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Nr.515 39.Jahrgang Ausgabe Nr. 250

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flowakei und Ungarn  . Der Vorwärts" mit der Sonntags­beilage Bolt und Zeit", der Unter­haltungsbeilage Heimwelt" und der Beilage Siedlung und Kleingarten" erscheint wochentäglich zweimal, Gonn tags und Montags einmal.

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Abend- Ausgabe

Vorwärts

Berliner Volksblatt

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Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratifchen Partei Deutfchlands

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Dienstag, den 31. Oftober 1922

Mussolinis Koalition.

Rom  , 31. Oftober.( WIB.) Der König nahm die ihm von Mussolini   unterbreitete Liste des neuen kabinetts an. Danach ge­hören von den neuen Mitgliedern vier zur Partei der Fascisten ( Mussolini  , Oviglio, di Stefani, Giurai), zwei( Cavazzoni, Tan­gorra) zu den Populari, drei( Carnazza, di Cefaro, Rossi) zu den Demokraten, ein Liberaler( di Capitani), ein Nationalist( Feder­3oni) und drei Parteilofe( Diaz, Thaon- di Revel, Gentile).

Mailand  , 31. Oktober.  ( TU.) Ueber die Kabinettsliste wird hierher noch gemeldet: Es sind eine Reihe von Unterstaatssetre tariaten mit Fascisten besetzt. Gestern abend ist der neue Minister rat bereits zusammengetreten, um als erstes die Demobilisation der fascistischen Mannschafter zu beschließen.

Der Sturm auf den Avanti".

Ueber die bereits gemeldete Zerstörung des Avanti", des Zentralorgans der italienischen sozialistischen   Partei in Mailand  , gibt die Bossische Zeitung" nach einem Bericht der Corriere della Sera  " folgende Darstellung:

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Internationaler Fascismus.

Rom  - Berlin  - Budapest  .

Der Sieg des Fascismus in Italien   hat in der deutschen  Deffentlichkeit starte Beunruhigung hervorgerufen. Herr Stresemann hat in seiner Braunschweiger Rede, die wir in anderem Zusammenhang schon erwähnten, auf die Gefahr eines deutschen   Fascismus hingewiesen und eindringlich vor ihr gewarnt. Wie in Italien  , so ist auch in Deutschland  nur ein Teil des Bürgertums dazu aufgelegt, geheimbündle­rische und putschistische Abenteuer mitzumachen, die große Maffe will nicht die letzten Möglichkeiten des Erwerbslebens durch innere Erschütterungen zerschlagen sehen.

Aehnliche Sorgen wie in der Volkspartei sind auch im Bentrum lebendig. Ihnen gibt die Germania  " Ausdruck, in­dem sie heute morgen schreibt:

Am Sonntag abend unterbrachen Fascisten in der Umgebung des Gebäudes des Avanti" die Zuleitungsrohre zu den Straßen­laternen und eröffneten im Schuße der Dunkelheit unter Führung ihres Rommandanten Regrini den Sturm auf das Gebäude. Sie gingen zum Feuergefecht über, das von der Polizei erwidert wurde. Die Polizei zog fogar ein Panzerautomobil zu Hilfe heran. Daraufhin drangen die Fascisten in ein benachbartes Haus, aus dem fie bas Feuer auf die Polizei wieder aufnahmen. Einer Gruppe von Fascisten gelang es, das Panzerautomobil unschädlich zu machen Es mag in Deutschland   Polititer geben, die der Kurz darauf traf ein zweites Panzerautomobil mit Polizeimann- Ruhm Mussolinis nicht schlafen läßt. Sie haben Mit­schaften ein, denen es gelang, die Fafciften auf gütlichem Wege zur läufer, die bei den letzten Nachrichten aus Rom   triumphierend aus­Einstellung des Kampfes zu veranlaffen; die Polizisten hatten sechs. riefen: Ich habe es doch immer gejagt: so muß man's machen!" die Fafciften sieben Berlegte. Auch einige Neugierige wurden teil- Eine flar geschriebene Naturgeschichte der Fascismen aller Art, zu weise schwer verletzt. Nachts gelang es den Fascisten dann unter benen als Grenzfall auch der Bolschewismus gehört. eine Schilde­Führung ihres Hauptmanns Ferni das Gebäude des Avanti" zu befehen, das sie bis jetzt nicht wieder freigegeben haben." Die Polizei- rung der spezifisch italienischen Voraussetzungen des Erfolges mannschaften zogen ohne weiteren 23iberstand ab. Mussolinis wären nicht imftande, der fascistischen Gebärde ihre Heute vormittag stürmten die Fascisten mehrere fogia perführerische Wirkung in den Augen solcher Politiker liftische Bersammlungslokale und setzten die Mobilien und Mitläufer zu nehmen. Auch nicht der Rat, abzuwarten, ob dem in Brand. Infolge des Sufammenstoßes bei dem Sturm auf den Ministerpräsidenten Mussolini   das faure Brot der verantwortlichen 2ívanti" hat fich die Stimmung zwifchen Bolizei und Falciften in Arbeit ebenso bekommen wird, wie dem Freischarenführer Mussolini Mailand sehr verschärft. Während des Tages tam es zu wiederholten das füße Brot schrankeniofer Opposition bekommen ist. kleineren Zusammenftößen. bei denen die Fafciften gegen ein Polizei­revier auf dem Corso Imberto Bomben schleuderten. Das Falciften­tommando empfahl schließlich, enflitte mit der Pöniglichen Polizei garde zu vermeiden. Die Fascisten haben im Gebäude der Boll Rom, 31. Oftober.( EP.) In Regierungstreifen wird als die wage, das sie geſtern flürmten, viele Gewehre und Munition

Das Programm der Fafcistenregierung. Paris  , 31. Oftober.( TU.) Ueber das Programm der Fascisten  regierung wird mitgeteilt, daß es in der inneren Politik eine Reihe Don Forderungen, vor allem die sofortige Auflösung des Parlaments, Reform des Wahlrechts durch königliche Verfügung, Vereinfachung der Berwaltung, Finanzreformen und Kampf gegen den Sozialis­mus umfaßt. Insbesondere wird das Kabinett für die ordnungs mäßige Arbeit in den öffentlichen Aemtern ohne Rücksicht auf Syn dikatsforderungen und Arbeiterorganisationen forgen. Streits wer­den im Staatsgebiet abfolut verboten sein. Ferner wird das Ra binett Schritte zur Bekämpfung der Balutaspekulation unternehmen. Jm Aeußeren wird von der Regierung eine nationale und unver. föhnliche Politik erwartet, und ihre erste Tat wird wahrscheinlich die Unnegion Jiumes fein..

Die erste Tat".

erste Tat bes neuen Kabinetts Mussolini   die Neuordnung des Heeres, die finanzielle Berhandlung mit den Bereinigten Staaten und die Veranstaltung einer Siegesfeier am 4. No­Dember angefündigt, bei der in ganz Italien   3 Minuten lang eine andächtige Ruhe innegehalten werden soll.(!)

Nitti verhaftet?

"

crbeutet

Blutige Zusammenstöße.

Rom  , 30. Oftober.( WTB.) Heute nachmittag entstand in dem von der ärmeren Bevölkerung bewohnten Stadtteile Tiburtino ein Strelt zwischen Fascisten und Kommunisten. Nach Blättermeldun­gen sollen hierbei acht Beteiligte getötet und zahlreiche verwundet worden sein.

Demobilisation der Fascisten?

Paris  , 81. Oktober.  ( EE.) Aus Rom   wird der ,, Chicago Tri­bune" gemeldet: Gerüchte werden verbreitet, daß Nitti von den Fascisten verhaftet worden fei. Bisher war es unmöglich, eine Be­stätigung dieses Gerüchts zu erlangen. Es verlautet ferner, Mussolini Rom  , 31. Oftober.( EP.) Der Vierer- Aktionsausschuß der habe die Absicht, verschiedene Staatsmänner der früheren Regierung Fascisten hat seine Befugnisse der Parteileitung zurückgegeben und perhaften zu laffen und fie vor den Obersten Gerichtshof zu stellen, die Demobilisierung der Schwarzhemden in ganz Italien   ange­daß sie sich wegen Mißbräuche während ihrer Amtszeit verantworten. ordnet.

ihrer Gesamtheit verwendet werden, um die Stabilisierung der Mark zu verwirklichen. Keinesfalls wird es der Reichsbank ge­stattet sein, die Goldreserve unbenut zu lassen. 6. Ein Mora torium wird Deutschland   nicht gegeben. Diese Frage soll auf der Brüsseler Konferenz erörtert werden.

Moratorium unvermeidlich!

Die Kohlenmehrforderung. Geffern, Montag, nachmittag fand im Wiederaufbauminifterium eine Besprechung der zuständigen Ministerien mit einer Reihe von Sachverständigen über das jüngste Kohlenprogramm der Repa­rationstommiffion statt. Als Sachverständige nahmen unter an­derem tell: Hugo Stinnes  , Klödner, Cüpfen und Silberberg. Die Sachverständigen betonten, daß diefe Forderungen erheblich zu hoch London  , 31. Oktober.  ( WIB.) Der Berliner   Berichterstatter feien. Die bisherigen Kohlenlieferungen hätten nur ausgeführt der Morning Post" schreibt: Unter den augenblicklichen Umständen werden können, weil die deutsche   Wirtschaft durch ausländische sei es fast unmöglich einzusehen, wie die Reparationsfommission Kohle in Betrieb gehalten werden konnte. Bei dem augenblicklichen ein langfristiges Moratorium für Deutschland   ablehnen könnte. Tiefstand der Mart fei an eine Einfuhr von Kohlen nicht mehr zu Die wichtigsten Meinungsverschiedenheiten werden nach Ansicht des denken. Die Sachverständigen gaben ihrer ernsten Besorgnis Aus- Berichterstatters in der Frage der Sicherheiten entstehen. drud, daß die deutsche   Wirtschaft durch die Forderungen der Repa­rationsfommission äußerst gefährdet sei.

Neuer Marksturz!

Trotzdem und deshalb schuldet die Presse dem deutschen   Volf, an dessen gesunde Instinkte wir appellieren das ist unser Appell Don ben Parteien, der Deutschnationalen und der mus nistischen, wegandas Bolf, die Aufklärung: daß der det atschen Natur bas italienische Rezept nicht gemäß ist; daß die Gärde den

Inhalt nicht ersetzen kann; daß dieser Inhalt heute durch andere Parteien fachlicher und haltbarer vertreten wird, als durch die Tagung der Görlizer Blechinstrumente; daß die Lehren des Kapp- Putsches noch unvergessen sein jollien; daß wir es bedauern, sehen zu müssen, wie in einer Zeit, da alle Mann an Bord nötig sind, eine Partei die von ihr selbst recht gut erkannte Arbeitsstätte an Bord verlassen und in den unteren Räumen des Schiffes eine Explosion erzeugen möchte, an der das Schiff rettungs­los led werden muß.

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Wir glauben nicht fehlzugehen mit der Annahme, daß diese gleichzeitigen Warnungen aus dem Zentrum und der Volkspartei auf eine tiefere Unterrichtung über die inter­nationalen Zusammenhänge des Fascismus zurückgehen. Die Attivität Mussolinis und seiner Anhänger hat sich nicht auf Italien   allein erstreckt. Daß Mussolini   vor einigen Monaten in Deutschland   weilte und hier mit dem völkischen Herrn Wulle allerdings auch mit Rathenau  und Führern der Linken Unterredungen hatte, ist bekannt. Weniger bekannt ist, daß der Fascistengeneral Cappello in den letzten drei Wochen in Berlin   weilte, das er am letzten Sonnabend, offenbar wegen der überraschend und vorzeitig gefommenen Entwicklung des italienischen Staatsstreichs in großer Eile verließ. Herr Cappello war in einem Quartier abgestiegen, das sonst fast ausschließlich von nationalistischen deutschen   Offizieren frequentiert wird; er verkehrte in ihren hellenden Trinksprüchen. Streifen, es gab lebhafte Besprechungen und Festessen mit bollenden Trinksprüchen.

Man tann einwenden, daß es gegen die Natur einer nationalistischen Bewegung wie der fascistischen ist, internatio­nal zu fein. Aber auch für die nationalistischen Bewegungen der verschiedenen Länder gibt es Bündnisse und gemeinsame Biele. Bum weltpolitischen Programm des Fascismus gehört Kontrolle und Reichsbankgold. Die starte Belebung des Effektenhandels hat bei den Berliner   die militärische Intervention gegen das bol. Paris  , 31. Oftober.( EE.) Der Berliner   Korrespondent des Banten eine derartige Arbeitshäufung hervorgerufer, daß chemistische Rußland  , die nur durchzuführen ist, wenn Journal" will erfahren haben, daß die Reparationstommiffion auch in dieser Woche zwei Börsenruhetage und zwar am in allen europäischen   Hauptländern extrem reaktionäre Regie­beabsichtige, folgende sechs Bunkte durchzusehen: 1. Einrichtung einer Dienstag und Donnerstag eingelegt werden mußten. Infolgedeffen rungen an der Macht sind. Von diesem Standpunkt aus mag außerordentlich strengen interalliierten Finanzton fand heute an der hiesigen Börse nur ein offizieller Devise werkehr den italienischen Fascisten oder wenigstens einem Teil von trolle beim Reich und bei den Bundesstaaten. Das Garantie statt. Bereits gesterr waren von den ausländischen Börsen, insbe- ihnen eine Unterſtügung ähnlich gerichteter Bestrebungen in femitee wird seinen Sig in Berlin   auffchlagen, und ständige Kon- fondere von New York  , wesentlich ungünstigere Mart. anderen Ländern erwünscht erscheinen. In diesem Zusammenhang verdient auch eine Reise trollkommissionen bei den Landesfinanzämtern in Preußen, turse gemeldet worden. Offenbar haben die bisherigen Aeuße. Mussolinis nach Budapest   ernste Beachtung. Wie Bayern  , Württemberg, Baden usw. einrichten. Diefe rungen der Mitglieder der Reparationisfommission über ihre vor­Kommissionen fönnen auf den Gebieten ihrer Amtstätigkeit flie aussichtlichen Verhandlungen in Berlin   im Auslande das Empfin. uns zuverlässig mitgeteilt wird, hat der italienische Fascisten­gende Inspektoren ernennen. Steinesfalls wird das Reich den wachgerufen, daß Kontrollmaßnahmen im Border. führer erst vor einigen Wochen in Budapest   wichtige Verhand­ohne vorherige Zustimmung des Garantiefomitees neue Ausgaben grunde der Berhardlungen stehen werden und daß die eigentlichen die internationale Bolitif betrafen. Als der gemeinsame Feind lungen mit dem Regenten Ungarns  , Horthy  , geführt, die bewilligen bürfen. Das Garantiekomitee wird im Einverneh. Grundprobleme, von denen die Stabilisierung der Mart des fascistischen Italien   und des revanchebedürftigen Ungarn  men mit den Reichsbehörden die Mittel erwägen, die schnell abhängt, wieder zu furz kommen. Auch in Berliner   Finanzkreisen erscheint Jugoslawien  , das feinerseits wiederum feinen ſtens das Gleichgewicht des deutschen   Budgets wiederherstellen macht sich wieder ein gewiffer Beffimismus geltend. Dies führte territorialen Besigſtand durch Zugehörigkeit zur Kleinen fönnen. Insbesondere soll das Defizit bei den staatlichen Unterneh heute zu einer beträchtlichen Steigerung der Devisendurse. Kabel Entente zu schüßen versucht. Als Gegner dieser kleinen mungen, Eisenbahn, Poſt usw. schleunigst beseitigt werden. Alle New York   wurde gegen mittag mit 4575 gehandelt. Die Nachfrage Entente hebt sich vom Hintergrund des fascistischen Staats­überflüffigen und verschwenderischen Ausgaben müffen aus dem ist ziemlich erheblich. Diese Befestigung der Deviser dürfte in der streichs ein italienisch ungarisches Bündnis Budget verschwinden. 2. Beschleunigte Einziehung der Steuern, die morgigen Bollbörse einz entsprechende Bewegung der Balutapapiere deutlich ab. Würde diefes Bündnis gegen Jugoslawien   aktio im legten Jahre vom Reichstag beschlossen wurden, und Schaffung nach sich ziehen. Ueberhaupt rechnet man wieder mit einer wei neuer Steuern. 3. Berbot aller Spekulationen in teren Belebung des Effektenmarktes.

ausländischen Devisen. Die letzte Regierungsverordnung

foll derart abgeändert werden, daß ohne Zustimmung des Der neue deuffthe Bolichajter in Mestau, Graf Broddorff. Reichsfinanzministeriums fein Erwerb von Devisen usw. Rantzau, hat sich noch Moskau   begeben.

möglich ist. 4. Ausgabe einer inneren Reichsgoldmart. Der franzöfifche Botschafter, Laurent, fiberreichte dem Reichs­anleihe. 5. Die Goldreserve der Reichsbank foll sofort in präsidenten Ebert sein Abberufungsschreiben.

werden, so entstände die Gefahr eines neuen Kriegs,

in den die Tschechoslowakei  , Polen   und Rumänien   mit hinein­gerissen werden könnten.

So hat der Sieg des Fascismus in Italien   ein neues sehr ernst zu nehmendes Moment der Unruhe in die gesamt­europäische Lage gebracht. Die Hoffnung besteht allerdings, daß der regierende Fascismus ein anderes Gesicht zeigen