ihren RoKgen anstatt zu 6900 M. zu 13 WO— 14 000 zu verkaufen, und das Brot würde nicht etwa 2S— 30, sondern 50—60 M. kosten. Wäre das etwa im Interesse der Arbeiter- klasse gewesen? Ebenso unmöglich aber war die Hinausschicbung der Abstimmung bis nach der Erledigung des Gesetzes zum Schutze de? Republik . Im Vorjahre ist die Getreide- umlage am 16. Juni beschlossen worden, dieses Jahr am 1. Juli! Jeder weitere Tag des Zögerns erschwert, ja ver- hindert die Durchführung der Umlage, da die Ernte in manchen Gegenden schon in diesen Tagen beginnt. Hält man sich das gesamte Ergebnis des Kampfes um die Getreideumlage vor Augen, so kann nicht bestritten werden, daß den Agrariern eine empfindliche Nieder- läge bereitet worden ist. Es ist dies die erste große Niederlage, die sie in der Nachkriegszeit erlitten haben. Sie haben weder ihre Absicht durchgesetzt, die Umlage über- Haupt zu Fall zu bringen, noch die Herabsetzung der Menge unter 2,5 Millionen Tonnen erreicht, und ebensowenig die Absicht, bei dem Umlagegetreide Konjunkturgewinne zu er- zielen. Diese Niederlage der Agrarier ist gewiß zum Teil die Folge der politischen Situation, die ihnen, den Hauptstützen der Deutschnationalen, die Kraft gebrochen hat. Daß diese Situa- tion aber richtig ausgenutzt worden und zu einem günstigen Ergebnis für die Arbeiterklasse ausgewertet werden konnte, das ist der Erfolg der ehrlichen und kraftvollen Zu- sammenarbeit der SPD. und der USPD . Sie hat das Bür- gertum zu erheblichen Zugeständnissen gezwungen. Der Kampf um die Getreide umlage ist deshalb ein Beweis dafür, wie groß die Kraft der Arbeiterklasse in Deutschland ist, wenn sie geschlossen auftritt und ihre volle Macht in die Wagschale der Politik wirft.
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Bei Schluß des Blattes erhalten wir die betrübende Nach richt des Ablebens des Mitgliedes der unabhängigen Reichs- tagsfraktion Genosse Ernst Däumig . Auch dieser Führer der Berliner Arbeiterschaft ist unter ähnlichen Um» stünden wie erst vor wenigen Monaten die Genossin Luise Z i e tz in den Sielen gestorben: während einer Reichstags» � sitzung im Sitzungssaale von einem Schlaganfall getroffen,! von dort aus ins Krankenhaus übergeführt und daselbst ver» schieden. Die Hoffnung auf eine Wiedergenesung, die man aus dem längeren Aufenthalt im Krankenhaus schöpfen konnte, hat sich schließlich als trügerisch erwiesen. Mit Däumig ist eine der interessantesten Persönlichkeiten des deutschen Proletariats dahingegangen. Ein an Schick» salen und Erlebnissen außerordentlich reiches Leben hat sein Ende erreicht. Nicht weniger als 11 Jahre— von 1887 bis 1898— hatte Däumig beim Militär verbracht, darunter auch längere Zeit als Unteroffizier in der französischen Fremden». legion in Algier . Seine dortigen Erlebnisse hat er in einem packenden Buch„Moderne Landsknechte" geschildert. Als Redakteur in Reuß, Halle, Erfurt und von 1911 bis 1916 im Zentralorgan der Sozialdemokratie, im„Vorwärts ", hat er eine stille und bescheidene, zugleich aber sehr wertvolle Arbeit für die Arbeiterschaft im Kampfe gegen das alte Regime ge» leistet. Bescheidenheit und Ruhe waren die Hauptmerkmale seines Ehrakters. Jede Gehässigkeit lag ihm fern, und auch im schärfsten Parteihader vermied er stets, andersdenkende Genossen zu schmähen. Was er tat, machte er stets aus voll- ster Ueberzeugung. Er war bei Ausbruch der Revolution von dem Wert des politischen Rätesystems durchdrungen und voll» zog auch später den Uebertritt zur Kommunistischen Partei, deren V o r s i tz e n d er er mit Paul Levi wurde, nachdem' er bereits mit Erifpien Vorsitzender der USPD . gewesen war. Nach dem Märzputsch 1921 in Mitteldeutschland trat er mit Levi aus der KPD . aus und über die Kommunistische Arbeits- geineinfchaft fand er den Rückweg zur Unabhängigen Partei.
Kurz nach diesem Schritt ereilte ihm sein Schicksal. Das deutsche Proletariat wird, ohne Unterschied der Partei, diesem auf- rechten Menschen ein ehrendes Gedenken bewahren. » Däumig wurde am LS. November 1866 in Merseburg geboren, stand also im S6. Lebensjahr. Er hatte in Halle a. d. S. Bürgerschule und Gymnasium besucht. Seine Redalteurtätigkeit haben wir bereits erwähnt. Außerdem war er von 1912 bis 1918 Vorsitzender des � sozialdemokratischen Bezirksbildungsausschusses Groß-Bsrlin. Zwei Tags vor der Revolution war er auf Befehl des Oberkommandos in > den Marken verhaftet worden: später wurde er im Zusammenhang mit dem Januarputsch 1919 ebenfalls eine Zeitlang verhaftet. Er wurde am 6. Juni 1920 auf der Liste der USP. für den Wahlkreis Teltow-Beeskow-Charlottenburg in den Reichstag gewählt. Sein Nachfolger ist sein engerer Gesinnungsgenosse Paul W e g m a n n, 1 der über KPD., und KAG. ebenfalls den Rückweg in die Unab- hängige Partei gefunden hat. Sicherung üer Republik . Notwendige Vorarbeiten in Prcuhc«. Der Verfassungsausschuh des Preußischen Landtages hat als Ergebnis seiner Arbeit zum Schutz der Republik dem Landtag idrei Gesetzentwürfe vorgelegt. Das erste Gesetz betrifft die i Gewährung von Straffreiheit. Die Straffreiheit soll ins- i besondere gewährt werden für Straftaten, die mit den politischen Unruhen im Frühjahr 1921 oder mit der Abwehr des Kapp- Putsche? im Frühjahr 1929 in Zusammenhang stehen, ferner für Straftaten, die im Jahre 1921 im Zusammenhang mit Kundgebungen für die republikanische Staats- form begangen worden sind. Zu diesen Kundgebungen gehören besonders diejenigen anläßlich der Ermordung Erzbergers. Ferner soll Straffreiheit gewährt werden für Straftaten aus Anlaß des Eisenbahner st reiks im Februar 1922. Bon der Straffreiheit sind nur eine Anzahl gemeiner Delikte ausgenommen, die auf Roh- heit oder persönlicher Gewinnsucht beruhen. Wird die vom Ner- urteilten in Anspruch genommene Straffreiheit durch gerichtliche Entscheidung verneint, so sind auf Antrag die Akten einem Ausschuß vorzulegen, den das Staatsministerium ernennt. Erachtet der Aus- schuß die Voraussetzungen der Straffreiheit für gegeben, so legt er die Akten dem Staatsministcrium zur weiteren Entscheidung vor. Der zweite Gesetzentwurf betrifft die Aenderung des Disziplinargesetzes für nicht richterliche Beamte. Danach macht sich ein Beamter insbesondere auch dann einer Verletzung seiner Pflichten schuldig, wenn er Bestrebungen, die auf Wiederher st ellung der Monarchie oder gegen den Be- stand der Republik gerichtet sind, demonstratio oder agitatorisch fördert. Das gleiche gilt, wenn ein Beamter solche Bestrebungen durch Verleumdung, Beschimpfung oder Verächtlichmachung der Rpublik oder von Mitgliedern der jetzigen oder früheren republika- nisch parlamentarischen Regierung de» Reiches oder eines Landes unterstützt. Es kann erkannt werden auf Strafversetzung oder Dienstentlasiung, im Rückfalle nur auf Dienstentlassung. Heber die Vergehen nach diesem Gesetz entscheidet ein besonderer Diszi» plinarhof von 7 Mitgliedern, von denen zwei Richter des Kammergerichts sind, die anderen von der Regierung ernannt werden. Das dritte Gesetz enthält ähnliche Bestimmungen über Dienstvergehen der richterlichen Beamten. Außer diesen drei Gesetzen legt der Derfassungsausschuß dem Landtag noch eine Reihe von Entschließungen vor. Danach soll 1. der Kreis der jederzeit versetz- und absetzbaren Beamten be- deutend vergrößert werden, 2. sollen die leitenden Stellen in Der- waltung und Justiz nur unbedingt zuverlässigen Republikanern übertragen werden, 3. sollen die Personalreferate in allen Zweigen der Verwaltung und Justiz nur zuverlässigen Re- publikanern übertragen werden. 4. sollen die Schüler, und Lehrerbüchereien an sämtlichen Schulen von monarchistischen Schulbüchern gereinigt werden. Weitere Entschließungen betreffen das Flaggen mit republika- nischen Farben auf Dienstgebäuden, eine Neuregelung der Verhält» nisse der Studierenden an den Hochschulen und ein« Auswahl der amtlichen Kreiswahlen im republikanischen Geiste.
Diese Anträge kommen in ihrer Gesamtheit morgen zur zweiten und dritten Beratung an das Plenum. Die Deutschmonarchistcn haben ihren anfänglichen Widerstand gegen sofortige Verabschiedung der Gesetze fallen gelassen, so daß der Landtag noch im Verlaus dieser Wochen feine Arbeiten beenden dürfte. verhanülungen über öas Schutzgesetz. Die„Dena" meldet: Die Verhandlungen zwischen den einzelnen Parteien der Linken und den Koalitionsparteien über das Gesetz zum Schutz der Republik werden heute im Laufe des Vormittags fortgesetzt werden. Als bedeutsamstes Moment im Stand der Ver- Handlungen ist zu verzeichnen, daß die K o m m u n i st e n an den Verhandlungen zwischen den Gewerkschaften und den Rechtssozia- listen und Unabhängigen nicht mehr teilnehmen:. Da sie sich geweigert haben, verschiedene Forderungen bezüglich der Be- kämpfung von Spitzeln und Provokateuren anzuerkennen, so haben die Gewerkschaften und die beiden sozialdemokratischen Parteien weitere Verhandlungen mit den Kommunisten für un- zweckmäßig erachtet. Im Laufe des Vormittags fanden noch Verhandlungen der Sozialdemokraten mit den beiden Koalitionsparteien statt, die die Regierungsparteien über den Stand der Verhandlungen der sozio- listischen Parteien mit den Gewerkschaften in Kenntnis setzten. Bei diesen Besprechungen sollte auch gleich die Frage des Eintritts der USP. in die Regierung berührt werden, so daß noch im Lause des heutigen Abends die Fraktionen der bürgerlichen Koalitionsparteicn Gelegenheit erhalten werden, sich mit dieser Frage zu beschäftigen. Es ist anzunehmen, daß im Laufe des heutigen oder morgigen Tages mit der Entscheidung über das Schicksal des Gesetzes zum Schutz der Republik auch die Entscheidung über den Eintritt der USP. in die Regierung fallen wird. Großkraftwerk Hannover angenommen. Der Preußijche Landtag beschäftigte sich heute noch einmal mit dem Gesetzentwurf über das Großkraftwerk Hannover . Gegen dieses bereits von ihm angenommene Gesetz hatte der Staats. rat bekanntlich Einspruch erhoben, so daß nach der Verfassung dos Gesetz nur zustande kommen konnte, wenn bei der nochmaligen Lesung sich eine Zweidrittelmehrheit dafür ergab. Die Abstimmung erfolgte, da die Zweidrittelmehrheit zweifelhaft war, nach der Methode des Hammelsprungs. Es ergaben sich bei 397 Llb» stimmenden 21S Stimmen für und 92 Stimmen gegen das Gesetz, so daß die Zweidrittelmehrheit erzielt war. Der Staatsrat erhielt gleich noch eine zweite Ohrfeige, indem der auf Beschluß des Staatsrates von der Regierung vorgelegte Ge- setzentwurf, der das Ueberalterungsgesetz außer Kraft setzen soll, vom Landtag gegen die Stimmen der Rechtsparteien ab- gelehnt wurde._ Panik an üer Sörfe. Alles hamstert Devisen und Jndnstriepapiere. Die Haussebewegung am Devisenmarkt machte auch am Mittwoch weitere Fortschritte. Die Valuten h am st erei nimmt groteske Formen an. Bei anhaltender Nachfrage wurde der D o l l a r in den Mittagsstunden mit 430 gehandelt. Auch am Effektenmarkte macht sich eine starke Haussebewegung bemerkbar. In erster Linie werden Valutenpapiere und die bekanntlich auch an internationalen Börsen gehandelte drei- prozentioe Rcichsanleihe gesucht. Inländische In- d u st r i e- und Bankaktien werden in großem Umfange für ausländische Auftraggeber gekauft. In- folgedessen docken sich auch die inländischen Interessenten ein. Man erwartet eine Effektenhausse nach Wiener Muster. In Beulhea sind gestern die deutschen Truppen ringe- zogen. Der Tag wurde von der Bevölkerung festlich begangen. Oberbürgermeister Dr. Stephan hielt eine Ansprache, die in der Aufforderung an die Bürgerschaft gipfelte, den Entschluß zu fassen, an dem Wiederausbau Oberschlesienz mitzuarbeiten, um Deutschland einer besseren Zukunft entgegenzusühren.
hinter Gittern. Ein Zukunftsbild. Und im Sommer, den de? liebe Herrgott im Jahre 1939 mit einer verschwenderischen Pracht der Ernte segnete, gina mein Vater mit in,? hinaus aui den Plan var das Dorf, wo ein Wanderzirkus feine Zelte aufgefchlqgen hatte. Dort gab es gar viel zu sehen und zu hören. Besondeies hinteresse oder.»ernte tiae Reihe ctgener Käfig», vor denen zwei Wärter mit geladenem Gewehr auf- und ab- patrouillierten. Uebcr dem größten von ihnen wehte jene schwarz- neißrote Mörderfahne, mit deren Farben uns schon immer unsere Mutter erschreckt hotte. Hatte sie doch, wenn wir ungezogen gewesen waren, gesagt:„Gleich kommt ein Schwarz-Weiß-Roter und schlägt euch!,i, paßt nur auf!" Als wir näher kamen, sahen wir auch ein greuliches Tier hinter den Gittern einherspazieren. Seine Lefzen trieften von Blut und seine Augen blitzten grünlich wie die eines deutsch . völkischen Oberlehrers. Unser Vater aber nahm uns bei der Hand und meinte:„Fürchtet euch nicht, liebe Kinder, die Tiere find ja ein- gesperrt. Früher waren sie einmal böse. Aber dann lernte sie der freie Mensch beherrschen und jetzt lacht man nur über sie, wie man, erwacht aus einem schweren Traum, diesen belächelt. Wohlan, laßt euch einführen in das Reich der Tiere. Hier seht ihr die sogenannte Hakenkreuzbestie. Sie hat wulligcs Haar, ist aber trotzdem kein Löwe. Sie siedelt sich i» sumpfigen Niederungen der politischen Fauna an. Ihre täglichen Bedürfnisse pflegt sie nicht wie andere Tiere im Stillen zu ver- richten, sondern besudelt damit öffentliche Orte, insbesondere Parla- mente. Besonders mutig nur gegen tote Gegner, nährt sie sich von Lügenbrei und aufaekochtem Schwindel. Wird selbst von ihren Ge- nassen gemieden. Im Nebenkäfig leht ihr den Mieebacher Aasgeier. Kommt neuerdings rudelweise vor. Ein Vogel, dem man im Gegen- satz zum deutschen Bergadler mit Reckst heimtückische Gesinnung nach- sagt. Zerfleischt, wenn er in weniger bewohnte Siedlungen nieder- stöft:, kleine Arbeiter- und Judenkinder. Im bayerischen Hochland wird er von den Stämmen der Tcgernscnesen und Karidisten wls Hausvogcl angebetet. Doch toll die Aufklärung auch hier bereits Fortschritte gemacht haben. Wir kommen nun zum B i er esel, eine mit bunten Streifen versehene Cselspezies, die meist Narben von Bissen um Maul und Ohren aus Kämpfen mit anderen Eseln hat. Sehr störrisch. Lebt von Vier. In der Nacht wechselt er oft über belebte Straßen. Meist geschlechtskrank, tritt er in Verbänden auf. die von den Zoologen„Korps" genannt werden. Wird heute nur noch in Ungarn und Feuerland gezüchtet. Im kleinen Kasten zwischen diesem �aun und dem nächsten krabbelt die Völkische Wanze. E-ne dumme, feige und heimtückische Jnsektenart, die in großen Schwärmen austretend ein blühendes Land in kurzer Zeit ruinieren kann. Birgt in ihrem Hinterleib ein tödlich wirkendes Gift. Diese Wanzen wurden in früherer Zeit von schlauen Feiglingen zur Er-
mordung ihrer Gegner benutzt. Sind, wo man sie antrifft, durch sofortiges Unfchädlichmachen zu vernichten. Gar mancherlei zeigte uns noch der Boter. Und wir wunderten uns sehr, was man früher so frei hatte herumlaufen lassen. Zuletzt kamen wir noch an einen kleinen Käfig, darin lag der Siebenschläfer. Dieses merkwürdige Geschöpf, erzählt die Fabel, soll, als die Tiere einmal eine Republik gründeten, um sich gegen die Uebergriffe der Raubtiere, die sie bisher beherrscht hatten, zu schützen, von diesen zum Tierreichswehrminister gewählt worden fein. Und fo sah er auch aus. Nachdem wir noch den Knüppelhamster und anderes betrachtet hatten, gingen wir heim. Die Glocken läuteten den Sonntag ein Bom Rathaus wehte unser geliebte» Schwarz-Rot-Gold'm Abend- frieden. Und so soll es auch immerdar bleiben. ____ O» id in Tomt. kleines Theaier. Die Sommerdirektion kam am Sonnabend mit drei recht unvergnüglichcn Einaktern heraus, deren Peinlichkeit durck eine teilweise arg dilettantische Darstellung noch unterstrichen wurde. Der als Anekdote vielleicht ganz amüsante Einfall, daß der erste Besuch, mit welchem eine„Dame der Gesellschaft" ihren Ber- chrer beglückt, durch das Erscheinen des Möbel pfändenden Gerichts- Vollziehers gestört wird, verliert bei der zwangsweisen Ausrcckung zu einer langen und hahnebüchen unmöglichen Szenenfolge jede Spur von Unterholtsamkeit. Noch verstimmender wirkten die absichtsvoll crtüftelten Zynismen des zweiten Stückchens, das sich„Die Dame ohne Kopf" betitelt. Das dritte, eine Groteske von Paul Ezinner, versöhnt im weiteren Verlause etwas dadurch, daß der Verfasser selbst sein angenehmes Pärchen, dessen männlicher Partner gleich beim ersten Zusammentreffen auf des Weibchens Wunsch ihren Gatten vergiften will, für hoffnungslos verrückt erklärt. Die beiden Herrschaften sind nämlich Zwangsinsassen eines Sanatoriums und führen diese Szene, die sie früher im Theater spielten, jeden Tag hier auf. Die Gruseligkeit der Sensation erhöht sich noch, indem der Berrückte den Irrenarzt niederknallt und im Zuschauerraum verteilte Leute aus die Bühne stürmen, was abermals zu einem Schusse den Anlaß gibt. Den Abschluß bildeten die Tänze des Cclly-de-Rheidt-' und Salome-Balletis, die jedenfalls fwie man sich immer diesem Genre gegenüberstellt) ein unvergleichlich höheres Können zeigten als der llterarisch-dramatisch kostümierte Teil des Abends. ckt. „Cr und feine Schwester."„Er" ist Briefträger, mit Spree - wasser getauft.„Sie" ein kleines Mädchen und Kammermädchen der Operettendiva. Cr, gewohnt, für seine Schwester durch Dick und Dünn zu gehen, bereitet ihr mit seinem Mutterwitz den Weg zum Operettentheater und zur Gattin ihres Kritikers. Das Ganze gibt eine Folge schnurriger Szenen, die als Opcrcttenpossc den Sommer- spiclplan des Wallner-Theaters füllt und am Sonnabend zuerst aufgeführt wurde. Daß es dabei unglaublich viel zu lachen gibt, liegt auf der 5)and. Besonders wenn„seine" Rolle in guten Händen ist— und das ist sie— und wenn etwas flüssige leichte Musikwindelei den Obren schmeichelt. I. Einädshofer schrieb sie. Grotesk ist das Thsaierspiel im Zuschauerraum. Geschmacklos freilich— wie meist im burlesken Singspiel— wirkt die politische Satire, die nach Art der Vaudeville nicht davor zurückschreckt, auf die
größte Schandtat seit dem Kriege ein Couplet zu machen. Das tat aber dem Heiterkeitserfolg keinen Abbruch, der hauptsächlich dem gastierenden Hauptdarsteller Erich Carow, weniger seiner „Schwester" Lucie Blattner, gleichfalls als Gast, zu verdanken war und der auch die Verfasser auf die Bühne rief. Ss. SefangspSdagogifche Vorführung in der Singakademie. Rose- bery d'Arguto, der Begründer der„Internationalen Refvrm- fchut« für gesangliche Kultur', leitet«m einem großen Fehler, aber nur al» Propagandist, nicht«ls Pädagoge: Er gebraucht leider i» seinen Ankündigungen dieselben Phrasen, die wir von so vielen Ge- sangsoerbrechern her in so übler Erinnerung haben. Auch in seiner recht schwachen Ansprache roch es gewaltig noch dem bekannten Sänger- Erfinder-Größsnwohn. Aber wenn ich hier, genau wie der Apo- theker in„Hermann und Dorothea", immer schon ein Bein draußen hatte, so zog ich es bei den praktischen Dorsührungen flugs wieder herein. Da» war»irklich Kunst, die da geboten»urde, dazu noch von Kindern und in sehr delikaten Tondichtungen alter Meister, die so oft erwachsene Künstler zu Fall bringen. Ich habe nur einmal «in« solche Ueberrafchimg erlebt: bei der ersten Vorführung der Dalcrozeschcn Methode in der Schweiz , ebenfalls von Kindern vorgeführt. Mer hier war es mehr das Ropthmische lder Tanz) und das absolut Musikalische(in alter, früher geübter Weise), das»»«n Bordergrund trat. Die Stimmbildung solch kleiner Knirpse hatte damit nichts zu tun. Ihr« frischen kleinen Liedchen sang jeder, wie er wollte. In der Singakademie Härte man es anders. Nicht nur absolut wohlgepflegte Chöre gab es da, sondern mehrere Solisten, von denen zwei no� nicht 19 Jahre alt sein konnten Wenn die gi-öheren, zwei junge Männer und ein jugend- liches Fräulein, auch recht Anerkennenswertes leisteten, weitaus am interessontssten waren diese zwei ganz Jugendlichen. Wenn auch das Stimmchcn noch etwas dünn, die Atemführunq, das schöne Ber» klingenlassen des Tones, die absolute Reinheit der Intonation, das wohltuend Musikalisch«, die famose T. iausspraebe waren staunenswert. Hier scheint � als«»«oas heranzubilden, was über Dalcroze weit hinausgeht. Auch als Dirigent der verschisdencn Chöre zeigt« sich R o s e b e r y d' A r g u t o auf der Höhe. Er gibt ja dem rein Gesanglichen zuliebe in den Tempi sehr nach, aber alles zeugt von echter Musikalität und delikatestem Gefchmack. Hoffentlich wird das „lanzsame Ministerium", wie es d'Arguto so drastll� schilderte, recht bald sich für die Sache interessieren. H. M. An die Volksbühne. Thester cm Bülowplsh, sind engagiert: Fritz Alberti -Mannheim . Johann August Drescher -Berlin , Hons Harnier- Eisenach, Jlsabe Dieck-Berlin , Rose Steuermann-KLnigsberg und Margertte Witzmann-Wien . Gerharl-Hauptmann-�estspiele. Die Vorbereitungen für die Kerhart-Hauptmann-Festspiele, die bekanntlich vom 11. bis 29. August in Breslau stattfinden, find in raschem Fortlchreiten. Dem Aufruf des Ehrenauslchusses, an dessen Spitze der Reichs- Präsident steht, haben sich Hunderte von führenden Persönlich- keiten der Kunst und Wissenschast, der Politik, der Industrie und der Finanzwelt angeschlossen. Das Plakat für die Festspiele, das den Kopf der Dichters zeigt, hat Prof. Emil O r l i t soeben vollendet. Die Festspiele werden eingeleitet mit der Aufführung des „F l o r i a n G e y e r". Die ersten Spielleiter und Schauspieler Deutschlands sind für diese Veranstaltung gewonnen worden.