Hr. 444 ❖ ZH. Jahrgang
Heilage öes vorwärts
Mittwoch. 20. September 1022
was man sich versagen muß.
Was ist heute ein Tausender? Bald wird er, wenn es in der Welt des Geldmarktblödsinns so weiter geht, der Mindesttagelohn sein. Papiergeld ist nur noch der Inbegriff von Nullen. Sorglos gibt Mutti ihrem noch die Schulbank drückenden Sprößling einen dreimal genullten Papierschnitzel zum Wechseln mit. Das kleine Ein- maleins gehört einer verklungenen Epoche an. Nur das große mit den vier- und fünfstelligen Zahlen kann uns noch imponieren. Und trotzdem müssen wir selbst mit einem runden Jahreseinkommen von hunderttausend Mark uns das meiste versagen. Wir leben nicht mit Genuß und Freude an der Welt... wir vegetieren nur und pendeln als papisrne Zukunftsmillionäre aus einem Dalles in den anderen. Tifthlein, Seck ' öich! So richtig satt wird man schon längst nicht mehr. Es ist magen- peinlicher als im Kriege. Damals hatten wir nichts zum lustigen Einkaufen und gewöhnten uns an die Darmverschlingungen von Kohlrüben. Heute sind die schönsten Lodenauslagen für den täglich zum Narren gehaltenen Geld- und Magenbeutel wie eine Fata Morgans. Ich bedaure die Junggesellen. Sie können beim besten Willen allenfalls nur eine jung« oder alte Wittib mit Wohnung ins zweite Ehejoch schmieden und müssen im Restaurant für 80—-1CK1 M. halb hungrig vom Mittagstisch aufstehen. Bei Muttern zu Hause ißt es sich wesentlich billiger. Am Sättiqungsgefühl fehlt auch hier oft eine ganze Menge. Es fehlt die krastnahrung. Was am besten nährt, ist am teuersten, auch wenn es auf dem lieben deutschen Mist ohne Balutaschmerzen gedeiht. Der Wucherer und Schieber weih �chon, wo er seine Krallen om vorteilhaftesten ansetzt. Selbst den simplen Hering hat er auf den gesalzenen Preis von 1(5— 2g M. hinaufjongliert. Fleisch gibt es allwöchentlich höchstens einmal. Wurst. Speck, Eier Käse... ach, lieber Märchengoist aus der fröh- lichen Jugendzeit, erfüll mir doch nur am Sonntag dein Sprüchlein vom Tischchen, deck dich! Wir„freuen" uns über den Topf voll Kohl, der (50—80 M. kostet, mit einem halben Pfund Knochen lieblich fett ge- kocht, und über die Halswüroer, die man kahle Margarine-Bolzen nennt. Eine Birne, die der Baum ohne Gestehungskosten heuer nur für einen Papiertaler wachsen läßt, ersetzt den Nachtisch. Warum werde ich nicht ganz Vegetarier? Ja. was fehlt denn noch daran? Der Pflanzeneffer wird heute auch nicht fett und klagt über Mangel an Kraft. Alle vier Wochen lasse ich mich wiegen wie die schwammige Frau Schicbcrich, die zur Entfettungskur nach Marienbad war, und stelle regelmäßig ein neues Manko von fünf Pfündchen fest. Man sagt, beim Verlust von mehr als einem Drittel seines Normalgewichts könne der Mensch nicht mehr leben. Das ist doch noch so etwas wie Hoffnung. Und das alles mit hundert Tausendmarkscheinen pro Jahr in der Tasche. Verbrauchtes unö Gebrauchtes. Unsere Hausfrauen sind Wirischaftsartistinnen geworden, mehr noch als im Kriege. Wo nicht die„dicke Marie", die stets stramme Brieftasche, zu Haus« ist, machen sie das Unmögliche möglich, um die Hauswirtschast, ihr Heim und auch den äußeren Menschen nicht verkommen zu lassen. Wir sehen soviel schicke Kleidung, besonders bei der Jugend, was ja ein zeitgemäßes Kapitel für sich ist, und auch die vielen Geschäfte für Wohnungscinrichtungsgegenstände aller Art wollen leben, aber in den meisten Haushaltungen Ist das Wünschen weiter als je vom Anschaffen entfernt. Ehestand ist Wehestand ge- worden im Punkte der Selbstcrhaltunq, und trotzdem„manifestiert man sich durch". Aus zerschnittenen Stores werden Gardinen, aus zerschnittenen Gardinen werden Drise-Brise-Vorhänge, und ohne das Dberlicht gäbe es nach abermaliger Wandlung vielleicht noch eine Badehose. Leib- und Bettwäsche wird immer fadenscheiniger, man schläft vielfach schon ohne Laken, ohne Bezüge, trägt die Ober- kleidung aus nacktem Körper. Mutter kommt aus dem Flicken nicht beraus und Dater sagt immer wieder:„Ich kann doch für ein einziges Hemd nicht tausend Mark bezahlen!" Alle Anzüge sind ge- wendet, all« Hüte umgcprcßt. Ob sich das Experiment noch einmal rückwärts wiederholen läßt? Heute kostet ja schon das Umwenden zwanzigmal mehr als früher die ganze Kluft. Einen nagelneuen Anzug, der zurzeit Z0 MO M. kostet, kann sich der Arbeiter überhaupt nicht mehr leisten. Es wird deninächst schon die größten Schwierigkeiten maäzen. das nötigste Schuhwerk ru besorgen, wenn«in Paar Sliefelsohlen die Kleinigkeit von 075 M. kosten. Wir führen mit unseren schiefen Absätzen länger als sonst den Beweis, daß die Erde rund ist, und machen auch an den Sohlen die verzweifeltsten Flick-
kunststücke. In der Wirtschaft hält auch nichts für die Ewigkeit. Worauf die Hausfrau einst so stolz war, zeigt Löcher und Sprünge. Sie bastelt, kittet, leimt...„Bruch" auf der ganzen Linie. vergnügliches. Zu allen Zeiten hat es Menschen gegeben, denen ein Tag ohne Vergnügen als verloren, als nicht gelebt gilt. Sie pflücken zu jeder Stunde die Früchte vom Baum des Egoismus, haben keinen Sinn für das Wohl der Allgemeinheit und wollen in ckulci jubilo sterben. Das werktätig« Volk kennt die Schlemmerstättcn, an denen ohne jedes Begriffsvermögen für den Ernst der Stunde der Tanz um den Dollar rast, nur vom Hörensagen. Es muß schon auf harmloseste Vergnügungen und Zerstreuungen, die zum Menschenrccht gehören, verzichten. Gesetz- liehe Maßnahmen gegen die Trunksucht werden zunächst kaum nötig sein. Große und kleine Gastwirte klagen über Mangel an vielverzehrcndcn . Gästen. Wer früher fünf Glas Vier trank, trinkt nur noch eins oder höchstens zwei. Nur die Unverbesserlichen fragen nicht nach dem Preis. Cafes und Konditoreien, aus Gewinnsucht aufgemacht, müssen schon jetzt vom Gewinn kräftig zusetzen und stehen vor der Frage baldiger Schließung. Auch in den Sommcrlokalen entfernterer Ort- schasten geht der Pleitegeier um. Nur solche Lokale dicht bei Berlin halten sich über Wasser, weil sich auf sie infolge der Hohen Eisen- �.bahnfahrpreise ein stärkerer Besuch konzentriert hat. Viele Vereine � haben ihre Winteroergnllgungen aufgegeben oder Einschränkungen beschlosien. Die Saa'.besitzcr können nicht, wie im Kriege, Lazarette | aus ihren Sälen machen. Bei Versammlungen haben die Kellner alle Mühe, hundert Glas Bier loszuwerden. Die Witgiieder der Enkentekommifsionen. die von unseren Reichtümern träumen, könnten das alles sehr gut wahrnehmen, wenn sie zum Volke herabstiegen ' und nicht immer nur am Berliner Zentrum und an Wild-West, dem Dorado der Ausländer. Wucherer und Schieber, wo man sich nie langweilt, kleben bleiben wolllen. Die geistige Nahrung. Da liegt für jeden, dem nicht der Stumpfsinn ein Vergnügen ist, der empfindlichst« Verzicht. Die Sprechbühnen sind vielen Tausenden, die mit dem Fllnfzigmarlsehein nech mehr rechnen müssen, als einst mit dem Groschen, verschlossen. Gute Bücher sind enorm teuer ge- ' worden. Wer nicht Alkoholfluten durch die Gurgel rinnen läßt und lieber für Wissensdurst eingenommen ist, kann sich nur hin und wieder die Anschaffung eines guten Buehes gönnen. Mein Freund fiel platt auf den Rücken, als er über 200 M. blechen sollte für fünf vor länger als 10 Jahren gedruckte„Ladenhüter", die im Frieden � zusammen 12,50 M. gekostet hatten. Der Preis war für die älteste Ausgabe lustig mit dem Dollar geklettert. Armer Dichter, wenn du das an deinen Geifteswerken hättest erleben können! Immer ärgere � Kopfschmerzen machen sich auch Eltern darüber, woher sie das Geld ! zu den nötigsten Lehrmitteln für ihre Kinder nehmen sollen. Selbst ' der Buchpump ist kostspieliger geworden. Die vielen kleinen Winkel- | bibliolheken fordern siir den größten Lesefchund Z— 5 BT. Leihgebühr, i was den Verbauern solcher Kost allerdings weniger schadet als die Gehirnverkleisterung. Run erst die Rot der Zeitungen und Zeit- ! schriften, der großen Geistesküche, ohne die ein Boll wie das unserige � rückwärts schreitet und ein Stück Lebensnerv zerschneidet. Jeden Tag muß es jetzt in die Welt hinausgcbrüllt werden: Schützt unsere Presse vor dem Untergang... laßt euch nicht das Kampfmittel � rauben, durch das ihr groß geworden seid! versagt euch Bier, Schnaps, Zigarre. Konfekt, aber versagt euch nicht die geistige Rah- rung aus jener Wacht, mit deren Sterben auch ein Teil eures Lebensglückes stirbt! Tote O.'ätter. Di« große Ulme steht unbewegt, denn der Wind schläft. Kein Blatt regt stch. Plötzlich gibt es einen ganz leisen aber in der � großen Stille vollkommen deutlich hörbaren Knack. Unmittelbar � darauf fällt ein Blatt zur Erde. Senkrecht und pfeilschnell fernst es [ hinab. Die Stille draußen, der leise Knack und der jähe Absturz des Blattes bringen eine merkwürdige Unruhe ins Blut. Immer ! noch ist es ruhig draußen, aber die Nerven lauschen gespannt in das 1 Blättergewirr. Da... wieder... ein leises Geräusch... gleich derrauf, derselbe geschwinde Fall eines Blattes. Und nun fueht der Blick den Boden und gewahrt dort unten viele viele Blätter, nicht wenig« noch ganz grün, aber die meisten gelb. Gestorben« Blätter. Tote Blätter. Das ist der Herbst! Wie lange hat man sich da-
gegen gesträubt.„Es ist ja noch Sommer!" So viele Taufende sind doch noch draußen zur Ausruhe und Erholung in der— Sommerfrische, die eigentlich schon seit dem Juli eine Herbstsrische war. Niemandem ist es recht zum Bewußtsein gekommen, daß wir von der Höhe des Jahres bereits ein volles rundes Bierteljahr ent- fernt sind und daß uns nur noch ein gleiches Bisrteljahr von der Tiefe trennt. Wir befinden uns in jener Zeit, die der Astronom Aequinoktium , das ist Nachtgleiche, nennt. Tag und Nacht halten sich jetzt die Wage, denn die Sonne geht etwa gegen 8 Uhr auf und gegen 8 Uhr unter, so daß der Tag 12 Stunden und auch die Nacht 12 Stunden hat. Dieser Zeitpunkt, an dem das Jahr von seiner Jugend und Schönheit Abschied nimmt und sich zum langsamen Abstieg anschickt, zeichnet sich auch vielfach durch heftige Stürme und Unwetter aus, die besonders den Seefahrern viel zu schaffen machen. Aber auch die Landratten verspüren den Herbst, der wiederum nur ein Norreiter des Winters ist. Allerlei dunkle Parolen, aus ebenso dunklen Quellen stammend, lausen um:„Wir werden einen Hunger- und Jammerwinter erleben wie nie zuvor!" Man er- innert gern an den wirklich grauenhasten Hunger- und Notwinter des Jahres 1817, vier Jahre naey dem Befreiungskrieg. Maq dieser Winter nun in der Tat ernst und schwer werden, so ist doeh kein Grund vorhanden, heute schon zu verzagen und sich in Angst zu verzehren. Auch in der größten Not darf man nicht an der Zu- kunft seines Volkes verzweifeln. In unserem naturwissenschaftliehen Zeitalter nehmen wir uns doch sonst lo gern die Natur zum Vor- bild und die zeigt uns, daß nach jedem Herbst und jedem Winter auch wieder ein Frühjahr kommt. Und die Ncttur sorgt liebevoll auch für Uebergänge. Am Potsdamer Platz freilich und'n den Jnnenstraßen hat der herbe Herbst die Bäume bereits tüchtig gerupft. Aber draußen in den weiten Buchenwäldern ist noch alles sommerlich grün. Nur hier und da flammt verräterisches Gelb auf. Wer also will, daß der Herbst noch nicht kommt, der fahre hinaus und suche in den Wäldern die Illusion des Sommers. Noch ist es Zeit. Tote Blätter dürfen den Lebenden nicht schrecken, denn sie haben ihren Zweck erfüllt. In den Blattachsen, ems denen sie sich vom Stiel lösten, sitzen bereits winzig klein die Blattknospen für den nächsten Frühling! Der zukünftige Wohnungsbau. Hauptsächliche Kapitalqnclle bleibt die Wostnungsabgabe. Zur Prüfung der Frage, wie der Wohnungsbau weiterhin zu finanzieren' ist und welche Maßnahmen erforderlich find, um eine sparsamere Verwendung der öffentlichen Mittel für den Kleinwoh- nungsbau zu sichern, hat kürzlich ein vom Wohnungsausschuß des Reichstags eingesetzter Unterausschuß getagt. Zu den Beratungen waren außer den beteiligten Dienststellen Sachverständige au » den in Betracht kommenden Kreisen des Wohnungswesens und der Bau- stoffwirtschaft herangezogen. Nach eingehenden Beratungen hat der Unterausschuß sich dahin entschieden, daß an der Finanzierung des Wohnungs« b n u e s in der bisherigen Weiss grundsätzlich fe st zuhalten und hierzu die Wohnungsabgabe als hauptsächlich sie Kapitaleiuelle weiter auszubauen sei unter möglichster Wahrung der sozialen Gesichtspunkte. Die Mehrheit der Ausschuß- Mitglieder war der Ansicht, daß die bisherige Bewirtschaftungsform des Wohnungswesens beibehalten werden müsse. Aueh die Frage, in welchem Umfange noch vorhandener Raum zum Ausbau von Wohnungen herangezogen werden kann, wurde untersucht. Eine besonders eingehende Aussprache fand über die Fragen der Bau- stoffwirtschaft statt, vor allem darüber, wie von Verbraucher- kreisen auf die Herstellung, Verteilung und Preisgestaltung der Baustoffe Einfluß gewonnen werden könnte. Das Ergebnis der Be- ratungen des Unterausschusses soll nunmehr zunächst dem Wohnungs- ausschuß des Reichstages vorgelegt werden, der sodann darüber Bc- schluß fassen wird, welche Maßnahmen dem Reichstag zur Durch- fllhrung empfohlen werden können. Zwischen Puffern zermalmi. In der Schwartzkopfsschen Fabrik, Werk Wildau , ereignete sich am Montag ein furchtbarer Unglücksfall. Der 26jLhrige Arbeiter W. Lehmann wurde von den Puffern zweier Eisenbahnwagen erfaßt und buchstäblich zerquetscht. Der Tot trat auf der Stelle ein. Lehmann war seit drei Monaten verheiratet.
Sachawachiak der Eskimo.
W
Bon Ejnar ANkkelfen.
„Ach, fei doch still," brummte Joe,„du weißt ja ganz gut, daß ich Jgluruk nehme, ich bin doch hübscher als du. Glaubst du wirklich, das Mädel wird zu dir kommen, so, wie du aus- siehst? Sieh mal!" Joe ergriff einen Spiegel, der an der Wand hing und hielt ihn Jim vors Gesicht.„Sieh mal deine Fratze an, glaubst du wirklich, daß du dir das schönste Mädel nehmen kannst?" Jim mußte seinem Kameraden recht geben, denn es war wirklich kein schönes Gesicht, was er im Spiegel sah: krauses, rotes Haar, dichter, feuerroter Bart, eine Nase, die bei einer Schlägerei gebrochen und wieder schief zusammengewachsen war, und dann eine große, rote Narbe unter dem rechten Auge, so sah Jim Hacklett aus. Mit einer ärgerlichen Bewegung schlug er nach dem Spiegel, der ihm von dem ständig grinsen- den Joe vorgehalten wurde.„Nimm ihn weg, Joe, nimm ihn weg. es lohnt sich nicht, noch mehr davon zu reden, aber reich werden wir, darin mußt du mir doch recht geben!" Und während Trauer in allen Hüttchen von Nuwuk herrschte, saßen der schwarze Joe und Jim Hacklett drinnen bei sich und tranken Wbisky, tranken in aller Ruhe die ganze Nacht durch, während sie von der goldenen Zukunft sprachen und schöne Träume von der Macht des Geldes träumten. Das wurde der schwerste Winter, den man je in Nuwuk erlebt hatte. Das Eis blieb dicht am Lande liegen, die Jagd war schwierig, und Seehunde gab es nur wenige, so daß, als die Sonne hinter dem südlichen Horizont versank, und das Eis den Himmel und den Schnee golden färbte, die Proviant- depots geleert waren. Nun hatten die Weißen die Oberhand, und der eine nach dem anderen von den Eingeborenen ging zu Jim Hacklett und Joe über, die versprachen, sie bis zum kommenden Frühjahr zu unterhalten, wofür sie zu arbeiten und in ihren Umiaks auf den Fang zu gehen hätten, wenn der Wal sich wieder auf seinem Zuge befand. Eines schönen Tages kam Sachawachiak als der letzte von Nuwuks selbständigen Männern. Er wollte Mehl für Jgluruk kaufen, konnte aber keines erhalten.„Sieh einmal, Sacha- wachiat, kommst da min auch?" lachten die Weißen»»es ist
das erstemal, daß du in unserer Hütte bist, obgleich wir über ein Jahr lang Nachbarn gewesen sind, nein, du mußt uns richtig besuchen und Jgluruk mitbringen, eher kannst du nichts kaufen!" Die Frau wollte Mehl haben und ließ den armen Mann nicht in Ruhe, also kam er eines Abends.„Jetzt, Jim, komme ich auf Besuch und habe Jgluruk mitgenommen, kann ich nun Mehl kriegen?" Das war Sachawachiaks erster Gang nach dem Hause der i Weißen, aber es blieb nicht der letzte. Er mußte an die fünfzig � Leute unterhalten, und das war teuer. Erst kauften sie seine Barten für beinahe gar nichts, dann nahmen sie seine Pelze •— aber er kam wieder, jetzt nicht mehr als Nuwuks erster Mann, sondern als ein armer Eingeborener, der, den Schlitten mit Barten und herrlichem Pelzwerk gefüllt, die Weißen um j Essen für sich und die Seinen anflehte. Stets war Jgluruk mit ihm: und es wurde mehr und mehr zur Gewohnheit, daß der früher so mäßige Mann bei den Weißen blieb und trank, von ihrem Gifte trank, nur um zu vergessen, nur um seine Unruhe zu beschwichtigen, aber doch nicht mehr, als daß er noch auf Jgluruk aufpassen konnte — denn es behagte ihm nicht recht, die vielen Geschenke zu sehen, womit Jim Hacklett und der schwarze Joe seine Frau üdcrschüttcten. Und häufiger kam er, je mehr sich der Winter in die Länge zog. Mr. Hostings hatte stch längst davongemacht als Schmal- Hans Küchenmeister in Nuwuk wurde: er war zu Schlitten nach Point Hope gefahren, zu Freunden, zum Essen, und es gab keinen, der Sachawachiak halten konnte— er sank, sank rasch! Seine Barten waren verkauft, seine Felle lagen jetzt in dem Haus, das die Weißen gebaut hatten, um die große Menge Waren aufzunehmen, die sie für einen Spottpreis kaufen konnten, er hatte nun nichts mehr übrig als seine fünf Umiaks mit Ausrüstung: gingen auch die dahin, schwand seine letzte Hoffnung auf Fang im kommenden Frühjahr. Aber Jgluruk wollte Mehl und Zucker, Kaffee und Tee haben: sie liebte den Spiritus der Weißen und ihre schönen Stoffe, und sie quälte ihren Mann, bis er den schweren Gang antrat.„Was gebt ihr für einen Umiak?" Er bekam ein paar Säcke Mehl— und viel Spiritus—, er sank, sank rasch, ohne Widerstand, ohne eine rettende Hand, die ihn beizeiten aushalten konnte, Jgluruk mochte nicht ohne
die Herrlichkeiten der Weißen sein, und jetzt war sie diejenige Frau in Nuwuk, die die schönsten Sachen der weißen Männer trug. Sachawachiak bezahlte! Die Bootsbemannungen wurden ihm abtrünnig, eine nach der anderen. Wohl war Sachawachiak ein guter Herr, aber nun hatte er kein Essen. Jim Hacklett und der schwarze Joe hatten welches— man hielt zu denen, wo man Esten bekom- wen konnte. Als die Sonne wiederkam, war Sachawachiak fertig. Alles hatten die unersättlichen Weißen eingetauscht, bis auf seinen letzten Umiak, und er selbst gehörte nun zu den Leuten der Weißen, wohl als einer der ersten unter ihnen, aber dennoch— niemals vorher hatte er für andere gearbeitet. Das quälte ihn: er wurde still und mürrisch, aber Jgluruk war vergnügt: sie fühlte, sie war jetzt diejenige von allen Frauen Nuwuks, die die Weißen am liebsten in ihrer Hütte sahen, und dazu kam, daß ihr der lustige Joe viel besser gefiel, als ihr eigener Mann, der nun so viele Jahre lang, ja, schon von ihrer Kindheit an, sie beschützt und behütet hatte. Jetzt war sie nicht mehr stolz auf Sachawachiak, ihr Auge folgte ihm nicht mehr wie früher, er war ja nun nichts Besse- res mehr, als die anderen Eingeborenen, aber Joe, das war einer, und noch dazu ein Weißer, der ihr schöne Worte sag?':,, der auf merkwürdigen Instrumenten spielen und so hübsch singen konnte, aber besser als alles das, was sie am meisten schätzte, war, er hatte die Macht, zu tun und zu lassen, was er wollte. Eines Tages, bald nachdem die Sonne nach ihrem langen Winterschlafe hervorgekommen war, sah Sachawachiak zu Hause in seinem Iglu und sah vor sich hin mit roten, rinnen- den Augen, noch wirr im Kopfe nach dem Trinkgelage der letzten Nacht. Plötzlich kam ein Schlitten vor die Hütte ge- fahren und er hörte die Stimme des schwarzen Joe:„Sacha- wachiak, komm heraus, ich will mit dir sprechen!" Jgluruk sprang auf und lief hinaus, Sachawachiak focht „Was willst du?" „Ja," antwortete Joe,„nun»st die Sonne gekommen man könnte anfangen, Renntiere zu jagen, und hör mal, Sachawachiak, Jgluruk hat gesagt, sie möchte gern frische» Fleisch haben, ich sehne mich auch danach, und für zwanzig Renntierrücken will ich dir einen Umiak mit Ausrüstung und voller Bemannung geben." lFortsetzung folgt.)