Nr. 400> 30. Jahrgang
Seilage öes vorwärts
5rektag. 25. August 1022
Iisthzug in Stralau. Ein alter Brauch, den man erneuern möchte.
Das Volk war noch immer bereit, die Feste zu feiern, wie sie fallen. Es liebt feine eigenen Feste, und möge ihr Ursprung noch fo legendär sein. Wo es lustig zugeht, dort drängen sich die Massen und wollen fröhlich sein. So ist es auch mit dem alten Berliner Volksfest gegangen, das am St. Bartholomäustage, am 2 4. August eines jeden Jahres, in Stralau aus Anlaß des Stra- lauer Fifchzugcs gefeiert wurde. Es schien, als ob dieser Fischzug, der an diesem Tage nicht nur in der Spree , sondern auch vor allem auf die Taschen der Festbefucher unternommen wurde, der Vergessenheit anheimfallen sollten, aber gestern sollte das alte Volksfest seine Auferstehung seiern. Aber die Zeit ist nicht recht geeignet, solchen Bräuchen ein freudiges Wiedererstehen zu bereiten. Die Vorbereitungen. g Uhr vormittags. Ruhig wie immer liegt das ehemalige, ganz von Industrie und lärmender Großstadt eingeschlossene Fischerdorf Stralau da. Vom„Fischerdorf" ist heute wenig zu spüren, denn in Stralau gibt es fast gar keine Fischer mehr, und was feit langer Zeit wieder einmal den Fischzug leben läßt, sind Leute aus K ö p e- nick. Der Friedhof, der sonst als Zugangsweg zur Spree benutzt wurde, hält heute seine Pforten geschlossen, damit durch Schaulustige, wenn sie durch die Gräbcrreihcn an die Spree eilen, kein Schaden angerichtet werden kann. Schulkinder mit ihren Lehrern erscheinen, um den„historischen" Zug, der nach einer Pause von 10 Iahren wieder einmal veranstaltet wird, mit alten Auszeichnungen zu ver- gleichen. Von den Alten, die in früheren Jahrzehnten den Fischzug mitgemacht haben, müssen sich die Jungen belehren lassen, daß das früher doch ein bißchen anders war. Und sie scheinen recht zu haben. Es fehlt alles, was ein Volksfest ausmacht. Die ernste Zeit geht durch die Reihen. Alles ist mit Bitternis gemischt. Restaurant A l t- S t r a l a u. Kurz vor 10 Uhr fahren die e i n- zigen beiden Kähne, die das historische Fischerwerk zu leisten haben, aus und werfen ihre Netze. Einige Privatboote haben Blu- menschmuck angelegt und lassen sich von den Wellen treiben. Film- leute sind erschienen, denn den historischen Zug soll der Kinobesucher zu sehen bekommen. <kin flal, ein Hecht und kleinfijche. Jetzt pilgert man zum Restaurant Schwanenberg. Der Garten füllt sich bald, und der Stralauer Fischzug wird der Gegen- stand aller Berliner Scherze.„Ob die überhaupt etwas sangen?" fragt da jemand schüchtern, worauf der Frager gleich die Antwort erhält:.„In der Nacht ham die Fischer de janze Spree mit Fischen gefüllt, um heute wat zu fangen." Gelächter überall. Dann wer- den die Zuschauer wieder aufmerksam; die Netze zieht man jetzt an den Strand der L i e b e s i n f e l. Kräftige Hände sind am Werke. Man zieht, man zieht und zieht nochmals. Das Netz wird sichtbar, die Fische bleiben unsichtbar. Nur nicht zu früh spotten. Ein A a l und einige Plötzen waren so dumm und gingen doch ins Netz. Noch- mals wirft man aus und ergattert dabei einen Hecht und wieder Plötzen. Arme Fischersleute, wenn sie von dieser knappen Beute leben sollten, die ihnen die hier von Fabrikabwässern durchseuchte Spree noch übrig ließ. Der Filmmann hat das Operationsgebiet verlassen. Was soll er auch hier„kurbeln"? Die 40 Pfund Plötzen, einen Aal und einen Hecht? Oder wie jemand im„Schwanenberg" einen Korbstuhl für füns Mank gewinnt? Vielleicht ist dem alten Fischzug im nächsten Jahr ein besserer Ersolg beschiedcn. Die Zeit geht hart nach Brot' und allensalls nach Fischen, wenn sie billig sind. Aber die kann lins die Spree nicht mehr liefern. Der Dollar regiert die Welt, und der Wucher spaziert in seinem Gefolge... vor hundert Jahren. Ein bißchen anders sah es allerdings vor hundert Iahren aus, als der Stralauer Fischzug noch' als großes Volksfest die Berliner Gemüter bewegte. In einem„Volksstück mit Gesang" von Julius von Voß , das" am 28. Oktober 1821 zum ersten Male in Berlin aufgeführt wurde, erzählt eine wohlgenährte Fleischerfrau van ihren Erl e>bnissenbeim.,Strahlower" Fischzug. Hören wir ihr zu:„Na hör mal. was ich dir nu sagen will. Nu schickt ick im ließ mir ne Traschke holen, stell dir mal vor, ne halbe Stunde hat mein Gefelle warten müssen, bis ne Troschke gekommen is. Ick will dir ooch sagen, warum. Et macht der Fischzug. Na, um halb zwee kam dar Geselle damit. Nu stieg ick in, aber ick weeßt nich, die Troschken sind so eng, man sitzt so gepreßt drin, det man sich nich rücken oder rühren kann. Nee, wie ick nu drin saß, sagt« der
Troschkenfuhrmann: Wohin, Madamchen? Ick sagte: Nach die Strahlower Brück«. Ick will dir noch sagen, worum. Uff'n Schiff mocht ick nich fahren, worum, det is gar zu ordinär, aber uff eenc von die grünen Gondelchen, mit de bunten Fahnenjunkers oben, det läßt repentierlich; worum, weil sich schonst andere Leute drin setzen, als wie ordinäre. Aber höre dir; in de Strahlower Straße hallst du mal sehen sollen; so wat Hab ick in meinem Leben nich gesehen; ausgenommen,'n zwanzig Jahr hinter'nander, immer uf den Tag. Kopp an Kopp in alle Fenstern, Gesicht an Gesicht noch dazu, un obenin vuller Menschen. Als wenn de Strahlower Straße't Operhaus wäre und de Fenstern de Logen. Aber wie ick nu an Wasser kam, wäre ick beinah mitsamt meine Troschke übern Hausen geritten von'n Studenten. An die S t r a h- lower Brücke war'n Gedränge, des man dachte, sie würden eenen alles Zeug vom Leibe reißen, und usf die Spree konnte keen Appel zur Erde vor Schiffe. Nu will ick dir aber sagen, wat ick dachte. Ick dachte so: Steigst du uff solche kleene Gondel, unst kommt 'n groß Schiff hinterdrein, kann die Gondel in Fetzen-Stückcn ge- stoßen werden, und du erlebst, daß du versausst. Nee, dacht ick, du steigst uff'n Charlottenburger, denn nach't Magazin hin stand Eener bei'n andern. Na, wie ick uff den Charlottenburger gestiegen war, dacht ick, et würde so gehen, wie ann't Brannenburgsche Dar, da sagen sie:'t geht gleich fort, aber der Mensch kann noch ne halbe Stunde warten un Maulaffen fahl hoben. Nischt, Fritzkcn, heute gingst den Oogenblick, hast du nich, so siehst du nich. Un links, grade über die Zuckerficderei an die Wand hin, standen dir'n e Milljon Stühle, da sahen wieder Leute druff, die wollten't vorbeifahren mitansehn. Ick dachte: wat det doch vor Narren sind, wat sehn sie denn daran, aber st andre Jahr will ick mich ooch'n Stuhl dahin setzen lassen, et ftmß sich doch recht pläsierlich da zusehn. Nu rate mal, wer alles mit uff unfern Wagen saß? Ick kannte nich'n Eenen enzigen davon. Nu wie wir nu bei die Holzmärkte vorbeikamen und bei Torf, immer wieder frische Menschen, un war an't Dar nich die Wache gewest, sie hätten'n Ende von die Stadt- mauer mitgenommen. Draußen gingst noch Hallwege'n bisten an, der Mensch hatte doch Lust, aber vor't Dorf wart nu gar nich mehr wahr. Denn ick hatte runtergesticgen un ging zu Fuße. Aber ge- kommen bin ick nich durchs Dorf, gedragen bin ick dur ch."
Der Grunewald den Serlinern. Durch eine neue Polizeiverordnung hat der Berliner Polizei- Präsident unter Zustimmung des Magistrats für eine Zeitdauer von zunächst fünf Jahren eine Neuregelung des Autoverkehrs im Grunewald angeordnet. Die V e r o r d- n ung bestimmt,- daß der Autoverkehr nicht mehr quer durch den Grunewald geleitet wird, sondern den westlichen und östlichen Rand des Grunewalds benutzt. Durch diese Neuregelung ist einem lang gehegten Wunsche der Berliner Ausflügler Rechnung getragen worden, und es ist zu hoffen, daß Erholung suchende Fußgänger in Zukunft nicht mehr durch den Autoverkehr zu leiden haben werden. Die Verordnung, die die im einzelnen zu benutzenden Auto- wcge genau angibt, weist darauf hin, daß für Autofahrten nur noch die Chausseen von der Heerstraße längs der 5?avel über Schildhorn und Schwanenwerder nach Wannsee in Betracht kommen, ferner die vom Bahnhof Grunewald über Hunde- kehle nach Zchlendors führende Spandauer Straße. Weiter ist far Automobile auch die Chaussceschleife am Grunewaldsee zugelassen. — Ausgenommen von dieser Beschränkung sind Kranken- und Rettungswagen, Fahrzeuge der Feuerwehr, Fahrzeuge der Schutz- Polizei und der Reichwsehr sowie alle anderen Fahrzeuge im Dienste des Reiches, des Staates, der Stadtverwaltung, infoweit im einzelnen Falle die Benutzung der verbotenen Wege notwendig ist. In Fällen, in denen durch diese Verordnung besondere Härten entstehen, z.B. für die Anwohner des Grunewalds, sind auf Antrag durch die Polizeivcrwalwng Ausnahmen mit zeitlicher Beschränkung zulässig. Zuwiderhandlungen werden mit Geldbußen oder entsprechender Haft bestraft.__ »Durch den Krieg verroht.� Er schiehk zum Vergnügen auf ZNcnschcn und Hunde. Ein von unglaublicher Verrohung zeugenden Vorgang bildete gestern den Gegenstand einer Verhandlung gegen den ehemaligen Studenten und Fliegeroffizier Bornschein und die
Rentiere Hedwig Helling wegen vorsätzlicher Sachbeschädigung und vorsätzlicher Körperverletzung mit gefährlichem Werkzeuge, sowie Begünstigung zu diesen Straftaten. Der Angeklagte B. wohnte bei der Renllere H. am Bundes- ratsufer. Er war vor dem Kriege Student der Technischen Hoch- schule, wurde im Kriege schnell Offizier und fand als solcher Verwendung bei Bombengeschwadern und gegen Schluß des Krieges und während der Revolutionsmonate als Führer einer Tankkolonne. Einige Erfindungen auf autotechnischem Gebiet und der Handel mit Kraftwagen bringen ihm jetzt den Lebensunterhalt. Am Karfreitag hatte er sich über einige Hunde geärgert, die sich am Bundesratsufer unter den Fernstern seiner Zimmer herumtrieben, und hatte infolgedessen zu seiner L u f t b ü ch s e gegriffen, um„den Kötern eins auf den Pelz zu brennen". Später hat er dann, so be- hauptet die Anklage, auch vorsätzlich auf ein des Weges kommendes Mädchen gezielt und dieses durch einen Steck- fchuß an der Hand so erheblich verletzt, daß das Geschoß durch einen operativen Eingriff entfernt werden müßte und das Kind längere Zeit hindurch krank war. Als die Hausbewohner gegen ihn eine drohende Haltung einnahmen, zog er es vor, das Weite zu suchen, und nun brachte ihm seine bisherige Wirtin das zerlegte Gewehr nach dem Bahnhof Bellevue nach. In dieser letzteren Hand- lung erblickt die Anklage eine Beihilfe zu den Straftaten. Vor Ge- richt gab der Angeklagte zu, vorsätzlich auf die Tiere gefchosien zu haben, da sie seine Ruhe störten, dagegen weiß er nicht, wie er dazu gekommen ist, auf das Mädchen zu schießen. Im Gerichtssaal wurden dann noch einige Schießversuche über die Durch- schlagskraft der Geschosse unternommen. Der Staatsanwalt bcan- tragte gegen B. schließlich eine Gefängnisstrafe von einem Monat. Diesem Antrage gab das Gericht jedoch nicht statt; es verneinte die Frage vorsätzlicher Körperverletzung, wenn auch lange geschwankt wurde, wie der Vorsitzende ausdrücklich hervorhob, ob nicht auf eine erhebliche Freiheitsstrafe erkannt werden solle. Das Urteil lautete auf eine Geldstrafe von 3000 Mark. In der Begründung wurde betont, wenn in der heutigen Zeit, in der durch leichtfertige oder vorsätzliche Schützen fast täglich Eifenbahnzüge beschosien werden, die Strafe gegen eine derartige Verwendung einer Sportwaffe nicht hoch genug bemessen werden konnte, fo müsse dem Angeklagten doch zugute gehalten werden, daß er durch den Krieg verroht sei und seine Handlung infolgedessen auch unter einem anderen Gesichte- winkel zu betrachten gewohnt ist.
Oberhemde» sind Luxusartikel. Wie im Wandel der valutarifchen Zeit aus Gebrauchsgegenständen über Nacht LuruSartikel werden, das beweisen nicht nur die unerschwinglichen Preise, sondern auch eine Gerichtsverhandlung, die vor dem Schöffengericht Berlin -Tempelbof gegen den Kaufmann L o e w q stattfand. Loewy war angeklagr wegen Vergehens gegen die MagtstraiSverordnung betreffs des Preisaushangs in Detail- geschäften. Der Anaeklogte betreibt ein Ladengeschäft, in dem er unter anderem Oberhemden und Trikotagen verkauft, die er nicht mit Preisen ausgezeichnet hatte. Vor Gericht entschuldigte sich L. damit, daß diese Artikel mit Rücksicht auf ihre hohen Preise— ein Oberhemd lostet heute 1500 bis 2000 M.— nicht als Gegenstände deS täglichen Bedarfs anzusehen seien. Dieser Ansicht schloß sich sogar der von der PreiSprüfungs« stelle geladene Sachverständige an. Das Gericht verurteilte trotz- dem den Angeklagten zu 1000 Mark Geldstrafe und be- gründete das Urteil damit, daß zur Zeit der Uebertretung der Ver- ordnung die Prei'e noch nicht so hoch gewesen wären, als daß man damals schon diese Waren als Luxusartikel hätte ansehen können. Ein Wohnhaus als öureauhans. Das Wohnungsam! erhebt Einspruch. Bei Wohnungsknappheit ist es etwas Selbstverständliches, daß Wohnungen nicht ihrem ursprünglichen Zweck ent- zogen und zu Bureaus verwendet werden dürfen. Auch d i e Forderung ist berechtigt, daß beim Auszug eines Bureaus aus Wohnräumen diese nur wieder als Wohnungen verwendet werden sollten. Dementsprechend Hot auch das Berliner Wohnimgsantt in einem uns aus Berlin W. bekannt gewordenen Fall gehandelt, bei dem eine beträchtliche Zahl Wohnräume in Frage kommt. In der M o tz st r a ß e war aufgefallen, daß in dem großen Eckhaus Rr. 22 tan der Geisbergfttoße) schon seit etlichen Monaten «ine Reihe Räume anscheinend unbenutzt blieben. Das Grundstück gehört einer„Schutzvereinshaus"-Gefell - f ch a f t m. b. H., deren Anteile fast alle im Besitz des„Deutschen Schutzbundes" sind. Der„Deutsche Schutzbund", der zur Zeit der Abstimmungen in den Grenzgebieten eine Rolle spielte, hat einen beträchtlichen Teil des ttrfprünglich als Wohnhaus erbauten und eingerichteten Hauses Motzftr. 22 für feine Bureaus benutzt.
Der Sprung in die Welt. Ein Jungarbeikerromau von Arkur Zickler.
Den letzten Abend verbrachten sie mit Pierkämpers im Koloniegärtchen. Vater Pierkämper hotte eine Kanne Bier anfahren lassen, ein paar Nachbarsleute waren auch da, darunter ein Mann mit einer Ziehharmonika, der war ein Vlame und hieß van Beuren . Er hatte einen seltsamen Griff in die Tasten, man mußte sich erst an diese Art Musik ge- wöhnen, dann aber fühlte man sie im Blute; sie machte sehn- süchtig und froh zugleich. Dazu sang er mit einer Stimme, die voll und weich war, flämische Lieder. Hans trank die milde Abendluft und sah hinüber zu dem Mädchen, dessen Augen feucht schimmerten. Es drängte ihn, dem Mädchen feine Dankbarkeit zu zeigen, von der fein Herz überquoll, er spürte, wie ähnlich ihre Gefühle waren, und als ahnte sie, wie gern er zu ihr binübergekommen wäre, um sie zu küssen, nickte sie ihm zu. Wie schön ist es, dachte er. jung zu sein; denn dem jungen Menschen zeigt das Leben seinen süßen tiefen Sinn. Der Glanz, der um das Haar des Mädchens spann, war mehr als schimmerndes Licht der Nacht, war der leuch- tende Atem des Geheimnisses der Geschlechter. Hans wußte in diesem Augenblick kaum den Namen er Geliebten; wie die Einzelheiten ihrer Erscheinung im Dunkel sich verbargen, so war sie nicht mehr die kleine Verkäuferin und Tochter des Vorarbeiters Pierkämper, sondern die Verkörperung der Ge- Üllin, die dem Manne auf seineni Gang über die Erde bei- Legeben ist, Gefäß aller Wunder, die er in sie hineinträumt. Drüben funkte und wetterte das Werk, fraß Kohlen, kochte Eisen und spie Feuer. Ein Riesenuntier, hatte es sich in der Erde verbissen, ließ Menschen und Metalle in seinem Leibe rumoren, wieherte, wenn es satt war. schrie und fauchte. wenn es nach neuer Beute verlangte, blinzelte mit tausend Lichtaugen, gab keine Ruhe und überlebte alle. Komisch, alle, die mit ihrem Leben diesem Tiere verfallen waren, wußten kaum mehr vom Sinn ihres Treibens, als daß es eben so und nicht anders in der Welt sei, und doch war alles so einfach wie eine Fabel für Kinder. Die Menschen hatten sich ver- meffen. einen großen eisernen Knecht zu bauen, der für sie die Arbeit verrichte. Die großen eisernen Knechte aber lachen tmd habe« ihren eigenen Willen» tresfeq jhre Erzeuger, me
die Katze de Maus, langsam, aber sicher und endgültig, und keinen kann ihnen entrinnen. Diese eisernen Knechte ent- scheiden über Leben und Tod, über Krieg und Frieden. Sie Ichneiden das Holz zu Särgen und Wiegen aus den Wäldern, formen Pflugscharen und Kanonen, Sporen und Ketten, Räder und Bajonette— und alles, was ihren Oefen entwächst, behält ihren eisernen Trotz und ihre Gewalt, die ihre Rache dafür ist, daß man sie schuf... „Zum Teufel." lachte Pierkämper,„warum trinkt ihr nicht? Ihr seid wohl schon am Rhein beim Keltern und ver- achtet das westfälische Bier! Jungs, wenn ich euch so sehe, möchte ich auch noch einmal in jenem Alter sein, wo man die Brocken hinwerfen kann, wenn die Fußsohle juckt. Statt dessen reißt alle paar Jahre ein neuer Pierkämper das Mäulchen auf und will Habennus schlecken. Ihr seid Wandervögel, und ich wünsche euch, daß auf lange Zeit die Flügel nicht lahm werden; denn wer erst einmal richtig Station macht, den hält die Erde fest und läßt ihn nicht mehr los. Man fühlt sich später auch wohl, wenn man sitzt, wo man hingehört. �Ich würde es keine Woche in der Fremde aushslten, dann würde es mich wieder nach der roten Erde ziehen. So geht es nun einmal: wenn man zwanzig Jahre alt ist, scheint einem die Welt Zu klein, mit fünfzig genügt ein Stück Acker und ein Häuschen, und zum Schluß tun es zwei Meter im Geviert. Prost!" Dann ging man auseinander, alle schüttelten den Freun- den zum Abschied die Hand und wünschten ihnen Glück auf den Weg; denn schon um vier Uhr in der Frühe wollten sie aufbrechen. Hans legte sich unausgekleidet auf das Bett, er spürte keine Müdigkeit. Er hörte auf den eigenen Herzschlag, im Garten sartA ein Vogel, leise verworrene Geräusche geisterten, im Haus herum, schon kam das erste Frühlicht. Rudi schlief tief und fest. Langsamer Glackenschlag: drei Uhr. Das Madonnenbild an d�r Wand war schon deutlich erkenn- bar, die Weckuhr tickte leise. „Hallo!" Rudi stöhnte. Ein Rippenstoß. Erschrocken öffnete Rudi Mund und Augen, starrte Hans verständnislos an und fragte hastig:„Wo hast du das Geld?" „Was denn für Geld? Du spinnst wohl?" Rudi gähnte enttäuscht.„Ich habe soeben von einer schönen Masse Geld geträumt..." Roch ein langer Seuizer, ein Ruck, und er turnte in die Hosen. Bald waren sie fertig. Rudi hockte den Ruckjack au| Qjnjj ols erster Mch unten.
Als Hans sein Bündel noch einmal festschnürte, öffnete sich die Tür, und das Mädchen kam herein. Sie war im Hemd, drückte Hans an sich, küßte ihn und lief wieder hinaus. Von unten rief Rudi:„So komm doch schon!" Hans stieß einen Iubellaut aus.„Dort ist er!" rief er und öffnete das Kupeefenster. Rudi trat neben ihn, und sie sahen im blauenden Dunst des Horizontes die Türme des Kölner Domes. Sie hatten bereits Mühlheim hinter sich und näherten sich Deutz. Nicht lange, und unter ihnen donnerten die eisernen Träger der Rheinbrücke, floß der grüne Strom im Lichte des'Nachmittags dahin. Nun waren sie auch schon im Bahnhof, eilten schneller als andere durch die Sperre, in klopfender Erwartung des Domwunders. Sie traten aus der Halle und blieben mundoffen stehen: Vor ihnen rauschte der steinerne Gesang des Domes hoch in das weiße Gewölk.» „Oeh...!" schrien die Kutscher, denen die beiden im Wege standen. Am Domplatz trat ein Mann auf sie zu, er war lang und bager, etwa vierzigjährig, sein Gesicht war blaß, aber voll feiner Linien, ein dünner hängender Schnurrbart machte es etwas melancholisch. Dafür waren die Augen des Mannes nicht nur klug, ihr Ausdruck wechselte in Scherz und Ernst. Er zog den Hut. „Guten Tag, junge Freunde. Welcher Wind schneit euch denn nach Köln ?" Hans war sich zuerst nicht schlüssig, was er antworten sollte, weil er darüber nachdachte, welche Absicht den Mann bewegen mochte, sie anzusprechen. Wahrscheinlich, schloß er. ist er Bertreter einer jener christlichen Vereine, die jede Ge» legenheit benutzen, um in Mission zu machen und„Seelen zu retten". „Ostwind, mein Herr. Ostwind.. gab Rudi zur Ant- wort und verzog keine Miene dabei. „Das ist eine gute Antwort", lächelte der Mann und klopfte Rudi auf die Schulter.„Wenn es euch recht ist und ihr Zeit habt, schlendern wir ein paar Stunden herum, und ich zeige euch, was hier in Köln des Ansehens wert ist." Die Freunde nickten, und nun traten alle drei in die Kühle des Doms. Ihr Schritt hallte an den Säulen des Schiffs empor, Sonnenlicht siel in schrägen Balken über das alte Gestühl, dazu leuchtendes Buntglas, schimmerndes Metall, ehrwürdige (Fortsetzung folgt.)