe nur einen Teil der Dokumente gefälscht, andere seien von seinen Helfershelfern gefälscht wor- den. Von sieben Dokumenten, die er noch in seinem Ge- wahrsam gehabt hat, will er nur zwei auf sich nehmen, die Fälschung einerNotoerfassung der deutschen Studentenschast" und dos Sitzungsprotokoll eines Kabinettsrats" vom März dieses Jahres, der unter dem Vorsitz des Reichspräsidenten Ebert getagt haben soll. Eine Stenotypistin A. jedoch und auch andere Leute strafen ihn Lügen. Auch die anderen fünf hat er s e l b st g e f ä l s ch t. Die Stenotypistin hat auch diese anderen Protokolle und Schriftstücke nach seinem Diktat auf seinen Vordrucken mit der Maschine ge- schrieben. Auch bei ihr hatte sich der Fälscher als Assessor eingeführt, ebenso wie bei einem Buchdrucker in der Oranien- straße, der ihm ohne Arg und Misttrauen gutgläubig die Vordrucke lieferte. Wer ihm die unzähligen Stempel aller Art angefertigt hat, ist noch nicht bekannt. Er selbst verweigert darüber jede Auskunft.
Der Ruf durchs Fenster. Lj RomanvonPaulFrank. Di« Färb' wird abgewaschen!" antwortete Gerstmaier. in emsiger Arbeit begriffen, der von dem Schauspieler bezeuch- neten heiklen Stelle jedoch stets geschickt ausweichend. Der Herr von Reuß nimmt ja doch nie eine Perücke!" Oder doch nur in unumgänglich notwendigen Fällen. Ich hasse die dick mit greller Schminke bestrichenen Gesichter und die falschen Haare. Wenn irgendwie möglich, helfe ich mir mit den eigenen, die sich doch färben lassen, wie man will. Außerdem wirkt man dann viel natürlicher!" Aber die Schweinerei nachher!" Die muß man, wie so manche andere, in Kauf nehmen. Schauspieler, die es mit ihrem Beruf nicht so ernst nehmen wie ich, mögen es mit der Perücke halten. Ich aber werde mir, wenn ich diese Rolle hundertmal spiele was ich im Interesse unseres jungen Freundes Garbislander hoste." sagte Reuß Und ich bin gar niemand?" rief der Theaterdirektor. Ich werde mir," fuhr der Schauspieler fort,ebenso oft die Haare färben und hinterher wieder waschen lassen. Das kostet Mühe, ist zestraubend und auch wohl ärgerlich- aber ich nehme nun enmal meinen Beruf verteufelt ernst!" Gerade das ist das Vorbildliche und deshalb haben Sie es auch so weit gebracht und besitzen vor allem keinen Ri- valen!" sagte Klaus Garbislander ehrlich entflainmt. Albert Reuß hielt den Kopf vornübergebeugt, seine Augen waren geschlossen, und über seine Stirn träufelte die schmutzig- braun« Flüssigkeit, von den flinken Fingern Gerstmaiers gejagt und angetrieben, in die bereitstehende Schüssel. Der Druck, der feit geraumer Zeit schon gegen die Schläfen des Schau- spielers wirkte, und dem er bisher wenig Beachtung geschenkt hatte, wurde von ihm ollmählich unangenehm empfunden, da weder die kalte Spülung, noch Gerstmaiers gelinde Massage« bewegungen ihn, wie er gehofft, aufzuheben vermochten.
Was meine unwerte Person betrifft, so werde ich mich jetzt empfehlen," sagte Franz Sermion und erhob sich von dem Sofa, auf dem er Platz genommen hatte. Der Direktor und sein getreuer Kassenoerwalter folgten diesem Beispiel. Gute Nacht, Herr Reuß und empfangen Sie noch- mals meinen tiefgefühlten Dank!" rief der junge Dichter. ,Jhr wollt mich alle auf einmal verlassen?" fragte der Schauspieler, Wer die Waschschale gebückt.Das ist gar nicht nett von euch. Auch Sie, Herr Gorbislander?" Da er das weiche Frottierhandtuch um seine Stirn sich schmiegen fühlte hob er dem Angesprochenen das Antlitz zu. Es ist spät geworden" antwortete der Schrifstteller. Meine Eltern harren meiner überdies vor dem Bühnenein- gang." Es wird wohl jemand anders sein, der Sie da unten erwartet," lachte Reuß.Wer es auch immer sei auf jeden Fall haben Sieihn" odersie" genug lange frieren lassen! Gar so warm ist es ja heute nicht! Darum beeilen Sie sich! Und wir gehen ein andermal gemeinsam nach Hause!" Den Vertrag machen wir dann morgen vormittag," flüsterte der Theaterdirektor, als Klaus Garbislander an ihm vorüber zur Tür trat.Sie machen mir am besten gegen elf Uhr das Vergnügen." Ich muß noch in die Redaktion," sagte Sermion und stülpte den Zylinder schief auf die Glatze. Ovationen nachtragen," scherzte Reuß.Du kannst doch unmöglich den Hitzegrad der Huldigungen vorgeahnt haben, die man mir heute dargebracht hat?" Doch, doch bloß die Inschrift, die auf den Kranz- schleifen steht, will ich der Vollständigkeit wegen ergänzen." Hast du sie auch genau gelesen? Dort hängt das Grün- zeug. Ich finde es wirklich reizend von dir, daß du das tun willst. Und morgen nach der Vorstellung sind wir beisammen! Die wenigen Tage, die ich noch hier bin..." Natürlich! Das hätte ich beinahe vergessen! Du unter- nimmst ja eine Gastspielfahrt nach Riga  , wenn ich nicht irre!" Sie werden sich das noch überlegen, nach dem heutigen Erfolg!" warf der Direktor ein.
Die Stempel stellen ebenso wie die Vordrucke eine kleine Sammlung dar. Einige erwähnten wir schon, von der Hohenzollernschule, vom Göllinger Gymnasium und von Rektor und Senat der Friedrich-Wilhelm- Universität. Andere sind Stempel von Reichs-, Staats- und Provinz- behörden, von der Reichskanzlei, vom Auswärtigen Amt   und seiner Presseabteilung, vom Reichsarbeitsministerium  , vom Reichswehr  - Ministerium, vom Bayerischen und Hessischen Staatsministerium, vom Preußischen Ministerium des Innern, vom Kommando der Schul:- polizei von Groß-Berlin, von der Abteilung Polizeimesen der Hessi­schen Staatsminifteriums, von der Schutzpolizei des Freistaaies Sachsen und ihrer Zentrale, vom Kommando der Württembcrgischen Schutzpolizei, vom Polizeipräsidenten von Hannover  , von der Be­rittenen Abteilung der Berliner   Schutzpolizei   u. a. m. Den Stempeln entsprechen auch' die Vordrucke von Formularen und Ge- schäftsbogen, von Reichs- und Staatsbehörden wie dem Auswärtigen Amt  , dem Truppenamt des Reichswehrministeriums, dem Reichs- arbeiisministerium, dem Kommando der Dresdener Schutzpolizei, dem Preußischen und Bayerischen   Staatsministerium, dem Oberpräsi- deuten von Sachsen   usw. Auch Stempel und Vordrucke vom Ber  - liner Magistrat, vom Freikorps Oberland  , von den vereinigten Verbänden heimattreuer Oberschlesier und ihrer Berliner   Geschäfts- stelle, ja auch vom Internationalen Bund der Kriegsopfer und von der Zentralsürsorgestelle für Flüchtlinge in Groß-Berlin hat der Schwindler sich anfertigen lassen. Aus ber Art der Stempel und der Vordrucke geht hervor, aus welchem Gebiete die Fälschungen lagen. Wir müssen der oben erwähnten Korrespondenz die Veranl- wortung für diese Mitteilungen überlassen und erzvarten zunächst das Ergebnis der amtlichen Untersuchung. Richtlinien für Berliner   Demonstrationen. Die bedauerlichen Borgänge bei der Demonstration vor dem Rat« hause am 2. Mai gaben dem Berliner   Polizeipräsidenten Richter Veranlassung, am Mittwoch vormittag die Vertreter der Berliner  Gewerkschaftskommission und des AfA-Bundes zu einer Besprechung über die künftige Regelung von Demonstrationen in Berlin   einzu« laden.- Nach verhälinismähiz kurzer Aussprache, in der das a l l g e> meine Bedauern über die letzten Vorfälle und ande« rerseitz eine erfreuliche Ueb er einst immu n g des Willens zutage trat, für die Zukunft solche Zusammenstöße' immöglich zu machen, erklärten sich die Vertreter der gewerkschaftlichen Orgorn- sationen dem Polizeipräsidenten gegenüber bereit, nicht nur die von ihnen durchgeführten Demonstrationen rechtzeitig an« zukünden, sondern auch ihre Ordner so auszubilden und anzuweisen, daß für eine möglich st glatte Abwicklung der Demonstration jede denkbare Gewähr geboten wird. Die Schutzpolizei   selbst will sich ihrerseits beschränken auf eine möglichst geringe Verwendung eigener Kräfte, die in der Hauptsache als Ber» kehrsposten für die Ausrechterhaltung des Verkehrs zu sorgen haben, wobei sie die Ordner der' Demonstranten in ausgiebigster Wesse unter» stutzen sollen.___ der Mord an üem Teppichhänölee Neißer. EineHellseherin" als Belastungszeugin. Vor dem Schwurgericht des Landgerichts 1l beginnt heute der Prozeß gegen die des Mordes an dem Teppich Händler Neißer in der Steglitzer Straße angeklagten Personen, der nach vielfacher Hinsicht größeres Interesse hervorrufen dürste. Die An« klage richtet sich gegen denDrogisten  " Gustav Passarge, den Mechaniker Harry S e l z e r und die Frau Helene Spanier. Frau Spanier hatte schon vor längerer Zeil durch ihr« Ehe» scheiduug mit ihrem Gatten, einem bekannten Frauenarzt und Sana- toriumsbesitzer, von sich reden gemacht. Wie seinerzeit ausführlich beuchtet, hat sich die zur Anklage stehende Mordtat in einem etwas eigentümlichen Milieu abgespielt. Frau Spanier soll die eigentliche Organisatorin derTat sein. Diese Behauptung der Anklage stützt sich jedoch im wesentlichen nur auf die B e j ch u l d i g u n g e n des Angeklagten Passarge. Ter Ermordete, der ei» Bruder des bekannten Bakteriologen Geheim.'at Professor Dr. Reißer in Breslau   ist, wurde bekanntlich am Z. Juni v I. in seiner Wohnung in der Steglitzer Straße erwürg: aufgefunden. Die von der Mordkammission unter Leitung des Kriminalkommissars Trettin hinzugezogenen Gerichtsärzte stellten fest, daß Reiher   nach vorauf- gegangenem, heftigem Kampfe mit den Händen erwürgt worden war. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei, welche sich hauptsächlich in einem übelbeleumdeten Pensionat in der Potsdamer Straße   und in gewissen Luxusdielen und Kaschemmen abspielten, führten zu der Verhaftung der drei Angeklagten. Für die Verhandlung sind zu- nächst vier Tage in Aussicht genommen. Die An klag« vertritt Staats- amvaltschaftsrat Dr. O r t h m a n n. Nicht weniger als 30 Zeugen sind zu dem Prozeß geladen. Unter ihnen befindet sich auch eine .Hellseherin", die angeblich einwandfreies Belastungsmaterial bei- gebracht haben fall.
Vollkommen ausgeschlossen! Ich habe Riga   bereits zweimal verschoben! Ein drittes Mal darf ch nicht so unhös- lich sein!" Und mein schönes Geschäft hier?" jammerte der Direk- tor.Kam: durch diese schreckliche Unterbrechung zum Teufel gehen!" Gar keine Spur, teurer Freund! Sechsmal spiele ich hoffentlich vor ausverkauftem Hause. Dann setzen wir mit der Reklame ein. Plakate, wissen Sic, in ganz großen, fetten Lettern: Unauschiebbares Gastspiel in Riga  ! Wenn ich dann nach einer Woche ungefähr zurückkomme, ist das Haus genau so randvoll wie vorher. Im Gegenteil: das Publikum ist dann erst recht neugierig. Unterdessen sind auch die Telegramme aus Riga   angelangt unser Freund Sermion ordnet das schon, dort spiele ich ja dasselbe Stück.. An allen Abenden?" fragte der Kritiker. Rur   einmal, nachmittags, den Kean. Sonst immer vnd ausnahmslos dieses Stück, das ich liebe!" Welches Glück, daß der Dichter schon gegangen ist," sagte Herr Kumperdey, der Kassenchef:wenn er das hört, ver- langt er den doppelten Vorschuß." Gute Nacht, Herr Reuß!" rief der Theaterdirektor. Kommen Sie glücklich nach Lzause, empfehlen Sie mich der Frau Gemahlin und schlafen Sie wohl! Soll ich Ihnen einen Wagen holen lassen?" Danke verbindlichst, lieber Direktor. Ich ziehe es vor, das Stückchen Weg zu Fuß zu gehen, da mir, wie Sie wissen, der Arlt möglichst viel Bewegung in frischer Luft verordnet hat. Lassen Sie mich wenigstens bei Nacht gehorsam sein! Außerdem habe ich arge Kopfschmerzen!" Die drei Henfcn empfahlen sich, gingen und ließen den Schauspieler mit seinen beiden dienstbaren Geistern allein. Der nächste, der den Abschied nahm, war Gerstmaier, nach- dem er ganz ergebenst für den kommneden Tag einen Galeric- freiplatz erbeten und auch erhalten hatte. Ludwig kniete auf dem Teppich und hakte seinem Herrn die Knöpfe der Lack- stiefel zu. (Fortsetzung folgt.)