Gegenüber den Heeren unserer Gegner im Kriege sind wir vollkommen wehrlos, seitdem auf Anweisung der OHL. der Waffenstillstandsvertrag unterzeichnet werden mußte auch dann, wenn keinerlei Erleichte- rung gewährt werden sollte. Diesen Tatsachen müßten doch auch die früheren Offiziere, deren furchtbare Situation wir durchaus nicht verkennen, klar ins Gesicht sehen. Was aber soll die ganze Kraftmeiere' gegenüber den bis an die Zähne bewaffneten Gegnern? Es ist denn auch ganz klar, daß sich das reaktionäre Treiben in erster Linie richtet gegen die„Ebert-Republik mit dem schwarzrotgoldenen Juden- läppen"! Viele der Herrschaften nehmen an, daß man nur die Monarchie wieder herzustellen brauche, um das alte Heer von neuem erstehen zu lassen und daß man dann dse Feinde aus dem Lande treiben könne. Demgegenüber muß mit aller Klarheit festgestellt werden, daß wir nicht gewillt sind, unser Land von neuem in Aben- teuer stürzen zu lassen, die uns Gut und Blut, aber auch den letzten Rest von Ansehen im Auslande kosten müssen. Ob wir r-on politisch ungebildeten Kommunisten oder ebenso gescheiten Mitgliedern irgendeines Offiziersbundes oder einer Konsul- Organisation in neues Elend gebracht würde», wäre im Grunde genommen ganz gleich. Aber von allen denen, die zwischen den Kommunisten und denen um Tillessen oder Ehrhardt stehen, darf wohl angenommen werden, daß sie von gewaltsamen Erschütterungen unseres Landes nichts willen wollen. Unsere Verfassung gibt jedem das Recht und die Mög- lichkeit, für feine Ueberzeugung nach Herzenslust zu wirken. Wer die Mehrheit des Volkes für seine Ueberzeugung gewinnt, bat die Macht und kann die Politik des Landes bestimmen. bindet eine Partei diese Mehrheit nicht, dann müsien mehrere Parteien, die sich auf eine bestimmte Plattform einigen, die politische Macht ausüben. Das ist der Zustand, den wir zur- zeit in Gestalt der Koalitionsregierung haben. Von den Par- teien, die diese Koalitionsregierung jetzt bilden, müssen wir annehmen, daß sie gewillt sind, die Republik unter allen Um-, ständen sicherzustellen. Deshalb ist das Mindeste, was man non ihnen fordern kann dies: Sie müssen von dem Reichs wehrmini st er Geßler verlangen, daß er Farbe bekennt.„Was wollen Sie tun, Herr Reichs- wehrminister, um den Treibereien gegen die Republik , soweit sie von.Heeresangehörigen direkt oder indirekt gefördert werden, ein Ende zu bereiten?" Das Material, das die Grundlage kür die Besprechungen mit dein Reichswchrminister bilden müßte, ist in der Presie bergehoch zusammengetragen worden. Ueber dieses Material oliv kein Wort an dieser Stelle. Dagegen muß hingewiesen werden aus neue Vorkommnisse, die mir als absolut verbürgt mitgeteilt worden sind.. In Potsdam fand am 9.. 19. und 11. Juni der Bundestag des Reichsnffiziersbundes statt. Teil- nebmer waren: 1. Der Deutsche Offiziersbund, 2. der Ratio- nalverband deutscher Offiziere, ll. der Verband national ge- ünnter Soldaten, 4. Reichsoffiziersbnnd(als Einberufer der Tagungh Geleaentlich der verschiedenen Veranstaltungen sielen folgende Aeußerungen. die von einem Teilnehmer '"«enographisch festgehalten worden sind. Ich gebe nur die Chargen der betressenden Offiziere a. D. an. nicht die Namen, die aber auf Wunsch dem Reichswehrminister jederzeit mitge- teilt werden können. Ein Major sagte gleich zu Beginn der Veranstaltungen: Wir wollen uns schwören: Wenn in nächster Zeit dunkle Wolken austauchen, treu zusammenzustehen." Ein Oberleutnant führte aus:„Wir wollen nicht eher nihcn, bis wir einen Hohenzollern wieder haben. Unter Schworz-Weiß-Rot sind wir geboren und unter schwarzweiß- roter Fahne werden wir sterben." Ein anderer Oberleutnant sagte:„Die Zeit ist nicht mehr kern, wo wir die am 9. November aufgerichtete Mauer durch- brechen werden: wir werden dann den inneren Feind nieder- schlagen und den äußeren Feind über die Gren- z c n jage n." Bemerkenswert ist, daß man sich rühmte, bei allen Be- Hörden Vertrauensleute zu haben.
Aus den Teilnehmern an der Bundestagung wurde ein« Kommission gewählt, die dem ehemaligen Prinzen Eitel-Fritz das Gelöbnis der Treue und Liebe zu dem ange- stammten Herrscherhause überbringen sollte.-- Die Dinge sind bei uns soweit gediehen, daß jedes taten- lose Zusehen eine Versündigung am Lande wäre. Aber es darf nicht nur bei Reden sein Bewenden haben, es muß ge- handelt werden, bevor es zu spät ist. Verbot von Demonstrationen. Breslau , 23. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Eine Anzahl rechtsradikaler Verbände, wie„Alldeutscher Verband " und„Der Aufrechte", ferner der Jugendbund„Bismarck ", der sich sonst immer als unpolitisch ausgibt, in Breslau aber ständig an politischen Kundgebungen teilnimmt, der Bund Nationalgesinnter Soldaten, der Breslauer Kriegeroerein und ähnliche Organisationen hatten für den nächsten Sonntag in die Breslauer Jahrhundert- halle eine Massenkundgebung einberufen, die sich programmäßig mit der Kriegsscbnldfrage und dem Versailler Friedensvertrag be- schäftigen soll, aber durch die Referenten vom äußersten rechten Flügel der Deutschnationalen Volkspartei , u. a. den rechtsradikalen Baltikumer Professor Freiherr v. Freytag-Loringhooen, eine sehr provozierende innerpolitische Färbung haben muhte. Die Sozialdemokratische Partei hatte daher zu einer friedlichen Gegen- tundgebung unter freiem Himmel, und zwar auf dem dafür best- geeigneten Platze, unmittelbar neben der Jahrhunderlhalle, aufge- rufen. In der Befürchtung, daß es zwischen den Angehörigen demonstrierender Truppen zu Zusammenstößen kommen könnte, sind jetzt beide Kundgebungen zugleich verboten worden.
Die„Zeit* stirbt. Die deutschvolksparteiliche„Zeit" kündigt heute an, daß ihr der Atem auszugehen drohe. Sie schreibt: „Die wirtschaftliche Not, die mit schonungsloser Wucht auf dem deutschen Leben lastet, trifft die deutsche Presse mit vernichtender Schwere. Alles zur Herstellung einer Zeitung Notwendige hat in den letzten Monaten eine geradezu ungeheure Steigerung er- fahren: das Papier ist gegenüber der Vorkriegszeit gm das Zwei- undachtzigfache gestiegen, Metall um das Siebzigfachc, die Farbe um das Sechzigfache, Löhne und Gehälter haben eine sprunghafte Steigerung erfahren. Hundert« von Zeitungen sind bereits eingegangen, viele Hunderte haben Umfang und Erscheinungsweise bedeutend einschrän- k e n müssen. Die Tagungen der Zeitungsverlegcr hallen wider von Klagen über den drohenden Zusammenbruch des deutschen Zeitungs- wesens. Zum ersten Juli haben fast alle Zeitungen abermals be- deutende Erhöhungen des Bezugspreises vornehmen müssen, obwohl sie sich mit banger Sorge fragen, ob und wie lange ihre Leser die Erhöhungen werden tragen können. Unsere„Zeit" ist unmittelbar nach ihrer Gründung in die Zeit der schwersten Nöte geraten, die das deutsche Zeitungswesen je ge- kannt hat." Die„Zeit" will jetzt oersuchen, als einmal erscheinendes Abendblatt weiter zu leben. Wenn deutschvolksparteiliche Millionen eine Tages- zeitung nicht mehr zu halten vermögen, dann ist der zwei- m a l täglich erscheinende„Vorwärts", der nur von Arbeiter- groschen getragen wird, ein sichtbares Zeichen für den poli- tischen Willen und den Opfermut seiner Leser. Mögen unsere Freunde dafür sorgen, daß es so bleibe! Sozialdemokraten für Sesolüungsreform. Die sozialdemokratische Fraktion des Preußischen Landtages hat folgenden Antrag im Landtag eingebracht: Das Skaaksminifkerium zu ersuchen, baldigst dem Landtage eine Borlage zu unierbreiten. wodurch die geltenden Besoldungsgesetze einschließlich der Befoldungsordnung grundlegend geänderl werden. Gehaltsauszahlung am 2«. Juni. Durch die Presse ist mitgeteilt worden, daß den Beamten und Angestellten des Reiches ihre am 30. Juni oder 1. Juli fälligen Be- züge bereits am 24. d. M. ausgezahlt werden. Wie wir von zu- ständiger Stelle erfahren, sind die Kassen angewiesen worden, die Gehaltszahlungen nicht am 24., sondern vom 2 6. Juni ab vor-
Regimentstage. Von P e w e. Irgendwo fing einmal ein solcher an. Natürlich ganz im ge- Heimen und vorsichtig. Dann, ermutigt durch den Zustrom derer, die nichts gelernt und—'alles vergessen haben, stieß man kräftiger in die Trompete. Von Anschlagsäulen grinsten die Plakate, aus jeder Zeitnngsspalte schrniertc die Einladung. Unter der Flagge „�Pflege der Kameradschaftlichkeit" und ähnlichem sentimentalen Schwindel sind dies« Feiern nur eine Heerschau unter den Getreuen. Ach ja! Es ist doch was zu Schönes! Man trifft die alten Kameraden wieder, kann Erinnerungen austauschen und in Helden- taten schwimmen, man kann einmal„über den Strang hauen". Und man wird vom Herrn Leutnant oder gar vom Herrn Haupt- mann einen Händedruck und eine joviale Anrede„Na, Krause!" weg- schleppen und das fchmarzweißrot bebänderte Herz wird höher schlagen. Und die„alten, lieben" Lieder werden wieder klingen, der alte gute Geist wieder erwachen und ein, wenn auch schwacher, Abglanz jener Zeit aufschimmern, da Deutschland noch einen Kaiser hatte und Soldaten. Umflattert von der„einzigen" Fahne, von Treueschwüren, Telegrommklimbim und nationalistischem Wort- schwoll wird man wieder in einer Atmosphäre schwimnien, die der vom August l9l4 verzweifelt ähnlich sieht. Es lebe der frisch-fröh- liche Krieg! Es ist ja so schön! Die republikanische Reichswehr unter dem demokratischen Minister Gcßler verschönt diese Feier durch Parade- morsch und Ehrenkompagnien, Heldenjungfern und dickbeleibte Stadtoäter rechnen es sich zur Ehre, durch Hingab« und Teilnahme feurige Kohlen aufs Haupt sammeln zu können. Und sieht män sich nun die Schäfchen und Teilnehmer solcher Feiern an, so findet man erschreckend viele Arbeiter dabei, die diesen nationalistischen Schmus geduldig und widerspruchslos schlucken. O, verfluchte Denkfaulheit! Kameraden, Arbeiter, Genossen! Ist alles schon so rasch vergessen, was wir vor drei Jahren fühlten? Denkt an all das Elend, die Not, die körperliche und geistige! Denkt an die Knechtung des freien Willens! Denkt an das geheime Faustdallen in der Tasche, an die Ohnmacht und daraus wachsende Wut, die jeder, jeder fühlte! Denkt an den Abrichtungsprozeß zu Affen und Narren, die aus Befehl den Spucknapf aussaufen mußten und auf Vater und Mutter schießen! Habt ihr all dies vergessen? Und vergaßt ihr die Folge alles dessen: die Jahre Krieg, den Mord im Großbetrieb, die Ertötung jedweder moralischen, sittlichen und menschlichen Regung? Vergaßt ihr den Hunger, die Kälte, die Schmerzen! Und konntet ihr dies vergessen: die vielen Tränen eurer Frauen. Bräute, Mütter und Schwestern, ihre erschütternden Aufschreie in langen, entsetzlichen Nächten, ihre frühen Falten im jungen Gesicht? Und als letztes: entschwand euch dies aus dem Gedächtnis: da ihr und eure Lieben hungertet und darbtet, da sie krank und elend wurden, mußten sie den Spott und Hohn derer erdulden, die aus eurem und ihrem Darben sich die Taschen füllten! Die an gedeckten
Tischen sahen bei Wein und gutem Essen, und die des Lebens Ge- nüsse bis zur Neige auskosteten. Habt ihr all dies vergessen? Als die großen Feiglinge damals vor den roten Fahnen flohen, einte uns ein Wille: die Wiederkehr solcher eben abgeschüttelter Zu- stände unter allen Umständen zu verhindern! Kameraden, Arbeiter, Genossen! Wir sind im besten Zuge, uns selber das alte Elend wieder aufzubürden, die Regimentstage sind die Appelle der Dunkel- männer und Reaktionäre, sie sind Stichproben zur Erkundung der Volksstimmung, Spekulationen auf Denkträgheit und sentimentales Gefühl der Menschen— denkt und rüstet, dem Anschlag der Nationalisten gewappnet zu begegnen!
Neues von der Wiege der Menschheit. Der bekannt« Archäologe Grafton Elliot Smith , der in dem soeben erschienenen ersten Bande der„Enzyklopädie Britannien" den Artikel„Anthropologie" ver- saßt hat, behauptet, daß das so lange gesuchte Mittelglied zwischen Menschen und Affen gefunden sei und daß man die Wiege der Kulttir genau kenne. Nach Elliot Smith ist die Menschheit von den Siwalik. Hügeln am Fuße des Himalaja ausgegangen. In diesem Gebiet erwuchsen in der Miozänperiode die Menschenaffen.„Die große Menge von verschiedenen Artgn und Familien des Menschenaffen, die damals entstand," schreibt er,„umsaßte die Ahnen nicht nur der Orang-Utangs, der Schimpansen und Gorillas, sondern auch des Menschengeschlechts." Smith erblickt in dem berühmten Pili, d o w n- S ch ä d e l, der 1912 in Sussex gesunden wurde, eins der „fehlenden Glieder" zwischen dem Menschen und dem Affen. Der Schädel weist zwar noch einen„Affcnkiefer" aus. aber sonst zeigt er „unzweifelhafte Züge einer außerordentlich ftühen Entwicklung?- phafe der Annäherung an menschliche Formen". Der Piltdown- Mensch lebte beim Beginn der Quartär, oder Tertiärzeit, die heute mehr als eine Million Jahre zurückliegend angenommen wird. Alle Urmenschen, die sich dann entwickelten, waren schwarz, wie es ihre nahen Verwandten, der Gorilla und Schimpanse sind. Aber ein Zweig des Menschengeschlechts erlangte allmählich hellere Haut und größeres Gehirn. In der Eiszeit wurde diese„bleichge- sichtige", geistig höher entwickelte Gruppe durch die unüberschrcit- baren Eisbarrieren in vier Hauptfamilien geschieden, und diese Familien lebten Tausend« von Jahren getrennt vonein- ander. Eine Gruppe wohnte nah« dem Gelben Fluß und entwickelte sich zur mongolischen Rasse; die andere hauste in Nordostasrika und aus ihr entstand die braune Rasse. Die Alpine oder„Armenische" Rasse wurde von den Eismauern in Turkestan festgehalten: die nordische Gruppe, unsere eigenen Vorfahren, lebten„irgendwo nord. westlich von Turkestan ". Erst al» das Eis schmolz, stießen dies« Rassen wieder zueinander und vermischten sich, aber sie verloren niemals die unterscheidenden Merkmal«, die sich in der langen Zeit der Trennung ausgebildet hatten. Die Wieg« der Kultur ist nach Elliot Smith Aegypten, nicht, wie man in neuester Zeit behauptet hat,< Babylonien . Das Studium der Pyramidenbauten und der Einbalsamierungen beweist, daß diese Künste sich von Aeayp- ten nach Neu-Guinea und Australien verbreiteten und von dort über verschiedene Inselstationen im Stillen Ozean nach Mittel- und Süd- amerika gelangten.
zunehmen. Tunlichst soll mit der Auszahlung der Bezüge der unteren Besoldungs- und Vergütungsgruppen begonnen werden. Die internationalen Schulden. Kein Verzicht Englands. London , 23. Juni. (WTB.) Lloyd George gab gestern in Erwiderung auf eine Anfrage im Unterhause über die Frage der inter - alliierten Schulden eine Erklärung ab, in der er sagte, die französische Regierung habe keineswegs den Versuch gemacht, die Frage der Annullierung ihrer Schulden in England aufzuwerfen, wenn auch dieser Gegenstand naturgemäß im Verlaufe der offiziösen Be- sprechungen zwischen den beiden Vertretern der Regierungen berührt worden sei. Die britische Regierung sei der An- ficht, daß die englischen Steuerzahler nicht auf diese Großbritannien vom Auslande geschuldeten Summen verzichten könnten. Aus diesem Grunde habe die englische Regierung bereits die Regierungen, denen England Geld geliehen habe, davon benachrichtigt, daß England es sich vorbehält, vom nächsten Oktober ab die Zahlung der Zinsen in Wertpapieren zu fordern. Amerikas Forderungen. Paris , 23. Juni. (WTB.) Wie„Petit Journal" mitteilt, hat die Botschafterkonferenz in ihrer gestrigen Sitzung die a m e r i- kanische Note vom März behandelt, in der die Bezahlung der U n t e r h a l t u n g s t o st e n für das amerikanische Besatzungsheer verlangt wird. Die Angelegenheit ist oertagt worden, da der eng- lisch« Delegierte eine Vorfrage stellte und vorschlug, Amerika solle auf. gefordert werden, offiziell seinen Sitz in der Beparationskommission wieder einzunehmen. Es wurde keine Entscheidung getroffen. Die Botschafter der verschiedenen Mächre behielten sich das Recht vor, ihren Regierungen Bericht zu erstatten.
Der Prozeß gegen Nitjukows Attentäter. Der Prozeß wegen des Attentates in der Berliner Philharmonie wird— wie„Rußpreß" meldet— a m 3. I u l i beginnen. Die beiden Angeklagten S ch a b e l s k i- Borg und T a b o r i s k i werden, wie es jetzt feststeht, vom Staatsanwalt nicht wegen Todschlages, sondern wegen Mordes angeklagt. Der Prozeß wird voraussichtlich bis zum 7. Juli dauern und wird bei dem Schwurgericht Berlin , Alt- Moabit, zur Verhandlung kommen. Das österreichische Problem. Baris. 23. Juni. (Agence Havas.) Die Botschafterkonfe- r e n z trat gestern vormittag zusammen und stellte den Wortlaut einer Note fest, welche an die deutsche Regierung„als Protest gegen die Reden des Reichstagspräsidcnten Lobe für eine Ver- bindumg Oesterreichs mit Deutschland " gesandt wer- den soll. Wilsons Ermorüung. Die Mörder des englischen Feldmarschalls Wilson sind I r e n � die der republikanischen Armee de Valeras angehören. Wilson hatte die� nationale Verteidigung des Bezirks von Ulster , in dem er getötet wurde, übernommen. Trotz der Verständigung zwischen England und Irland besteht die Spannung zwischen Ulster und Südirland weiter. Besonders die Anhänger de Valeras ver� suchen durch Terrorakte und gewaltsame Grenzüberfälle einen offene,! Konflikt heraufzubeschwören. Der Mord ist also offenbar ein poli-l tischer Akt. Der Vertreter der provisorischen Regierung Südirlands, G r i f f i t h s, gab im irischen Parlament seiner Entrüstung über das Attentat Ausdruck. Die große Mehrheit des südirischen Volkes lehne derartige politische Verbrechen ob. Der Ministerpräsident von Ulster , Craigh, nannte die Ermordung eine Katastrophe für Ulster. Jedermann wäre jetzt davon überzeugt, welche schreckliche Gefahr Ulster drohe. Uebrigens war Wilson Anhänger eines scharfen Vorgehens gegen Irland . Englands soziale Gesetzgebung. In einer der Kommissionen des Unterhauses, die sich mit dem Gesetzentwurf über die Kran- kenversicherung befaßte, wurde einer der Artikel des Re- gicrungsentwurfes mit 20 gegen 14 Stimmen abgelehnt.
Bommerfche Seide. Kaum in Pommern , um wieviel weniger im übrigen Deutschland , wird man wissen, daß Pommern vor nicht allzu langer Zeil auf dem besten Weg« war, auf dem Weltmarkt als Seidenlieferant aufzutreten. Noch am 27. Juli 1864 fand, wie im „Wissen " erzählt wird, in Stettin , im Parke de» Seidenraupen- Züchters G. A. Toepfer, ein Kokonsmarkt statt, zu dem franzö- fische und italienische Fabrikanten erschienen waren. Obgleich viele Käufer schon vor dem Markt ihren Bedarf direkt bei den Pommer- schen Produzenten gedeckt hatten und Toepfer selber, der allein so- viel züchtete, wie alle anderen zusammen, gar nicht ausgestellt hatte, weil seine Produkt« fest abgenommen waren, waren doch 720„Metzen", jede zu etwa 31 halben Litern, Kokons ausgestellt und wieder glatt oerkaust. Es wurden von den Franzosen sogar Lieserungsverträge abgeschlossen. Die pommersche Seid« hatte die beste Aussicht, ein bedeutungsvoller Arttkel zu werden, und man begann auch Kokons vom Eichenspinner und anderen Raupen, die sehr �haltbare Gespinste liefern, zu züchten, da machten Krankheiten der Sache ein Ende und Pommern um eine Hoffnung ärmer. Die Vuchkarawane. Um die Freude am Buch auch in den ent- ferntesten Teilen der Vereinigten Staaten zu beleben, hat man seit Zwei Jahren„Buchkarawanen" eingeführt, über die in der„Deut- schen Verlegerzeitung" berichtet wird. Eine Kinderbuchhondlung in Boston machte den Anfang, indem sie einen Kraftwagen als wan- dernden Buchladen ausrüstete und auf die abgelegenen Dörfer uns Ansiedlungen schickte. Dann griff der Verlag Appleton den Ge- danken auf und schickte eine ganze aus mehreren Wagen bestehende Buchkarawane in die dunkelsten Winkel des Landes. In diesem Sommer sollen neue Karawanen ausderüstet werden. Man hat bis jetzt nur einen Teil des Ostens der Vereinigten Staaten be- arbeitet, und schreibt dem weiteren Ausbau der Buchkarawanen eine große Zukunft zu. Die findig« Bolizei. Eine charakteristische Geschichte von der Findigkeit der englischen Polizei wird in einer Londoner Zeitschrift erzählt. Ein Mann, den die Polizei suchte, war in sechs verschiedenen Stellungen photographiert worden, und die Bilder, die man sich verschafft hatte, wurden an das Polizeioberhaupt einer kleinen Stadt geschickt, in der sich der Flüchtling verbergen sollte. Nach wenigen Togen lies beim Polizeipräsidium folgender Bericht ein:„Ich erhielt die Photographie der sechs Leute, deren Verhaftung gewünscht wird. Fünf von ihnen sind breits festgenommen, und der sechste befindet sich unter Aufficht: er wird binnen kurzem ebenfalls verhaftet werden." Tobias Pemberlei» im Kabarett. Unser bekannter Mitarbeiter bat sich entschlossen, das Brettl zu besteigen, und tritt in allernächster Zeit. zuerli im Sllhambravark am Moritzplatz(Direktion: Peter Sachse), mit eigenen Cbansons und Grotesken auf. Blllthner-Orchcster. Das«. städtische DolkSkonzert findet am SS.. abend» 8 Uhr in der Brauerct Happoldt, Hasenhcid« 32/38. unter-Zeitung von Camilla Hildebrand statt.' Programm: Tanzweilcn-tlbend. Karten bei Harsch, Etigelufer 24, Gesche, Dunkerstr. 3. Vorwärts, Lindenstr. 2, Orchcsterbureau, Lützowstr. 78, und an der Abendkasse. Tie Ztzrcie Tentsebe Künftlerichaft zeigt Bendlerftr. 11 dcko- ralive Malereien, Bauplastiken und andere Proben kllnsUerijchen Vau- Handwerks.