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Nr. 326 39. Jahrgang

Drohende Milchkatastrophe.

Beilage des Vorwärts

In der letzten Zeit haben in Berlin die Milcheingänge in einem erschreckenden Maße abgenommen. Während noch Mitte Juni ein

Eindruck erweden, als ob Herr von Möller ein Minister der Repu­blit ist. Das ist aber nicht der Fall. Herr von Möller ist längst a. D. und war ein Getreuer des alten Regimes.

Die verführerische Rentabilitätsberechnung.

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Donnerstag, 13. Juli 1922

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Auswärtige Straßenbahnfahrscheine für Berlin . Die Fahrscheine der Berliner Straßenbahnen, von denen täglich Millionen Stüd, also jährlich rund 548 000 000 Fahrscheine, gebraucht werden, sind aufgebraucht, und neue fonnten wegen des Ausstandes im Berliner Buchdruc Eingang von ca. 560 000 Litern täglich zu verzeichnen war, belaufen Mit den Geschäftspraktiken eines Instituts für moderne gewerbe nicht hergestellt werden. In dieser Lage hat man sich aber fich augenblicklich die Eingänge auf taum 420 000 Liter täg- Reflame hatten sich das Schöffengericht Berlin- Mitte zu be- 3u helfen gewußt: die städtische Verwaltung hat sich an andere lich. Unter diesen Umständen ist an eine den Anforderungen ent- fchäftigen. Angeflagt wegen wiederholten gemeinschaftlichen Be Straßenbahnverwaltungen gewandt mit dem Erfolg, daß ihr sprechende Versorgung der Verbraucher mit Milch nicht mehr zu truges waren der Kaufmann Isidor Torbanski und der Kauf- Breslau , Königsberg i. Pr. und andere zunächst zehn denken, und es ist zu befürchten, daß sich diese Knappheit in mann Adolf Dobrowitzki.- Die Angeklagten gründeten vor millionen Stüd, die für eine Woche genügen, zur Verfügung der nächsten Zeit noch fühlbarer bemerkbar machen wird. einiger Zeit ein Reflameunternehmen, indem sie mit den gestellt haben. Die Berliner werden danach in den nächsten Tagen Theatern, Kinos und größeren Restaurants Berträge abschlossen, auf den hiesigen Straßenbahnen mit auswärtigen Fahrscheinen fahren, Die Hauptschuld an dem Abnehmen der Zufuhren soll die augen- nach welchen es ihnen gestattet wurde, in deren Räume große glas- falls nicht der heute beendete Ausstand den ganzen Plan doch über­blickliche Preisbildung tragen, die für die Landwirte angeblich keinen gedeckte Kästen aufzustellen, deren einzelne Fächer an andere Firmen flüssig macht. Die Sammler von Straßenbahnfahrscheinen auch Anreiz für erhöhte Milchlieferungen nach Berlin bietet. Der Milch gegen einen monatlichen Mietspreis vermietet wurden. Durch Inje- folche gibt es werden aber in den nächsten Tagen in fieberhafter preis wird bekanntlich nach der amtlichen Butternotierung errechnet, rate suchten sie Untervertreter, welche für einzelne Teile Erwartung sein. die alle zwei Wochen vorgenommen wird, aber mit den tatsächlichen Groß- Berlins und die Provinz für erhebliche Beträge Lizenzen Neue Flugpostmarken. Verkaufspreisen der Butter in keiner Weise Schritt hält. Am 1. Juli erwarben, nachdem ihnen von den Angeklagten glänzende In den nächsten Tagen erscheinen neue Flugpostmarken zu 25 wurde die feinste Butter amtlich mit 73 M. berechnet, während zum Rentabilitätsberechnungen vorgelegt worden waren. Wiederverkauf tatsächlich keine Butter unter 90-92 m. das Pfund Eine Reihe dieser Vertreter erstattete Strafanzeige mit der Be- Pf., 40 Pf., 50 Pf., 60 Bf. und 80 Pf. in anderer Ausführung als zu erhalten war. Dieser Notierung entsprechend wurde der Milch hauptung, durch falsche Angaben in jener Berechnung betrogen die ersten, im Jahre 1919 herausgegebenen Flugpostmarken zu 10 Bor Gericht behaupteten die Angeklagten, daß die und 40 Pf. Mitte Juli folgt eine weitere Reihe von Flugpostmarten preis für die Zeit vom 9. bis 22. Juli auf 6,45 M. frei Berlin fest- Beugen jene Rentabilitätsberechnung mit einem in den Werten zu 1, 2, 3 und 5 M. Die Marten find für Flugpost. gesetzt. Den Agrariern aber wann find Agrarier jemals zu Garantieversprechen verwechselt hätten. Von Rechtsanwalt sendungen bestimmt und dienen zu ihrer vollständigen Freimachung frieden? ist das nicht genug; sie verbuttern deshalb lieber ihre Dr. Puppe wurde unter Beweis gestellt, daß das Reklameunter- für sich allein oder als Zusatzmarken zu den gewöhnlichen Frei Milch und schlagen auf diese Weise fast den doppelten Preis nehmen tatsächlich hohe Gewinne abzuwerfen in der Lage sei, wenn marken. heraus. Es fümmert sie, die in ihrer Presse seinerzeit geradezu die Zeugen, welche es als Nebenerwerb betrachtet hatten, ihre volle nach dem freien Handel gebrüllt haben, jest wenig, wenn die Arbeitskraft dafür eingesetzt hätten. Der von dem Verteidiger ge­Säuglinge und Kleinkinder der Berliner Beamten, Angestellten und Arbeiter elend zugrunde gehen, weil die Eltern in Zukunft die Milch nicht mehr werden bezahlen können. Der Anreiz zur vermehrten Herstellung von Butter und Käse ist für die Porduzenten im Augen­blid um so größer, als im befehten Gebiet bei der gegen­wärtigen Markentwertung auch die höchsten Preise anstandslos ge- werden. Freiwillige Beiträge für ihn überweise man auf zahlt werden. Auf diese Weise gehen große Mengen von Postschecktonto Berlin, Nr. 48 743 an Alex Bagels, Milchprodukten aus den Milchzufuhrgebieten Bezirksverband der SPD., Berlin SW 68, Lindenstr. 3. Berlins nach dem Rheinland , während Berlin selbst immer weniger Milch erhält.

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Einbruch bei einem Minister Wilhelms.

Wieder einmal durch die Dede.

Was

Ein Einbruch, der in der Art seiner Ausführung in der Krimi­nalgeschichte einzig dasteht, ist in der Nacht zum Mittwoch auf dem Grundstück Von- der- Heydt- Straße 12 perübt worden. Auf diesem hufeisenförmig bebauten Grundstück bewohnt der ehe­malige Staatsminister von Möller den ganzen nierten Sto d. Die Vorderräume standen jetzt unbenutzt, weil das Ehepaar verreist ist. Die Dienerschaft wohnt und schläft in den hinteren Räumen. Einbrecher verschafften sich Eintritt in das Haus, erbrachen eine Bodentür und gingen dann an einer Stelle zum Ein­bruch vor, die für ihre Zwecke die allergeeignetste war. In dem Bodenraum über dem Salon setzten sie ihre Werkzeuge an. hier vorging, fonnte niemand von der Dienerschaft hören. Die Einbruchsstelle liegt außerdem gerade über einem Gofa, so daß alle abfallenden Deckenteile weich fallen mußten und kein Geräusch verursachten. Zur Borsicht aber hielten die Ein­brecher auch noch einen aufgespannten Schirm unter, um nach Mög. lichkeit alles aufzufangen. Die Deffnung in der Decke schafften fie fich mit einem Zentralbohrer, den sie zweimal ansetzten. Den Ab­stieg in den Salon bewirkten sie vermutlich mit einer Stridleiter. Neu ist auch die Art, die Wohnungstüren und die Behältnisse zu öffnen. Auch hier benutzten die Verbrecher ihren Zentralbohrer, mit dem sie die Schlösser ausbohrten, nicht bloß an der Berbindungstür zum Eßzimmer, sondern auch am Büffet. Den Rüdweg nahmen die Einbrecher durch die Vordertür der Wohnung und die Haustür. Um diese öffnen zu fönnen, nahmen sie Schlüffel aus der Wohnung mit. Zur Beute fief den Berbrechern wunderbares altes Familierfilber im Rofofoftil, om­plette Beftede für 30 Personen, filberne Saucieren, ebenfalls in Rokoko, Zuckerdosen, tomplettes Raffeegeschirr und Silber, das die Einbrecher von Kristallsachen abgeschlagen haben, Alpakafilber haben die Einbrecher liegen lassen. Auch einen Teil des übrigen Silbers haben sie zurücklassen müssen, wahrscheinlich weil es ihnen über die lange Arbeit, die viel Zeit in Anspruch genommen hat, zu spät ge­worden ist. Der Wert der Gesamtbeute beträgt etwa eine halbe Million Mart. Auf die Ermittelung der Täter und auf die Wieder­beschaffung ihrer Beute sind hohe Belohnungen ausgesetzt. Das Bullesche ,, Deutsche Abendblatt" veröffentlicht diesen Ein­bruch mit der Ueberschrift Einbruch bei einem Minister, für Million Mart Silber gestohlen" und möchte damit gerne den

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Der Ruf durchs Fenster.

Roman von Paul Frant.

... Je länger, je liebevoller ich die Konstruktion verfolge, fie in ihren Verästelungen und legten Konsequenzen betrachte, desto mehr gewinnt es an Wahrscheinlichkeit, daß auch der De­fraudant dem gleichen Berführer ins Garn gegangen ist. Allerdings wäre es nötig, ehe ich mich zu solcher Annahme be­queme, den Charakter des Burschen einigermaßen zu fennen, müßte ich um das Bild seiner Menschlichkeit irgendwie näher Bescheid wissen. Ich habe vorhin, als der Präfekt seinen Namen genannt, nur mit halbem Ohr zugehört und ihn mittler­meile vergessen. Ich bedaure es jetzt, Herrn Tubolin nicht beffer um den ungetreuer Bantbeamten befragt zu haben, obgleich er selbst nicht viel mehr gewußt haben kann, da er doch erst fünf Minuten vorher durch ein telephonisches Gespräch, das sich auf die fnappsten Daten beschränken mußte, von dem Fall überhaupt Kenntnis erlangt hat. Morgen vormittag wird er Näheres, Genauestes vermutlich, wissen und vor mir fein Geheimnis befizen wollen, so daß ich erfahren werde, was ich wünsche.

Zum Entgelt will ich ihm von der sonderbaren Identität von Dichtung und Wahrheit Mitteilung machen, obgleich ich mir fage, daß solche Eröffnung auf ihn, den kraffen Ratio­nalisten, nicht allzuviel Eindruck machen dürfte, da Herr Tu­dolin ein Feind aller Art von Romantik zu sein scheint, was bei einem Polizeioberhaupt allerdings nicht wundernehmen darf.

worden zu sein.

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der SPD. muß angesichts der politischen Situation = gestärkt

Der Wahlfonds rtt

ladene gerichtliche Sachverständige für Reflamewesen, der Reflame­chef der Berliner Straßenbahn Pofulla, befundete, daß das Unternehmen der Angeklagten bei richtiger Ausführung sehr wohl hohe Gewinne abzuwerfen in der Lage sei. Das Gericht fam auf Grund der Ausführungen der Verteidigung und des Sachverstän: digengutachtens zu einer Freisprechung der Angeklagten auf Kosten der Staatstaffe..

Drei Chetragödien an einem Tage.

Die Verwendung von Flugpostmarken für Flugpost­sendungen empfiehlt sich, um diese Sendungen vor anderen besser tenntlich zu machen. Flugpostmarken sind bei den Bostanstalten in den Flugorten und bei einer größeren Anzahl anderer Bostanstalten erhältlich. Postanstalten, die feine Flugpostmarken führen, ver­mitteln auf Wunsch den Bezug der Marten. Sicherem Vernehmen nach follen fünftig Flugpostmarken in Pfennigwerfen nur noch zum Betrage von 25 und 50 Pf. hergestellt werden.

Erhöhung der Eisenbahn- Personenfarife. Mit Rüdficht auf die fortschreitende Steigerung der persönlichen und fachlichen Ausgaben der Reichsbahn und das ständige Sinken des Geldwertes ist eine Erhöhung der gegenwärtig geltenden Fahrpreise zum 1. Dftober d. J. um etwa 50 Prozent in Aussicht genommen.

Das Potsdamer Schüßenfest verboten. Durch Ministerialerlag ist das Potsdamer Schüßenfest verboten worden. Weder das Königs­ichießen noch der übliche Schüßenball dürfen stattfinden. Auch das Vogelschießen hat zu unterbleiben. Somit verlief heute das Pots­damer Schützenfest ohne Schuß und Knall. Nur die Nummelbuden waren von dem Einst übrig geblieben.

Ein öffentliches Bolfskonzert gibt der Männerchor Fichte* Georgina 1879"( M. D. D. A.-S.-B.) am Freitag, den 14. Juli, Am Dienstag abend stürzte sich die 30 Jahre alte Frau Clara abends 8 Uhr, auf dem Spielplaz am Teich im Friedrichshain . Strandfonzert im Freibade Müggelfee. Sonntag. 16. Juli, Preiß aus einem Fenster ihrer im ersten Stockwerk des Hauses Kaiser- Friedrich- Straße 43 in Charlottenburg belegenen Wohnung findet im& amilien bade des Freibades Müggelsee ein großes 6 Meter tief in den Garten hinab. Mit einer blutenden Kopfwunde Strandkonzert statt. Der aus dieiem Konzert zu erzielende Ueber­und einer Gehirnerschütterung schaffte man die Unglüdliche nach schuß foll zu gemeinnüßigen Zweden, insbesondere zur Verbesserung dem Krankenhause Westend . Die Frau war mehrmals beder Badeeinrichtungen Verwendung finden. Das Bad ist auf schönen reits von ihrem Manne geschlagen worden und Waldwegen vom Bahnhof Friedrichshagen oder Nahnsdorf bequem hat die Tat aus Furcht vor, weiteren Mißhandlungen begangen. zu erreichen. Am Morgen desselben Tages geriet der 33 Jahee alte Maurer Varieté Wien - Berlin . Als unbestreitbar befte Sträfte tönnen die Hubert König in seiner Wohnung in Weißensee , Heinersdorfer beiden phänomenalen Stelzenatrobaten Arna und Floyd, sowie die Straße 55, mit seiner Frau in einen heftigen Streit. Im Ver- Salon- Equilibristen N. und W. Roberts gelten. Ihnen nabe tommen laufe desselben ergriff er ein Meffer und stach in blinder die 3 Elbrus , die Erstaunliches leisten. Mig Lilians Meine Hundeschar ut auf seine Frau und fein 10jähriges Töchter zeigte eine vorzügliche Dressur. Im Schnellzeichnen fand Felix H. Boß en Hildegard ein. Dann versuchte er, sich die Pulsadern berechtigten Bei fall. Erwähnt seien noch der ausgezeichnete Gesangs- und Tanzhumorist Bruno Müller, der Grotest- Romiter Romahu. der, zu durchschneiden. Alle drei Personen wurden im schwerverletzten luftige Mufitant Scharff, der unglaublich viele Instrumente beherrscht. Bustande mach dem Strantenhause geschafft. Im Haufe Mendel- Das ganze Brogramm zeigt eine äußerst gefchmadvolle Linie und stellt traße 1 fam es am Nachmittag zu einem ehelichen Streit zwischen eine Anzahl Artisten heraus, die durchaus erstrangig find. dem 34 jährigen Vanibeamten Karl Erdmann und dessen Frau. Dabei schoß die temperamentvolle Gattin auf ihren Mann und verlegte ihn durch einen Schuß in den Kopf fchiver. Während man den Ehemann nach dem Krankenhause Am Friedrichshain transportierte, brachte man die Täterin nach der Polizeiwache.

Rathenauallee statt Königsallee .

Eine zweite Minenexplosion.

Neun Tofe und zehn Berlehte.

Die merkwürdige Tatsache, daß oft an eine gewaltige Katastrophe ( Erdbeben, Feuersbrünste usw.) fich bald darauf eine zweite an schließt, ein Phänomen, das unter dem Namen" Dublizität der Er. eigniffe" bekannt ist, scheint sich auch bei der furchtbaren Minenerplofi­Eine vom Genossen Lüdemann einberufene Konferenz fion in Groden bei Curhaven wieder einzustellen. Wie aus Ham­aller republitanischen Parteien im 9. Verwal= burg gemeldet wird, hat sich in der Minenverlegungsanlage der Ge­tungsbezirk( Wilmersdorf ), in der Demokraten, Zentrum, sellschaft zur Verwertung von Heeresgut in Zweedorf bei Boihen­SPD. USP. und KPD. vertreten waren, hat beschlossen, zu be- burg an der Elbe eine schwere Explosionstatastrophe ereignet, die die Es find neun Zote und zehn antragen, daß die Königsallee in Grunewald , in der der Reichs- Anlage vollkommen zerstörte. minister Nathenau den monarchistischen Mördern zum Opfer gefallen Berlegte zu beklagen. Der entstandene Sachschaden trifft ist, fünftig Rathenauallee heißen soll. Außerdem soll an der Mord- allein die Verwertungsgesellschft. Die Ursache der Explo­fion ist noch nicht aufgeklärt. stelle ein Gedenkstein für den Ermordet e n errichtet werden.

Als der Wagen anhielt, wurde Garbislander aus seinen Sinnen geriffen. Er sah den vertrauten Umriß des Hotelein­gangs vor sich, und ein Boŋ öffnete den Schlag. Garbislander stieg aus, entlohnte den Kutscher und begab sich langsam in die Halle, betrat hierauf den Lift und fuhr bis zu dem Stockwerk empor, in dem sein Zimmer gelegen war. Dort angelangt, wanderte er vorher eine Weile rubelos umher und begann sich dann auszufleiden. Das Buch, das er zur Hand nahm, mußte er alsbald zuklappen, weil ihm der Sinn einer Zeile, trotzdem er sie fünfmal überlesen hatte, nicht klar werden wollte, da die Gedanken, die ihn beschäftigten, keine Ablenkung in eine andere Richtung duldeten. Hierzu fam, daß er seinen Herzschlag stärker als sonst verspürte und alle Anzeichen heftigster Erre­gung an sich wahrnahm, für die er feine Erklärung zu finden wußte, und die auch nicht weichen wollte, als er die Lampe ver­löscht hatte.

Lange lag er schlaflos, ins Dunkel starrend, aus dessen weicher Formlosigkeit stets neue Gestalten und Fragen stiegen, die ganz nahe an seinen Bettrand heranfchwebten, um dort zu zerstieben und zu zerfließen. Es fruchtete nichts, daß er die Augen aufriß und die Konturen des einen oder des anderen Möbelstückes verantwortlich machte, daß er immer wieder mit dem Handrücken über die brennenden Augen strich, um die Vision zu verscheuchen.

Nachdem er weiß Gott wie lange fich derartig gequält und vor allem die Sicherheit gewonnen hatte, daß der Schlaf in dieser Nacht ja doch nicht mehr herbeizuzwingen sein würde, machte er entschlossen Licht, verließ das Bett, begann sich anzu­fleiden, und war entschlossen, Doktor Jordan aufzusuchen, mit dem er über den Gegenstand, der ihn bedrückte und ihm die Betrüblich und leider nicht fortzuleugnen ist allein die be- Ruhe raubte, zu sprechen sich vornahm, so daß er von dieser dauerliche Tatsache, daß der verschandene Albert Reuß in der Abreaktion, deren er unbedingt bedurfte, die nachfolgende Be­an vielerlei Möglichkeiten reichen, phantastischen Kombination ruhigung sich versprach. Er verließ sein Zimmer und schritt feine, auch nicht die allernebensächlichste Rolle zu spielen ver- über den im dämmerigen Licht der mattgelb strahlenden Not­mag. Wäre er auch in die Fänge des Verführers gefallen, lampen liegenden Hotelgang bis vor die Tür, hinter der er ergäbe das allerdings keine Parallele mehr mit dem Stück, Jordan wußte und den er noch wachend anzutreffen hoffte. feine lebereinstimmung mit dem ersten Aft des Werwolf", Eine leise Scheu, anzuflopfen, war rasch überwunden, da der der vorläufig noch ohne in die Wirklichkeit übersetztes Gegen- Rest von gesundem Egoismus, der in ihm nach einigen stück verblieben ist. Stunden Schlaf sich sehnte, ihn leise pochen ließ, ohne daß jedoch eine Antwort erfolgt wäre. Entschlossen drückte er die Klinke nieder, worauf die Tür sich öffnete und der Schriftsteller in ein finsteres Zimmer trat.

Jammerschade, daß das Gleichnis zum Anfang auch schon fein Ende findet, daß diefer vielmehr überhaupt oder im Augenblick zumindest noch nicht sich finden lassen will, während alles andere in der Folge glatt und tadellos verläuft.

Ist er überhaupt noch nicht zu Haus oder schläft er schon?

dachte Garbislander, tat einen Schritt und stieß gegen etwas Hartes, so daß ein heftiges Geräusch aufflog, worauf ein Laut antwortete, der aus dem Dunkel kam und der halb Schrei, halb Frage und Drohung war.

Noch in späteren Jahren pflegte Doktor Jordan aus dem Traum zu rufen, wenn die Erinnerung an jene Nacht wieder einmal in seinen Schlaf sich schlich, in der er, erwachend, das Geräusch von Schritten vernehmend, den Atem anhaltend, einen Schuh, der offenbar an einem menschlichen Fuß saß, gegen ein Möbelstück stoßen hörte, lange Zeit nicht Kraft und Mut besaß, die Lampe anzustecken, da er davor sich fürchtete, den Mann, der, um ihn zu ermorden, offenbar fich einge­fchlichen hatte, in voller Beleuchtung vor sich zu sehen.

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Wer... ist's?" fragte er endlich mit zitternder Stimme. ,, Ich bin's..." antwortete Garbislander. Wer ist das?"

Klaus Garbislander..

" Sind Sie toll geworden?" Der Ton, vor einer Sefunde noch zaghaft und zu gesträubtem Kopfhaar passend, das man zwar nicht sehen konnte, hatte sich mit einemmal verändert und schien von aller Furcht verlassen.

Sie müssen entschuldigen, lieber Doktor." Wie find Sie denn überhaupt hereingefommen?" " Durch die Tür, ganz einfach."

Die ich wieder einmal abzuriegeln vergessen habe! Da muß ich demnach Gott danken, daß nur Sie erschienen find und fein Mordbube sich eingeschlichen hat..."

Wollen Sie nicht doch lieber Licht machen? Die Finster­nis ist so ungemütlich In der nächsten Sekunde war das Zimmer von einer fanften Helligkeit durchwärmt. Der Arzt saß, blinzelnd, auf­recht im Bett. Was ist Ihnen denn überhaupt eingefallen, mich mir nichts dir nichts aus dem Schlaf zu reißen? Wissen Sie denn überhaupt, wie spät es ist? Halb drei Uhr!"

"

,, Daraus können Sie ersehen, wie lange ich mach gelegen habe, lieber Doftor! Schlaflos, traumlos."

Weshalb sind Sie denn nicht schon früher zu mir ge kommen? Ich hätte Ihnen ein Schlafmittel gegeben!" ,, Wenn mir aber gar nicht darum zu tun gewesen ist, zu

schlafen?"

" Das verstehe ich nicht."

" Ich bin dagelegen und habe nachgedacht."

( Fortseßung folgt.)