Nr. 60139.Jahrgang Ausgabe A nr. 297

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Donnerstag, den 21. Dezember 1922

Der neue polnische Staatspräsident.

Der Kandidat der Linken gewählt.

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Warschau , 20. Dezember. ( Eigener Drahtbericht.) Die als Vorsitzender der staatlichen Sparsamteits- Rom Nationalversammlung wählte im ersten Wahlgang mit 298 mission mit eisernem Besen in den polnischen Ministerien Stimmen der Linfen , Sozialisten und Minderheiten den Abg. ausgefehrt. Wojcziechowski zum Staatspräsidenten. Der Kandidat der Rechten, Profeffor Morarosti, blieb mit 221 Stimmen in der Minderheit. 16 Stimmzetiel waren ungültig. Wojciechowifi hat die Wahl angenommen.

Stanislaus Wojciechowski ist aus der polnischen Sozialdemokratie hervorgegangen. Mit seiner Wahl hat die Koalition der Linksparteien und der Bauernschaft, die Idee der Demokratie und der modernen Entwicklung des Staats­mesens, zum zweiten Mal einen glänzenden Sieg davon getragen.

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Ministerpräsident Siforsti, den er zweifellos in seiner Stellung belassen wird, schlägt mit feinem ebe. erlaffenen Rundschreiben an die polnischen Wojwoden einen bis jetzt in Bolen noch nicht gehörten Ton an. Er verlangt mit mili tärischer Strenge absolute Disziplin und unbedingte Wahrung des Staatsintereffes und fordert alle Beamten, die sich einem solchen Regime innerlich nicht gewachsen fühlen, auf, unver­züglich zu demissionieren:

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Finanzausgleichsgeseh.

Bon Bruno Asch .

Die Novelle zum Landessteuergesetz, die unter dem Namen Finanzausgleichsgeseh dem Reichstag zugeleitet worden ist, soll in erster Linie dazu dienen, der außerordent­lichen finanziellen Notlage der Gemeinden wirksame Hilfe zu bringen. Durch die unzureichende Beteiligung an den großen Rechssteuern, die an die Stelle der früheren Mög­lichkeit einer Erhebung von Zuschlägen zur Einkommensteuer getreten ist, mußte bei der rasch fortschreitenden Geldentwer tung und der durch den Krieg geschwächten Finanzkraft aller öffentlichen Körperschaften das Verhältnis zwischen Einnah men und Ausgaben auch in den Gemeinden ständig ungün­Die Erfüllung der wichtigen Aufgaben der ftiger werden. Kommunen auf den Gebieten der Wohlfahrtspflege, des Woh­nungswesens, der Volksbildung, der Ernährung, des Wege­baues und der Straßenunterhaltung sowie der allgemeinen Wirtschaftsförderung mußte angesichts der mangelnden Mög­lichkeit, ausreichende Einnahmequellen zu erschließen, immer stärker Not leiden. Es ist heute keine Frage mehr, daß wir vor einem Zusammenbruch der Gemeindewirtschaft stehen, wenn nicht endlich großzügige Maßnahmen zu einer Dor einem Zusammenbruch der Gemeindewirtschaft

Die Offiziere wieder freigelassen. Jene Mächte, welche die Tradition der Magnaten­Warschau, 20. Dezember.( DA.) Die Nachrichten über die Ber­herrschaft wieder beleben, für eine einzige Partei das Recht des liberum veto" mit Gewaltmitteln durchsetzen haftung hoher Offiziere erweisen sich insofern als übertrieben, wollten, haben in den lekten Tagen einiges gelernt. Sie als es sich mehr um Berhöre von einigen Offizieren gehandelt hat, haben begriffen, daß die 60 Prozent der Bevölkerung aus die fich politisch exponiert hatten, die aber freigelassen worden find. haben begriffen, daß die 60 Prozent der Bevölkerung aus Dagegen sind mehrere höhere Beamte durch die Regierung ihres dustriezentren und unterstützt von den ein Drittel der Gesamt- Ministerium des Innern Urbanowicz, ferner der Regierungskom- der Gemeindefinanzen nicht e her möglich ist, bevor nicht machende Bauernschaft vereinigt mit der Arbeiterschaft der In- Bostens enthoben worden, so der Direktor der Sicherheitssektion im finanziellen Sicherung der Gemeinden eingeleitet werden. Es kann feinem Zweifel unterliegen, daß die Sanierung bevölkerung bildenden nationalen Minderheiten start genug missar für Warschau Borzeci. Die Säuberungsaktion in den Be- der Gemeindefinanzen nicht e her möglich ist, bevor nicht ist, um diesem Vorhaben auf parlamentarischem Wege wenn es aber not täte, auch auf dem des aufgezwungenen hörden nimmt ihren Fortgang. Die Verhaftungen werden jedoch auch der Haushalt des Reiches und der Länder geordnet wenn es aber einen Damm zu sehen. Die Reaktionäre vorläufig geheimgehalten, da man glaubt, einer Organisation die städtische Wirtschaft in Ordnung bringen, während im haben auch die Erfahrung gemacht, daß das Gros der Armee auf die Spur gekommen zu sein. Es steht fest, daß die Ermordung Reichshaushalt zwischen Einnahmen und Ausgaben fein des Präsidenten aus politischen Gründen erfolgt ist. Der nicht hinter den Nationaldemokraten und Haller, sondern mörder hat dem Komitee angehört, das die Ausstellung ver­hinter Pilsudski und Sikorski steht. Wohl oder übel wird also anstaltet hat, und auf seine Veranlaffung ist die Einladung des die nationalistische Rechte nunmehr einlenten müssen. Präsidenten zur Eröffnungsfeier der Ausstellung erfolgt. Sie wird die weitere Entwicklung Bolens zu einem demotra­Der nationaldemokratische Verein Rozwoj" ist aufgelöst und tischen modernen Rechtsstaat, nicht hindern fönnen. eine Anzahl Borstandsmitglieder sind verhaftet worden. Der neue Staatspräsident Wojcziechowski ist eine scharf umrissene Persönlichkeit. Die hagere, aufrechte Gestalt ist den fozialistischen Emigrantenfreifen von London her be fannt, wo der von der russischen Regierung verfolgte Organi fator der ländlichen Geheimzirkel ein zehnjähriges Eril ver­lebte. Ein arbeitsreiches Leben liegt hinter ihm. Er widmete es ernsten sozialpolitischen Studien und einer praktisch orga­nisatorischen Tätigkeit auf dem Gebiete der Genossen schaften und der Gewerkschaften. In dieser Schule hat er feine ausgedehnten administrativen Kenntnisse er worben, die ihn berufen erscheinen ließen, 1919 das Amt des Innenministers zu übernehmen. Wojcziechowski hat bereits

Die Ablehnung der Anleihe.

New York , 20. Dezember.( Reuter.) Herr Lamont von der Morgan- Gesellschaft erklärte bei einem Festmahl, die Zeitungs­berichte riefen den Eindruck hervor, als ob das Ersuchen des deut­ schen Botschafters um ein Darlehen abgewiesen sei. Er bemerfie dazu:„ Wir sagten dem Botschafter, eine Anleihe sei unmöglich, weil gegenwärtig das americanische Publikum nicht daran denken würde, Schahanweisungen zu kaufen", und ferner:„ Wir könnten dem in­vestierenden Publikum Zeichnungen auf eine solche Anleihe augen­blicklich nicht empfehlen".

Warschau , 20. Dezember. ( Mtb.) Das Militär rückt energisch von Haller ab. Kurjer Boranny" veröffentlicht einen Offenen Brief früherer Legionäre an Haller, in dem diese nachweisen, daß Haller immer doppeltes Spiel gespielt habe. Er habe seine Kuriere zu Kaiser Wilhelm und Kaiser Karl geschickt und gleich zeitig um die Fürsorge eines polnischen Generals gebeten. Auch in der Utraine habe er nach zwei Seiten gehandelt. Bon verbreche rischen Bolksgenoffen sei er als der einzige Retter Warschaus hin­gestellt worden. Jetzt habe er aber die Ehre Bolens 3er rissen. Auch die Hauptleitung des Verbandes polnischer Legionäre erläßt einen Aufruf zum Schutze des Vaterlandes gegen Haller.

Einigung in Lausanne .

Ausschaltung Rußlands . Lausanne , 20. Dezember. ( WIB.) Die heutige Sitzung über die Meerengenfrage, die nach Curzons gestrigen Worten unbedingt die letzte sein sollte, nahm einen Verlauf, über deffen Bedeutung und Folgen bis jetzt noch feine volle Klarheit in den Kreisen der Konferenzen besteht.

Gleichgewicht erzielt und die Mark auf einen einigermaßen feften Stand gebracht worden ist, ist selbstverständlich voll­ständig abwegig. Die Städte sind deshalb an einer Stabili­fierung der Mart und einer Sanierung der Reichsfinanzen außerordentlich interessiert und sie handeln durchaus im mohl­verstandenen eigenen Interesse, wenn sie durch rücksichtslose Sparsamkeit auf allen Gebieten der Gemeindeverwal tung und durch möglichste Beschränkung der an das Reich zu stellenden finanziellen Ansprüche der Sanierung des Reichs­haushaltes nach Kräften zu dienen bestrebt sind. Es ist aller­dings unmöglich, diese dringend notwendige Einsparung von Verwaltungsarbeit durchzuführen, wenn nicht unfere gesamte Gesetzgebung und die öffentliche Verwaltung wesentlich ver­einfacht und durch eine Festigung des Markwertes die faum abzuschätzende Fülle unproduktiver Mehrarbeit, die durch die ständigen Schwankungen des Geldwertes erforderlich wird, vermeidbar gemacht werden kann. Bis zu diesem Zeitpunkt aber muß versucht werden, wenigftens eine Besserung des gegenwärtigen unhaltbaren Zustandes herbeizuführen und im Rahmen der vorhandenen Kräfte den Gemeinden zu helfen.

Die Gemeinden haben zurzeit an zwei Hebeln besonders zu leiden. Erstens daran, daß die ihnen zugebilligten Beteili­gungen an dem Aufkommen an Reichssteuern nicht aus­reichend sind, zweitens, daß sie ihnen viel zu spät zufließen, daß ihnen dadurch erhebliche Schwierigkeiten bei der Erfüllung der finanziellen Verpflichtungen erwachsen und riesige Sum­Als Erster erklärte Ismet Bascha, daß die Türkei mit den men als Zinsen für die zur Bestreitung der Ausgaben auf­großen Linien des alliierten Projektes einverstanden sei, aber genommenen 3wischentredite aufgewandt werden müffen. u. a. das Recht auf eine türkische Garnison auf Gallipoli, deren In der Novelle zum LStG. ist vorgesehen, daß Länder London , 20. Dezember. ( WTB.)„ Times" berichtet aus Wa Stärte die Alliierten selbst festsetzen mögen, die Abschaffung der und Gemeinden in Zukunft nicht mehr mit zwei Dritteln, hington, von hoher amerikanischer Seite werde folgende Darstellung Stationsschiffe, die obligatorische Anmeldepflicht der Kriegsschiffe fondern mit drei Vierteln an dem Aufkommen an Eintom­der Haltung Ameritas gegenüber der europäischen Wirtschaftslage und die Einschränkung der Befugnisse der Meerengenfommission auf men- und Körperschaftssteuern beteiligt sein sollen. Das ist gegeben: 1. Es würde vollkommen müßig sein, von einer inter - Kontrolle der Schiffahrt fordern müsse; Griechenland solle feinen gewiß ein Fortschritt, aber für die Gemeinden nur ein nationalen Anleihe, die Deutschland zugute kommen würde und an Bertreter in der Meerengenfommission haben. Allgemeine politische problematischer, wenn man bedenkt, daß sie bis heute nicht der amerikanische Kapitalgeber beteiligt sein könnten, zu sprechen, Garantien für die Sicherheit Konstantinopels seien nötig anstatt der wissen, was ihnen aus der 3weidrittelbeteiligung aus dem bevor die Reparationsfrage endgültig geregelt in dem alliierten Projekt vorgesehenen Völkerbundgarantie; Jahre 1920 endgültig zufließen wird, geschweige denn für fei; 2. Die amerikanische Regierung sei nicht der Ansicht, daß die Lemnos und Samothrake müßten autonom werden. 1921 bzw. 1922. Bisher sind in Preußen als Abschlagszah= Lord Curzon entgegnete mit Genugtuung darüber, daß die lung für die Jahre 1920/21/22 insgesamt 735 Broz. des ört­Frage der Schulden der alliierten Staaten in Amerika als ein Teil des Reparationsproblems angesehen werden sollte; 3. Die Ver- Türken die allgemeinen Linien des alliierten Projeftes angenommen fichen Aufkommens des Jahres 1919 angewiesen worden, d. h. einigten Staaten wünschten nicht und nähmen auch keineswegs an, haben; ihre Einwände berührten nur ihre Anwendung. Für Gal die Gemeinden haben in einer Zeit, in der ihre Ausgaben daß es irgendwo gewünscht werde, daß die Summe, die Deutschland lipoli hätten die Alliierten bereits eine Gendarmerie zugeftanden, die mindestens etwa das Hundertfache derjenigen von 1919 ins­zahlen soll, in einer Höhe festgesetzt werde, die zu dem Argwohn nur feine Artillerie befize. Hieraus fönnten Schwierigkeiten nicht gesamt betragen haben, noch nicht einmal sieben. Anlaß gäbe, daß Deutschland gestattet werden solle, sich seinen ge- mehr entstehen. Die Stationsschiffe spielten nun in der Seestadt undeihalbmal soviel wie 1919 als Anteil an der Ein­rechten Verpflichtungen zu entziehen. Konstantinopel ungefähr die Rolle wie in einer anderen Hauptstadt fommensteuer erhalten! die Botschafterautomobile. Darüber werde man sich einigen, ebenfo über die Vollmachten der Kommission.

Nach dem Kerrespondenten fann und will die amerikanische Regierung Rat erteilen und ihren Einfluß zur Geltung bringen, aber unter feinen Umständen werde sie irgendeine Aktion ergreifen, die die Uebernahme irgendeiner Berantwortung in oder für Europa bedeuten würde

Nachdem Bompard( Frankreich ) an den guten Willen der Türkei in der Frage der Stationsschiffe appelliert hatte, begrüßten mehrere Redner die fortschreitende Verständigung.

Daß unter diefen Umständen alle anderen Steuern, ins besondere die Realsteuern sowie die Gebühren unerträglich heraufgesetzt werden mußten, ist selbstverständlich, und es ist nur dem Raubbau, der an den meisten Einrichtungen der Gemeinden während dieser Jahre getrieben worden ist, zu danken, wenn die Belastung nicht noch höher geschraubt und das zahlenmäßige Defizit nicht erheblich größer in Erscheinung getreten ist.

Der amtliche Bericht, den Lord Curzon am Schlusse der New York , 20. Dezember.( WTB.- Funkspruch.) Wie das Journal of Commerce" aus Washington meldet, wurde die Sitzung verlesen ließ, teilt kein Wort über den Inhalt der Rede mit Erörterung der Mittel für eine Ordnung der Lage Europas und für und macht auch nicht die geringste Andeutung darüber, ob diese Eine kleine Hilfe in der Not wurde im Herbst des ver­eine Hilfe an Deutschland in den amtlichen Kreisen bis zum Ein- Sigung nun wirklich tie letzte war, und was weiter erfolgen treffen der Antwort der französischen Regierung auf die von wird. Aus den Erklärungen, die von den verschiedenen Dele gangenen Jahres eingeleitet, als das Reich sich zur Zahlung der Regierung der Bereinigten Staaten offiziös ausgeftredeationen abgegeben wurden, geht jedoch hervor, daß tatsächlich teine von Zuschüffen zur Beamtenbesoldung entschloß und damit ten Fühler zurückgestellt. Sigungen über die Meerengenfrage mehr stattfinden sollen und die wenigstens einen Teil der finanziellen Lasten, die bei fort­noch bestehenden Meinungsverschiedenheiten in privaten Berhand- schreitender Geldentwertung bei den Besoldungsausgaben lungen zwischen den Alliierten und den Türken behoben werden erwuchsen, abbürdete. Da sich diese Zuschüsse aber nur auf follen. Das würde darauf hinauskommen, daß man die Ruffen end- einen Teil der Angestellten erstreckten, die Arbeiter der Kom­gültig aus den Meerengenverhandlungen ausschalten will. Die munalverwaltungen( selbstverständlich tamen Beamte und russische Delegation hat heute nicht das Wort ergriffen. Angestellte in werbenden Betrieben von vornherein nicht in

Clemenceaus Streifangst.

Paris , 20. Dezember. ( WTB.) Clemenceau hat bei feiner An­funft in Le Havre den Journalisten erklärt, er fürchte das Ruhrgebiet wegen der Streits.