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1. Beilage zumVorwärts " Berliner Volksblatt. Ur. 10.___ Sonnabend, de » 13. Jannar 1895. 13. Jahrg. Paiimneutöücvidjte. Deutscher Reichstag . 12. Sitzung vom II. Januar 1893. 1 Uhr. Am Bundesrathstische: v. Brons art, v. Köller Schön- stedt, v. Bötticher, v. Marschall. Der Abg. A h l iv a r d t ist in das Haus eingetreten. Die erste Berathung des Gesetzentwurfs betreffend A e n d e- rung und Ergänzung des Strafgesetzbuches, des Militär-Strafgesetzbuches und des Gesetzes über die P r e s s e wird forlgesetzt. Abg. Wolszlegier- Gilgenburg(Pole ): Mit der Parole, die Religion zu schützen, können wir vollständig einverstanden fein. Ich will den Sozialdemokraten nicht die Schuld an allen scheußlichen Attentaten zuschieben, aber das eine muß zugestanden werden, daß sie alle religiöse Ueberzeugung längst von sich abgeworfen haben. Ein religiöser Mensch weiß immer die richtigen Wege zu finden, auch auf politischem Ge- biete, ein religiöses Volk weiß die Obrigkeit zu achten, die von Gott gesetzt ist. Das polnische Volk ist ein religiöses und die ganze Geschichte des Polenthums weist keine Attentate auf den Kön ig auf. Wir Polen wollen auch an der Ver- theidigung der höchsten Güter theilnehmen und die Arbeiter vor den Umsturzideen bewahren, die in der polnischen Bevölkerung noch keinen Boden gefunden haben. Es ist besser, wenn wir den Feind gar nicht in unser Land hineinkommen lassen. Die einzige polnische sozialdemokratische Zeitung, dieGazetta Robot nicza" erscheint nicht in Posen oder Westpreußen , sondern in Berlin . Alle Versuche sozialdemokratischer Wanderlehrer in de» polnischen Landestheilen sind mißglückt. Die Fernhallung der Sozialdemokratie hängt aber noch von anderen Faktoren ab, namentlich müssen alle Dinge ferngehalten werden, welche Unzusriedenheil erregen; beim Un­zufriedenheit ist die Wurzel der Sozialdemokratie. Wenn man die Polen im Kampfe für die Religion als Bundesgenossen haben will, dann muß man sie als Bundesgenossen behandeln und alle Schwierigkeiten aus dem Wege räumen, die die Pflege der Religion bei ihnen hindern; ein Volksstamm muß ver- kümmern, der nicht mehr seine Muttersprache verwenden kann. (Zustimmung bei den Polen .) Die Regierung will einen gesunden Bauernstand bewabren; das bezieht sich hoffent- lich nicht blos auf den deutschen Bauernstand. Die Ansiedelungs- kommission schafft aber durch ihren Hundertmillionen-Fonds nur einen kleinen deutschen Bauernstand, die polnischen Bauern werden von den Wohlthaten ausgeschlossen. Die polnischen Landarbeiter können sich nicht seßhaft machen, sie müssen aus- wandern oder in die Fabrikstädle gehen, wo sie die Reihen der Sozialdemokratie verstärken. Die Vorlage will auch das Militär-Strafgesetzbuch ändern; wenn man die Uinsturzbestrebungen vom Militär fern halten will, dann muß man dafür sorgen, daß die Soldaten ihre Religionsbedürfnisse befriedigen können. Es geschieht dafür sehr viel; aber es ist nicht richtig, daß die polnischen Rekruten nicht in der Provinz dienen, ja nicht einmal in katholischen Gegenden, sondern gerade in protestantischen. Die Vorlage enthält vieles Bedenk- liche, ich will nicht auf alle Einzelheiten eingehen. Redner verweist auf verschiedene Flugblätter, die sich gegen die Polen und Ultramontanen richten und in denen die Jesuiten , also eine Einrichtung der katholischen Kirche , geschmäht werden; diese Flugbätter seien nicht von den Umsturzparteien aus- gegangen. Redner wendet sich dann gegen die Behauptungen M u n ck e l' s, daß die katholische Kirche die evangelische Ehe nickt anerkenne. Das sei rollständig unrichtig. Ausnahmegesetze können die Polen , welche selbst die Wirkung derselben an ihrem Leibe gespürt haben, nicht billigen. Auf die einzelnen Be- pimmungen der Vorlage wollen wir in der Kommission eingehen. (Zustimmung bei den Polen .) Preußischer Minister des Innern v. Källcr: Nur die Ver» tretet der Reichsparlei, der konservativen und nationalliberale» Partei haben bisher ihre volle Zustimmung zu der Vorlage in Aussicht gestellt, weil sie Gründe genug für ein Einschreiten gegen die Zustände sehen, die sich in den letzten Jahre» ent- wickelt haben. Auch den Vertretern des Zentrums und der Polen kann die Regierung im allgemeinen Dank für ihre Ausführungen sagen. Alle anderen Redner haben sich vollkommen ablehnend gegen die Vorlage ver- hallen; theils sagten sie, es sieht gar nicht so schlimm aus, wie die Regierung es schildert, es ist also kein Grund für eine solche Vorlage, theils sagten sie, selbst wenn solche Ucbelstände vorhanden wären, wären diese Vorschläge der Regierung nicht geeignet, Wandel zu schaffen. Die Frage, ob Ausnahme- gesetz oder gemeines Recht, ist auch bei zeder Verlängerung des früheren Sozialistengesetzes eingehend erörtert worden. Die linke Seite wollte damals, wenn etwas geschehen sollte, es nur im Rahmen des gemeinen Rechts, aber nicht eines Ans- uahinegesetzes zulassen. Seit dem Fall des Sozialistengesetzes ist die Regierung unablässig bemüht gewesen, diejenigen Entwürfe durchzuarbeiten, welche diese Frage im Wege des gemeinen Rechts erledigen lasien. Der Abg. Windthorst sagte 1834: Wir müssen durchaus aus dem Ausnahmegesetz wieder heraustreten und zum gemeinen Recht zurückkehren, und wenn dieses in seiner jetzigen Fassung nicht genügt, dann müssen wir es ergänzen. Und daraus hin wurde die Resolution Windthorst im Hause angenommen. Jetzt macht die Regierung den Versuch, aus dem Ausnahmegesetz herauszutreten und die Frage, deren Lösung dringend wünschenswerlh ist. durch das gemeine Recht zu lösen. Was Herr Barth in be- zug auf Herrn Hänel sagte, stimmt nicht ganz genau. Herr tänel äußerte: Wenn mir nachgewiesen wird, daß in bezug aus erhütung. Entdeckung und Bestrafung solcher Verbrechen unser gemeines Recht Lücken enthält, so sind wir alle ohne Umstände verpflichtet, diese Lücken auszufüllen. Wenn wir uns über die Frage, ob Ausnahmegesetz oder gemeines Recht, in doktrinärer, theoretischer Breite Jahr für Jahr von neuem streiten, so wird es etwas spät werden, bis wir uns über die Frage geeinigt haben, und eS könnte uns so gehen, wie einem Wanderer, der so lange im Zweifel ist, ob er links oder rechts um die Stadl herum- gehe» soll, um zum Bahnhof zu kommen, bis der Zug abgefahren ist. Die Regierung hat nun einmal die Ueberzeugung, daß Wandel geschaffen werden muß, daß man sich nicht mit doktrinären Streitigkeiten aufhalten darf. Der Abg. Colbus meinte gestern, Helsen kann nur die Religion gegenüber dem Umsturz. Ich stimme mit ihm überein. Aber damit allein ist eS nicht gethan. Wenn Herr Colbus nebenbei die Verhältnisse Elsaß -Lothringens berührte, so will ich auf zwei Punkte antworten. Er meinte, an der Straßburger Universität sei keine Spur von Religion und Gottseligkeit.(Heiterkeit.) Ich kenne die Verhältnisse der Universität und weiß, daß es viele Männer dort aiebt, welche positiven Christenglauben haben. Ferner be- hauptete Herr Colbus. das Volk werde immer erbitterter durch die Diktatur-Paragraphen.(Sehr richtig! bei den Elsaß-Lothringern) Sie kennen die Verhältmffe nicht. Der Diktaturparagraph ist nur einmal in sieben Jahren angewendet und hat keine Verbitterung hervorgerufen; denn er wurde an- gewendet zur Unterdrückung eines sozialistischen Blattes, wofür die Bevölkerung der Regierung ihren wärmsten Dank bezeugt hat(Gelächter bei den Sozialdemokraten und Elsaß- Lothringern), die Verhältnisse sind sehr viel ruhiger geworden. die Bevölkerung ist ausgesöhnt mit der Regierung und nur kleine Kreise schüren Haß, Verbitterung und Aufregung. Die Abgeord- neten Munckel und Barth sehen keine Gefahr; Herr Barth hielt die bürgerliche Gesellschaft für stark genug, um allen Angriffen der Sozialdemokratie ruhig entgegensehen zu können. Einen ähnlichen Standpunkt hat Herr Alexander Meyer in einer Volksversammlung eingenommen, aber er hat hinzugesetzt, wenn wieder Verbrechen vorkommen sollten, dann müsse der Staat zeigen, daß er keinen Spaß versteht. Aber warum so lange warten, bis etwas geschieht, bis unschuldiges Blut vergossen wird; müssen wir nicht lieber versuchen, solchem Unglück vor- zubeugen? Man macht den Vorwurf, daß die Regierung die Sache zu ernst ansieht. Ich möchte Ihnen gerne recht geben; aber ich werde Ihnen beweisen, daß wir nicht zu schwarz sehen, daß Verhältnisse obwalten, welche die Sache nicht leicht nehmen lassen. Es ist ein Fehler des deutschen Charakters, in gewisser Beziehung Vogel Strauß - Politik zu treiben. Aber vorsichtiger ist es, vorzuthun und nachzubedenken, als umgekehrt. Sie werden von der Regierung Material verlangen, warum sie die Sache so trübe ansieht. Ich werde das Material geben. Ein Redner hat gesagt, das Gesetz trifft seine Partei nicht, weil sie den Umsturz nicht betreibt. Der Staatssekretär Nieberding hat gesagt, das Gesetz sei nicht gegen die Sozialdemokratie gerichtet. Man hat ihm das als Mangel an Kourage ausgelegt. Das Gesetz richtet sich eben gegen alle Umsturzbestrebungen, namentlich auch gegen die Anarchisten. Herr Auer bezeichnet die Anarchisten als Narren. Darauf kommt es nicht an. Wenn eine Umsturzrede ge- halten wird, dann kommt es nicht darauf an, ob ein Sozialdemokrat oder ein Anarchist die Rede hält. Erfreu- lich wird es sein, wenn die Parteien dieses Hauses an derartigen Dingen nicht betheiligt sind. Für die Thaten der.Freiheit" u. s. w. wollen wir die Sozialdemokratie nicht verantwortlich machen. Herr Auer meinte, Die Freiheit" sei durch Polizeigelder unterstützt und eingeführt worden. Mir ist davon nichts bekannt; ich kann den Be- weis führen, daß das«ine arge Verleumdung derjenigen ist, welche über die Mittel des Staates zu verfügen haben. Den Sozialist" wollten die Sozialdemokraten auch von sich ab- schütteln. DerSozialist" ist durch richterliches Urtheil kon- fiszirt worden, nicht durch Polizeimaßregeln. Ob es geglückt ist, in den Augen des Landes alle diese Erzeugnisse der Un- abhängigen und Anarchisten von den Sozialdemokraten ab­zuwälzen, will mir zweifelhaft erscheinen. Es ist ein starkes Verlangen, daß wir glauben sollen, daß sie mit diesen Sachen nichs zu thun haben. Vor zwei Jahren sagte Liebknecht, daß er keine Aeußerung über die Nihilisten zurückzunehmen habe; er sprach seine Ueberzeugung aus, daß die Nihilisten aus sittlichen Gründen handeln.(Hört! rechts.) 1884 gab Liebknecht hier zu, baß er in London die soziale Revolution habe leben lassen, daß die Sozialdemokratie international sei.(Hört! Zuruf Liebknecht's : Alles wahr!) Er führte aus, daß die deutschen Vendüme-Säulen auch niedergelegt werden würden. Auf einen Zuruf: Alles friedlich?, bemerkte er: Je nackdem.(Heiterkeit rechts.) Ist es seitdem anders ge- worden? Man wird Ihnen nicht glauben, sondern höchstens sagen: Sie sind viel vorsichtiger geworden. Es kommt gar nicht darauf an, wer etwas schreibt, sondern daß es geschrieben wird zur Aufhetzung. Daß diese Aufhetzungen an jedem Tage begangen werden, will ich Ihnen nachweisen. Wir wollen nicht eine Strafbestimmung mehr haben, sondern wir haben das Gefühl, daß durch die'Glorifikation von Verbrechen so viel Unheil geschieht, daß der Gesetzgeber dagegen vorgehen muß. Der Diebstahl wird glorifizirt. In einer Versammlung in Halle machte ein Maler Robert Brandt die Aeußerung, daß derjenige, der Hunger bat, nicht zu verdammen sei, selbst wenn er mit der heuligen Gesellschaft in Konflikt kommt. Die Staats- anwaltfchast hat kein Glück gehabt; das Verfahren gegen den Mann wurde nicht eingeleitet. Auf dem Parteitage ist erklärt worden, daß die für ehrlos erklärten Parteigenossen deswegen noch nicht von der Partei ausgeschlossen werden könnten. Das war die Glorifikation des Diebstahls.(Lachen bei den Sozial- deniokraten.) Es wird auch die Revolution ziemlich unverblümt verherrlicht. Ter Herr Brandt in Halle erklärte auch, daß er diejenigen, welche sich empören, welche sich an der heutigen Gesellschaft rächen, nicht als gemeine Verbrecher veruriheilen könne. 1884 schrieb derSozialdemokrat", damals offizielles Parteiorgan; wir sind Feinde Eures Eigenthums, Eurer Ehe und Eurer ganzen Ordnung, wir sind die Revolutionäre und Kommunisten, wir werden der Gewalt mit der Gewalt be- gegnen. Man sagt vielleicht, das find alte Geschichten; aber sie sind leider immer wieder neu. Ein Blatt aus der Schweiz , Die nette Heit", sagte in der ersten Nummer dieses Jahres ungefähr dasselbe. Herr Wolszlegier hatte Recht, die Unzufriedenheit ist die erste Wurzel der Sozial- demokratie. Ich würde gern allen Hader und Streik begraben, damit man friedlich zusammenwirken könne. Es ist richtig, daß in Posen die Agitatoren der Sozialdemokratie meist deutsche Einwanderer sind. Aber sie haben eine Partei gegründet und am ersten und zweiten Weihnachtsfeierlag während der Kirchstunden einen Parteitag abgehalten. Es werden in Presse und Bersammlungen weiter glorifizirt der Meineid, der als nicht unehrenhaft bezeichnet wird. DerVolksbote" in Stettin erklärt, daß die Sozialdemokraten sich nicht durch den Zwirnsfaden eines Treueides von dem Eintritt in das Parlament abhalten lassen. In der Aeußerung des Abg. Bebel, daß sie auch int Reichstage einen Treueid schwören würden, wenn er ein- geführt würde, lag sehr viel. 1831 sagte Bebel, daß man dem Volke nicht einreden werde, daß es ein schwereres Verbrechen sei, wenn ein Fürst gemordet würde, als wenn ein gewöhnlicher Mensch gemordet wird. Der Jahreskalender führt die Gedenktage von 23 Mordthaten an! In einer Versammlung in Frankfurt a. M. ist die Aeußerung gefallen, wenn man den Staat schädigen könne, dann solle man es thun.(Heiterkeit.) Der Staatsanwalt hat das Einschreiten abgelehnt, weil nach dem jetzigen Straf- gesetzbuch nichts zu erreichen sei. Ist da nicht eine Lücke vor- handen? Halten Sie es für richtig, daß so etwas in öffent- lichen Versammlungen ungestraft gesagt werden kann? Am 12. November 1893 sagte ein Redner: Diese Gesellschaft schafft sich Genußmittel durch Betrug und Ausbeutung; der Zeit- punkt ist für die Arbeiter gekommen, Rache zu nehmen. Das Strafverfahren wurde vom Gerichte nicht eingeleitet. In einer anderen Versammlung wurde gesagt:Wir müssen Ge- walk gegen Gewalt setzen, die herrschenden Klaffen geben sonst nichts heraus. Lieber auf den Barrikaden sterben, wir haben nur unsere Ketten zu verlieren." Auch das ist nicht be- straft worden. In derFreiheit" vom November 1894 heißt es: Hängt alle Politiker auf, laßt das Protzenthum über die Klinge springen; nur dann wird jede Streitfrage gelöst sein. Wollt Ihr das nicht, so hole Euch der Teufel, entweder oder.(Wider- spruch bei den Sozialdemokraten.) Ich schiebe Ihnen das nicht in die Schuhe; aber es ist gedruckt und das ist empörend, daß man die Verbreitung solcher Dinge nicht hindern kann. Die Freiheit" hat Schule gemacht. DerProletarier" in Langen - dielau, Herausgeber August Kt..,n, wie ich glaube, ein Reichstags- Abgeordneter. schreibt am ö. Januar:Die gepriesene Ordnung ist die grenzenloseste. grausamste Unordnung, tugendhafte Sitte ist die abscheulichste Un- kultur; es wird prophezeit,.daß die Sozialdemokratie auf den Trümmern der alten Staatsordnung eine neue errichten werde". Dieses Blatt hat auch einen Kalender, ich weiß nicht, weshalb man den Stempel aus Kalender eigentlich aufgehoben hat. Dieser Kalender enthält ein aufreizendes Lied, welches im Volke ver- breitet wird. Das jetzige Strafrecht reicht nicht aus, die Gerichts» behörden haben die Verfolgung abgelehnt. In einer Altonaer Versainmlung hat ein Redner geäußert:Gebt mir einen Re- volver; wenn es los geht, schieße ich; oder wenn mich das Loos treffen sollte, nehme ich auch eine Bombe." Die Straf- veriolgnng ist abgelehnt. Ich verstehe nicht, was es bedeutet: Wenn mich das Loos trifft", vielleicht kann der nach mir sprechende Abg. Frohme darüber Auskunft geben. Das kann ich nicht blos als überschäumende Redensart auf- fassen. Die Sozialdemokraten wollen jetzt allerdings den Um- stürz nicht. Aber haben sie ihre Gefolgschaft so in der Hand, daß nicht doch ein gewaltsamer Umsturz versucht wird, als dessen erstes Opfer vielleicht die jetzigen Führer fallen? Die Roth- wendigkeit, solche Glorifikationen von Verbrechen zu bestrafen. hat auch Hänel schon 1834 anerkannt. Herr Gröber meinte, es sei schwer, die BegriffeEhe",Religion" u. s. w. festzustellen. Dabei wird übersehen, daß es heißt: Wer in einer den ösfent- lichen Frieden gefährdenden Weise die bezeichneten Institutionen angreift. Kein preußischer Richter würde auf die Idee kommen, Schiller's Tell k. gerichtlich zu verfolgen. Es be- stehen allerdings schon verschiedene Strasbestimmungen zum Schutz der bezeichnetenJnstitute. Aber die Zeiten haben sich geändert; nicht wir. die wir die Vorlage machen, sind die Angreiser, sondern die- jenigcn, welche solche Artikel schreiben und in den Versamm- hinge» spreche», greifen die Monarchie als Staatsform an; wir müssen Schutz gegen solche Angriffe suchen, die früher nicht be» kannt waren. DieFreiheit" vom 13. Dezember 1394 behauptet. daß die Monarchie eine Einrichtung sei, die man in gan� Europa nicht einen einzigen Tag länger dulden würde, weivn man sie ohne Aiistreiigung los werben könnte. Jedem kommt die Gottesgnädlerei lächerlich vor u. s. w. Den Schlufisatz kann ich leider nicht verlesen, das verbietet mir der Anstand und die Rücksicht auf das Haus. In Frankfurt a. M. hat ein Herr Hiltl die kaiserlichen Erlasse vom ebruar 1390 als Wippchen und Wahlmanöver bezeichnet. n einer andere» Versammlung wurde Ehe, Familie, EigentHum und Sieligion als vorsintfluthlicher Unflath bezeichnet, man spricht von dem Patriotismus als von dem dritten Zinken der Mist» gabel der Unkultur. Ein Leierkastenmann wurde gezwungen, von seinem Leierkasten die LiederDie Wacht am Rhein " undIch bin ein Preuße" zu entfernen, oder aus dem sozialdemokratischen Verein auszutreten. Aus einem neuen Protokollbuch wurde in Sagau- Sprottau durch ausdrücklichen Beschluß das erste Blatt, auf ivelchem steht:Mit Gott !" entfernt. Ein Bankier 'Adolf Bormann hat 1392 in einer Versammlung gesagt: Schmeißt alle Religion zum Teusel. Der Glaube an ein höheres Wesen ist erfunden. Das Einschreiten aus grund des§ 166 Str.-G.-B. wurde abgelehnt. Auch das unschuldige Kindergernüth wird schon in der frühesten Jugend vergiftet, oder wie Sie(die Sozialdemo. kraten) sagen werden, ans ihren späteren Beruf vorbereitet(Zu- rufe: Aufklären!) Auf dem Deckel eines Buches ist eine weib- liche Person zu sehen mit der AusschriftWahrheit"; in der Hand hält sie eine Brandfackel; daruntersteht: Lasset die Kindlein zu mir kommen.(Rufe rechts: Pfui!) Ist da die Regierung nicht berechtigt zu sagen: die Regierung muß die Mittel schaffen. um dagegen einschreiten zu können? DerSozialist", der. wie ich zu meiner Freude heute imVorwärts" gesehen habe, unterdrückt ist, sprach davon, daß Christus ein Selbstmörder gewesen sei, wenn er wirklich ein Gott war und dennoch den Juden gestattete ihn zu tödlenl Ich wende mick) an das ganze deutsche Volk, an das ganze Land. sollen wir in dieser Weise unsere heiligsten Güter, die Religion. beschimpfen und bewerfen lassen? Ich glaube, nein.(Beifall rechts.) Herr Gröber und ich glaube seinen Worten hat namens seiner Partei gesagt: Wir wollen die Religion, Sitte und Ordnung auch bei dieser Vorlage schützen. Ich wende mich deshalb besonders an das Zentrum. So liegen die Sachen. Lassen wir alle Zwietracht sein. Wir alle glauben an«inen Gott und haben uns davor zu schützen, diese Infamie»» anzuhören. Herr Munckel hält die Sache nicht für so schlimm. Diese Herren da drüben werden Gott sei Dank diese Schundblatt-Literatur nicht so oft zu Gesicht bekommen, wie ich sie dienstlich leider lesen nmß. Solche Dinge passiven tagtäglich und es geht doch zu weit, wenn solche Sachen selbst an Frauen und Kinder verbreitet werden.(Zustimmung rechts.) Auch die Frauen fangen mit den sozialistischen Ideen an. Eine an das Haus gelangte Petition verlangt das gesetz- liche Recht für die Frauen, Versammlungen beizuwohnen und politischen Vereinen anzugehören; die Frau will in die politische Arena eintrete». Ich hoffe, die Gesetzgebung wird andere Wege gehen. Wenn Sie sagen, die Sozialdemokraten sind harmlos, so sind wir doch in 12 Siegierungsbezirken auch schon»nit zahl­reichen völlig aus dem Boden des anarchistischen Programm? stehenden Leuten beglückt. Die Gefahren sind also nicht zu unterschätze». Herr Auer»neinte, wir marschiren nicht mehr mit dem Muthe der Kaltblütigkeit, sondern mit dem Hasenpanier. Ich sehe den Gefahren der Sozialdemokratie mit kältestem Blut entgegen und ich glaube, auch die ganzen verbündeten Regierungen. Aber Kaltblütigkeit ist etwas ganz anderes, als Skandale im Lande ruhig zuzulaffen. (Zustimmung rechts.) Herr Gröber erklärte sich bereit, den revolutionären Ausschreitungen in Versammlungen, Vereinen und Presse entgegenzutreten. Wenn das Zentrum an dem Ein- treten für Religion, Sitte und Ordnung festhalten will, werdenwirunsmitihm über dieVorlagever- ständigen können. Noch ist es Zeit, aber Gott weiß, wie lange. Die staatserhaltcnden Parteien müssen sich zusaminenthun, um unsere heiligsten Güter vor Angriffen zu schützen. Dazu fordere ich sämmtliche staatserhaltende Parteien vor dem Reichstage und dem ganzen Lande auf.(Beifall rechts.) Abg. Liebermann von Sonnenberg (Antisemit): Meine Partei steht aus dem Boden des Vaterlandes und der Monarchie und muß deshalb die Regierung unterstützen in der Vertheidiqung der herrlichste» Güter der Nation; aber wir müssen auch prüfen, ob die gemachten Vorschläge wirksam sind. Wir halten auch eine Nesorm unseres Strafgesetzbuches für nothweudig und stimmen darin überein mit derVossische» Zeitung", welche die Wirkung des Strafgesetzes als antisozial bezeichnet hat. Es ist wohl erlaubt, daraus hinzuweisen, daß das Strafgesetzbuch seine Entstehung hauptsächlich dem Einflüsse Lasker's verdankt, also von semitischem Geiste durchtränkt ist. Die Vorlage verdient nicht den Namen einer Umsturzvorlage. Wenn in einem Boot. in ivelchem sich mehrere Personen befinden, einer den Wahnwitz unternimmt, das Boot anzubohren, dann fesselt man doch nicht allen die Hände, sondern man setzt den einen Attentäter aus dem Boot und läßt ihn auf einer Wüste allein. (Heiterkeit.) Die Sozialdemokraten sind jetzt durchaus nicht einig; Herr Auer hat in seiner langen Rede, einer fleißigen Ferienarbeit der ganzen Fraktion, sich auf mein Zeugniß für die Ungesährlichkeit der Sozialdemokratie berufen. Daß ich die Herren Revolutionäre in Schlafrock und Pan- toffeln genannt habe, dafür ist der belle Zeuge Herr Bebel, der von dem Eindringen kleinbürgerlicher Ideen in die Partei ge- sprechen hat. Die Revolutionäre in Schlafrock und Pantoffeln