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Seilage öes vorwärts
Ireltag. 19. Januar 1023
Sie Kaöaververwertung öer Großstadt. Fleischpulver und hochwertiges Fett als Nuhprodukte.
Eine Riesenstadt wie Berlin fordert täglich ihre Opfer. Auch die Tierwelt ist daran beteiligt. Pferde fallen, Hunde werden überfahren. Hier werden Tiere krank und müssen getötet weiden, dort sterben sie, bevor man die Krankheitsursache ergründet hat. In Markthallen wird häufig schlechtes Fleisch und auch Fische be- schlagnahmt. Was geschieht nun damit? An der nördlichen Peripherie der Stadt, hart an der Landsberger Allee , in der Paul- Heyse-Straße, ist die H a u p t s a m m e l st e l l e für tote Tiere. Hierher kommt alles, was aus gesundheitlichen Gründen der Be- schlagnahme verfiel. Die Untersammelstelle auf dem Zentral-Bieh- und Schlachthof sammelt dagegen nur Tierkadaver der dort ver- endeten Tiere und kranke Fleischtelle. Bon diesen beiden Plätzen gelangen die gesammelten Konfiskate in geschlossenen Eisenbahn- tankwagen zur Fleischvernichtungsanstalt Alt-Rüdnitz bei Bernau . Der Transport. In früherer Zeit befand sich diese Anstalt, die»ilbdelkerel" hieß, im Norden der Stadt/ gegenüber den„Rehbergen". Das Gelände, etwa 214 Hektar groß, war als fiskalischer Besitz oerpachtet. Als im Jahre 1308 der Pachtvertrag ablief, beschlossen die StaMbehör- den, die Anstalt deren Einrichtung unterdessen völlig veroM war, eingehen zu lassen. Magistrat und Stadtverordnete beschäftigten sich mit dieser Frage und' entschlossen sich, eine neue, modern aus- gestattete Anstalt zu schaffen. Nach langen Debatten wählte man das der Stadt gehörende Gut Albertshof bei Bernau zum Bauplatz. Die Fleischoemichtungsanstalt Alt-Nüdnitz, die feit dem 1. Juli 1908 im Betrieb ist, muh als mustergültig bezeichnet werden. Man unterscheidet dort die„reine" und die„unreine" Seite, und trennt hierdurch die fertigen(sterilen) Produkte und das kranke(infektiöse) Rohmaterial voneinander. Das in den beiden Sammelstellen ge- sammelte Fleisch gelangt in geschlossenen Tankwagen nach Bernau . Bon hier aus befördert eine der Stadt Berlin gehörende Lokomotive die Wagen nach der Nottaderampe in Alt-Rüdnitz, von wo wieder eine Hängebahn mit fahrbaren Flaschenzügen das Fleisch dem Schlacht, und Zerlegeraum zuführt. ?n öen Riefenkochern. Ein Kran hebt die Konfiskatkästen, in denen sich die'Fleisch - teile befinden und schüttet ihren Inhalt in die Exlrakkions. und Trockenapparate, von denen acht vorhanden sind. Ein« Siebtrom- mel, die im Extraktor eingebaut ist, nimmt das Material auf. Ist die Trommel, die etwa 50 Zentner fassen kann, gefüllt, wird der Apparat geschlossen. Wasserdampf von etwa vier Atmosphären Spannung dringt durch die Trommellöcher und führt zur Eni- wasierung und Entfettung des Fleisches. Die sich absondernde Flüssigkeit fließt in den Iettab scheider. Der Dolksmund sagt:„Fett schwimmt oben." Ein Echauglas zeigt, ob noch Fett im Abscheider ist. Das Fett wird abgelassen und die verbleibende Leimbrühe kommt in den Rezipienten(Aufbewahrungsgesäß). Das Fett aus dem Fettabscheider gelangt zum Felisammel- und Slärgefäß. wäh- rend die Leimbrühe aus dem Rezipienten in den Verdampfer läuft. In diesem Gefäß befindet sich am Boden eine Eisenschlange, die Dampf von 140 Grad durchspült. Das im Rezipienten befindliche Wasser wird alsdann sofort dem Extraktor zugeführt, um auch hier wieder verwandt zu werden. Wenn der Dampf abgezogen ist, setzt sich am Boden des Verdampfers die Leimgallerte ab und kann dann in bereitstehende Fässer gefüllt werden. Fett und Leimgallert« sind nun dem Rohmaterial entzogen. Jetzt gelangt indirekter Dampf in den Doppelmantel des Exttaktors und die Siebtrommel njirb_ in Bewegung gesetzt. Der Trockenprozeß des gekochten Tiermaterials hat begonnen. Nach und nach fällt aus der Siebtrommel braunes Pulver heraus, die Neste der Tierkadaver. Kommen ganze Tier- kadaver auf Alt-Rüdnitz an. so werden sie zunächst enthäutet. Ziegen-. Reh-, Katzen- und Hundcfelle werden getrocknet, während alle anderen Fell« in den Häutesnlzraum gelangen, um hier in für den menschlichen Genuß unbrauchbarem Salz eingewälzt zu werden. Verseuchte Kadaver werden besonders behandelt. Hier findet ein Abhäuten nicht statt. Ein Extraktor, getrennt von den anderen, vernichet die Felle gleichfalls. Bevor die Arbeiter den Seuchen- räum betteten, legen sie ihr« Kleider ab und ziehen sich die im Seuchenraum vorhanden« Arbeitskleidung an. Nach beendeter Ar- beit gelangen die Kleider in einen Dampfdesinfektionsapparat, die Arbeiter nehmen ein Bad und betteten erst dann wieder die„reine
Seite", um ihre Kleidung anzuziehen. Laien mögen glauben, daß in der Fleischvernichtungsanstalt„ein ganz fürchterlicher Geruch" herrschen müsse. Nichts von alledem! Luftpumpen sind an der Arbeit, um die Dämpfe abzuziehen und mit kaltem Wasser nieder- zuschlagen. Leitungen führen zum Kesselhause, wo die Gase ver- brennen. Eine Transportschnecke bringt das braun« Mehl, den Ucberrest der Tierkadaoer, nach genügender Auskühlung zum Elevator, der es zum Lager und Nlahlboden führt. Hier nimmt ein Schüttrumpf das Mehl auf und führt es an einem starken Ma- aneten vorbei, um Nägel und andere Eisenteile, die sich häufig in Wiedcrkäuermagen finden, zu entfernen. Dann muß das Mehl den Grabwalzenstuhl, den Feinwalzenstuhl und die Sichtmaschine passieren. Hier werden Haare, Borsten usw. entfernt. Das so ge- wonnene und gereinigte Mehl wird größtenteils als Viehfutter ver- wendet. Di« gröberen Reste, die die Sichtmaschine aussondert, finden endlich als Düngemittel Verwendung. Die �ettküche. Drei mächtige Feltklärgcfäße stehen bereit, um das Fett aus dm Fettabscheidern aufzunehmen. Auch in diesen Gefäßen lagern am Baden Heizschlangen, die das Fett zufammenschmelzm und reinigen. Schweinekadavcr, die besonders gekocht werden, liefern das beste Fett. Mustert man die hier stehenden Tonnen, so glaubt man„Prima Berliner Schweineschmalz" zu sehen. All« anderm Tierkadaver, Pferde, Rinder, Schafe, Katzen, Hunde, Fische usw. werden zr(ammen gekocht und ergeben natürlich nur ein minder- wertiges Fett. Seifenfabriken sind die Abnehmer dieser. fettigen Sachen" und bescheren uns später die schönsten Wasch- und Toil ttenseifen. 0 Im Maschinenhause arbeitet eine achtzigpferdig« Dmtilmaschine, die für- den Antrieb sämtlicher Apparate, Pumpen und Maschinen zu sorgen hat, Ein Dynamo deckt den nötigen Lichtbedarf. Zwei Pumpen befördern die Abwässer aus der Sammelgrube auf die naheliegenden Rieselfelder. Das Kesselhaus mit seinem 40 Meter hohen Schornstein besitzt zwei Zwciflammmrohrkessel mit je einer Heizfläche von 120 Quadratmeter. Bade- und Aufenthaltsräume sind ebenfalls vorhanden, um so mehr ist es zu bedauern, daß die wirklich großzügig angelegte Wasch- und Trockenküche außer Be- trieb ist. Grund: Wäschemangel. Nicht weit von der Anstalt grüßen einige freundliche Wohnhäuser. Hier haben die Beamten und Arbeiter ihr Domizil, um immer in der Nähe ihres Arbeits- Platzes zur Verfügung zu stehen.
Sei öen Krebsen.
Krebsartige Tiere haben von jeher zu den interessantesten Er- scheinungen in unserem Aquarium gehört und sind auch jetzt noch in den verschiedensten Formen reich vertteten. Die Süßwosserräume weisen unseren biederen Flußkrebs auf, der in besseren Zeiten in den Monaten ohne r zu den beliebtesten Leckerbissen gehörte. In größerer Zahl von Arten sind die Panzerttäger in der Seewasserabteilung vertteten. Da finden wir di« eigentlichen Krabben und unter ihnen die ungeheuerlichen Gestalten der Seespinne und des Taschentrebses. Mehr unserem Flußkrebse ähneln die Schildkrebse, so schon der Einsiedlerkrebs, der in einem leeren Schneckenhause sein Heim aufgeschlagen hat, die große scherenlos« Languste und ganz besonders der Zwerg und der Ries« dieser Arten, Garneele und Hummer. Die kleine behende Garneele, vom Publikum und auch im Handel oft fälschlich als„Krabbe " bezeichnet, gewährt mit ihrem hellen, beinahe durchsichtigen Körper, wenn sie hurtig durch die Salzflut emporschießt,«inen malerischen Anblick und zeigt, wenn man ihr einen ausgehängten toten Hering zu schmausen gibt, einen kolossalen Appetit. Im Gegensatz« zu ihr ttägt ihr mächtiger Vetter, der Hummer, meist eine sehr bedächtige, würdevolle Haltung zur Schau, die das Groteske seines Aussehens erhöht. Wir kannten ihn fast nur im Panzerkleide von der gewöhnlichen braunen Färbung. Nun aber sind uns zwei neue Exemplare zugegangen, deren Tracht erheblich davon abweicht, und haben in den Seewasser- decken 14 und 15 ihre Behausung erhalten. Beide sind Edelhummern
von bettächtlicher Größe.. Der eine zeigt eine dunkelblaue Färbung. wie sie sich auch bei unseren gewöhnlichen Hummern hin und wieder angedeutet findet. Weit befremdlicher wirkt die Farbe des anderen, geht sie doch ins Rot über, das wir sonst bei solchen Tieren nur in gekochtem Zustande kennen. Bei ihm sitzt die große starke Knack- schere, mit der er beim Fressen harte Gegenstände zerbricht, links, die kleinere, zum Zerreißen der Nahrung bestimmte Schere rechts, während bei seinem blaublütigen Kollegen das Umgekehrte der Fall ist. Daß olle derartigen Geschöpfe Delikatessen ersten Ranges sind, ist eine wehmütige Erinnerung an die schönen Tage, wo man sich einen solchen Genuß immerhin ab und zu erlauben durfte. Jetzt wollen wir froh sein, daß uns wenigstens ihr Anblick im echten Naturzustande vergönnt ist. Dreizehn auf einen Schlag. Festnahme einer Mord- und Räuberbande in Iehdenlck. Ein großer Schlag ist der Berliner Kriminalpolizei in Zehdenick , einem kleinen Landstädtchm im Kreise Templin , gelungen. Bis vor etwa einem Jahre herrschte in diesem kleinen Orte Ruhe und Frieden. Dann aber meldete die Lokalchronik Tag für Tag neue Einbrüche und Gewalttaten. Die Berliner Kriminalpolizei, um Hilfe gebeten, entsandte die Kriminalbettiebsassistenten Meyer und Kraft, denen es auch in kurzer Zeit mit Unterstützung der Ortspolizei und der Land- jäger des Kreises Templin gelang, eine dreizehnköpfig« Einbrecherbande zil entlarven und festzunehmen. Die Haupttäter sind Hermann Müller(Sohn), Robert Doege(Vater), Robert Doege(Sohn), Erich Doege, Rudolf Sprung aus Wesendorf , der Schuhmacher Karl Müller und der Arbeiter Adolf Schmidt. In kurzer Zeit hatten sich diese Gelegenheitsdiebe zu schwer be- waffneten Einbrechern entwickelt, die selbst Menschenleben nicht achteten, um zu ihrem Ziele zu gelangen. Etwa 200 Einbrüche und zwei Morde dürsten auf das Konto dieses Einbrccher-Konzerns zu setzen sein. Bisher konnte 48 Geschädigten ihr Eigentum wieder ausgehändigt werden. Der Gesamtwert der Beute scheint mit 10 Millionen Mark nicht zu hoch gegriffen zu sein. Dabei machten die Einbrecher keinen Unterschied: ob arm oder reich, ihnen war jede Gelegenheit recht. Das Haupt- quartier der Bande war die Villa Doege. In kunst- voll hergestellten und wirklich sehenswerten Doppelwänden und unter den Dielen waren Abteilungen geschaffen worden, wo das ge- raubte Gut bis zu einem günstigen Dollarstande auf seinen neuen Besitzer warten sollte. Die Reichhaltigkeit war einzig. In Templin hatte man von einem Neubau Fensterrahmen, Türen, Schlösser, ja sogar einen ganzen Kachelofen gestohlen; denn Her- mann Müller(Sohn) gedachte, neben die Billa Doege ein gleiches Schlößchen zu setzen. Versorgt war man mit allem. 15 gestohlene Fahrräder standen zur Verfügung. Aus der Kreweliner Mühle hatte man in einer Rocht mit Pferd und Wagen 20 Zentner Roggen geholt, und ein Einbruch in die Konditorei Möhser sorgte für Leckerbissen. In letzter Zeit ging man vorsichtiger an dl« Arbeit. Reben Browningpistolen führte man Gewehre bei sich, und während einige der Räuber schwer bewaffnet einstiegen, standen die anderen mit geladenen Gewehren Posten. Bei einem solchen Einbruch in M a r i e n t h a l wurde der Kaufmann Hir s ch f e l d, ein be- jahrter Mann, erschossen, als er den Einbrechern entgegenttot. Auch der Mord an dem Händler Lange, der eine Kantine in Zehdenick verwaltet und mit einem Beil erschlagen wurde, dürste auf das Konto der Bande zu setzen sein. Die ganze Bande, die jetzt hinter Schloß und Riegel sitzt, hat bereits über hundert Einbrüche zugegeben, ebenso den Mord an Hirschfeld. Im Falle Lange sind die Einbrecher stark belastet. Die Gerichtsverhandlung wird in Prenzlau stattfinden._ Mordprozest Neister. Im weiteren Verlauf der gestrigen Vernehmung wurde die von Rechtsanwalt Bahn namhaft gemachte Zeugin Emilie Abrowett ver- nommen. Es stellte sich heraus, daß die Zeugin gar nicht diejenige gewesen ist, die die angeblichen Aeußerungen über die Mörder des Reißer getan hat, sondern daß es sich um ihre Schwester Emma handelte. Nach der Mittagspause wurden verschiedene Pensions- gäste von Schwcst vernommen, die aber nichts Wesentliches zur Sache anzugeben vermochten. Der Zeuge Stanzet blieb, da der Verdacht der Begünstigung vorlag, unbeeidigt. Er hat zur Zeit des Mordes in der Bülowstraße gewqhnt und in der Mordnacht und am Morgen nach dem Morde Passarge nicht gesehen. Dies« Angabe steht im Widerspruch mit dem Geständnis Passarges. Der Staatsanwalt stellt« dann die direkte Frage an den Zeugen, ob er
lNechdruck oerboten. Der MaNk-Derlag, BerNn.)
Drei Soldaken.
14] Von John dos Passos . Aus dem amerikanischen Manuskript ilbersctt von Zulkan Gumver». Von unten kam der üble Geruch des unteren Decks. „Ich werde das Dings schon runterbringen, brauchst dich nicht drum zu kümmern," sagte er zu dem anderen Mann, gab dem Eimer einen Tritt, so daß ein klingender Laut entstand. Er strengt« seine Augen an, um etwas sehen zu können. Die Dunkelheit schien sich in seine Augäpfel hineinzufressen und ihn blind zu machen. Plötzlich hörte er Stimmen neben sich. Zwei Männer sprachen miteinander. „Ich kannte die See früher nicht, ich wußte nicht, daß sie so ist..." „Wir sind setzt in der gefährlichen Zone... „Wie können also jede Minute hinunterrutschen. »�aaa."_., „Mensch, wie schwarz ist das...'s wäre schrecklich, kn solcher Dunkelheit ertrinken zu müssen." „'s würde bald vorbei sein." „Sag'. Fred, hast du je so'ne Angst gehabt, daß...? „Hast du Angst?" „Fühl' meine Hand, Fred... Nein... Hier ist sie... Gott , es ist so schwarz, daß man seine eigene Hand nicht sehen kann." � „Es ist kalt. Warum zstterst du so? Gott , ich mochte was zu trinken haben." � �... „Kannte die See noch nicht, wußte nicht, wie sie ist. Fuselli hörte deutlich, wie die Zähne des Mannes gegen einander klapperten in der Dunkelheit. „Nimm dich zusammen, Mensch. Man darf mcht solche Angst haben." Lange Paus«. Fuselli hörte nichts, als das schäumende Wasser, das am Schiff entlang strich, und den brüllenden Wind..... „Kannte die See noch nicht, Fred, und die Krankheit und all das andere kann einen schon mürbe machen... Gestern haben sie drei über Bord geworfen." „Denk' doch nicht daran, Mensch!"
„Sag', Fred, wenn ich... wenn ich... Wenn du ge- rettet wirst und ich nicht, wirst du es meinen Leuten mit- teilen?" „Natürlich. Aber ich glaube, wir werden dann beide zu- sammen ersaufen." „Sag' das nicht. Und vergiß nicht, dem Mädel zu schreiben, deren Adresse ich dir gab.. „Du wirst dasselbe für mich tun!" „O nein, Fred, ich werde nie wieder an Land kommen. ... Hat keinen Sinn. Ich fühl' mich doch so kräftig.., Und ich will nicht sterben, ich kann nicht so sterben!" „Wenn es nur nicht so dunkel, so schwarz wäre!" IL Das Metall kühlt au». 1. Vor dem Fenster lag purpurn« Dämmerung. Regen siel unaufhörlich in langen, hellen Streifen auf die geplatzten Scheiben und machte ein hartes, monotones Ta— to auf dem Zmkdach oben. Fuselli hatte seinen Regenmantel ausgezogen. Er stand am Fenster und schaute mißmutig auf den Regen. Hinter ihm war ein rauchender Ofen, in den ein Mann Holz hineinsteckte und einig« zerbrochene Klappstühle, auf denen Soldaten sich lässig ausgestreckt hatten, und der Tisch, wo der Marketender lächelnd stand und Schokolade an die Leute ver- teilte, die in Reihen an ihm vorbeidefilierten. „Hier muß man sich wohl für alles anstellen," murmelte Fuselli. „Das ist ungefähr alles, was man in diesem Höllenloch tut. Mann." sagte einer neben ihm. Der Mann zeigte mtt seinem Daumen zum Fenster und begann wieder: „Sieh dir'mal den Regen an. Drei Wochen bin ich in diesem Lager, und nicht einen Augenblick hat es aufgehört. Was hälft du von solch einem Land?" „Zu Hause ist's sicher nicht so," sagte Fuselli.„Ich werde mir was Schokolade holen." „Ist'ne faule Sache hier." Fuselli schob sich hinüber an das Ende der Kette und wartete, bis er an die Reihe kam. Er dachte an die steilen Straßen San Franziskas, an den Blick über den Hafen, der voll gelber Lichter stand, an die Farbe der Dämmerung, wenn er von der Arbeit nach Haust zurück durch den lauen Abend ging. Plötzlich dacht? cr auch au Mab?, wie sie ihm die Fünf-
I pfundfchachtel mit Pralines gab. Da wurde seine Aufmerk- samkeit durch das Gespräch der Männer hinter ihm angezogen. Einer von ihnen sprach mit hastiger, nervöser Betonung. Fuselli konnte seinen Atem auf der Haut seines Nackens fühlen. „Mensch, ich bin ein Ochse," sagt« er.„Warst du auch da? Wo hast du deine bekommen?" „Im Bein. Ist aber fast wieder in Ordnung." „Ich werde nie wieder in Ordnung kommen. Der Arzt ßst, ich sei wieder gesund. Aber ich bin's nicht. Dieser verminte alte Narr!" „Das war'ne Zeit!" „Ich wäre ein Ochse, wenn ich das noch'mal mitmachte. Ich kann nachts nicht schlafen, weil ich an di« Helme der Hunnen denke. Hast du schon je einmal daran gedacht, was diese gottverfluchten Helme bedeuten können...?" „Sind das gewöhnliche Helme?" fragte Fuselli und wandte sich halb um.„Ich habe sie im Kino gesehen,. Er lackst« entschuldigend. „Hör' doch'mal diesen Grünling an. Der hat sie im Kino gesehen," sagte der Mann mit nervösem Drehen in seiner Stimme und lacht« ein kleines, krächzendes Lachen. „Wie lange bist du in diesem Land, Mann?" „Zwei Tage." „Wir sind zwei Monate hier, nicht? Der Marketender wandte sich mit einem Lächeln, das ihm auf dem Geficht gefroren schien, an Fuselli, während cr eine Zinntasse mit Schokolade füllte. „Wieviel macht das?" „Einen Frank," sagte der Marketender, und sein wohl- genährtes Gesicht glänzte vor liebenswürdiger Herablassung. „Das ist verdammt viel für eine Tasse Schokolade," sagte Fuselli. „Nun,'s ist Krieg, junger Mann, denken Sie dran." sagte der Marketender streng.„Sie können von Glück reden, daß Sie überhaupt was kriegen." Ein eisiges Frösteln packt? Fuselli im Rücken, wie er zum Ofen hinüberging, um seine Schokolade zu trinken. „Man darf sich nicht ärgern." dachte er.„'s ist Krieg." Wenn irgendeiner der Sergeanten seine Unzufriedenheit sehen würde, würde ihm das vielleicht die Beförderung verderben. „Vorsichtig, vorsichtig! Aufpassen und aus Zehenspitzen weiter. o kommt man vorwärts." �..... (Fortsetzung folgt.)