fr.257 39.Jahrgang Ausgabe A nr. 129
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Das Provisorium.
Paris , 1. Junt.( WTB.) Die Rammer fette heute nach-| fie nur aus der ersten Kommission aus. Sofort danach hätte Frant- schärfste Verurteilung des Londoner Finanzmittag, am fünften Tage der Interpellationsdebatte über die aus reich Genua verlassen fönnen, wärtige Politik der Regierung unter großem Andrang des Publitums ihre Beratungen fort.
wäre damit aber allein dageftanden
CONFVO
und wäre beschuldigt worden, dem gemeinsamen Wert tein Bertrauen entgegenzubringen. Infolgedessen blieb Frankreich. - Ministerpräsident Poincaré Ueber die Vortriegsschulben tam das Einvernehmen ergreift das Wort zur Beantwortung der Interpellationen. unter den Alliierten ohne Schwierigkeiten austande. Hier wurde Ich möchte zunächst, so sagt er, ein Mißverständnis be- die Sigung bis 5 Uhr unterbrochen. Nach Wiederaufnahme fährt feitigen. Die Lage in Oberschlesien tann nicht verglichen wer- Boincaré fort und legt die Bedingungen des interalliierten Einben mit der am linken Rheinufer. Das geht aus dem Bersailler vernehmens wegen der russischen Borkriegsschulden dar. FrantFriedensvertrag hervor. Die Kontrollfommission ist souverän und reich follte 50 Broz. feiner Forderungen erlassen, ohne daß aber ähnelt in feiner Weise der Internationalen Kommiffion im besetzten feine eigenen Schulden um 50 Proz. verringert würden. Die franGebiet. Das internationale Gericht urteilt alle Verbrechen ab, deren zösischen Delegierten sekten durch, daß diese Frage später geregelt Opfer die franzöfifchen und alliierten Truppen geworden sind. Der werden sollte. Hinsichtlich des Privateigentums der AusMinisterpräsident geht auf diese Zwischenfälle näher ein und erklärt, länder in Rußland forderte Frankreich von Rußland ernste Garan In der Petersdorfer Angelegenheit feien 15 Schuldige abgeurteilt nen. Die Engländer waren anderer Auffassung, nicht aber die worden. Es verstehe sich von selbst, daß, wenn die Regierungs. Belgier , und Frankreich schloß sich deren Ansicht an. Obwohl es kommission den deutschen Blaz räume, die Schuldigen in Frankreich nicht möglich war, die Beratungen unter diesen Bedinaußerdeutsche Gefängnisse zur Abbüßung der Strafen gungen fortzusehen, blieben die Franzosen in Genua . Sie taten übergeführt würden.( Beifall.) Poincaré geht sodann auf die alles, um einen Mißerfolg der Konferenz zu vermeiden. Wenn Waffenfunde in Gleiwit und die damit in Zusammen- dieser Mißerfolg aber dennoch eingetreten sei, so sei daran die herhang stehende Explosion ein. Solange Deutschland nicht helfe, die ausfordernde haltung der Bolfchewisten schuld. Schuldigen zu suchen und aufzufinden, fei man genötigt, an seinen Als der Gedante auftauchte, eine Sachverständigenkonferenz nach Gefühlen zu zweifeln und dementsprechend zu handeln. Er habe dem Haag zu berufen, habe es sich fich gewundert, daß man so viele Soldaten auf den Friedhof entfandt habe, obwohl man benachrichtigt gewesen sei, daß man ihn unterminiert habe. Eine Untersuchung sei eingeleitet. Gegen einen Verwaltungsbeamten und einen Leutnant sei das Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Solche Gefahren für die Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Solche Gefahren für die französischen Truppen müßten beseitigt werden. Die alliierten Truppen dürften nunmehr bald aus Oberschlesien zurüd. gezogen werden. Die franzöfifchen Truppen feien es gewesen, die am stärksten(?) zur Sicherstellung des Friedens beigetragen hätten, trozdem man Frankreich fo gerne anflage, daß es ihn gefährde. Frankreich fei der beste Verteidiger des Friedens
in Oberschlesien , am Rhein und überall. Frankreich fönne man nicht anflagen, eroberungsluftig zu sein. Die erste Bedingung des dauer haften und wirklichen Friedens jei, daß man ihn nicht auf einer Berlegung des Bölkerrechts aufbaue.( Sehr richtig! 14 Bunfte
Wilsons! Red. d. Borwärts".)
volle Handlungsfreiheit vorbehalten. Amerika hat ausdrücklich erklärt, an dieser Konferenz nicht teilnehmen zu wollen. Ohne Amerika wären die Beratungen aber unvollständig, und der Wiederaufbau Europas wäre ohne Amerikas Mithilfe unmöglich. Frankreich wünscht aber zu wiffen, was im Haag geplant werde. Die französische Regierung hat noch teinen Beschluß gefaßt und wird jedenfalls alle notwendigen Garantien fordern. Er werde sich weigern, an einer neuen politischen Konferenz feilzunehmen, was auch die Vereinigten Staaten tun würden, ohne sie fönnte nichts geschehen. Die franzö fische Regierung habe feine Verpflichtungen, weber in dem einen, noch in dem anderen Sinne übernommen. Die franzöfifche Politit fei im Schlepptau teiner anderen Politit in Genua gewesen. das müsse er Tardieu gegenüber erklären. Er habe den richtigen Begriff von der Größe Frankreichs , und die französische Regierung werde mit allen Alliierten in Fühlung bleiben, mit der Regierung der Vereinigten Staaten und mit den ehemaligen neutralen Mächten. die französische Regierung werde diesen Mächten ihre Meinung über die Haager Konferenz tundgeben und Sachverständige entfenden.
Das Schreiben der Reparationskommission vom 31. Mai, das wir gestern hier veröffentlichten, bedeutet sachlich die bittats vom 5. Mai v. J. Jenes Finanzdiktat, das uns als Frucht einer zehnmonatigen Regierung der Deutschen Volkspartei auf den Kopf fiel, zwang uns unter den schwersten Drohungen zu dem Versprechen, daß wir 132 Milliarden Goldmart bezahlen würden, wovon in den ersten Jahren etwa 3,2 Milliarden jährlich fällig waren. Die Reparationskommission hat jest anerkannt, daß wir diesen Betrag nicht zahlen lönnen, sie hat ihn für das laufende Jahr auf 720 Millionen Barleistungen und 1450 Millionen Sachleistungen herabgesetzt. Das wäre zunächst eine Minderung um etwa 33 Proz. vom Hundert. Indes sind die Sachleistungen einigermaßen probiematisch, da keine Sicherheit für ihre volle Aufnahme geschaffen ist. Tatsächlich werden wir in diesem Jahr erheblich weniger zahlen, als der Londoner Finanzplan vorsieht, und da das mit Zustimmung der Reparationskommission geschieht, so bes deutet das die autoritative Feststellung, daß uns der Londoner Finanzplan mehr zugemutet hat, als wir leisten können.
Damit hat der ganze 132- Milliarden- Plan einen empfindlichen Stoß erhalten. Als er aufgestellt wurde, hat es wohl nicht allzuviele Menschen auf der Welt gegeben, die ihn für durchführbar hielten. Wer aber soll ihn jetzt dafür halten, nachdem er gleich im ersten Anlauf so kläglich versagt hat? Die Zahlungserleichterungen sollen nur für das laufende Jahr gelten, aber niemand wird die Hoffnung hegen, daß Deutschland im nächsten Jahr den vollen Betrag würde zahlen fönnen. Es werden also neue Berhandlungen notwendig sein, und auch sie werden zu einer Herabfegung der deutschen Leistungen führen müssen. Kann man sich vorstellen, daß das in Ewigkeit so fortgehen kann, daß auf Deutschland als Schuldner und den Ententestaaten als Gläubigern ewig eine solche Unsicherheit lasten könnte, ohne daß darüber die ganze Weltwirtschaft zugrunde ginge? Mit der Aufnahme der amerikanischen Anleihe verhandlungen ist nun ein neues Moment in die Entwicklung des Reparationsproblems eingetreten. Verschiedene Pariser Meldungen wollen jetzt schon wissen, daß die amerika nischen Geldgeber jede Anleihe für unmöglich erklärt hätten, solange der Londoner Finanzplan bestände. Erst wenn eine Herabsetzung der deutschen Gesamtverpflichtung erfolgt sei, fönne von einer Anleihe die Rede sein.
Wir wissen nicht, ob diese Meldungen zutreffen, wahrScheinlich eilen sie den Tatsachen weit voraus. Würden sie sich aber schließlich doch als richtig erweisen, so könnte das nicht überraschen, denn in der berühmten Erklärung der Bank von. England ist eben schon dasselbe gesagt. Was aber dann? Die deutsche Regierung hat in ihrer letzten Note zugesagt. daß sie den Versuch machen werde, ihre Ausgaben durch laufende Einnahmen zu beden, falls sie durch das Zustandekommen der Anleihe die dazu nötige Hilfe erhalte. Bleibt die Anleihe aus, so bleibt die Unmöglichkeit, den deutschen Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen, und selbit die Zahlungsmöglichkeiten für die herabgesetzten Beträge-
Der Ministerpräsident geht sodann auf die Besprechung der Orientangelegenheit ein. Die Bemühungen in Athen und in Angora; den Frieden herbeizuführen, hätten noch keinen Erfolg gehabt. Hierauf bespricht Poincaré die Konferenz von Genua Die Canner Entschließung sei ziemlich beunruhigend ge- Mit Tardieu fei er einig, die These von Keynes oom wirt wesen. Er habe sich bemüht, von den Alliierten Bürgschaften zu schaftlichen Materialismus zu verurteilen. Man rede immer, als erlangen, namentlich in der Richtung, daß Deutschland die Frage ob Frankreich große Summen oder viele Waren von Deutschland der Reparationen und der Verträge nicht aufwerfen erhalten habe. England leide gewiß, es feien eben wäh dürfe. Das sei geschehen. Die Entwaffnungsfrage habe rend des Krieges ungeheure Reichtümer zerstört worden. Die Welt nicht besprochen werden dürfen, weil der Völkerbund damit be- werde nicht wieder geheilt werden, wenn sie sich nicht in Ordnung traut sei und weil man deffen Befugnisse nicht im entferntesten an die Arbeit begeben tönne. Gembat habe sehr ernste Dinge schmälern laffen wolle. Auch die Weifungen an die französische über die Beurteilung Frankreichs im Auslande gesagt, und er habe Delegation in Genua verliest der Ministerpräsident, um auf die An- dann die Regierung angeflagt. Für die Ausländer und für die flage zu antworten, die französische Regierung habe versucht, die Welt werde Frankreich durch seine Regierung vertreten, niemals Genueser Konferenz zum Scheitern zu bringen. Ministerpräsident fönne man zulassen, daß die Ausländer sich in die inneren An Boincaré setzt die Berlesung der Weisungen an die französische Dele gelegenheiten Frankreichs einmischten. Er werde auch nicht gation fort und erinnert an die Punkte, in denen Frankreich mit gestatten, daß man eine Unterscheidung zwischen England in bezug auf die Anerkennung der Moskauer Regierung Frankreich und seiner Regierung mache. Diese Aneinverstanden war. Falls Entschließungen eingebracht wären, lagen feien Frankreichs unwürdig. die den der Delegation gegebenen Weisungen zuwiderliefen, hätte sie bei der Regierung in Paris anfragen müssen. Auch die PetroVerhältnis Frankreichs zu Deutschland . leumfrage werde in den Weifungen behandelt und schließlich Frankreich sei geneigt, alle Mittel ausfindig zu machen, um dem alldie Reparationsfrage. Auf den Zwischenruf eines Kom gemeinen Wohle durch eine loyale 3ufammenarbeit zu munisten, warum er, Poincaré , nicht nach Genua gegangen sei, dienen, aber man sei von gewissen Bedingungen abhängig. antwortet Poincaré : weil ich feine Eile hatte, einige 3hrer Freunde Die erste fei, daß man nicht von Frankreich verlange, daß es dort zu treffen und weil es unerläßlich war, daß der Ministerpräsi- Deutschland irgendeines der Rechte opfere, die es von den Berdent während der Konferenz in Paris blieb. Die Weisungen, die trägen herleite.( Beifall.) Deutschland sei nicht überfallen man der Delegation erteilt habe, feien einstimmig von den Ministern worden, es sei in Frankreich eingedrungen und habe gebilligt und loyal befolgt worden. Frankreich habe nichts unter die belgische Neutralität verlegt. Deutschland sei es gewesen, das nommen, um die Konferenz zum Scheitern zu bringen, es habe im einen Plan fyftematischer Zerstörung der französischen Gegenteil den Beweis seiner großen Geduld gegeben und er habe Provinzen durchgeführt habe, deren Wiederherstellung Frankreich Die letzte deutsche Note zur Reparationsfrage zeigt ein feine der Gelegenheiten ergriffen, die sich ihm schon nach 14 Tagen verlange. Der Abgeordnete Marc Sangnier scheine sich in deutliches Entgegenkommen an französische und eng zum Abruch geboten hätten. Wenn die politische Konferenz Berlin von einschläfernden Phrasen haben überzeugen Schiffbruch gelitten habe, dann habe wenigstens die Wirt lassen. Er, Boincaré, habe vor dem Kriege von deutschen Berfön- lische Wünsche. Frankreich will Bargeld sehen, England schafts- und Finanzkonferenz Erfolg gehabt. Die lichkeiten Befundungen der Liebe für Frankreich gehört, die dann will den„ Balutadumping", die gesteigerte Konkurrenzfähigkeit wirtschaftliche und finanzielle Wiederaufrichtung Europas fönne fich später sich als die schlimmsten Feinde Frankreichs erwiesen hätten. der mit schlechtem Lohngeld zahlenden deutschen Industrie, zum auf der Grundlage der Arbeiten von Genua vollziehen. Er sage nicht, daß man nicht die Wiederaufnahme normaler Be- Stillstand bringen. Ein Entgegenkommen an amerika . Poincaré fuhr fort: Barthou habe sich darum bemüht, daß ziehungen wünschen müsse, aber man dürfe nicht die Annische Wünsche enthält die deutsche Note aber nicht aus die Bertreter der kleinen Entente ebenso behandelt würden, zeichen des Haffes außer acht lassen, die Deutschland be- dem einfachen Grunde, weil diese zur Zeit ihrer Abfassung wie die Bertreter Deutschlands und Rußlands . Frankreich habe sich wegten. Jaurès habe einmal von dem schaffenden Haß ge- noch gar nicht befannt waren. Aber sicher ist, daß sich auch geweigert, an allen Berhandlungen teilzunehmen, die Minister fprochen. Wir Frankreich und DeutschlandRathenau am 15.(?) April über die Reparationsfrage
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haben uns geschlagen und gehaßt.
habe herbeiführen wollen. Man habe auch darauf verzichten Der Abgeordnete Marc Sangnier ruft: Als wir uns geschlagen müssen, in Genua in Anwesenheit der Deutschen solche Fragen zu haben, war in unseren Herzen mehr Liebe als 5a B. Poincaré erörtern, die nur unter den Alliierten hätten erörtert werden können. erwidert: Die Liebe zur Gerechtigkeit hat uns diejenigen Der deutsche Reichskanzler habe davon gesprochen, daß in Genua haffen gelehrt, die sich gegen die Gerechtigkeit vergangen haben. oft von der Reparationsfrage die Rede gewesen sei. Das sei wohl Boincaré fährt dann fort, Frankreich sei möglich, es sei aber immer unter Ausschluß Frankreichs geschehen. Deshalb gehe das auch Frankreich nichts an.
berechtigt, von Deutschland Rene zu erwarten,
von den ursprünglichen des Londoner Plans gar nicht zu reden sind dann in Frage gestellt. Was dann? Die Reparationsfommiffion behält sich vor, die gewährten Zahlungserleichterungen zu widerrufen, das heißt: wenn Deutschland selbst den Teil nicht zahlen kann, wird sie von ihm Bahlung des Ganzen verlangen. Wer glaubt, daß eine solche Konsequenz in die Wirklichkeit übersezt werden kann, wer glaubt, daß die alliierten oder die französischen Truppen allein ins Ruhrrevier einmarschieren können, weil die Amerikaner, ohne Geld zu hinterlassen, wieder nach Hause gefahren find?
diese amerikanischen Wünsche noch geltend machen werden. und sollten sie auch noch nicht auf eine Gesamt revision der deutschen Zahlungsverpflichtung bringen, so werden sie doch auf erhebliche Abänderungen des vorläufigen Abkommens, auf dem das gewährte Moratorium beruht, hinzielen.
Alles in allem, die Situation ist so dunkel, daß man beinahe sagen fann:„ Nichts ist gewiß als das Ungewisse." Oder vielmehr, etwas darüber hinaus ist doch gewiß, näm lich, daß nach der neuesten Entscheidung der Reparations
Seit der ersten Bollfizung war es llar, daß Tschit- wenn es fich aber um die Kriegsverantwortung handle, um die scherin die Abrüstungsfrage erörtern wollte. Barthou Kriegsbeschuldigten oder um die Reparationen, dann erfahre man hat protestiert, und die Zeit hat bewiesen, daß er im Recht war. Der täglich Beweise des schlechten Willens Deutsch - fommission niemand mehr an die Durchführbarkeit des Lonplöhlich veröffentliche lands. Warum hätten Sananier und Albert Favre nicht doner Finanzdittats glauben fann und daß das ganze System der vorgeftrigen Sitzung des Reichstags beigewohnt? Dann des gewaltsamen 3ahlungszwangs, wie es im war nur eine Bestätigung lange vorher bekannter Tatsachen. Es hätten sie gesehen, daß die Tribünen mit den schlesischen Dokument von Versailles aufgebaut wurde, ins Wanken gewar aber unzulässig, daß Deutschland und Rußland Sonder arben geschmüdt gewefen und daß zahlreiche Abgeordnete in raten ist. abmachungen frafen. Anstatt beide Staaten sofort von der Kon- Trauertleidern erschienen seien. ferenz auszuschließen, behandelte man sie milde und schloß l
( Schluß auf der 3. Seite.)
Es läßt sich trotz aller Berwirrung sagen, daß eine Ent widlungstendenz fichtbar wird, die sich, sei es auch mut