Nr. 494 4 ZH. Jahrgang
Heilage öes vorwärts
Donnerstag, 19. Oktober 192�
I-n alten Derlin gibt es ein stattliches Haus, das Tag für Tag und süt Jahren viel Elend, Kun-.mer und Krankheit sieht. In der Hauptsache sind die Leidenden, die nach der Landesoersicherungs- anstalt pilgern, Veteranen der Arbeit, deren Frauen und Kinder. Der K ö l l n i s ch e Park ist im Sommer ein friedliches und freund- liches Fleckchen Großstadt. Mit seinen Rasenflächen, mit Baum und Busch so etwas wie eine Oase in der dürren, grauen Häuserwüste Berlins , eine kleine, lieblich« Insel inmitten eines Meeres von Dächern, hoch aufragenden Mauern, rauchenden und rußenden Fabrikfchornstcinen. Nicht weit davon entfernt ist der Märkische Platz mit gepflegten Cartcnanlagen und mit dem stattlichen Back- steinbau des Märkischen Museums . Wer hier promeniert, weiß nicht, daß sich gerade hier in diesem Idyll der Großstadt ein Ge- bäude befindet, zu dem die Mühseligen und Beladenen, aller Ver- zweiflung voll, pilgern, alle jene unglücklichen Opfer, deren Geld- beute! schmal ist und in deren Körper Krankheit und Tod sitzen. 3m tzause der Not. Um 8 Ufir moraens beginnt hier der große Geschäftsverkehr, und erst am späten Abend werdm die Flügeltüren des Hauses an der Ostseite des Parks geschlossen, nachdem viel Elend, Siechtum und Sorgen durch sie geschritten sind. Zu der Klientel der Landcsver- sicherungsanstalt Berlin gehören über 70 000 Invaliden und 20 000 ebcnmliae Arbeiter im Alter von öS Iahren und darüber, sowie mehr als 50 000 Daisen, die ihren Ernährer durch den Tod verloren lwben. Neben diesen ständigen Besuchern muß man noch die nach Tausenden zählenden Kranken und Gebrechlichen rechnen, die ein Anliegen haben, die entweder in eine Heilstätte verschickt, oder in der Beobachtungsstation untersucht sein wollen. Die Landesversiche- rungsanstalt besitzt mmiich ferner auch eine Tuberkulofestation, und man bekommt einen Begriff davon, welche Arbeit hier zu leisten ist, wenn man erfährt, daß Groß-Berlin etwa eine WerHrnillion Lungenschwindsuchkiaer und Tuberkuloseue-dächtiger aufweist. Diese Zahlen sind einer Statistik aus dem Anfang dieses Jahres ent- Nammen , dürften aber beute bereits viel größer sein. Eine neuere Statistik liegt noch nicht vor. Zu dem Personal der Tuberkulose- station gehören lS Acrzte und 27 Schweflern, die tagaus, tage!» die Wohnungen der Kranken besuchen und ihre Berichte abgeben, die berzzerreißend widerballen von Not und Elend der Arbeiter- familien. In der Tuberkulosestation selbst werden die Tuberkulose - verdächtigen untertucht und die Kranken durch Behandlung mit Höhensonne zu heilen versucht. Aber die Tuberkulosestation sorgt auch für das leibliche Wohl der Kranken durch Ausgabe von Lebensmitteln. Während des Krieges bat die Anstalt ZUilch. Kakao und andere Lebensmittel ausgegeben, ist aber namentlich bemüht, der Tuber- kulose einen Damm entgegenzusetzen. Die Quäker, die bald wieder ihr wohltätiges Werk in Berlin aufnehmen wollen, und die söge- nannte Schmedenhil'e haben in dankenswerter Weise ihr Schärflein beigesteuert für die Aermsten und Elendsten. In den letzten Jahren konnten in der Landesversicherunasanstalt abgegeben werden: 3251 Kilogramm Zucker, 25 Fässer Lebertran, 6995 Kilogramm Milch- Ui' Zucker, 681 Kilogramm Kakao, 5881 Kilogramm Schmalz, 723 Kilo- gramm Lichte, 6825 Riegel Seife. 40 Flaschen Losol, 5100 Taschentücher, 581 Paar Stiefel, 1158 Paar Strümpfe, sowie andere Klei- dunqsstücke. Anzüge und Wäsche. In den Ausgabestellen der Candssverlick'mmgscnllalt werden täglich 150 Personen gespei ll und erhalten Kleidungsstücke, entweder unentgeltlich oder zum Selbst- kostenvreis. In den Bureaus der Tuberkulofestation drängen sich täglich 400 Personen, und auf Lungentuberkurole werden wöchentlich etwa 1000 Personen untersucht. In den Heilstätten von Beelitz werden von der Landesversicherungsonstalt ständig 300 Kinder ver- plleat. und außerdem noch Kinder in das Gebirge und an die See geschickt. 3n der unbemittelten Bevölkerung Berlins sind bis zum Schulankrikt 50 Prozent Kinder mit Tuberkulose infiziert. » Für die Tuberkulosestation hotte die Landesversicherungsanstalt 3 Millionen Mark ausgeworfen und 1 Million Mark für das Heil- verfahren unterernährter und tuberkulosevcrdächtiger Kinder. Diese Summen werden erhöht werden, aber bei der ungeheuren Größe der Krankheit und des Elends ist es der Landesversicherungsanstalt unmöglich, alle diese Lasten allein zu tragen. Von der bürgerlichen
Gesellschaft laufen nur selten und spärlich Gaben ein. Einesteils aus Interesselosigkeit für das Schicksal von Arbeitern, andererseits � aus Unkenntnis der Sachloge. Diese Zeilen sollen daher aufklären und ollen denjenigen, die spenden wollen, aber nicht recht wissen, � wem, den Weg weisen. Hcffentlich ist ihre Zahl recht groß, und die aus diese Weise einkommende Summe bedeutend.
Die Post unü üie Zeit. Wie die Post hinter den Ereignissen der Zeit zurückbleibt, lehrt ihre im„Vorwärts" oft gerügte Langsamkeit in der Be- seitigung monarchischer Hoheitszeichen. Heute haben wir mitzuteilen, daß auf dem Postamt Berlin-Weißen- s e e P sogar noch am 8. Oktober 1922 zur amt'ichen Ver- schließung eines beschädigten Briefes eine Verschlußmarke mit dem unkorrigierten Aufdruck„Kaiserliches Postamt" benutzt wurde. Der betreffende Postbeamte hat anscheinend immer noch nichts davon gehört, daß im November 1918 das Kaisertum zusammengebrochen ist.„Schon" Anfang August 1922 ist die amtliche Anordnung er- gangen, derartige Verschlußmarken überhaupt nicht mehr zu be- nutzen, sondern den ganzen etwa noch gebliebenen Vorrat zu ver- Nichten. Aber dem Postamt Berlin-Weißensee 1 ist das wohl in den seitdem verflossenen zwei Monaten„noch nicht bekannt" ge- worden. Einen eigenartigen Mangel an Verständnis für das, was in unserer Zeit vorgeht, bekundet die Postverwaltung auch bei ihrer Behandlung der Valutaänderungen. Aus L i ch t e r f e l d e teilt ein Genosse uns mit, daß bei einer Geldsendung nach Wien ein beträchtlicher Verlust entstand, weil die Post ihm einen läng st überholten Kronenkurs anrechnete. Für eingezahlte 2100 M. wurden 70 000 Kronen gesetzl, was einem Kurs von 3 M. gleich 100 Kronen entsprochen hätte. Auf eine schriftliche Anfrage des mißtrauischen Absenders antwortete das Postamt Lichterfeld «, daß die ihm gemachte Berechnung 3 M. gleich 100 Kronen richtig fei. Durch Anfrage bei einer Bank erfuhr er hinterher, daß an jenem Tage 100 Kronen nur auf etwas über 2 M. gestanden hatten, so daß 2100 M. mit rund 100 000 Kronen zu berechnen gewesen wären. Die Post hält, wenn wir recht unterrichtet sind, an jedem von ihr angenommenen Umrechnungskurs immer ein paar Wochen hindurch fest. Daraus erklärt sich der auffällige Unterschied. Sie läßt sich eben durch nichts aus der Ruhe bringen, auch nicht durch rasche und starke Valutaschwankungen. Man sage aber nickt, daß die Post nicht auch mal ihrer Zeit vorauszueilen wüßte. Vor uns liegt der Abschnitt einer Zahlkarte, durch die am 25. September 1922 in Luckenwalde ein Geld- betrag für das Postscheckamt Berlin eingezahlt wurde. Er trägt den P o st st em p e l 25. 10. 23, der so klar ist, daß an ihm nicht ge- deutelt werden kann. Hier hat die Post das Kunststück fertiggebracht, im Wettlauf mit dem Kalender ihn um 13 Monate zu schlagen. Wer will da noch behaupten, daß die Post zu lang- sam und schwerfällig sei?_ Nückwirkenüe Tarife. Eine wichtige Entscheidung des Berliner Kaufmannsgerichts. In einer Klage vor dem Kaufmannsgericht der Stadt Berlin , die gestern zur Verhandlung kam, verlangten zwei weibliche An- gestellte der Siemens u. Halske A.-G. eine Nachzahlung des Augustgehalts und der tarifmäßigen Teuerungszuschläge. Die Klägerinnen behaupteten, daß ihnen bei der in Frage kom- Menden Gehalkzahlung bei der Firma, zu der sie sich bereits in gekündigter Stellung befanden, erklärt worden fei, daß die Tariferhöhungen für den Monat August noch nicht festliegen, sie möchten aber ihre Adresse hinterlegen, damit ihnen die Nachzahlung zugeschickt werden kann. Der Vertreter der beklagten Firma erklärte, daß er sich, da die Löhne der Angestellten erst durch die Krankenkasie festgestellt werden mußten, zu der hohen Forderung nicht äußern könne und be st ritt die Rechtmäßig-
keit der Forderungen grundsätzlich, wobei er sich auf einen Tarifvertrag aus dem Jahre 1918 stützte, nach dem Gehalts- ! abkommen keine rückwirkende Kraft haben sollten. Ferner berief ! er sich auf eine neue Erhöhung der Tarifgehältcr vom 2. September ! d. I., nach deren Bestimmungen die Erhöhung der Auaustgehälter � nur denjenigen Angestellten zukommen sollte, die zur Zeit der Aus- Zahlung noch im regulären Arbeitsverhältnis standen: die Klägerinnen seien aber ausgeschieden gewesen. Ferner machte die Firma geltend, daß sie überhaupt in keinem Vertragsverhältnis zu den Klägerinnen gestanden habe, sondern daß die andere Ver- trazspartei die Berliner Metallindustrie sei. Die Berliner M e t a l l i n d u st r i e hat nun aber in der Sache bereits ihr Urteil l dahin abgegeben, daß alle Gehälter mit der üblichen Tcuerunqs- I Zulage für den August zu zahlen seien, auch für solche Angestellte, - die zu der fraglichen Zeit bereits aus dem Arbeitsverhältnis aus- l geschieden waren. Trotzdem die beklagte Firma etwa ein Dutzend s Urteile aus ganz Deutschland verlas, die im entgegengesetzten Sinne entschieden hatten, stellte sich das K a u f m a n n s g e r i ch t auf den Standpunkt, daß die Ansprüche der Klägerinnen be- r e ch t i g't seien und verurteilte die Firma zur Zahlung der verlangten Gelder, da die Klägerinnen erst nach dem erfolgten Tarifabschluh ihre Stellung verlassen hätten, und daß nach den bisherigen Gepflogenheiten auf dem Gebiet der Tarif- bezahlung ihnen aus der Angelegenheit ein Schaden nicht entstehen dürfe._
Ein Haus für 1200 Dollar. Wir haben in unserer gestrigen Morgennummer auf die Haus- kaufe von Ausländern und die sich daraus ergebenden Möglichkeiten einer schweren Schädigung der Micterscho.ft hingewiesen. Wir ver- langten energisches Einschreiten gegen dieses Treiben, das einer Durchlöcherung der Zwangswirtschaft auf dem Gebiete des Woh- nungswcsens erheblichen Borschub leistet. In Nummer 455 des„Berliner Lokal-Anzeiger", Morgenaus- gab« vom Dienstag, den 17. d. M., Hauptblatt vierte Seite, befindet sich unter Grundstücks- und Hypothekenmarkt ein fünfzeiliges In- serat folgenden Wortlauts: Hausverkauf. 1908 erbaut, gr. Wohnung. 1200 Dollar. Reich, Lichten- berg, Iungstr. 17. Nach der Verordnung über den Devisenverkehr ist es verboten, Zahlung in-ausländischen Zahlungsmitteln bei Inlandgeschäften zu fordern, anzubieten, auszubedingen, zu leisten oder anzunehmen. Hier liegt ein eklatanter Vorstoß gegen diese Verordnung vor, und es wäre wohl angebracht, wenn die in Frage kommenden Stellen sich der Angelegenheit bemächtigen.
vom kommenden neuen Stadtbahnwagen. Bekanntlich beabsichtigt die Eisenbahnverwaltung, für den Ber - liner Lokalocrkehr von der bisher üblichen Wagentype abzugehen, um durch Schaffung eines neuzeitigen, modernen Wagens die Ab- fertigung des Bahnverkehrs auf den Stadt-, Ring- und Vorort- stationen wesentlich zu beschleunigen. Das Eisenbahn-Zentralamt Hot bisher eine große Reihe von Verkehrstypen neuer Art fertig- gestellt, deren Formen jetzt in Gestalt einzelner Vrobezüoe ausge- baut werden sollen. Hierbei ist es wegen der Preisgestaltung zu einem Streit zwischen den Wagenbauanstaltcn und dem Reichsver- kehrsministerium gekommen, so daß die zum Dezember beabsichtigte vorläufige Indienststellung einiger dieser Probezüge stark in Frag« gestellt ist. Das neueste Projekt sieht übrigens ein? ganz neuartige Radanordnung vor/ Jeder Wagen läuft auf Drehgestellen, und zwar sind je zwei Wagen statt, wie bisher, mit vier nur mit drei Drehgestellen ausgerüstet. Hierdurch wird es ermöglicht, daß trotz größerer Wagenlänge und trotz größerer Drehgestellabstände die engsten Kurven gefahren werden können. Im übrigen erhalten sämtliche neuen Stadtbahnwagentypcn(bisher etwa 18) Schiebetüren, die ein leichtes Ein- und Aussteigen ermöglichen sollen, während der Wagenkastenbcdcn in gleicher Höhe mit dem Bahnsteig liegt, so daß das Trillbrctr entbehrlich und damit die Zahl der Verkehrsunfälle durch Fehltreten erheblich herabgemindert wird. Ein Termin, an dem die Wagen erstmalig in dem Stadtbahnbetrieb versuchsweis« verkehren(natürlich mit Dampflokomotive)-, steht bis jetzt noch nicht fest, da der Streit zwischen Waggonfabriken und Ministerium durch- aus noch nicht beigelegt ist.
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Sachawachiak der Eskimo.
Von Ejnar ZNittelsen.
Sachawachiak und Douglamana saßen lanze schweigend da, als sie die Neuigkeit hörten. Sie sah ihn mi. fragenden, bittenden Augen an, dachte an das Kleine, das auf ihrem Rücken hing und graute sich vor Jcy Cape. Aber er sah weder sie, noch ihre bittenden Augen, er dachte an die Weißen. die Feind« der Eingeborenen, und freute sich über das Unglück. das diese Rasse getroffen, die den Frieden und die Ruhe an Alaskas Küste vernichtet hatte. Niemals hatte er Douglamana von der Schlechtigkeit der Weißen erzählt, niemals, da** es ein Weißer gewesen war, der ihn beinahe in den Tod getrieben hatte: er behielt das für sich selbst: aber er haßte die Raste mit einem innigen Haß, und vor seinen Augen sah er den schwarzen Joe. lachend, schön, aber falsch, das Symbol der Weißen. Lange faß er in Grübele-en über all das Unglück vertieft, während" Douglaniana sein Mienenspiel beobachtete und zu erraten suchte, was es zu bedeuten hatte. Sie kannte ja die Geschichte von dem schwarzen Joe und Lgluruk und wußte, daß er nun neue Nahrung für seinen glimmenden Haß be- kommen, daß er neues Leben in die erlöschenden Gluten blies, und sie kühlte, daß etwas, was sie nicht zu bannen vermochte, zwischen sie und Sachawachiak trat, daß ihre Macht über ihn verloren ging. Sie senkte den Kopf und nahm ihr kleines Kind aus dem warmen Anorak heraus. Wenn etwas Sachawachiak zurück- halten konnte, mußte es doch dies kleine Wesen sein. Sie lieb- koste es und nahm es dann mit beiden Händen hoch und hielt es ihm vor die Augen: er schob es beiseite und stand auf—: �Douglamana, komm!" Eine Stunde später waren sie auf dem Wege, und Sacha- wachiak trieb seine Hunde nach Norden, der Krankheit, dem Hunger und der Not entgegen, hin zu der eingefrorenen Flotte und ihren fünshundert Manu. Er wollte sie leiden sehen, wollte sich über ihre Not freuen, wollte sitzen und warten, bis die ganze Besatzung umfiel, zusammenschrumpfte, Hungers starb. Und deshalb trieb er seine Hunde an und hetzte seine Frau
vorwärts: der wikde Glanz kam wieder in sein Auge! Dougla- mana erkannte ihn nicht mehr. Sie näherten sich Jcy Cape und sahen die Masten des todgeweihten Schiffes: er peitschte auf die Hunde ein und feuerte sie an: sein Sinn konnte keine Ruhe finden, bevor er nicht die Weißen hatte leiden sehen. Es war eine vom Tode gezeichnete Stadt, in die er kam: die Backen der Eskimos waren eingefallen, ihre Fleischbehälter geleert, der Hunger nagte schon an ihnen: die Hunde waren ganz schlotterig geworden und schlichen umher, wunderlich, schattenhaft anzusehen. Der Flucb der Weißen lag über dem Lande, und in ohnmächtiger Wut ballte Sachawachiak die Fäuste gegen die dunklen Schiffsrümpfe.„Rotte es aus, das Pack," murmelte er,„laß es sterben, ekst dann bekommen die Eingeborenen etwas zu esten, sonst ist es ganz unmöglich, für die vielen Mäuler Esten zu schaffen!" Es war kein Weißer am Lande: sie hielten sich an Bord, und Sachnwachiak fuhr seinen Schlitten an dem Wohnplatz vorbei zu den Schissen hinaus, wo er gerade ihnen gegenüber sein Zelt aufschlug. Sachawachiak saß vor seinem Zelt und aß. Es freute ihn zu sehen, wie die Weißen oben auf ihren Schiffen standen und ihn beobachteten. Dann kam ein Mann über das Eis ge- gangen: es war einer von den Kapitänen.„Hast du Esten?" �„Ja", antwortete Sachawachiok.„ich habe Ellen, willst du es sehen?" Und er zeigte dem Weißen das Fleisch, das er mit sich auf dem Schlitten gebracht hatte, herrliches, saftiges Fleisch.... „Kann man das kaufen?" fragte der weiße Kapltan mit gierigem Blick,«was willst du dafür haben?" Aber Sachawachiak lachte, ein böses, � hartes Gelächter. „Einem Weißen verkauke Ich nichts: ich sitze hier, um mich darüber zu freuen, wenn die Weißen Hunger leiden, und bleibe hier, bis die Strafe vollzogen ist, zu der sie sich selbst verurteilt haben!" �...,. Das Blut schoß dem Weißen ins Gesicht: er sah aus, als ob er den Eingeborenen schlagen wollte. Doch Sachawachiak blieb sitzen, der weiße Mann war nicht gefährlich, und er lachte, als er feine offenkundige Gier nach dem Fleisch sah. „Ach so. du brauchst Essen, ja. das ist schlimm: ich selbft brauchte auch einmal welches, starb fast vor Hunger, und schuld daran waren die Weißen!" „Die anderen Eingeborenen hier herum haben mellelcht
euch gehungert," sagte der Fremde,„aber sie haben doch mit uns geteilt. Wir brauchen Esten, sage ich dir, brauchen es sehr nötig: wir sterben vor Hunger; gib uns etwas von dem, was du auf dem Schlitten hast: aber erst sage mir, wer bist du, der du Alaskas vornehmstes Gebot, dem Hungrigen Esten zu geben, verleugnest?" „Sachawachiak!" „Aus Nuwuk?" und der weiße Schiffer pfiff leise,„ach so. bist du Sachawachiak aus Nuwuk, ja dann—" und er drehte sich um und ging zu dem Schiffe hinaus. Er wußte Bescheid und kannte die Geschichte von dem schwarzen Joe und Sacha- wachiak, der dann verschwand. Wußte auch, daß die Weißen von Point Hope aus auf ihn geschossen hatten; aber er hatte nicht geahnt, daß er noch am Leben war. Sackawachiak blieb., vor seinem Zelte sitzen und sah mit haßerfülltem Blick zu den Schiffen hinaus; die Büchse lag an seiner Seite, schußbereit, für den Fall der Not. Er sah, daß eine Botschaft von Schiff zu Schiff daußen auf der tod- geweihten Flotte ging und daß Unruhe an Bord entstand. Die Leute kamen auf Deck und stierten nach dem Lande, nach dem Zelte, das für sich allein in der Nähe der Schiffe lag, sahen den Mann, der Essen hatte, aber nichts an ausgehun- gerte Weiße verkaufen wollte. Und das Gerückt erzählte mehr von dem Mann, Sackawachiak, daß man ihn drei, vier Jahre lang für tot betrachtet hatte, daß er auf dem Eis davongefahren und an Point Hope vorbeigetrieben wäre. Und nun faß er da drüben mit einem Scklitten voll Fleisch, dem einzigen Fleisch in Jcy Cape, und wollte nichts verkaufen. Sackawachiak spran" auf, sein Auge wurde hart: was nun? Was wollten sie versuchen? Kämpfen? Denn eine Schar Männer kam über das Eis gegangen, alles Weiße; was mochten sie nur wollen? Die Männer kamen näher und ein großer bärtiger Mann trat zu dem Eingeborenen hin.„Sachawachiak, kennst du Er sah auf das ausgezehrte Gesicht und nickte. Wie ein Blitz fuhren Sachawachiaks Gedanken nach Nuwuk zurück, nach seiner glücklichsten Zeit, als er noch Großfänger war und Balten zu verkaufen hatte, und als der Mann, der jetzt demütig und von Hunger ausgezehrt vor ihm stand, „Narwhales " Kapitän, James Smith, fein bester Freund ge- wesen war.(Fortsetzung folgt.)