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bestimmten Wirtschaft simperialistischen Plänen streckt Frankreich die ijond nach diesem Lebenszentrum Deutschlands aus. Die Errtch- tung einesCirancI trust{ran?ais du charbon et de la metallurgie", das heißt, die Absicht der französischen Imperialisten echt dahin, im westtlichen Wirlschafisgebieie eine Vereinigung von Eisen, Erz und Kohle unter französischer Führung auszurichten, die eine weit größere Bedeutung haben würde, als die hervorragende Stellung, die sich die deutsche Schwerindustrie vor dem Kriege er- rungen hatte. Di« Herstellung einer Beziehung zwischen der loth> ringischen und der Ruhrindustrie, die beiden Gleichberechtigung und Ilnabhängikeit gewährleistet, wäre eine natürliche Entwicklung, aber die franzosischen Imperialisten wollen die unbedingte Borherrschast in Europa , die der deutschen Industrie die Selbständigkeit und der deutschen Wirtschaft die Lebensmöglichkeiten nehmen würde, aber auch die wirtschaftliche Stellung anderer europäischer Staaten stark beein- trääitigen würde. Durch die Ruhrbesetzung und die dadurch be- wirkte neue Geldentwertung wächst unsere schwebende Schuld. Wir hatten am 3t. Dezember 1922 eine schwebende Schuld(diskon- tierte Schatzanweisungen) von rund 1-195 Milliarden Mark, am 22. Januar 1923 von 1852 Milliarden Mark. Vom Kriegsende bis zum Ablauf des Jahres 1929 war die schwebend« Schuld nur von 51 Milliarden auf 166 Milliarden gestiegen. Vom Beginn des laufenden Rechnungsjahres bis zum 22. Januar hat sich dagegen die schwebende Schuld um 1689 Milliarden vermehrt. Welches Aus- maß die Störung des deutschen Finanzwesens durch den Gewaltakt an der Ruhr annehmen wird, läßt sich noch nicht annähernd übersehen. Der versuch der Besahungsarmee, die Kohlensteuer und die Zölle an sich zu bringen, wird von uns mit allen Mitteln bekämpft werden. < Lebhafter Beifall.) Aber schon der Versuch der Beschlagnahme muß auf die Einnahmen schädlich einwirken. Zu den Minderein- nahmen gesellen sich Ausgaben zur Beseitigung der durch die Be- satzung entstehenden Schäden. lHört, hört!) Zlngesichts der Zahlen, die ich vorhin nannte, müssen wir uns klar sein, daß es jetzt mehr als je unmöglich ist, einen Haushalt auf- zustellen, der irgendwelchen'Anspruch auf praktischen Wert haben könnte.(Sehr richtig!) Der jüngste Sturz der Reichsmark auf einen bisher unerhörten Tiefstand hat auch die lebte Möglichkeit genom­men, einen geordneten Boranschlag auszustellen, ganz zu schweigen von der Stabilisierung der Mark. Wir müssen oersuchen, von unse­rem schwer bedrängten Volke die äußerste Not abzuwenden. Wir müssen finanzielle Bedenken hintansetzen, wenn es gilt, den am meisten bedrängten Kreisen des Volkes die Möglichkeit des nackten Lebens zu verschaffen. Die Ernährung der Bevölkerung darf nickt weiter verschlechtert werden.(Es folgen detailliert« An- gaben über die sozialen Maßnahmen der Regierung.) Noch einmal muß vor aller Oefsentlichkeit mit der Lüge ausge- räumt werden, daß Deutschland selbst seine Währung und seine Fi» nanzen absichtlich in Unordnung gebracht habe, um sid, der Wieder­gutmachungspflicht zu entziehen. Ungeheure Werte hat Deutschland seit dem Waffenstillstand bis zum 1. Mai 1921 den Alliierten über- lasten mästen. Es ist ein Widersinn, Reparationsleistungen von unerhörtem Ausmaß von Deutschland zu verlangen und ihm gleich- zeitig die unproduktive Last der Unterhaltung fremden Militärs bis jetzt Wt Milliarden Eoldmark aufzuerlegen. Die Reidzsmark fiel, als wir im Jahre 1921 auf das Londoner Ultimatum hin die erste Milliarde Goldmark zahlten, sie fiel von neuem, als der werhnlljje Teil Oberschlesiens von Deutschland abgetrennt wurde. Der Kurs besserte sich jedesmal, wenn eine Verständigung bevorzustehen schien. wie in Cannes , Genua , während der Bankierkonferenz usw. Er ist aber nach jeder Besserung wieder gefallen, weil seit der Ministerpräsidentschaft Poincare » an die Stelle der Verständigung ein« Aera der Gewalt maßnahnien ge- treten ist. An dieser Stelle muß ich mit der Verleumdung Poin- U�-es, mit dem Märchen von dermauvaise volonte", von dem vofen Willen der Deutsdzen, abrechnen. Bei allen Reparationsver- Handlungen des letzten Jahres ist die deutsche Regierung soweit ent- gegengekommen, wie sie es mit ihrer Verantwortung nur irgend vereinbaren konnte. Don einer Bereitwilligkeit der französisdien Re° gierung, Deutschlands Lage objektiv zu würdigen, haben wir aber nichts gemerkt.(Hört, hört!) Wir können vielmehr mit Fug und Recht gegenüber Frankreich den Vorwurf des fortgesetztenmauvaise volonte erheben(lebhafte Zustimmung) und beweisen. Die jetzige sranzösische Regierung ist jedem Versuch einer direkten Aussprache mit Vertretern der deutschen Regierung oder der deutschen Wirt- schast ausgewichen und hat damit jede Möglichkeit zur Verständigung vereitelt.(Bewegung.) Die Reparationskommission hatte in ihrem Beschluß vom 31. August 1922 ausdrücklich die vorläufige Zahlungs- Unfähigkeit Deutschlands und die Notwendigkeit eines längeren- Maro- wriums anerkannt. Gleichzeitig aber stellte Poincare sein berüch» tigte» System derPfänder" auf. Als ob nicht der Per- sailler Vertrag durch die militärische Besetzung der Rheinlande, durch die Ausstattung der Reparationstommission mit weitestgehenden diktatorischen Befugnissen sowie durch die Bestellung einer ersten Hypothek auf dem gesamten deutschen Reichs- und Staatseigentum wahrlich auch den überspanntesten Forderungen der Sieger nach Sicherheiten und Pfändern Rechnung getragen hätte.(Lebhafte Zustimmung.) Als Poincare mit seiner langen Psänderliste auf !><w Besprechung der Alliierten in London im August keinen Erfolg hatte, klammerte er sich an die Beschlagnahme der linksrheinischen Staatswälder und der staatlidzen Kohlenbergwerke im Ruhrgebiet . Wir haben diesem Verlangen, besten Ziele ja nur zu klar zu Tage lagen, von vornherein den festesten Widerstand entgegengesetzt.(Bei- jall.) Jedermann wird uns bezeugen müssen, daß wir die mühsell- gen Verhandlungen mit'der Reparationskommission im Herbst im Geiste der BersiSndigungsbereilschaft bis zur äußersten Möglichkeit trotz der andauernden Drohung mit der Besetzung des Ruhrreoiers geführt haben.(Sehr richtigl) Der militärische Einfall w das Ruhrgebiet hat die Mark wiederum zwei Drittel ihres vorher schon so geringen Reste« an Wertgeltung einbüßen lassen. Daß auch Frankreich bei dieser Polltik nichts gewinnen kann, diese Auffassung wird von allen Einsichtigen geteilt werden. Der Einbruch Frankreichs in das Ruhrgebiet ist zugleich der s ch w« r st e Einbruch in Öle V er t r o g sr ech t e derer, die von Deutsch - land Beträge zu ihrem Wiederaufbau erhofften.(Üebh. Zustimmung.) Daß die deutsche Regierung mit unbeugsamer Entschlossenheit alle ihr zu Gebote stehenden Rllttei anwenden wird, um die Ziele der Gewaltpolitik Deutschland gegenüber zu vereiteln, da« kann ich von dieser Stelle aus aufs neue bekräftigen.(Lebh. Beifall.) Entschloste» net Widerstand ist schon deshalb nötig, um mit einem wetteren Irrglauben einmal gründlich aufzuräumen, daß man aus Deutsch - land alles herausholen könne, wenn man ihm nur die Daumen- schrauben ansetze.(Lebh. Zusümmung.) Was wir leisten, wollen wir auf Grund gegenseitiger Vereinbarung leisten, unter dem Zwang der Bajonette leisten wir nicht«.(Lebh. Beifall.) Jetzt oder nie müssen wir der Welt die Augen darüber öffnen, daß die von sämtlichen Alliierten erzwungene Unterzeichnung des Ver- träges von Versailles und die Annahme des Londoner Ultimatums vom Mai 1921 niemandem ein Recht zu der Annahme gibt, daß wir nun auch weiterhin und in alle Ewigkeit uns der Willkür der Fremdherrschaft fügen würden.(Lebh. Beifall.) Erst wenn man in Frankreich mit der Formel gebrochen haben wird:Der Deutsche zahlt alles", wird man dort lernen, die Reparationsfrage vom wirtschaftlichen Standpunkt aus zu bettachten. Ueberaus bedauer- lich ist es, daß sich die Reparationskommission und die Rheinlandkommission von Frankreich zu politischen Zwecken mißbrauchen lassen. Eine verhängnisvolle Täuschung wäre es, aus der Ruhrinvasion ein Fiasko der Erfllllungspolitik herzu- leiten. Ohne Erfüllungspolitik stünde Frankreich heute nicht allein, ohne die Erfüllungspolitik würde nicht hie ganze Welt die rechtswidrig« Militärwillkür Frankreichs verurteilen. (Sehr wahr!) Wir stehen mitten in der Finsternis und sehen nicht, wie long der Leidensweg ist, den unser Volk nach soviel schweren

Iahren noch weiter ins Ungewiste gehen muß. Unser heißer Dank aber gebührt den schwerbcdrängten Brüdern an der Ruhr, die mit vorbildlicher Treue und mit eiserner Ausdauer allen Drohungen und Bedrückungen der fremden Zwangsherrschaft zum Trotz ihre Liebe und ihre Zugehörigkeit zum Deutschen Reiche täglich aufs neue be- kräftigen.(Lebh. Beifall.) Es mutz sich jetzt entscheiden, ob die un- erhörten Gewaltmaßnahmen der französischen Regierung geeignete Mittel sind, um sogenannte verttagliche Rechte auch dann durch- zusetzen, wenn durch die Wucht der wirtschaftlichen Entwicklung für jeden Verständigen längst nachgewiesen ist, daß die im Friedensschluß erzwungenen Rechtstitel nicht nach dem Vu6)staben des Diktats ausgeführt werden können. Sobald jedoch die Gewalt dem Rechte gewichen ist, wird man uns bereit finden, über eine vernünftige Regelung der Reparattons- frage zu verhandeln. Wir dürfen uns über die Schwere des Kampfes keiner Täuschung hingeben. Stärk st e Konzentration unser.er Kräfte tut not. Es geht um Sein oder Nichtsein der Nation. Einigkeit und Geschlossenheit ist das Gebot der Stunde, kein innerer Zwist darf feine dunklen Schatten in diese Tage der Er- probung unserer moralischen Kraft hineinwerfen.(Sehr gut!) Aber auch in dieser unerhört schweren Stunde darf uns nicht die Leidenschaft Führerin sein, so verständlich sie auch sein möchte. Nichts wäre verhängnisvoller für uns, als ein Mangel an Augenmaß für die Notwendigkeiten und Möglichkeiten der Lage. (Sehr wahr!) Keine unbesonnene Aufpeitschung unseres Volkes(Sehr wahr! links) darf den würdigen Ernst �ind die ruhige Festigkeit unserer Abwehr verdunkeln. Wir sind von dem festen Glauben an den Erfolg unseres moralischen Widerstandes erfüllt, denn er schärft seine Kraft aus den letzten unzeistörbaren Wurzeln unseres Bolkstums, aus der unverbrüchlichen Treue zu Reich und Land und aus der starken, alles überwindenden Liebe zu unserem teuren Heimatboden.(Lebh. Beifall und Händeklatschen, auch auf den Tribünen.) Abg. Wels(Soz.): Im Augenblick, in dem Frankreich seinen bewaffneten Ueber- fall auf unser wehrtoses Land verübt hat, sind wir von einer festen Regelung des Etats weiter denn je entfernt. An dem ttostlosen Bild, das uns der Minister entwerfen mußt«, trogen aber unsere Steucrverhältnisse Mitschuld. Die Steuern sind hoch, aber nur ein Teil zahlt pünktlich. Alles, was nicht Lohnsteuer ist, wird in entwerteter Mark ent- richtet. Die gewaltigen Opfer der Masten werden dadurch illu- sorisch, das Versagen der Steuergesetzgebung gegenüber den Lei- stungsfähigen wird osfenbar. Die Preise steigen, die Kaufkraft der Arbeiter wird geschwächt, die Tendenz zur Wirtschaftskrise ver­schärft, die Stabilisierung der Mark unmöglich gemacht. Und doch ist die Wiederherstellung einer festen Währung Voraussetzung einer gerechten Steuergesetzgeoung. Von der Regierung ist zu oerlangen, daß sie diesem Ziel trotz augenblicklicher Schwierigkeiten energisch zustrebt. Jetzt schon muß alles getan werden um die Steuern der Besitzenden der Geldentwertung auzupasten. Der angekündigte Gesetzentwurf entspricht diesem Zweck in keiner Weise. Vor allem müssen die Bestimmungen über Steuerstundung geändert werden. Wie notwendig das ist, haben die Erörterungen über die Stundung der 39 bis 49 Milliarden Kohiensteuer gezeigt. Die Steuermoral ist gesunken: desto gefährlicher ist es. B a n t a u»- kunftspflicht und Depotzwang zu beseitigen, zumal jetzt, wo wahrscheinlich Vermögens st euern oder Zwangs- a n l e i h« n vor der Tür stehen. Für Spekulation ist immer Geld da, wenn Steuern gezahlt werden sollen, herrscht Kreditnot.(Sehr richtig! bei den Soz.) Die Aktien nach Durchschnittskurs von 1929 und 1921 bewerten, heißt die Steuerhinterziehung sanktionieren. Wer 3,3 Millionen!n Wertpapieren besitzt, wird behandelt, als ob er 100 009 Papicrmart besäße.(Hört! hört!) Wälder im Wert von 600 Millionen werden mit einer Million eingeschätzt, Auf der anderen Seit« ist der Anteil der Lohnsteuer, die von Arbeitern und Angestellten bezahlt wird, an der gesamten Einkommensteuer von 57 Proz. im August aus 76 Proz. im November gestiegen. Ar­beiter und Angestellte werden vorbelastet, die anderen werden ent- lastet. Um zur Gesundung zu gelangen, bedarf es tiefer Eingriffe, vor allem der Beteiligung des Reichs an den privaten Wirtschafts- Unternehmungen.(Sehr richtigl bei den Soz.) Offene Aussprache über begangene Fehler im Ruhrrevier ist notwendig angesichts der französischen Propaganda im neubefetzten Gebiet. Don dieser Propaganda legt ein« französische Instruktion Zeugnis ab, die der Redner urner steigender Spannung verliest. Darin wird gesagt, es sei notwendig, bei den Arbeitern eine Propaganda zu entfalten, um die französische Aktion zu rechtfertigen. Dazu sollten namentlich die Offiziere jede Gelegenheit ausnutzen. Es werden dann die verschiedenen Gewertschaftsverbänd« aufgezählt, mit deren Sekretären man in Fühlung zu kommen versuchen müste. Dabei sei zu sagen, daß sich die deutsche Regierung systematisch im Interesse der Schwerindustrie ihrer Verpflichtungen entzogen habe, während Deutschland seine ökonomische Lage aufbesserte. Auf die großen Gewinne der Industrie sei hinzuweisen, ebenso aus den Sturz der Mark, unter dem die Arbeiter litten. Frankreich habe das Ruhr. revier zum Pfand genommen, es beabsichtige, sich dort an die Stelle der deutschen Regierung zu setzen, um den Geldhandel ins Gleich- gewicht zu bringen. Die deutsche Arbeiterklasse müsse verstehen, daß ihre Interesten dieselben seien wie jene Frankreichs.(Gelächter bei den Soz.) Das demokratische und republikanische Frankreich wolle nicht den Arbeiter ausnutzen, sondern ihn leben lasten bei Löhnen, die bester in Einklang stünden mit der erzeugten Arbeit. Frankreich werde die für seine Reparationen nötigen Summen den Großkapita- listen, den Ausbeutern der Arbeiter, auserlegen. Der Redner fährt fort: Was dort im Ruhrgebiet versucht wird. ist Bauernfang. Was bei ans in Ordnung zu bringen ist, dringen wir selbst fertig, da» mögen sich die Franzosen gesagt sein lassen. (Stürmischer LÄsall.) Wlr halten am richtig aufgefaßten Begriff der Erfüllungspolitik fest. Dieser Entschluß wird auch durch den französischen Vertragsbruch nicht beeinträchtigt. Ueber Gewalt und Abergewalt stellen wir das Recht. Wir lehnen ein Zu- sammengehen mit denen ab, die aus dem sranzösi- s ch e n Rechtsbruch unsere Freiheit von jeder Lei- stung ableiten wollen. Man hüte sich, in die Propaganda- fehl?t der Kriegszeit zu verfallen! Man unterscheide zwischen dem heutigen offiziellen annexionistischen Frankreich und den obdachlosen Flüchtlingen der zerstörten Gebiete! Die Sozialdemokratie als die Partei der deutschen Arbeiter steht geschlossen hinter den Ruhrarbeitern, die den Kampf für die deutsche Revublik führen gegen jede Ver- gewaltigung des Volkes und des Friedens. Der Kampf der Ruhr- arbeiter ist unser aller Kampf. Sie sollen Art und Mittel des Kampfes bestimmen, wir stehen neben ihnen in diesem Krieg im Frieden, an dem, dies sei vor aller Welt festgestellt, die Regie- rung Poincores die ausschließliche Schuld trägt. Frankreich hat nicht nur den Friedensvertrag gebrochen, sondern auch gegen das Gesetz gehandelt, daß Wirtschaftsfragen nicht durch Gewalt zu lösen sind Di» wichtigste Frage ist, wie machen wir Arbeiter und Unter- nehmer, die dem Reich treu geblieben sind, wieder frei? Da hilft nur die Zusicherung, daß wir noch immer gewillt sind, zu leisten, wo» wir leisten können, so sehr auch jede Stunde der Ruhrbesetzung unser» Leistungsfähigkeit verringert. Verhandlungsmöglich- leiten mitden Unterzeichnern des Verfailler Ver- trage, über eine wahre Lösung der Reparations- rage wollen wir nicht versäumen. Die Ruhr- esetzung ist Krieg mit Toten, Verwundeten, Standrecht, Der- gewaltigung, Barbarei und Zusammenbruch. Die Signatarmachte genießen den heroischen Widerstand der friedlichen Bevölkerung bis- her nur als Schauspiel. Ich richte an sie vor aller Welt die Frage, ob sie in dieser wenig rühmlichen Haltung oerharren wollen, wenn Frankreich daran geht, durch

Ziehung einer neuen Zollgrenze Europa politisch und wirtschaftlich neu aufzuteilen. Was hier ge- plant wird dagegen ist, was in Oberschlesien geschah, nur ein Kinder- spiel.(Lebhafte Zustimmung im ganzen Haufe.) Ich frage die Signatarmächte, ob da nicht der Punkt erreicht ist, an dem es heißen muß: Hände weg! Wollen Sie aber die Sympathie des Aus- landes gewinnen, dann seien Sie sich darüber klar, es genügt, Leute wie L u d e n d o r f f und H e l f f e r i ch in Erscheinung treten zu lasten, um alles wieder zu oerderben.(Lebhafte Zustimmung links.) Der deutsche Fasclsmus Ist eine Lebensgefahr für die Reichseinheit. die auf der Demokratie beruht. Aus der Demokratie ist die moderne nationale Bewegung geboren. Die von nationalistischer Seite be- triebene Zerklüftung ist niederträchtiger Verrat an der nationalen Sache.(Lebhafter Beifall.) Es ist ein gefährlicher Zustand, daß zwischen bestimmten Kreisen der Reichswehr und den Nationalsozialisten Verbindungen bestehen, wodurch Waffen va- schoben werden konnten.(Bewegung.) Das alte Offiziers- k o r p s ist zum großen Teil noch immer Feind der Republik , von der es 50 Milliarden Mark Pensionen bezieht. Herr Ludendorff für stch allein 2Vi Milliarden. Wann kommt das Pensionskürzungs- gesetz'? In der Reichswehr sind vom 1. Januar 1921 bis 31. Marz 1922 1 3 2 S e l b st m o r d e und 51 Selbstmordverluche vorgekommen. (Lebhafte Bewegung.) Die Not des arbeitenden Volkes nimmt zu, die Teuerung steigt. Der Reichskanzler verspricht Abwehr: aber der Reichswirtschaftsminister betrachtet die Teuerung als zwangsläufig. Ein gefährlicher Faialismusl Es muß auf gesetzlichem Wege rücksichtslos eingeschritten werden.(Sehr rich- tig! bei den Soz.) Erwerbsunfähige Sozialrentner, geistige Arbeiter haben oft nicht mehr Geld für Brot. Der Reallohn ist gesunken. Im Juni 1914 war der Wochenlohn eines bestbezahlten Berliner Metallarbeiters soviel wert wie 60 Pfund Margarine, jetzt nur etwa 6% Pfund. Der deutsche Arbeiter ist jetzt der Paria der Welt. Wie für die Arbeiter besseren Lohn, fordern wir für die Beamten, vor allem für die unteren, bessere Gehälter und Wiedereinführung des sogenannten Kopfzuschlages, der gegen unseren Widerspruch be- seitigt wurde. Der Reichstag hat in einer Entschließung Uebertragung der Perfonalreferate an zuverlässige Republikaner ge- fordert. Was ist in dieser Beziehung geschehen? Und wo bleiben die Amnestien aus dem Eisenbahnerstreik des vorigen Jahres? Was haben wir von der bevorstehenden Berakung des Arbeitszeltgesehes zu erwarten? Einer Durchlöcherung des Achtstundentages, so daß nur noch das Prinzip bestehen bleibt, während der Achtstundentag pracktisch aufgehoben ist, werden wir uns aufs äußerste widerfetzen. Sogar der Friedensvertrag von Versailles gibt uns ein Recht auf den Achtstundentag. Statt diese Grenze der deutschen Leistungen zu verteidigen, sind die Vertreter der Industrie bereit, sie aufzuheben. Sie wagen damit etwas, was selbst die Väter des Verfailler Friedens nicht gewagt haben. Die Notwendigkeit der Produktions- steigerung bestreiten wir Nicht. Ali ihr ist auch die Zlrbeiterklaste interessiert, und ihre verantwortlichen Führer haben stets auf dieses Ziel hingewirkt. Aber das höchste Wirtschaftsgut, die Arbeitskraft, muß geschont werden. Kampf für den Ächtstundentag ist mehr als ein Kampf für die Interessen der Arbeiter. Es geht um die Er- Haltung der deutschen Volkswirtschaft. In diesem Sinne führen wir den Kampf für politische und wirtschaftliche Demokratie, für den Sozialismus, um aus dieser deutschen Republik ein wahres Vater- land für alle zu schaffen, und wir wissen, daß wir damit zugleich kämpfen für die Selbsterhattung der deutschen Nation. Und in diesem Sinne grüßen wir auch in dieser Stunde unsere kämpfenden Kameraden am Rhein und an der Ruhr. Ihnen gilt unser erster und letzter Gedanke, und mit ihnen werden wir zusammenstehen, allen Stürmen der Gegenwart zum Trotz.(Stürmischer Beisall bei den Sozialdemokraten.) Erklärung See öürgerlichen. Abg. Soch-Weser(Dem.): Im Namen des Zentrums, der Deut- Ichcn Volkspartei, der Demokratischen Partei und der Bayerischen Volkspartei beschränke ich mich auf eine kurze Erklärung. Zu den Einzelheiten des Etats heute Stellung zu nehmen, ist zwecklos. An der finanziellen Gesundung des Staates zu arbeiten, ist im Augen- blicke unmöglich, wo ihm die Flanke durch einen rechtswidrigen Ueberfall zerfleischt ist. Roch mehr ist Zurückhaltungini nne- ren Streitfragen geboten(sehr wahr!), weil mehr denn je die Notwendigkeit innerer Geschlossenheit besteht. In der auswärtigen Politik ist es wichtiger, einmütig zu handeln, als zu reden. Hier ist die Regierung berufen, zu führen(sehr wahr!), aber niemand sonst!(Sehr wahr!) Die Haltung der Regierung in der auswärtigen Politik hat unsere Billigung.(Beifall.) Allein in der Kraft und in der Eintracht des deutschen Boltcs liegt seine Hoffnung. (Lebhafter Beifall.) Nach%5 Uhr vertagt das Haus die Weiterberatung auf Frei- tag 2 Uhr.

Ausschreitungen in München . München . 25. Januar.(Eigener Drahtbericht.) An den Emp- fang des von den Franzosen aus der Pfalz ausgewiesenen Regie- rungspräsidentcn Chlingensperg schlössen sich A u s s ch r e i- tungen gegen das am Bahnhof gelegene Hotel Grünwald , in dem angeblich die im HotelVier Jahreszeiten" vom Personal boykottierten Mitglieder der Ententetommission Aufnahme gcfun- den hatten. Die aus acht Mann bestelzende Polizeiwache wurde über den Haufen gerannt. Die Demonstranten erzwangen eine D u r ch su ch u n g des Hotels durch eine Abordnung. Während- dessen drang die Menge in das Gebäude ein. Mehrere Schaufenster - scheiden der Parterreräume wurden zertrümmert und eine Anzahl Einrichtungsgegenstände zerstört. Im Hotel Grünwald sind auf Veranlassung der Reichsregicrung für die Unter- bcamten der Ententekommission mehrere Wohnräume bereitgestellt. Das Personal hatte bereits vor mehreren Tagen die Bedienung ver- weigert. Auch in einem Caf� in der Nähe des Bahnhofes wurden Schaufenster eingedrückt, da sich dort angeblich einige Fran- zosen unliebsam bemerkbar gemacht yabon sollten. Mehrere Per- sonen wurden v e r h af t e t bzw. festgestellt. Die Untersuchung wegen Landfriedensbruches ist im Gange. Offiziell wird dazu be- kanntgegeben, daß die Ententekommissionen wie E e- s a n d t s cha f t e n zu respektieren sind: die Regierung sei entschlossen, sie mit allen Mitteln zu schützen, allerdings fei sie nicht in der Lage, das Hotelpersonal zur Bedienung der Angehörigen der Kom- Missionen zu zwingen. « Ein sozialdemokratisches Bersammlungsplakat gegen das Treiben der Nationalisten ist von der Polizei beschlagnahmt worden.

/lbenteurerfahrten. Sie wollen in die Reichswehr . Auf dem Lehrter Bahnhof trafen gestern abend mit einem Zug« aus Münster Osnabrück 850 junge Leute, angeblich Bergarbeiter, aus dem Ruhrgebiet ein, die vorgaben, ihre Arbcits- stätte verlassen zu haben, um in die Reichswehr einzutreten. Die jungen Leute wurdcn von dem Roten Kreuz ernährt und stehen unter polizeilicher Aufsicht. Da auch anderwärts, wie z. B. in Münster , sich derartig« Trupps bemerkbar gemacht haben unt da sie die Fahrten nach ihren Angaben nicht aus eigener Tasche bezahlt haben, muß man annehmen, daß es sich um einen groben Un- fug irgendeiner unverantwortlichen Stelle handelt. Die Reichswehr darf bekanntlich außeretatmäßige Einstellungen nicht vornehmen. Die jungen Leute vergeuden über mit derartigen Abenreurer- fahrten unnütz Kraft und Zeit und fegen sich der Gefahr aus, arbeitslos zu werden. Man darf erwarten, daß die Regierung der Quelle dieser nationalistischen Phantasterei nachgeht und sie unterbindet.