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Nr. 486 39.Jahrgang Ausgabe A nr. 239

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Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratifchen Partei Deutfchlands

Redaktion und Verlag: SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Dönhoff 292-295

und 2506-2507

Sonnabend, den 14. Oftober 1922

Chamberlain warnt vor Neuwahlen.

Vorwärts- Verlag G.m.b.H., SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Abteilung: Dönhoff 2506-2507 Verlag, Hanpregpedition u. Inseraten.

Höhere Umlagepreise.

Nur keine Arbeitermehrheit!- Englands Versagen vor Kriegsausbruch.[ preises, der sich zu einer gewaltigen Breissteigerung aus­

Condon, 13. Oktober.  ( WIB.) Chamberlain erklärte in feiner mit großer Spannung erwarteten Rede in Birmingham  , die Ronservativen und Lloyd George   seien gegeneinander immer loyal und entgegenkommend gewesen. Ein Wahlsieg der Arbeiter partei würde nur dem sozialen Radikalismus dienen. Innerhals der letzten Wochen sei die Drohung mit direkter Aktion wieder wegen der türkischen Krise erhoben worden. Wenn Neuwahlen fämen, fo werde das neue Unterhaus sich von dem augenblicklichen sehr unterscheiden. Es werde Fragen aufwerfen und Gefahren auf­weifen, von denen sich die Deffentlichkeit wenig Rechenschaft ablege. Unter großem Beifall erklärte, Chamberlain,

Regierung den General Harrington mit Streitkräften versorgte, um feine Stellung zu halten, habe sie ihren Zweck erreicht, und der Friede Europas   sei gesichert worden. Die Zeit sei gekommen, wo es den Alliierten ebenso flar sein müsse wie den Engländern, daß in der Einigkeit des Rates, des Gedankens und der Aktion die Sicherheit liege und nirgendwo sonst.

Der Streit über die Kriegsschuld. Romberg antwortet Viviani.

Die Leser erinnern sich noch der im Borwärts" wiedergegebenen und besprochenen Aeußerungen Vivianis, des französischen  Außenministers von 1914 über die Rombergsche Schrift Die Fül­schungen des russischen Orangebuchs". Romberg, der jetzt von emer Reise zurückgekehrt ist, sagte einem WTB.- Vertreter u. a. folgendes über die Bivianische Widerlegung":

11

"

wenn die Arbeiterpartei eine Majorität erhalten würde, so würde die Verantwortung derer schwer sein, die in einer Zeit nationaler Gefahr nicht nation al denten konnten. Nicht die Ge­mäßigten in der Arbeiterpartei würden es sein, die persönlich die Aftion leiten würden, den Gemäßigten werde nicht gestattet werden zu führen, sondern sie würden ihre Anweisungen von einem Caucus Herr Biniani schreibt, Deutschland   habe den Zustand der Kriegs­oder einer Massenversammlung nehmen müssen. Eine Vergefahr erklärt, bevor es von der russischen Mobilmachung Kennt­mögensabgabe würde den Ruin der Industrie bedeuten. Man nis hatte, und die Erklärung des Zustandes der Kriegsgefahr be­möge bedenken, was die Nationalisierung der großen In- deute für alle ernsten Leute dasselbe wie die Mobilmachung". In duftrien bedeuten würde. Es sei zweifellos das Recht des Bremier- iflichkeit ging die Meldung von der ruffischen Gesamtmobil ministers, dem König anzuraten, wann das Parlament aufgelöst machung im Auswärtigen Amt   in Berlin   am 31. Juli 1914 um ministers, dem König anzuraten, wann das Parlament aufgelöst 11 Uhr 40 Minuten vormittags ein( Deutsche Dokumente 473), werden solle. Er, Chamberlain, fönne nicht sagen, unter welchen und erst dann wurde 1 Uhr nachmittags die Erklärung drohen Umständen oder Bedingungen das Zusammenwirken zwischen den der Kriegsgefahr erfaffen. Daß diefe Erklärung foviel wie Mobil­Ronservativen und ihren augenblicklichen Verbündeten in einem machung bedeutet, eft falsch. Der deutschen   Maßnahme einer Er­neuen Parlament am besten erreicht werden könne. Eins aber klärung drohender Kriegsgefahr entspricht in Rußland   der Beginn fönne er mit dem ganzen Ernst feiner tiefen Ueberzeugung fagen, der Kriegsvorbereitungsperiode", der bekanntlich auf den 26. Juli fiel, und in Frankreich   die Ordre de départ en couverture", die daß Einigkeit die erste Erwägung sein müsse, in Paris   schon am 30. Juli ausgegeben wurde. Aus diesen Daten geht hervor, daß Deutschland   zu allerlegt zu den kriegerischen Vorbereitungen schritt. Wie weit man uns gerade in Frankreich  in der Kriegsbereitschaft vorauseilte, zeigt unwiderleglich die Depesche wolffis aus der Nacht vom 31. Juli zum 1. August, also aus einer Zeit, bevor Deutschland Rußland den Krieg erklärt hatte, und

Einigkeit angesichts eines gemeinsamen Feindes,

und daß es verbrecherisch sein würde, persönlichem Ehrgeiz und fleinlichen Parteivorurteilen zu gestatten, das Interesse Englands zu opfern und die große Sache zu verraten, die die Konservativen alle Zeit hochzuhalten wußten, und die, wenn sie von den Konser vativen preisgegeben oder verraten würde, von feiner Kraft innerhalb des Reiches erhalten werden könne. Er sei überzeugt, es merde in einem neuen Parlament oder einer neuen Regierung Peine   Möglichkeit bestehen, die Geschäfte anders zu führen als mit einer Koalition, die von mehr als einer Partei getragen sei. Experimente im nationalen Wiederaufbau dürften nicht einer auf Um sturz gerichteten, wenn nicht revolutionären Partei überlassen merden.

Während der letzten vier Wochen habe es Augenblicke gegeben, mo die Gefahr eines Angriffs auf die britischen Streitkräfte im

lautet:

Telegramm Nr. 216.

"

"

Von Landwirt Georg Klaußner, M. d. 2. Der Kampf um die Erhöhung des Umlage= wirken wird, steht im Vordergrund des politischen Kampfes. Das Leben Hunderttausender wird durch diese Verteuerung aufs ärgste gefährdet. Agrarische Kreise fordern die Erhöhung teils wegen des sinkenden Geldwertes, zum andern wegen des verteuerten Kunst düngers. Die Vertreter der preußischen Regierung haben im Reichstagsausschuß für die Verdrei­fachung des Umlagegetreides gestimmt. Diese Stellungnahme hat sich der Landwirtschaftsminister Dr. Wendorff durch folgende Beweisführung zu eigen gemacht, wodurch er sich den Beifall der Rechten sicherte. Er macht sich die Aufgabe leicht durch folgende Statistik:

Schwefelsaurer Ammoniak. Kaltstickstoff

Kainit.

40 proz. Kali

Phosphorsäure, Superphosphat Thomasmehl

September 1922 gegen 1914 187fache Steigerung

"

W

1914 180 1914 113" P

1914 156

"

17

PP

"

1914 375 1914 112

"

"

"

"

"

Der Weisheit letzter Schluß daraus: die Erhöhung ist Das bedeutet Sanktionierung des notwendig. Wu chers der Agrarier für den Wiederbeschaffungs­preis des Düngers der Ernte 1922/23. Die Stellungnahme wird begründet mit der Not der Landwirte, die Mangel an Geld leiden, um diese teuren Düngemittel zu kaufen. Daß diese Darstellung nicht der Wahrheit entspricht, geht aus dem Bericht der 60. Sitzung für Düngerangelegenheiten hervor, in der ein Herr Schäfer von der Superphosphatindustrie fol­gendes ausführte:

,, Soweit sich übersehen läßt, haben die Preiserhöhungen auf den Absay in feiner Weise Einfluß gehabt." Auf Seite 10 sagt der Vorsitzende:

" Daß der Absatz von Stickstoff sich noch glatt vollzieht, ist ein weiterer Beweis dafür, daß der Bedarf bei weitem nicht gedeckt werden kann, und wenn wir zu einigermaßen annehm­baren Preisen Auslandsware hereinbringen könnten, würde sie zweifellos schlank von der Landwirtschaft mit aufgenommen werden."

Baris, den 18./31. Juli 1914. Zeigen diese Ausführungen Geldknappheit? Im Gegen­Bom Militärattaché an den Kriegsminister. 1 Uhr nachts. teil, fie bestätigen die Anhäufung von großen Men­Der französische Kriegsminister eröffnete mir in gehobenem gen Papiergeld auf dem Lande. Diese Ansicht findet herzlichen Tone, daß die Regierung zum Kriege fest entschloffen ihre Bestätigung durch die Ausführungen des Abgeordneten sei, und bat mich, die Hoffnung des französischen   Generalstabs zu Schlange- Schöningen  ( Dnatl.) im preußischen Land= bestätigen, daß alle unsere Anstrengungen gegen Deutschland   ge­

richtet sein werden und Desterreich als eine quantité négligeable tag, der folgendes ausführte: behandelt wird

Danach besteht kein Zweifel mehr darüber, wer zu dem Blut­

nahen Osten unmittelbar bevorzustehen schien. Die britische   Regie- vergießen rascher entschlossen war, Frankreich   oder Deutschland  

rung sei in dem griechisch- türkischen Streit neutral gewesen. Sie habe jedoch zwei große Ziele im Auge gehabt: sie sei vollkommen bereit gewesen, das Ergebnis der griechischen Niederlage in Klein­afien anzuerkennen. Sie sei ebenso bereit gewesen wie im

März,

Konftantinopel den Türken wiederzuerstatten,

, 40 Proz. der Landwirte verdienen sehr gut; aber den anderen müsse geholfen werden."

Ist da von der Not der Landwirtschaft irgend etwas zu merken? Gegenüber der Darstellung des Ministers ist es not­wendig, die Steigerung der Düngemittelpreise in der Ernteperiode 1921/22 darzustellen, weil dies ein flares Bild der Produktionskosten gibt:

Kunstdinger.

Preisentwicklung je Kilogrammproz. Stidstoff, Kali od. Phosphorsäure 1914 i. Sept. 21 Steig. April 22 Steig. Stidst off Schwefels Ammoniak 1,30 M. 14,50 M. 15fach 42,-M. 33fac Saltstidstoff:. 1,20 12,90 11, 37,-" Nainit 10

.

"

81.

B

.

0,10 0,155,

"

0,99"

"

14 2,055,

2,40 5,38

24

17

19

35

" P

"

Superphosphat Thomasmehl.

0,36 0,24

"

"

7,10 5,-"

20

33,50

85

"

"

"

" P

20

18,50

77

"

Die Zurückziehung der franzöfifchen Truppen um 10 Kilometer von der Grenze am 30. Juli hebt Herr Viviani als Beweis für den pazififtischen Geist" Frankreichs befonders hervor. Ich will nicht näher untersuchen, inwieweit diese Maßnahme, die jedenfalls eine Reihe von Verlegungen der deutschen   Grenze durch französische   Truppen vor Eröffnung der Feindseligkeiten nicht verhindert hat, wirklich befolgt wurde. Seit dem 29. Juli stellte man von Paris   aus ununterbrochen dem russischen Bundesgenossen wenn ein endgültiger Friede mit den Alliierten unterzeichnet die franzöfifche Waffenhilfe in Aussicht und stieß ihn dadurch würde. Die britische Regierung sei bereit gewesen, mit ihren auf dem Wege zum Losschlagen vorwärts, ermahnte ihn jedoch, Alliierten eine friedliche und geordnete Uebertragung Ostseine friegerischen Borbereitungen geheim zu halten( Französisches thraziens an die Türken zu sichern. Sie sei jedoch entschloffen Gelbbuch Nr. 101), und machte zugleich in London   nachdrücklich auf Reali gewesen, soweit es an ihr war, zu verhindern, daß ein Krieg, der die erwähnte Zurückziehung der Truppen aufmerksam( Französisches 40 proz. Kali Kleinafien verwüstete, nach Europa   getragen würde und darauf Gelbbuch Nr. 106). Liegt da nicht die Bermutung nahe, daß diese hinzuarbeiten, daß Konstantinopel   das Schicksal Smyrnas er- Burückziehung der Truppen um 10 Kilometer nur eine Maßnahme Phosphorsäure spart werde, und daß jene Freiheit der Meerengen, die war, um in England die Ansicht zu erweden, daß Frankreich  Das Hauptziel Englands im Kriege mit der Türkei   war und die der Ueberfallene sei? Wie sehr man darum bemüht war, dort gerade diesen Eindruck hervorzurufen, geht aus Telegramm Hauptfrucht des englischen Sieges fei, gewahrt werde. Die Nr. 222 hervor; darin meldet der russische   Botschafter, er habe dem britische Regierung fei aufs äußerste bestrebt gewesen, diese Ziele Bräsidenten der Republik am 1. August furz vor Mitternacht die möglichst durch friedliche Mittel zu sichern und bei ihrer Ver- Kriegserklärung Deutschlands   an Rußland   mitgeteilt, und dieser habe folgung mit den Alliierten aus dem Kriege zusammenzuwirken. Er ihm in der allerkategorischsten Form" erklärt, daß sowohl er felbft glaube, die Politik der Regierung sei erfolgreich gewesen. Chamber- als auch das gesamte Rabinett fe ft entschlossen feien, die lain fritisierte dann die Haltung der Führer der Opposition Frankreich   durch den Bündnisvertrag auferlegten Berpflichtungen während der Drientkriege und sagte, die Regierung sei die Erbin völlig und ganz zu erfüllen. Aber wegen des französischen   Bar­der von Asquith   und Grey eingeleiteten Politik. Der letzte Krieg fei laments und aus Erwägungen, die hauptsächlich England be das Ende der von Asquith   dauernd gerügten geübten Berufs- treffen, wäre es beffer, wenn die Kriegserklärung nicht von Frant­reich, fondern von Deutschland   erfolgt". Diplomatie" gewesen. Obgleich er

nicht sagen wolle, daß der Weltkrieg hätte vermieden werden fönnen, jo ftelle er doch fest, daß eine bestimmte Erklärung der britischen Politik vor dieser Zeit, bei Deutschland   aber die Kenntnis, wie weit es gehen könne und wo es halt machen müßte, die Ereignisse in großem Maße hätte beeinfluſſen

tönnen.

Herr Viviani fagt, für ihn gelten nur die Tatsachen, nicht die Kommentare, obwohl er es zur Rechtfertigung seiner eigenen Haltung nicht verschmäht, gewisse wohlwollende Kommentare des Herr deutschen   Botschafters v. Schoen ins Gefecht zu führen. Biviani und auch Herr v. Schoen werden es mir aber wohl nicht verübeln, wenn ich in diesem Falle den Vertreter des mit Frankreich  verbündeten Rußland  , Herrn Iswolffi, für besser über die Intuitionen der Pariser   Regierung unterrichtet halte, als den deutschen   Botschafter. Wenn Herr Viviani jedoch wirklich nur Tat­fachen angeführt wissen will, so darf er meines Erachtens bei deren Aufzählung die entscheidende Tatsache nicht weglassen, nämlich die allgemeine russische Mobilmachung, die ausgerechnet in dem Augenblick einfegte, wo sich eine greifbare Aussicht auf friedliche Berständigung zeigte. Daß diese Mobilmachung den Krieg be­deutete, das wird sicherlich unter ernsten Leuten" nicht beftritten Bevor die jetzige Regierung ins Amt fam, hätten Asquith   und entspricht auch der französischen   Auffassung, die seinerzeit schon und Grey bereits Abmachungen mit den Alliierten getroffen, die General Bois de ffre beim Abschluß der ersten russisch- französi­auf eine Aufteilung fast des gesamten ottomanischen Reiches fchen Militärfonvention zum Ausdrud gebracht hat( vgl. 3. franzöfi­hinausliefen. Zum Schluß erklärte Chamberlain: Dadurch, daß die sches Gelbbuch L'alliance franco- russe Nr. 71 Seite 150).

Chamberlain fuhr fort, jede Entscheidung der britischen Regie rung fei in Uebereinstimmung mit ihren Alliierten getroffen, und wo die gemeinsame Politik der Alliierten gescheitert sei, sei das nicht die Folge eines Fehlers der britischen Regierung, sondern die Folge von Ereignissen gewesen, die außerhalb ihrer Kontrolle lägen und auf die sie feinen Einfluß ausüben fonnte.

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Die Aufstellung für April dieses und September vorigen Jahres ist deshalb notwendig, weil Kainit, Kali, Super­phosphat, Thomasmehl zum Teil bei der Herbst­bestellung in Frage kommt und dadurch die Produktions­fosten nach dem Septemberpreis ganz erheblich geringer find als im April 1922.

Schwer ins Gewicht fällt noch, daß der Verbrauch non Phosphorsäure, die im Preise am höchsten ge­stiegen ist, weil nicht genügend vorhanden, um die Hälfte zu­rüdgegangen ist, dagegen Stickstoff und Kali eine starke Steigerung des Verbrauches zu verzeichnen haben. Es betrug der Verbrauch in der Zeit vom Es betrug der Verbrauch in der Zeit vom Stali Stickstoff Phosphors. 1. Mai 1913 bis 30. April 1914 210 000 t 630 000 t 557 000 t 1921 30. 1922 300 000 t 312 000 t 775 000 t Durch das Fehlen von 318 000 Tonnen Phosphorsäure gegen 1914 tritt eine ganz bedeutende Entlastung der Ausgaben ein und demzufolge eine Verminderung der Produktionskosten.

1.

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Demgegenüber stehen die Preise für Getreide, Kartoffeln und so weiter zur Zeit der Niederschrift: Kartoffeln um das 200fache höher, Roggen, Weizen, Gerste, Hafer, Stroh um das 300- bis 350fache höher. Inzwischen hält die Preissteigerung an.

Rechnet man nach den statistischen Ernteergeb­