Nr.344 39.Jahrgang Ausgabe A r. 168
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und 2506-2507
Sonntag, den 23. Juli 1922
An die Arbeiter der Welt!
Die Erefufivkomitees des Internationalen Gewerkschaftsbundes friedens mithelfen, um dadurch die zerrüttete Wirtschaft Europas , die ( Amsterdam ), der zweiten Internationale( London ) und die Inter - heute die einen mit der Peitsche der Arbeitslosigkeit schlägt, die annationale Arbeitsgemeinschaft Sozialistischer Parteien( Wien ) sind deren mit Hungersnot und Epidemien bedroht, wieder ins Gleichgezum ersten Male zu gemeinsamer Beratung zusammengetreten. wicht zu bringen. Nach Prüfung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Cage Mit dem Syftem der militärischen Ottupationen muß Europas und ganz besonders Deutschlands erinnern die Eretuliven gebrochen werden. Vor allem find die militärischen und wirtan das am 8. Juli 1922 in Berlin befchloffene Manifest des Inter - fchaftlichen Sanffionen, die vollg gegenstandslos geworden find, unnationalen Gewerkschaftsbundes und weisen die Arbeiter und die verzüglich aufzuheben. Durch die Aufnahme Deutschlands Demokratien der ganzen Welt auf die Gefahren hin, die die Existenz als gleichberechtigtes Mitglied in den Völkerbund gibt es die der deutschen Republit, das wichtigste Element des Friedens und der Garantien, daß es sich den internationalen Rechtsentscheidungen Wiederherstellung Europas , bedrohen. Sie beglüdwünschen unterstellt. die deutschen Arbeiter zu ihren gewaltigen und einmüfigen Kraftanstrengungen, in denen sie sich erhoben haben, um ihre Freihelt zu verteidigen und die Reaffiou niederzuwerfen. Sie hoffen, daß es der deutschen Demofrafie gelingen werde, dem den Frieden der Welt bedrohenden monarchistischen und militaristischen Treiben ein Ende zu bereiten. Gleichzeitig geben sie dem Vertrauen in den Willen des demokratischen Deutschlands Ausdrud, den Wiederaufbau der durch den Krieg zerstörten Gebiete zu sichern.
Unter Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker verurteilen die Erefufiven nachdrücklichst alle kontrollmaßnahmen, die die Souveränität der deutschen Republit bedrohen, sie des Rechts berauben, ihre inneren ökonomischen und fozialen Angelegenheiten in voller Freiheit zu ordnen.
Arbeiter aller Länder!
Der ökonomische Wiederaufbau und der Weltfrieden erheischen, daß Ihr mit all Eurer Kraft
gegen die Reaktion und für die allgemeine Abrüstung fämpft.
Vorwärts- Verlag G.m. b. H., SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Berlag, Haupterpedition u. JuferatenAbteilung: Dönhoff 2506-2507
Deutschland und der Völkerbund .
Bon Wolfgang J. Schwarz. mit wachsender Lebhaftigkeit seit einigen Wochen von der Deutschlands Stellung außerhalb des Völkerbundes wird europäischen Presse besprochen. Beginnt doch in den ersten Septembertagen die dritte Böllerbundtagung; auch sie wird wieder verfassungsgemäß über die Aufnahmegesuche zu entscheiden haben, die von den Staaten mit der Absicht eingebracht werden, Bundesvölker zu werden. Was Deutschland angeht, so hat bereits in Genua , wie der Reichskanzler in seiner Rede zu Rathenaus Gedächtnis erwähnte, Lloyd George sich nach der deutschen Völkerbundpolitik erfundigt; der zu Pfingsten abgehaltene internationale Kongreß der Völkerbundgesellschaften sprach sich einstimmig, also mit den französischen und belgischen Stimmen, für die baldige Aufnahme aus, und vor wenigen Tagen soll die englische Regierung der deutschen ihre volle Unterstügung zugesagt und den Eintritt nahegelegt haben. Unsere bürgerliche Preise äußerte dazu mehr oder minder sentimentale Bedenken; aber wer am Bergangenen haftet, wird mit ihm zugrunde gehen. Wirklich ist nur, was vernünftig ist; versuchen wir darum, es auszusprechen.
Gewiß hat der Völkerbund in der Vergangenheit in mannigfacher Weise unsere Rechtsauffassungen verlegt und die ist jedoch zur Ohnmacht verurteilt. Sein Elend stürzt auch die Arauf ihn bisher gefeßten Hoffnungen seiner Freunde enttäuscht. belfer der anderen Nationen in Bedrängnis und Not. Die VerschlechEupen- Malmedy , das Saargebiet, der erfolglose Sanktionsferung der Löhne der deutschen Arbeiter hat die Verschlechterung der Angesichts feines finanziellen Zusammenbruchs muß Deutschland , protest, Oberschlesien , der mangelhafte Minderheitenschutz, das Eriffenzbedingungen der Arbeiter aller anderen Länder zur Folge. während es feinerseits wirtfame Maßnahmen ergreift zur Einfrei- alles sind schmerzliche Erinnerungen an Ereignisse, die sich Der Ruin Deutschlands bedeutet den wirtschaft- bung der Steuern und zur Verhinderung der die allgemeinen Inter - mehr oder minder gleichfinnig an den Ausschluß Deutschlands ligen Zusammenbruch Europas . Es liegt deshalb im effen schädigenden Kapitalflucht, als unmittelbare Affion das verlangte von der Gründung des Bundes selbst anschloffen. Doch dem Interesse des Wellproletariats, die deutsche Republik zu ermutigen und Moratorium gewährt werden, bis durch eine unparfeilsche Unter- gegenüber gilt es, nüchtern zu prüfen, welche rechtlichen ihr beizustehen. Deutschland tann berechtigte Reparationsverpflich- fuchung feine wirkliche Leistungsfähigkeit festgestellt ist, oder Vorberei- Folgen sich für Deutschland an den Eintritt in der 3 ukunft fungen nur erfüllen, wenn internationale kredite die Ge- fungen getroffen werden für den Abschluß einer internationalen Annejung seiner Wirtschaft ermöglichen. Die Politit der Entente treibt leihe. Deutschland jedoch in den Banteroft und wirft es der Reaffion in die Arme. Die Cast der Reparationen ist zu schwer. Die militärischen Oftupationen erdroffeln Deutschland , ohne Vortell für die Erfüllung der Reparationen. Die Politik der Gewalt macht fich in feiner Welje bezahlt und gibt nur Anlaß zu neuen Kriegen.
Sie begünstigt die deutsche Reaktion, hemmt die Feftigung der Republik , fördert das wirtschaftliche Chaos und freibt die Maffen zu verzweifeltem Handeln.
Die Konferenz richtet an Euch die dringende Aufforderung, für diefe 3deen und ihre Verwirklichung mit allen Mitteln durch Eure Organisationen, Eure Presse, durch Massenaffionen und durch Eure Vertreter in den Parlamenten eine unermüdliche, unausgesetzte Propaganda zu entfalten.
Für die deutsche Republik! Für den Frieden der Welt!
Gemäß den Prinzipien und den Beschlüssen der gewerkschaftlichen und fozialistischen Konferenzen zu Amsterdam und Frankfurt a. M. muß die deutsche Schuldenlaff vermindert werden. Um dies J. H. Thomas.£. Jouhaug. Th. Ceipart. C. Mertens. Das Bureau des Internationalen Gewerkschaftsbundes: zu erreichen, müssen die interalliierten Schulden vetmindert werden. Um dies zu erreichen, müssen die inferalliierten Schulden revidiert werden. Nur auf diesem Wege erscheint die Durchführung einer großen internationalen Anleihe für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas möglich. Um diesen 3wed zu erreichen, wenden sich die drei Erefufiven an die öffentliche Meinung aller Länder und insbesondere Ameritas.
Das Eingreifen der Bereinigten Staaten in den Krieg war von entscheidender Bedeutung. Die Konferenz erwartet deshalb von ihnen, daß sie zur Wiederherstellung des Welt
Berlin, 22. Juli. ( WTB.) Die heute dem Präsidenten der Delegation des Garantiefomitees in Berlin übergebene Antwortnote des Reichstanzlers vom 21. Juli hat folgenden Wortlaut:
Here Präfident!
Edo Fimmen . Jan Oudegeeft. Das Exekutivfomitee der Zweifen Internationale: Tom Shaw. Otto Wels . 3. Wauters. H. de man. P. 3. Troelstra. F. M. Wibaut. W. H. Bliegen. Das Exekutivfomitee der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Sozialiffifcher Parteien:
Jean Conguet. Brade. R. C. Wallhead. A. Crifpien. Grimm. Paul Graber. Carl Cermat. S. Caplanity. Friedrich Adler .
Wirths Antwort an das Garantiekomitee. daß die Entschließung des Obersten Rates der allierten Mächte vom 13. August 1921 jetzt durchgeführt wird. Sie bittet das Garanfiefomitee in geeigneter Weise darauf hinzuwirken. Genehmigen Sie, Herr Präsident, die Versicherung meiner aus gezeichneten Hochachtung gez. Dr. Wirth. An den Herrn Präsidenten des Garantiefomitees, Paris . In Erwiderung des Schreibens des Garantiefomitees vom Die englische Presse gegen Poincarés Vorgehen. 18. d. m., durch welches mir das Ergebnis der Beratungen des London , 22. Juli. ( EP.) Der„ Daily Telegraph " sieht in den Garantiefomitees mit den deutschen Vertretern über die von der Instruktionen Poincarés an Dubois einen Druck der Reparationskommiffion gewünschte Nachprüfung der Einnahmen, französischer Regierung auf die Beratungen der Reparations der Ausgaben und der schwebenden Schuld sowie über die Maß- kommission, die im Widerspruche zu den früheren Erklärun nahmen gegen die kapitalflucht und wegen der statistischen Erhebungen Poincarés hinsichtlich der Unzulänglichkeit und gen mitgeteilt worden ist, beehre ich mich folgendes mitzuteilen:
fnüpfen.
Mit Erwerb der Mitgliedschaft erhält Deutschland Siz gelegenheiten, die es selbst besonders angehen( Art. IV 6). Damit wirkt es sofort an der Aufsicht über die Saarge und Stimme im Bölferbundrat bei der Beratung all der Anbietsverwaltung mit. Gewiß beschließt der Rat hierbei mit Stimmenmehrheit, aber an Stelle der vergeblichen Notenund Aktensenderei mit ihrer trockenen geschäftsmäßig- fühlen Erledigung unter französischem Einfluß würde die Reichsregierung in lebendig- mündlicher Darlegung unserer Auffaffung nachwirkende Geltung verschaffen, insbesondere bei der Postenbesetzung der Saarregierung ein gewichtiges Wort mitzusprechen haben. Ohne jede formelle Friedensvertragsrevision ließe sich die bisherige Personalpolitik gründlichst reformieren.
Aehnlich wie für die Westmart gewännen wir im Osten eine neue wertvolle Position für unseren Rechtskampf. Ist doch gemäß den im Juli 1919 zwischen den alliierten Hauptmächten und den neuen Staaten geschlossenen Verträgen der Minderheitenschutz dem Bölkerbunde unterstellt; der ben, aber für die polnische Eitelkeit doch recht empfindlichen hat bisher in einer unserem Empfinden zwar nicht entsprechenWeise bereits mehrfach eingegriffen. In Zukunft aber wird Deutschland sich den abgetrennten Volksgenossen das wertvolle Recht gewinnen, die Klagen und Beschwerden dem Rate als Angelegenheiten im Bölterbunde zu unterbreiten, die den Weltfrieden gefährden. Sobald Deutschland sein neues Recht gebraucht, wird es den gegenwärtigen Rechtszustand, der das nur den Alliierten erlaubt, aus eigener Kraft weiterentwideln.
Zur nachdrücklichen Unterstützung wahrer völferversöhnender Politik aber erhält das Bundesvolk Deutschland weiter die bisher nur im Weltarbeitsamt verwirklichte Möglichkeit, deutsche Reichsangehörige in das Genfer Bölterbundamt zu. entsenden. Das kann nur unterschätzen, wer den zähen Kampf nicht fennt, der dort um jeden einzelnen Ausblick zu tun, für die Zukunft die Aussicht, den WeltPosten geführt wird. Zugleich eröffnet sich, um einen weiteren systems und der deutschen Kultur ständig zu erweitern. Da gerichtshof durch einen Vertreter des deutschen Rechtsfich in Deutschland die Wirkungen der bisherigen Politik des Bölkerbundes nur langsam überwinden lassen werden, würde Souveränität der Reparationsfommission stehen. Es sei fich fo unser Volt auf das innerlichste mit dem Haager WeltTroh der schweren Belastung, welche die vorgesehenen nicht einzusehen, wohin Poincaré steuern wolle, es sei aber schon friedenswerk verknüpfen. Maßnahmen für Deutschland bedeuten, will die deutsche Regierung jetzt vorauszusehen, daß Dubois nicht die Unterstützung aller seiner es auf sich nehmen, sie für die Dauer des Moratoriums Kollegen in der Reparationskommission haben werde; er fönnte auszuführen. Wenn fie fich hierzu nach eingehender Ueberlegung fich vielleicht sehr wohl in der Minderheit befinden. In diesem entschlossen hat, so war für sie die Erwägung bestimmend, daß Falle hätte Frankreich kein Recht, den berühmten§ 18 an durch die im Memorandum vorgesehenen Maßnahmen die in dem zurufen, um Sanftionen zu ergreifen. Auf alle Fälle sei der Notenwechsel vom 21. März bis 14. Juli behandelten Fragen ihre Initiative Poincarés sehr große Wichtigkeit beizulegen. Die eng abschließende Regelung finden, und daß damit gleichzeitig für die lische Regierung sollte darum in ihrer Gleichgewichtspolitik für Reparationsfommiffion die Grundlage einer Entschließung ge- die Herabfezung der Kriegsschulden und der Reparationsschulden schaffen wird, welche der gefährlichen wirtschaftlichen vorsichtig vorgehen. und finanziellen Lage Deutschlands , wie sie in der Note
mählich durchzusetzenden Möglichkeiten können wir vielleicht Neben den aufgezählten vier in ständigem Ringen all noch sofort im September eine fünfte verwirklichen. Mit dem Eintritt in den Bund erhalten wir das aktive und passive Wahlrecht zum Bölterbundrat. Je bedenklicher es erscheint, aus einer so begreiflichen wie verwerflichen Prestigepolitik heraus den wohl nur mit einer verfassungsändernden Einstimmigkeit(!) im Bölkerbundrat zu erreichenden ständigen Sig im Rate zu beanspruchen, um so mehr Die Westminster Gazette" erklärt, die wahrscheinlichste Aus- Gewicht wird Deutschland in die völkerbundpolitische Wag vom 12. Juli dargelegt ist, Rechnung trägt. Die deutsche Regierung legung, die man dem Schritte Poincarés geben fönnte, sei die, schale legen, wenn es zurückhaltend- anregend einen 3 un ä ch st geht davon aus, daß die im Memorandum erwähnten Maßnahmen daß Frankreich die Führung in den Rearationsverhandlungen be- ein Jahr dauernden Sitz durch die Wahl des Völkerüber die Nachprüfungen in Uebereinstimmung mit den Grundfäßen halten wird, solange die Frage mit England nicht gründlich be- bundtages erstrebt. Jenes zu fordern, hieße dem französischen zur Ausführung gelangen werden, welche bei der Abfaffung der sprochen sei. Man könne aber fagen, daß die Vorschläge nicht zu Nationalismus in die Hände arbeiten, dieses tun, heißt ihm Bestimmungen leitend waren, nämlich Wahrung der Souve- der Lösung der gegenwärtigen Krise beitragen werden. Ein unfer gutes Recht aus den Händen winden. ränität des Reichs, Aufrechterhaltung des ungestörten Ganges Moratorium von einigen Wochen werde die Marktrise nicht beder Berwaltung und Schutz des Steuer- und Geschäftsgeheimniffes. fchwören fönnen. Die Proklamierung des abfichtlichen BerschulWas die Bekämpfung der Kapitalflucht anlangt, jo sieht die dens Deutschlands und die Ergreifung von neuen Garantien würde beutfche Regierung fich gezwungen, die Notwendigkeit zu befonen, außerdem den Markturs nur weiter erschüttern