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Düsseldorf  , Benrath  , Neuss  , Köln   und Duisburg   dazu über- gehen, ihre Hafenanlagcn wesentlich zu erweitern, so wohl in Erwartung der Dinge, die sich nach der endgültigen Gestaltung des Eisenbahntarifs ereignen werden. Es ist selbstverständlich, daß die großen Konzerne auch den Jndustriehäfen der Nheinfront ihre Aufmerksamkeit schenken. Zu schwerindustrieller Verkehrspolitik gehört eben nicht nur das Streben nach dem Besitz der Eisenbahn, sondern auch nach dem der Häfen. Bekannt sind die Verhältnisse in Duisburg-Ruhrort  , die an dieser Stelle der verstorbene Genosse H u e einer eingehenden Kritik unterzog. Noch drastischer aber wirken die Vorgänge, die sich augenblicklich in Wanne ab- spielen, wo es sich um den dort gelegenen, in Kommunalbesitz befindlichen Kohlenumschlaghafen des Rhein-Herne-Kanals dreht. Der Hafen wurde von den Jnhabergemeindsn, dem Landkreis Gelsentirchcn und den Städten Wanne und Herne  1915 dem Verkehr übergeben. Bis 1929 kostete er erhebliche Zuschüsse, die erst von jener Zeit ab sich in ebenso erhebliche Ueberschüsse umwandelten. Inzwischen aber hat sich der 5)afen- betrieb als viel zu klein erwiesen, um den Bedürfnissen der um ihn gelegenen Zechen gerecht zu werden, die ein mehr- faches des bisher wöchentlich rund 35 999 Tonnen betragenden Kohlenumschlags ausmachen. Es sind daher größere Erweite- rungsbauten erwogen worden, nur scheint man sich in der Frage nicht einigen zu können, wer den Ausbau vornehmen soll. In konsequenter Fortsetzung ihrer Verkehrspolitik fordern die zu den Konzernen Stinnes, Buderus, Krupp und Loth- ringen gehörenden Zechen die Umwandlung des kom- munalen Unternehmens in ein solches der Privat- i n d u st r i e, wobei sie merkwürdigerweise die lebhafteste Unterstützung des Hafendirektors Wehrspan finden, eines allerdings recht aktiven Volksparteilers! Nach dessen Berechnungen würden zunächst 65 Millionen Mark er- forderlich sein, um die dringendsten Mißstände zu beseitigen, und die sich erhöhen würden auf 259 Millionen, wenn alle in Betracht gezogenen Schächte dem Hafen angeschlossen werden sollen. Aus welchen Gründen Herr Wehrspan und seine Gönner vermeinen, die Inhabergemeinden würden� nicht in der Lage sein, durch Anleihen auf den gut rentablen und nicht überkapitalisierten Betrieb die erforderlichen Summen selbst aufzubringen, ist unbekannt: jedenfalls wird mit solcher Argu- mentierung versucht, die Notwendigkeit der Verschacherung des Hafens nachzuweisen. Daß übrigens genau wie bei der Eisen- bahn auch hierbei die Konzerne zwei Fliegen mit einem Schlage zu treffen und neben der Steigerung ihrer wirtschaftspolitischen Macht auch noch ein gutes Geschäft zu machen versuchen, geht aus folgendem hervor: Man erklärte, die Umwandlung des Betriebes in eine Aktiengesellschaft müsse dergestalt er- folgen, daß die Zechen'mit 89 Proz., die jetzigen Inhaber- gemeinden mit nur 29 Proz. beteiligt sind. Das 19 Millionen G o l d m a r k betragende Betriebskapital werde mit 39 ldreißig!) Millionen Papiermark abgelöst, wovon noch dse 29 Proz. Beteiligungsziffer abzuziehen vmre! Daß unsere Parteigenossen in den beteiligten Gemeinden das Projekt in der von der Industrie vorgeschlagenen Art ab- lehnen, ist selbswerständlich. Daß ihr Widerstand allein aus- reichen wird, den Anschlag auf den Kommunalbetrieb abzu- wehren, ist zwar zu hoffen, aber keinesfalls gewiß. Deshalb erwarten s e, daß auch die zuständigen Instanzen des R e i ch e s und des Staates ihnen helfen: denn ehe an eine Ausliefe- rung des Unternehmens in die Hände der Schwerindustrie ge- dacht werden kann, wäre noch sehr zu erwägen, ob nicht die Umwandlung des Hafens in ein st a a t l i ch e s Unter- n e h m e n zu erfolgen hätte. Keinesfalls aber darf die Macht- Position der Schwerindustrie dem Staat gegenüber durch weitere Ueberlassung öffentlichen Eigentums gestärkt werden. Gelänge es ihr, auf dem Umwege über den Besitz der Wasserstraßen Gewalt auf die allgemeine Verkehrspolitik des Reiches zu bekomnien. so würden die Folgen zweifelsohne verderbliche sein für den Wiederaufbau der Wirtschaft, wenn dieser erfolgen soll, ohne die breite Masse des werktätigen Volkes dem größten Elend auszuliefern. Wir würden noch einen Schritt weiter abkommen von dem Wege, der zur planmäßig gestalteten Gemeinwirtschaft führt.
Preisbildung. Von Erna Büfing. ,,Ach", sagt« Tante Emma und seufzte tief(das Seufzen war nämlich der Landwirtschaft bekömmlicher als Regen, Sonnenschein und Steuerzahlen, das wußte sie aus Erfahrung),meine Bäume werden in diesem Jahre früh Kirschen tragen. Ich kann die Obst- blüte gar nicht so recht ausnutzen und sie seufzte abermals, kappte jeden zu tief hängenden Blütenzweig und verkaufte ihn für SV Pf. teurer als die anderen Obstzüchter des durch feine Weltmarktpreise berühmten Dorfes. Tante Emma seufzte noch ein paarmal als Beweis für die schweren Sorgen der Landwirtschaft, der Obstzüchter und aller ver- wandten Berufe, und die Kirschen reiften heran. Zu Pfingsten hingen sie in ungeheuren Mengen am Baum. Tante Emma seufzte, jetzt galt es die richtigen Preise zu machen und sich nicht zu verrechnen. Pfingsten ließ sich gut an und der Festtagswucher, diese herz- erquickende Begleiterscheinung des offiziellen Christentums, war prächtig gediehen. Er hatte die richtige Grundlage geschaffen und Grundlagen darf man bekanntlich nicht erschüttern. Folglich kalku- lierte Tante Emma Kirschen mindestens drei Mark das Pfund. Im Dorf hatte sich ein Kontorknüppel einquartiert. Er war der Stadt entflohen, um hier seinen Urlaub zu verleben. Der Mann hatte eine eingesunkene Brust, eine hohe Schulter und rote, müde Äugen. So eine chandvoll Großstadtelend, die meint, wenn sie auf grüne Blätter sieht und Ruhe Hot, im Paradies zu sein. Tante Emma fuchste sich. Jetzt, wo sie alle Hände voll zu tun hatte, lief dort ein Nichtstuer herum und stahl dem lieben Gott den Tag. Als der Mann, ferienselig, an ihrem Grundstück vorüberschlcnderte, schrie sie zum Nachbarn, der nur Apfelbäume besaß:Können Sie nicht einen Kirschenpflücker gebrauchen, da laust ein Arbeitsloser." O, diese Städter, nein, wie Tante Emma sich ärgerte und sie kalku­lierte Kirschen fünf Mark das Pfund. Der Landarbeiter, den Tante. Emma beschäftigte, war recht sonderbar. Nicht daß er seine Arbeit etwa vernachlässigte oder sich sonst etwas zuschulden kommen ließ, nein, keines von beiden war bei ihm der Fall und doch mußte Tante Emma sich so oft über chn ärgern. Er meinte tatsächlich, man müsse sich weiterbilden, besuchte Bersammlungen und was das Tollste war, er hielt Kirchen, Kriege und Kaiser für überflüssig. Der Mann liebte die Natur(Tante Emma ließ nur deren Ertragfähigkeit gelten) und er hatte mit frischen Maien sein Zimmer geschmückt. Nach Pfingsten brauchte Tante Emma das nicht mehr zu dulden, alles hat seine Grenzen und hcchfteigcnhändig riß sie die Zweige ab. Dabei fielen ein paar ein- gepflanzte Blumen vom Fensterbrett und die Töpfe zerbarsten.Da hat man es wiederl Wir bekommen kein Gehalt, nur vom Wer- kaufspreis der Früchte muß man alle Reparaturen bezahlen", schnaubte Tante Emma und sie kalkulierte Kirschen zehn Mark d a s P f u n d. Tante Emma fuhr selbst in die Stadt. Sie wollte sich mal über die Lebensmittelpreise unterrichten. In Rechnen und Seufzen döste sie vor sich hin. Und als sie gerade bei der notleidenden Landwirt-
Kanzierreöe in Stuttgart  . Stuttgart  . 19. Juni.  (WTB.) Anläßlich ihres Besuches bei der württembergischen Staatsregierung sprachen Reichs- kanzler Dr. W i r t h und Reichsminister Dr. R a t h e n a u vor einem großen Kreis geladener Gäste. Der württembergische Staatspräsident Dr. H i e b e r begrüßte beide im Namen des Staates auf das herzlichste und dankte ihnen für ihr Kommen. Für das württembergische Volk seidieReichstreueüber alle Parteischranken hinweg eine absolute Selbst- Verständlichkeit. Reichskanzler Dr. Wirth, von Beifall begrüßt, betonte, daß die zwei Jahre feines Berliner  Aufenthalts ihn weder äußerlich noch innerlich verändert hätten, und daß er als b a d i f ch e r Nachbar einige Fragen der äußeren und inneren Politik behandeln wolle. Wir müßten uns von dem Gesichtspunkt endgültig loslösen, als ob es möglich wäre, außen- und innenpolitische Fragen durch eine sogenannte Krisis zu lösen. Jede politische Krise sei ein Zeichen der Schwäche. Wir müßten unter allen Umständen versuchen, die letzten kostbarsten Erbstücke einer ruhmreichen Vergangenheit und wir wollten die deuffche Ge- schichte nicht schmähen für kommende Generationen zu retten. Unsere Gesamlpolitik in den letzten Jahren, fuhr Dr. Wirth fort, hat sich um die Frage gedreht, ob uns das Reich erhallen bleibt. oder ob es in Stücke geht. Die Kritik kann sich niemals auf das Ziel der deutschen   Politik erstrecken, denn das Ziel ist uns allen ge- meinsam: es ist das Wohl des deutschen   Volkes wie die Erhaltung seiner staatlichen und politischen Einheit. Diesem haben wir treu und aufrichtig gedient; wenn die Wege falsch waren, dann möge sich im Reichstag eine Majorität zusammenfinden, die neue Wege geht mit dem Erfolg, daß die Einheit des Reiches erhalten bleibe. Alle Gefahren für diese Einheit sind noch nicht geschwunden. Gerade in den letzten Tagen ist eine neue publizistische Welle aus dem Westen gekommen, die versuchen will, die Einheit des Reich e s zu zerstören. Aber das deutsche   Volk, in Atome zerrissen, das ist eine Gefahr für den Frieden Europas  . Ein einiges Volk, eine starke einige Macht, ein wirtschaftlich ausblühendes Volk, das allein ist in der Lage, dem Wiederaufbau Europas   zu dienen. Es gibt in Deutschland   ein paar armselige köpfe, die mit dem Feinde konspirieren. Sie meinen, eine Scheidung am Rhein   könne dem Frieden Europas  dienen. Als nächstes und höchstes Ziel unseres politischen Arbeitens proklamieren wir die Erhaltung der Einheit des deutschen   Vaterlandes. Diese Aufgabe fällt nicht einem einzigen Stand in Deutschland   zu, es ist die Aufgabe aller deutschen   Stände, ebenso wie die Ausgestaltung der inneren staatlichen Formen, der Beziehungen des Reiches zu den Ländern nicht die-Aufgabe einer einzelnen Gruppe ist. Diese große Aufgabe ist nur lösbar mit der deutschen   Arbeilerschafl oller Richtungen. Alle, die gewerkschaftlich denken und organisiert sind ich rechne dazu auch alle Beamtenverbünde müssen diesem Gedanken mit besonderem Eifer dienen. Nur wenn jeder im Aus- lande erkennt,, daß das Reich ein Fels ist, wird der Gedanke der Ein- heit des deutschen   Volkes von niemandem mehr draußen angegriffen werden; an ihm muß jede fremde Propaganda zerschellen. Um dieser Einheit willen war es nötig, gewisse Opfer von den Ländern zu ver- langen und große Klammern mächtiger Art in den bunten Teppich des deutschen   landsmannschaftlichen Aufbaues hineinzubringen. Es war notwendig eine große einheitliche Finanzverwaltung, eine Reichs- bahn und eine Postverwaltung. Die Bildung einheitlicher großer Zweigorganisationen bleibt schließlich die einzige Möglichkeit, um das neue Reich zusammenzuhalten und wieder aufzubauen. So wurde die Verfassung von Weimar   ein Werk des Volkes, das einig in seinen Stämmen dem Frieden dient und dem sozialen Aus- gleich entgegengeht. Die Schwierigkeiten zu einem glücklichen Aus- gleich zwischen Nord und Süd können durch Beratungen gefunden und beseitigt werden. Der Kanzler gab hierauf eine Rechtfertigung seiner Politik in Genua   und erinnerte an die politische Lage vor einem Jahre. Damals tauchte der BegriffSanktionen" auf. Die Besetzung der drei Rheinstädte wird, so sagte Dr. Wirth, vom Kinde bis zum Greise als eine große Ungerechtigkeit empfunden, vor allem aber, daß uns dieses Unrecht noch immer angetan wird. Wenn man Genua   damit vergleicht, so ergibt sich, daß man aus dem Nebeldunst politischen Diktates heraus ist. Schon das Zusammensein mit den ehemaligen Gegnern bedeutete einen großen Fortschritt. Genua   hat gezeigt, daß wir als Vertreter des Reiches politisch wieder Boden unter den Füßen gehabt haben. Im Jahre 1921 wäre der
schaft angelangt war, verpaßte sie es, rechtzeitig auszusteigen. Das hatte für sie Zeitvcrsäumnis und Nachzahlung im Gefolge und Tante Emma verkaufte schließlich ihre Kirschen für fünfzehn Mark das Pfund.  _
Alkohol und Rachkommenschaff. Dr. Agnes Bluhm   schreibt uns: In Nr. 222 desVorwärts" bringen Sie eine mir leider erst "verspätet zu Gesicht gekommene Notiz über meine Versuche, bei Säugetieren das Geschlcchtsverhältnis durch Alkoholisierung des Männchens zu verschieben, die trotz ihrer Korrektheit und Sachlichkeit infolge ihrer Kürze geeignet ist, verhängnisvoll zu wirken. Ange- sichts des nach dem männcrmordenden 5kricge besonders lebhaft ge- wordenen Wunsches nach Knabengcburten können Laien dadurch zu Rauschzeugungen verführt werden. Das würde in doppelter Hinsicht eine Gefährdung der Volksgesundheit bedeuten. Denn es würden nicht nur die unter solchen Umständen gezeugten Kinder minderwertig sein, sondern es würde danzit auch dem leider bereits wieder stark ansteigenden Alkoholgenuß weiterer Vorschub geleistet werden. Dabei würde der Zweck voraussichtlich nicht erreicht werden. Denn, wenn auch sehr wahrscheinlich der Alkohol auf die Beweglich-. keit der beiderlei Samenzellen beim Menschen in ähnlicher Weise ver- schieden wirken würde, wie bei der Maus, so ist es ebenso wahr- fcheinlich, daß bei dem weniger alkoholtoleranten Menschen die cmp- findlicherenMännchenbestimmer" so stark geschädigt werden, daß sie zum Teil ihre Befruchtungsfähigkeit verlieren oder daß die aus ihnen hervorgehenden Früchte in größerer Zahl vorzeitig absterben. Für diese Auffassung spricht die Tatsache, daß bei 1021 in Alkoholiker- famllien erfolgten rechtzeitigen und vorzeitigen Geburten, über die ich brauchbore Angaben besitze, die Knabenzisscr etwas niedriger ist als die für Deutschland   geltende Durchschnittsziffer, und daß Dr. Wauschkuhn in oberbayerischen Alkoholikerfamilien feststellte, daß die Zahl der Knabcngeburten sich selbst dann unter derjenigen der Mädchengeburten hielt, wenn man alle angegebenen Fehlgeburten als männlich unterstellte." Das Grammophon im Zoo. Im Londoner Zoologischen Garten wurde unlängst wieder einmal ein Konzert veranstaltet, um das Ver- halten der Insassen beim Anhören der Musik zu studieren. Man hatte ein Grammophon gewählt, das man vor die verschiedenen Käfige brachte. Bei einigen der wilden Tiere konnte man eine tief- gehende Wirkung der Musik feststellen, andererseits erhielt man den Eindruck, daß es sehr auf die Art der Musik ankam und daß die ver- schiedenen Melodien, die durch das Grammophon zu Gehör gebracht wurden, auf die Tierzuhörer merkwürdig verschieden wirkten. S e e l ö w c n und Robben waren augenscheinlich von der Musik am stärksten bewegt. Ein heiteres Lied von Lauder schien sie in das höchste Entzücken zu versetzen. Sobald das Grammophon begann, schwammen die ersten hastig an das Ufer und kläfften laut, während ein halbes Dutzend Tiere, die sich auf dem Felsen gelagert hatten, schleunigst ins Wasser sprangen und zu der ersten Grupve hinzu- kamen. Es sah sehr drollig aus, wie die ganze Schar sich schwer- fällig aus dem Wasser heraushob und nun verstummt, ganz ver- zaubert zuhörte. Eins der größten Tiere suchtezjihsam an das Instrument heranzuklettern, um dem Schalltrichter des Gramms- phons möglichst nahe zu kommen: so blieb es, bis das Instrument
Vertrag der Rapako nicht möglich gewesen. Man hat dort geglaubt, uns einige Tage so unbemerkt an eine Wand stellen zu dürfen. Da haben wir selbswerständlich ge- handelt und dieses Werk geschaffen, das der erste Friedensvertrag geworden ist, ein Werk, das zum erstenmal zwischen zwei Völkern, die in blutigstem Ringen standen, vergißt und vergibt. Solange Rußland   und Deutschland   in der Geschichte einander nicht feindlich gegenüberstanden, ist es beiden Völkern gut gegangen. Alle Märchen über besondere Abmachungen militärischer und poli- t i s ch c r Art sind in das Reich der Fabel zu verweisen. Wir hätten unsere Pflicht gröblich verletzt, wenn wir den Frieden mrt  Rußland nicht geschlossen hätten, denn die Bemühungen der stan- zösischen Politik, die Seile ganz um uns zu schließen, waren deutlich sichtbar. Heute ist der Vertrag eine anerkannte inter  - nationale Tatsache und nicht der letzte unter den europäischen   Volkern und er Ost-Welt. Zu den Fragen, über die in Genua   nicht offiziell gesprochen wurde, gehört das Reparationsproble m, die deutsche   Frage, die in Wirklichkeit eine europäische, za. ein Welt- Problem ist. Für uns war die Aufgabe die, aus dem politischen Hexenkessel, wo die Diktate schließlich das letzte Wort haben, uns herauszuheben in das Reich wirtschaftlicher, nüchterner, rechnender Erwägungen. Dann ging der Kanzler über zur Pariser Bankierton. ferenz jenem Anleiheausfchuß von Vertretern wirtschaftlicher und finanzieller Faktoren, der abseits von politischer Leidenschaft seine Arbeit verrichtet. Der Kanzler erinnerte an die Auffassung der englischen Hochfinanz über Deutschlands   Lage, die dahin ging, daß es für Deutschland   keinen Kredit geben könne. Die englischen   mnanz- leute haben damit eine vernichtende Kritik am unsinnigen Zahlungs- plan des Ul imatums abgegeben. Das Urteil des von der Repara- tionskommission berufenen Ausschusses ist bereits gefällt. Es lautet, daß der Londoner Zahlungsplan etwas Unmögliches vom deuffchen Volke gefordert hat. So ist das politische Problem zu einem wirtschaftlichen umgestastet worden, das nur durch Verstau- digung und gegenseitiges Zusammenarbeiten einer fruchtbaren Lösung entgegengesührt werden kann. Wenn wir versuchen, eine ruhige, ge- festigte Atmosphäre in der Welt zu schaffen, darf hinter der Regie- rung die politische Brücke nicht abgebrochen werden. Im Hmblick auf die politische Krise des Lahres danke ich dem demokratischen Deutschland   und der deutschen   Arbeiterschaft für das Vertrauen, das sie in den schweren Weg, den wir gehen mußten, gesetzt hat. Die Zeit wird kommen, wenn wir nur Geduld haben, daß die ganze Welt die Frage der Reparationen als eine rein wirtschaftliche Sache an- sieht. Noch hält sich aber Amerika   abseits, denn die ameri- kanifche Volksseele war in wildem kriegerischen Haß bis zu 99 Prgz. gegen das deutsche   Volk entfacht. Nach dem Kanzler sprach Dr. R a t h e n a u, der erklärte, der Vertrag mit Russland   konnte zu keinem anderen Zeit- punkte abgeschlossen werden als in Genua  , weil er reif war, weil bei der Gegenseite das Gefühl entstand, hier erwächst uns in der Verlassenheit eine Hilfe.
Der gefälschte örief. Vor längerer Zeit wurde hier über eine unerhörte Brief- f S l s ch u n g berichtet, mit der die Kommunisten hausieren gingen. Es handelt sich um einen angeblichen Brief unseres Reichs- tagsabgeordncten Oskar Geck   aus Mannheim  , in dem dieser schwere Selbstanklagen gegen sich und die sozialdemokratische Politik erhob. Der Verbreiter dieses Briefes war ein gewisser Moritz L e d c r e r, der in Mannheim   eine kommunistische ZeitschriftDer Revolutionär" herausgibt. Genosse Geck ließ sofort bekanntgeben, daß dieser Brief eine Fälschung war. Trotzdem hatte Ledcrer noch den Mut, in einer Berichtigung an denVorwärts" die Echt" heit des Briefes zu behaupten. Die Sache hatte ein gerichtliches Nachspiel. Vom Schöffen- gericht erhielt Lederer drei Wochen Gefängnis. Am Frei- tag kam die Sache vor der Strafkammer in der Berufungsinstanz zur Verhandlung. hier nahm Lederer seine gesamten De- havplungcn unter dem Ausdruck des Bedauerns zurück und erklärte sich zur Zahlung einer Buße von 1599 M. zu einem wohltätigen Zweck bereit, außerdem übernahm er die gesamten Kosten des Verfahrens. Auf dieser Grundlage wurde ein Vergleich ge- schlössen. verstummte, und dann kroch es langsam zu den Gefährten zurück, sein Entzücken und sein Erstaunen laut verkündend. Die Tiger fchienen dagegen mehr eingenommen für klassische Musik oder große Oper. Ein Stück aus einer Berdi-Oper sagte ihnen besonders zu, wenigstens standen sie wie Bildfäulen starr und lauschten den schmelzenden Melodien. Die Eisbären waren, als ein feuriger Militärmarsch erklang, entzückt und marschierten eifrig in ihrem Käsig herum. Das Grammophon wurde auch im Papageien- Haus aufgestellt, wo immer ein schrecklicher Lärm herrscht. Man versuchte hier alle Arten von Musik, aber keine machte auf die Vögel Eindruck, augenscheinlich waren Papageien und Kakadus zu stolz auf ihre eigenen musikalischen Bemühungen, um dem Konkurrenten Gehör zu schenken. Zum Schluß wurde das Grammophon zu den Elefanten gebracht, aber auch diese bezeugten keinerlei Freude an der Musik. Japanisches Eisenbahn-Inbiläum. In diesen Tagen hat Japan  die 59. Wiederkehr des Tages begangen, an dem auf seinem Gebiet die erste Eisenbahn dem Berkehr übergeben worden ist. Es handelte sich dabei um eine nur 13 Kilometer lange Linie, die Tokio  mit Pokohama verband. Heute besitzt Japan   Schienenwege in einer Gesamtlänge von 8599 Kilometer. Dos Jubiläum ist auf eine Weise begangen worden, die charakteristisch ist für die Art. mit der man in Japan   solche Feste zu icicrn pflegt. Ueber 39 999 Personen nahmen an der Feierlichkeit teil, die in einem ungeheuren Zelt stattfand, das man vor dem Zentralbahnhof der japanischen Hauptstadt errichtet hatte. Hier wurde jeder, der sich einstellte, mit einem Briefbeschwerer aus Metall beschenkt. Zur Herstellung dieser Erinnerungsstücke, von denen 179 999 verteilt wurden, sind 199 Tonnen Eisenbahnschienen verwendet worden. Ein Bild auf einem Slccknadelknopf Die kleinste Radierung, die jemals geschaffen worden ist, ist das Werk eines Washingtoner Kupferstecher namens E. Habicht. Es ist«in Bild des Kapitals von Washington  , das auf dem goldenen Knopf einer Stecknadel einge- schnitten ist. Die Herstellung dieses Bildes nahm vier Monate an- gestrengter Arbeit in Anspruch, und drei Tage brauchte der Künstler, um die Oberfläche des Nadelkopfes zu polieren. Das Bild, das mit einem äußerst feinen Diamanfftichel und mit Hilfe einer starken Lupe ausgeführt wurde, ist so klein, daß man es nur durch das Mikroskop sehen kann. Dia Einzelheiten. Tore. Fenster, Säulen usw. des Ge- bäudes, sind auf das genaueste ausgeführt. Unter dem Bilds ist geschriebenUnited States Capitol  " und darüberWashington 1922". Die Urahnen unserer heutigen Alldeutschen pflegten eine solche Beschäftigung alsGojim Naches  " zu bezeichnen.
Erstankkührungen der Woche. DonuerStag. Deutsches Opera- hauS:Tristan und Isolde  ". Urania  -Vortragr. Sonntag, Di-nStag, Donnerstag:Der Sin- Neiiliilm": Montag:D-er H a r,": Mittwoch:.Der kleine Muck": Freitag:DaS südiudifcheParadieS": Sonnabend: . D a Z schöne Schwabenland". Volksbühne Norden, klm lZ. wird abends 8 Uhr im Tücateriaal de» KonzcrthauleS Linder. Pankow  . Brette Str. 34, das dreiallige Lustspiel Der Schwarzkünstler" von Emil<L ö t t gcgcbe».