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Sozialpolitische Forderungen. (Schluß aus der Abendausgabe.) In der gestrigen Reichstagssitzung sprach weiter Abg. Frau Schröder(Soz.): Die Ausführungen des Ministers lassen erkennen, wie sehr das Verständnis für die Bedeutung der Sozialrefarm wenigstens da und dort im Wachsen ist. Das kostbare Gut der Arbeitskraft, das werb vollste Gut des deutschen   Volkes, muß viel mehr geschützt werden, als bisher. Wenn der Name dieses Ministeriums inReichswohk fahrtsmimstenum" verwandelt werden soll, so haben wir nichts da gegen; denn schließlich dient doch seine Llrbeit der Hebung der Wohl fahrt der arbeitenden Menschen. Noch fehlt so manches, was uner- fiißlich ist, wenn der Arbeiter endlich den Platz im Volksganzen erhalten soll, der ihm von Rechts wegen zusteht! Der Minister hat hervorgehoben, daß der Novemberumsturz nicht nur einen politischen, sondern einen sozialen Charakter hatte. In der Tat: der Sinn der November-Revolution ist, daß alle Arbeiter, Männer und Frauen zu freien, mitbestimmenden Gliedern im Wirtschaftsprozeß werden sollen. Das ist bisher noch nicht in dem Maße geschehen, wie wir das wünschen und fordern müssen. Das Betriebsrätegesctz muß aus- gebaut werden. Wir erwarten gewiß nicht von der Gesetzgebung allein das Heil. Wir Sozialdemokraten sind uns darüber ganz klar, daß das Ziel ist: die Reifs und Befähigung der Arbeiterschaft zu den höchsten Aufgaben in Staat und Wirtschaft. Jeder soll an seinem Platz seinen Mann stellen zum Wohl der Allgemeinheit. Aber gerade deshalb darf die begonnene Entwicklung nicht aufgehalten werden. Wir warnen im Interesse des ganzen deutschen   Volkes die- jenigen, die dem Red in die Speichen greifen wollen. Erschütte- rangen des Arbeitsprozesses sind heute viel schädlicher als vor dem Krieg; aber sie werden nicht vermieden durch das einsichtslose Verhalten weiter Unternehmerkreise. Ein Blick auf den großen Kampf in der Metallindustrie Süddeutschlands   zeigt, daß es um die elementarsten Grund- r e ch te der Arbeiterschaft geht. Trotz Teuerung und Not kämpft die Arbeiterschaft Süddeutschlands   mit Opfermut den Kampf durch. Unsere Arbeitsbrüder im Süden sind sich darüber klar, daß sie nicht bloß für sich selbst, sondern für alle Arbeiter ins Feuer gehen. Dieser Kampf sollte eine Warnung sein, besonders beim Streit um den Achtstundentag. Von dieser Stelle aus betonen wir laut und deutlich: der Achtsiundeniag ist eine Notwendigkeit nicht nur für den Arbeiter, sondern auch für die Familie, für die Kinder des Arbeiters. Ohne Achtstuchdentag kein Familienleben. Das mögen doch diejenigen bedenken, die immer die Familie als Urzells der Gesellschaft loben und preisen. Der Achtstundentag schädigt nicht die Wirtschaft, er nützt ihr; sie kann nur gedeihen, wenn die Arbeits f r e u d e nicht zerstört wird, wenn die, die heute die Lasten für den Krieg schleppen müssen, in ihrer Gesundheit und in ihrem Lebensmut nicht gedrückt werden. Der Entwurf des Arbeits g e r i ch t s gefetzes bedeutet einen Rückschritt gegenüber den Gewerbe- und Äaufmannsgcrichten und erregt unsere Bedenken. Der Minister möge für einen Entwurf sorgen, der nicht nur die Mehrheit dieses Hauses befriedigt, sondern der auch die Zustimmung der Arbeiter finden kann. Gewiß ist die Vereinheitlichung des Arbeitsrechtes schwierig, aber das große Werk muß geschaffen werden, wie die Verfassung es will; Nie wieder wird die Arbeiterschaft sich in die alte Entrechtung hinunter- drücken lassen. Versuche dazu sind ein Spiel mit dem Feuer. Auch das Arbeits Nachweis gefetz muß schwere Bedenken wachrufen. Die Berufsberatung hätte hierbei besser beachtet werden müssen. Die Kräfte, Energien und Anlagen müssen frei gemacht werden. Der Beruf ist nicht, wie bisher so oft, lediglich eine Sache der Geburt und des Geldbeutels. Wir bedauern, daß unser Antrag, die Reichs- Zuschüsse für Berufsberatung zu verdoppeln, abgelehnt worden ist. Beim Hausangestellten recht liegen die Dings eben- falls schwer im argen; noch ist eine fest begrenzte Arbeitszeit nicht durchgeführt. Auch ch r i st l i ch e Arbeitervertreter finden an einer dreizehnstündigen Arbeitszeit Geschmack und Gefallen. Das Recht der Hausangestellten muß ausgestaltet werden und ebenso das der Heimarbeiter. Man lese nur die Berichts der Gewerbe- inspektoren durch und wird finden, daß unter den Heimarbeitern vielfach eine Rotlage herrscht, die geradezu unerträglich ist. Das Kapitel der Kinderarbeit ist grauenerregend; z. B. verdient ein IZjähriges Mädchen als flotte Maschinennäherin wöchentlich 2 Mark. Für zwei Mark muß dieses Mädchen feine Jugend verkaufen. Viel mehr Arbeiterschutz und Arbeiterrecht, besonders für die Frauen, ist notwendig. Man muß den Frauen die Möglichkeit zum Broterwerb erst schaffen. Die meisten Notgesetze sind im Nu durch die Geldentwertung überholt. Deshalb kein Zögern im Aus- bau des Versicherungswesens. Es braucht Zusammenfassung und Einheitlichkeit. Die Hinterbliebenen der auf dem Felde der Arbeit Gefallenen sind in gleicher Weise zu behandeln und zu unter- stützen wie die Kriegerhinterbliebenen. Schutz vor der äußersten Not genügt nicht, sondern Vorbeugung und Hilfe beizeiten sind nötig. Wir haben heute einen Frauenüberschuß. Es hat deshalb wenig Zweck, die Fernhaltung der Frauen vom Ärbeitsmarkt zu versuchen. Wichtiger ist, den Arbeiterinnenschutz auszubauen, und dies vor allem unter Hinzuziehung von Frauen. Die Zusammenkünfte der Gewerbeaufsichtsbeamten zum Austausch der Erfahrungen sollten neu belebt werden. Reichsarbeitsministerium und Wohlfahrts- Ministerien der Länder müssen dafür sorgen, daß die Jugendlichen nicht nur ihre Erholung bekommen, sondern auch den Verlust an moralischer Stärkung und geistiger und seelischer Ausbildung ein- bolen, der durch- den Krieg und die Nachkriegszeit verursacht wurde. Wenn es sich um soziale Forderungen handelt, verweist man uns immer recht gerne auf den Druck der Entente und die Hemmungen von dorther. Wir kennen diese Hemmungen, aber man soll doch auck nicht vergessen, daß, um nur ein Beispiel zu nennen, die Washingtoner Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation   in bezug auf den Schutz von Frauen und Jugendlichen weit über das b i n a u s ging, was Deutschland   bisher in diesem Punkte kannte. Es wäre für Deutschland   kein Schaden, wenn es in der Sozial- Politik soweit wäre, daß es sagen könnte: Deutschland   in der Welt voran! Die Sozialreform liegt im Interesse des ganzen Volkes. Stand am Kriegsende, wie der Reichsarbeitsminister betonte, nicht nur ein politischer Umsturz, sondern auch eine soziale Erschütte- rung, so müssen daraus die Konsequenzen gezogen werden.(Leb- hafter Beifall links.) Abg. Behrends(Dnat.): Die Revolution Hot die soziale Ge- sinnung nicht gestärkt. Es ist für den Richterstand von Vorteil, wenn er mit dem Arbeitsrecht zu tun hat. Die Arbeitsgerichte werden am zweckmäßigsten den ordentlichen Gerichten angegliedert. Das Wesentliche ist, daß in den acht Stunden wirklich gearbeitet wird. Von einer Herabsetzung der Arbeitszeit in den Berg- werken und ähnlichen mit Gefasiren verbundenen Berufen sehe ich ab. Abg. Karsten(U. Soz.): Das Reichsarbeitsministerium ist ein Arbeitgebenninisterium, kein soziales Ministerium. Bei Leistungs- crhöhungen erklärt es stets, die deutsche   Wirtschaft sei nicht trag. fähig. Wenn aber Hermes mit der Umsatzsteuer Milliarden aus der deutschen   Wirtschaft herausholt, so fragt man nicht nach der Trag- sähigkeit. Auf dem Görlitzcr Parteitag rief der Reichsjustizministcr noch: Hände weg von den Gewerbe- und Kaufmannsgerichten! Abg. Andre(Z.): Die Angestelltenoersicherung muß ihre Selb­ständigkeit behalten und ausgebaut werden. Die Unsallrenlner mit weniger als 50 Proz. Rente haben seither keine Erhöhung ihrer Renten empfangen. Der Achtstundentag ist nicht für alle Betriebe in gleicher Weise durchführbar. Abg. Dr. Moldenhaner(D. Vp.): Geldentwertung und über- stürzte Gesetzgebung infolge der Novemberumwälzung machen es nötig, daß der Gesetzgeber nun manchen Schutt auf dem Ge- biete der Sozialgesetzgebung wieder wegräumen muß. An der Not der Kleinrentner ist nicht zum wenigsten die E r s ü l l» n g s- Politik schuld, die die Befriedigung unserer Gegner der Fürsorge
für unsere eigenen Voltsgenossen voranstellt. Unker den Ar- beitslosen sind in den Großstädten viele unruhige Elemente. Die Betriebskrankenkassen dürfen nicht Parteidoktrinen geopfert werden. Der Wettbewerb zwischen öffentlichen und privaten Nachweisen ist gut. Der schematische Achtstundentag ist ein wirtschaftliches U n- glück. Die Sozialpolitik soll die Klassengegensätze überbrücken und die Menschen zur Volksgemeinschaft erziehen. An die Stelle der Koalitionsfreiheit darf kein 5ioalilions zwang treten.(Unruhe und Zurufs links.) In lebenswichtigen Betrieben müssen die Entschei- düngen der Schlichtungsaugschüsse gelten. Abg. Erkelenz  (Dem.): Wir danken dem Minister für seine sozial- politische Tätigkeit. Von Koalitionszwang kann keine Rede sein. Man darf das Problem der Koalitionsfreiheit nicht bloß vom Stand- punkte der Arbeitgeber betrachten. Die Sozialpolitik der Zu- kunft Ist eine andere als die der Vergangenheit, die mehr Für- sorge tätigkeit war und in der Regel gemächt gegen die Arbeiter. Wir wollen keine Treibhauskultur des Sozialbsamtentums, sondern Entstaatlichung der sozialen Fürsorge, Ergänzung durch die soziale Selbstverwaltung der Gewerbe und Berufe. Das vorliegende Ar- beitsnachweisgesetz wie die Arbeiter- und Angestelltenoersicherung fußen noch immer auf dem alten Standpunkt, ebenso die Schlich- tungsordnung. Sie kann und darf nicht vorübergehen an den großen Tarif- und Schlichtungseinrichtungcn der Gewerkschaften und der Arbeitgeber. Ich bin gegen die rein schematische Durchführung des Achtstundentages, aber für feine grundsätzliche Aufrecht� crhaltung. Abg. Schwarzer(Bayer. Vp.) bedauert das geringe sozial. politische Interesse und die Ueberfülle der Gesetze in Deutfchland. Abg. Ca ich(Komm.) wirst dem Arbeitsminister vor, er habe seine Pflicht nicht erfüllt. Donnerstag 11 Uhr: Einzelberatung. Interpellation Tbiel (D. Vp.) über die Erhöhung der Renten der Kriegsbeschädigten. Er. nahrungsministerium. Schluß 7 Uhr.
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.jimtMiiMMiimmiiiiiitiiiiMmiimiMinmiiiiiiiniiuiHitiiiiiitttti || während der Sommerreise 1 1 Unsere Abonnenten, welche Werk auf regelmäßige Lieferung 1 1 des»vorwärts- während ihrer Sommer» rcfp. Urlaubsreife legen, bitten wir, nachstehende Zeilen zu beherzigen: kDPostbezieher müssen die Umleitung an die neue Adresse iDmlndestens ö Tage vor Reisebegian bei ihrem 1 1 Postamt beantragen und ebenso vor der Rückreise bei der Post D l I g rechtzeitig die Nückübcrweisung veranlassen. Für diese Um» Z f i 1 leitung verlangt die Post eine einmalige Gebühr von 2 Mark. J i ! g Abonnenten, die ihre Zeitung durch die Botenfrau in f i beziehen, können sich den»vorwärts- unter Streifband nach» g| Ig schicken lassen, wobei für Porto und Versand bis zum ZO.Zuui g| ;| d.Z. täglich M. 1.10, noch dem Austand täglich M. 1.70 be- g i I g rechnet werden, vom 1. Zuli d. Z. ab kommen die neuen Porto» g i | g gebühren zur Berechnung. Die Lieferung kann innerhalb g| I g Deutschlands   auch durch Postüberweisung erfolgen, aber nur J| [ g bei längerem Aufenthalt(über acht Tage innerhalb eine» g| 1 1 Salendermonats an einem Ori). Aufträge für solche Postüber» U 1 i i Weisungen müssen uns spätestens S Tage vor Reise» DZ f D antritt gegeben werden, da sonst nicht mit einem pünktlichen g; f 1 Einsetzen der Postlieferung zu rechnen ist. Wir bitten unsere D i i j Leser, diese Aufträge direkt in ihrer zuständigen Filiale unter g| =.=. gleichzeitiger Zahlung der Gebühren zu erteilen. K/ '�IlUIlIMUIllNllWIIIIlllllllllllllllillllllWlllllllllllllllllllllllNllllllllllliiNlMIIlMMIlllllllllllllliilll!!!!!!!! Das Zeitungsfterben. Infolge der maßlosen Verteuerung der Druckpapierpreise und der übrigen Materialien, die im Zeitungsgewerbe weit über das Maß der normalen Preiserhöhung hinausgeht, hat bereits eine große Reihe non Zeitungen ihr Erscheinen einstellen müssen oder sich vor die Frage gestellt gesehen, wie lange unter den schwierigen Verhältnissen die Aufrechter- Haltung eines selbständigen Unternehmens noch möglich ist. Folgende Tabelle beleuchtet die rapide Preissteigerung für Zeitimgsdruckpapier besonders in den letzten zwei Jahren. Es kostete je Kilogramm: 1014... 1919... 1920... 1921... 1922... 1922... 1922... 1922... 1922...
1. Januar 1914.... 20% Pf. 1.. 1919.... 54"«. 1.. 1920.... 195%, 1.» 1921.... 8001/«, 1.. 1922.... 7001/«, 1. Februar 1922.... 730'/«. 1. Mörz 1922.... 825'/«, 1. April 1922.... 1280'/«. 1. Mai 1922.... 1590'/« Die Papierpreise sind also bereits auf dem 8 0 f a ch e n Stand von 1914 angelangt und haben sich allein feit An- fang 1920 auf das Achtfache erhöht. Aehnlich verhält es sich mit den Materialkosten für die Drucklegung der Zeitung. Da aber eine Erhöhung der Bezugspreise trotz aller Versuche, sie der allgemeinen Teuerung anzupassen, nur in begrenztem Um- fange möglich ist, ist das Zeitungs st erben in vollem Gange. Die maßgebenden Regierungsstellen scheinen die Situa- tion noch immer falsch einzuschätzen, denn sonst wäre es un- erklärlich, daß die feit langem geforderten H i l f s m a ß- nahmen immer noch auf sich warten lassen. Man über- sieht offenbar, daß das Aussterben der Zeitungen sich nicht mit einem Male vollzieht, sondern daß die Presse mit zähem Widerstand ihren Existenzkampf führt. Erst wird der Raum auf das äußerste beschränkt und alle anderen Ersparnismög- lichkeiten angewandt, und erst wenn es wirklich nicht mehr geht, entschließt man sich zum Einstellen des Betriebes. Auf diese Weise sind schon Blätter, die mehrere Menschenalter hin- durch den Nachrichtendienst und die politische Information des Volkes versehen haben, nach langem Ringen von der Bild- fläche verschwunden. Die meisten übrigen aber, soweit sie nicht vom Großkapital oder van einzelnen Interessengruppen un- mittelbar unterstützt werden, stehen am Rande ihrer Kraft. Das müßte die Regierung nach den Kundgebungen der Verlcgerverbände wissen. Wir fragen erneut, was und wann sie endlich etwas gegen die Zeitungsnot tun wird.
In dam Petcrsbarfer Prozeß beantragte der Staatsanwalt gegen drei Angeklagte Todesstrafe, gegen drei weitere je 15 Jahren Zuchthaus. Die Urieilsverl-ündung erfolgt heute nachmittag um 4 Uhr. Vllfleln in Prag  . DasLeipz. Tagebl.". das der unter Führung des Ullstein- Verlages gegründeten Leipziger Verlagsdruckerei G. m b. H. gehört, gibt bekannt, daß in die Reihe der Gesellschafter die Firma Heinrich M e r c y Sohn in Prag   getreten ist, die das Prager Tagblatt- und andere deutsche demokratische Zei- tungen in der Tschechoilowakci herausgibt. Den maßgebenden Ein- fluß in der Gesellschaft behält Ullstein. Die Zusammenarbeit sei dazu bestimmt, die geistige Bande iwiichen dem demokratischen Deutschtum diesseits und jenseits der Reichsgrenzen noch enger zu knüpfen.
Die willkürlicke Kn'egsjustiZ. Freisprechung im Wiederaufnahmeverfahte«. Der Direktor der Albatros-Werke in Berlin  , Ingenieur Otto Wiener  , war im Dezember 1915 zu einem Jahr sechs Monaten Festung verurteilt, weil er angeblich zum Schaden der deutschen  Marine Mitteilungen über Flugboote an die italienische Marinebehörde hatte gelangen lassen. Auf seinen Antrag hat der erste Strafsenat des Reichsgerichts die Wiederaufnahme des Verfahrens angeordnet und die Sache an den zweiten Strafsenat oerwiesen. In der jetzigen zweitägigen Verhandlung beantragte der Reichsanwalt zum Schluß Freisprechung. Das Urteil lautete demgemäß. Die Kosten werden der Staatskasse auferlegt. Der Prozeß dürfte insofern noch ein Nachspiel haben, als Ingenieur Wiener Ansprüche für den Schaden geltend machen wird, der ihm durch die vom Oberkommando in den Marken angeordnete Schließung der Albatros-Werke im Jahre 1917 entstanden ist. Die Freisprechung erfolgte in der Hauptsache, weil ein damaliger Sachverständiger bekundete, er habe sich geirrt, als er vis betreffende Einrichtung als eine geheimzuhaltende begul- achtete. In der jetzigen Verhandlung wies Wiener darauf hin, daß die fragliche Einrichtung durch Veröffentlichung des Reichs- marineamts mit Abbildungen damals bereits allgemein bekannt gewesen sei und gelegentlich der Kieler Woche   im Frühjahr 1914 allen Angehörigen fremder M i l i m i ss i o n« n die Mög- lichtest offengestanden habe, Kenntnis von den neuen Wasser- flugzeugen mit ihren Einrichtungen zu nehmen. Auch in Warne- münde seien die Flugzeuge ausgestellt gewesen. Dieser Prozeß legt die Frage nahe, ob nicht auch viel schwerer Verurteilte unschuldig sitzen.___ Etappen-Kunze als Crfinüer. Das PogromorganDeutsches Wochenblatt" hatte vor einigen Monaten einen Artikel über das Weihenseer Arbeitsamt gebracht, in dem behauptet wurde, daß in dem Arbeitsamt jüdische Ar- bester, besonders ein gewisser Grünbaum, besondere Vorteile ge. nösscn, daß Grünbaum Kommunist sei und seine Gesinnungsgenossen im Arbeitsamt bevorzuge. In der Verhandlung vor dem Schöffen­gericht Berlin-Tempelhof erklärte nun der beklagte Redakteur D ux? daß er als verantwortlicher Schriftleiter desDeutschen Wochenblattes" dem Herausgeber Kunze gegenüber die Aufnahme des Artikels verweigert habe, da ihm bekannt gewesen sei, daß der Artikel frei erfunden war und jeder Unterlage entbehrte. Nachdem Dux kurz vor der Drucklegung der in Frage kommenden Nummer die Redaktion verlassen hatte, sei Kunze in die Setzerei gegangen und habe gegen den Willen seines verantwortlichen Redak- teurs den Artikel, noch dazu mit Anmerkungen versehen, setzen lassen. Das Gericht versuchte Kunze telephonisch zu laden, um ihn als Zeugen zu hören, doch erklärte Kunze, der tclephonischen Auf- forderung nicht Folge leisten zu können. Au? Antrag de? Verteidigers Dr. Proh beschloß das Gericht, die Verhandlung zu vertagen und Kunze sowie mehrere andere Zeugen darüber zu hören, ob der beleidigende Artikel gegen den Willen dos Beklagten von Kunze selbst veröffentlicht worden sei.
preußische Sergwerksüebatte. Der Landtag erledigte gestern in allen drei Lesungen den Gesetzentwurf über die A u s g l e i ch s z u s ch l ä g e. Da es sich hierbei auch um Aufwandsentschädigungen für politische Beamte handelt, hatten die Kommunisten entschiedenen Kampf dagegen an- ekündigt. Bei der Beratung war aber keiner von ihnen im -aal, so daß nicht einmal ein Widerspruch gegen die dritte Lesung erfolgte. Beim Berg etat behandelte Sobottka(Komm.) Be- triebsrätefragen, Lohn- und Preisfragen. Genosse Franz-Katto- mitz wies darauf hin, daß heute die Leistung der Bergleute an die Friedensleistung herankomme. Die Förderung wäre aber noch viel höher, wenn die Betriebsräte anerkannt, anständig behandelt und ihre Ratschläge befolgt würden. Die Konflikte wegen der Maifeier wurden von den Unternehmern mutwillig und unvcrant- wortlich provoziert. Genosse Franz besprach dann die Frage der Unfallverhütung und brachte zahlreiche Klagen aus seiner oberschlesffchen Heimat vor. Handelsministcr Genosse Siering will das untersuchen: er berichtigte einige Ausführungen Sobottkas. Eine besondere Note bekam die Debatte nach einer bedeutungslosen Rede des Deutschnationalen Martin durch eine Rede des Volks» parteilers P i n k.e r n e i l, die an Scharfmacherei alles übertraf, was sich bisher ein Angehöriger einer Koalitionspartei gegen die freigewerkschaftliche und sozialistische Arbeiterschaft erlaubt hat. Was die Wulle-Blätter einmal über einen saufenden oder geschöfte- machenden Betriebsrat schrieben, verallgemeinerte Pinkerneil, was er an Entstellungen über den Ruhrstrcik zugetragen erhielt gab er als Wahrheit aus und krönte das alles durch die Verhöhnung der Maifeier. Auf diese Scharfmacherrede wird Genosse H u s e- mann am Dannerstag sehr gründlich antworten.
Siege öer Schweizer   Arbeiterschaft. In der Baseler Volksabstimmung wurde das bürgerliche Volksbegehren auf Unvereinbarkeit gewisser Wahlmandate mit Beamten st ellungen verwarfen und gegen die bürgerlichen Parteien das Pcnsions- und Krankentassengesetz angenommen. Die Züricher   Stadtrats- und die Genfer   Gemeindewahlen brachten den Arbeiterparteien Erfolge. Der Lohnabbau, der Anschlag auf die 48-Stunden-Wache und die Arbeitslosigkeit des Valutalandes schließen die schweizerische Arbeiterschaft zusammen.
Ollwig von Hirschseld wieder in S t r a f h a s t.
befindet sich nach amtlicher Meldung
Aufwandsgelder für den Staatsrat. Der VerfasiungSaussckiuß de« Landtages hol nach längerer Beratung beschlosien, ben Mil- gliedern des Staatsrats die Fahrkosten in Höhe der Entschädigung für Dienstieisen der Oberpräsidenten zu erstatten, ein Tagegeld in Höhe von ein Zwölftel des MonatsbetrageS der LandtagSdiälen zu bewilligen, dem Borsitzenden des Staatsrates die Bezeichnung Präsident" beizulegen und ihm jährlich 20 000 M. Auf» w a n d S e n t s ch ü d i g u n g zu gewähren.
letzte Nachrichten. Mord aus Eifersucht. Gestern nachmittag gegen 6 Uhr hat der 28 Jahre alte Uhrmacher Paul Schubert, der bei seinen Eltern im Hause Zvssener Straße 1 wohnte, auf dem Hose des Grundstücks Eylauer Straße 20 die 24 Jahre alte Stenotypistin Dorothea Babft erschossen. Wir erfahren dazu folgendes: Schubert unterhielt feit einiger Zeit mit der Babft ein Liebesverhältnis, das letztere aber aufgelöst hatte. Seit einigen Tagen verfolgte nun Schubert seine ehemalige Geliebte und lauerte ihr verschiedentlich auf. Gestern nachmittag, als sie eben das elterliche Wohnhaus Eylauer Straße betreten wollte, sah sie Schubert auf sich zukommen. Nichts Gutes ahnend, lief sie über den Flur nach dem Hofe, ver- folgt von Schubert, der sie hier erreichte und durch einen R e v o l- verschuß in den Hinterkopf zu Boden streckte. Dann gab er noch zwei Schüsse ab. Ein in demselben Haus« wohnender Straßenbahner, der vom Fenster aus die Szene beobachtet hatte, eilt« herunter und nahm mit anderen Hausbewohnern die Verfolgung des Täters auf. Er wurde auf der Straße ergriffen und der Polizei übergeben. Vorher hatte er versucht, sich selbst zu erschießen, doch hatte" die Waffe versogt. Er hat die Tat aus Eiserfucht begangen,