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Die Stimmung in Englanü. London  , 8. Februar.  (Deta.) Der Chefredakteur derDaily News", A. G. Gardiner  , veröffentlicht einen scharfen Artikel gegen die neutrale chaltung der britischen   Regierung und fordert, daß England endlich handeln möge.Ich verkenne nicht die Schwierigkeiten," so sagt er,wenn wir jetzt handeln. Vier Zehre lang find wir das Instrument gewesen,'mit dem?oincare und seine Vorgänger diesen schändlichen Raubzug vorbereitet haben. Poincarcs Würgegriff gegen uns im Nahen Osten hat ihn in den Stand gesetzt, jetzt Deutschland   an der Ruhr zu er- würgen.Unterstützt mich," konnte er tatsächlich sagenund ich (und Trotzki  ) werden die Türken gegen Euer Reich im Nohen   Osten verlieren lasten." Er benutzte uns als Lösegeld. Er be- nutzt den Feind, um seinem Lande zu helfen, für das brave englis6)e Burschen in Palästina und Mesopotamien   ihr Leben gelassen haben; er hat die Absicht, uns zu schwächen, während er die franzKsi- s ch e n T r ust s deren Agent er war und deren Abgesandter er ist in den Stand setzt, die Kontrolle über die Kohlen- und Eisenquellen Europas   auszuüben. Aber diese unsere Schwäche muß aushöreu! Die unedle und erniedrigendeHin- gäbe an ein öffentliches Verbrechen muß der Tat weichen. Es kann sein, daß Frankreich   selb st noch einmal gegen die Infamie auftritt, die in seinem Namen begangen wird, es hat nichts gewonnen und viel verloren und weiß schon jetzt, daß es nicht Europa   in Flammen setzen kann, ohne sich selbst zu ge- fährden!.. » DieDaily News" sind ein linksliberales Blatt mit einer halben Million Auflage, ebenso derManchester Guardian", dieWestminster Ga.zette" und das Sonntagsblatt Obferver". Alle führen eine ähnliche scharfe Sprache gegen Poincarcs Gewaltpolitik. Ferner hat sich Lloyd George  , der Führer der Nationalliberalen, ebenso energisch imDaily Chronicle" gegen die Ruhrinvasion ausgesprochen. Die gesamte Arbeiterpartei bekämpft gleichfalls die wohlwollende Neutralität" des britischen Kabinetts. Diese drei Parteien haben bei den letzten Wahlen bei weitem die Mehrheit der Stimmen errungen, wenn auch infolge des ungerechten Wahlsystems»die Mehrheit der Parlaments sitze den Konservativen erhallen blieb. Aber auch im konservativen Lager ist man keineswegs einheitlich der Auffassung, daß die bisherige Haltung der eng- tischen Regierung zu billigen sei. Einmal steht jener konservative Flügel, der Lloyd George   bis zuletzt treu geblieben war, und der von Chamberlain, Hörne und Birkenhead   geführt wird, den Ansichten Lloyd Georges auch heute noch nahe. Die Haltung derTimes" ist, ohne etwa deutschfreundlich zu sein, in zu- nehmendem Maße poincanffemdlich. Das gleiche gilt für den Daily Telegraph  ". Unbedingte Anhänger der französischen  Gewaltpolitik sind nur die allerdings außerordentlich stark verbreiteten Blätter des Lord Rothermere  , der wo- möglich noch rabiater ist, als fein verstorbener Bruder Northclifse.-Daily Mail",Evening News",Daily Mirror" und die SonntagsblätterSunday Expreß  " und Sunday Pictorial"(für das bekanntlich Ludendorff seinerzeit einen Schmähartikel gegen die Deutsche Republik schrieb). Allerdings wird immer mehr in England empfunden, daß die Tendenz der Rothermere-Presie nicht nur franzosen- freundlich, sondern vor allem e n g l a n d feindlich ist. Es wird jetzt im ArbeiterblattDaily Herald" fast täglich behauptet, Rothermere habe aus Eitelkeit(weil seine Aufsätze in allen Blättern desNationalen Blocks" abgedruckt werden), wenn nicht gar aus schlimmeren Gründen, die wahren Interessen Englands zugunsten der französischen   Gewaltpolitik preis- gegeben. Auch die liberale ZeitschriftOutlook" veröffentlicht in ihrer letzten Nunzmer eine Karikatur, die einen Franzosen vor einem Londoner   Zeitungsstand zeigt, als er die Verkäufe- rin fragt:�lackomolsello, haben Sie die Londoner Aus- gäbe des PariserDaily Mail"?" Nun ist es richtig, daß die Rothermere-Tendenz auch ihre Exponenten innerhalb des britischen   Kabinetts zähll: das sind
vernimmt die Härte und Unreife seines Günstljngs, wohnt unkennt- lich einer Gerichtssitzung bei, setzt den Richter ob, wirft ihn ins Ge- fänanis. Bornholt entslieht mit einem Journalisten. Not, Elend, HungT und Obdachlosigkeit erzwingen Reue und Läuterung. Ge- rettet wirkt er künftig als gereifter Richter. Di« Uraufführung im Stadtthsater war eine Tat der Freien Volksbühne, die nach- aetan werden sollte. Unter der straff zusammenfassenden Spiel- leitung von Theo Thony schritt Herbert Kölln er den-Läute­rungsweg des Richters mit ergreifender Kraft. w. b. Sommunisiische Psychopathologie. Der kommunistische Arzt Dr. Salkind hat in Moskau   einen Vortrag über die geistige Versastung und die speziellen psychischen Erkrankungen der russischen Kommu- nisten gehalten, dessen Inhalt er selbst in den sowietam.lichen Jswestija" folgendermaßen wiedergibt: Der russische Kommunist werde von der einen I d. e d e r W e l t r- v° l u tj o n beherrscht. er neig« daher zumrevolutionären Meno�ismtw. Al� Fuhrer und Vorkämpfer emer andersdenkenden Masse tödlichen Gefahr 11 ausgesetzt, unterliege er einer besonderen geistigen Spanimi�l. Dies eng« sein Gefühls, und Liebesleben ein, dagegen sei dasGe.n) Variei Zugehörigkeit und Parte, elzre stark gesteigert. Die sch. Kampfjahre mit Ueklerspannung und Unterernahrung haben seine Gesundheit erschüttert. Di« für viele Kommunisten unverstandlich« neue Wirtschaftspolitik(der sog.Nep") mit ihren �Be g l e> t sie­gen und dem plötzlichen Uebergang vom Kampf zur alltäglichen Kleinarbeit habe vielfach eine geisttge Krise herv orger usen, die nervöse und psychische Desorganisation gesteigert und die tfOYl der Erkrankungen vermehrt. Dasei sei ein nervös oder psychlsch er- kronkter Kommunist schwer zu deHandeln. Als Kainpsnatur schäme er sich seiner Krankheit und meide den Arzt solange al« möglich und blelb« dem nichtkommuntstischen Arzt gegenüber verschlossen. Diese gesamt« Sachlage, schließt Dr. Salkind, sei zu einer brennen- den Parteiangelegenheit geworden, mit der sich der kommende Par- teitag aus» ernsteste beschäsligen müsse, um Maßnahmen zur Heilung der nervös erkrankten Mitglieder zu treffen. Ein amerikanischerReclam  ". Aus New Park wird derFrkf. Ztg." geschrieben: Das System von Reelams Universalbibliothet, sozusagen ins Amerikanische überttagen. ist jetzt in der Entstehung begriffen. Im Aoril soll der erste Band herauskommen. In einer wahren Wildnis sind die Vorbereitungen getrosfen worden, in den Beraen von Tennessee  . wo nach einem sorgfältig. ausqedachtcn Plan alle Anstalten zur Herstellung von nicht weniger als 1»0 0«1 Bänden täglich gemacht worden sind. Ja, es sollen jährlich nicht weniger als 3 500 000 Bände auf den Markt kommen, nicht Hefte, sondern in Rot   und Gold gehaltene Leinwandbände, und jeder wird zu 10 Cents das Stück verkauft! Diese immense Bücherfobrik ist in einem neuen Ort, Kingsport genannt, wo reichlich Rohmaterial für die Her, stellirng von Papier   und Einbänden vorhanden ist, untergebracht. Es sind besondere Maschinen für die Mosscnprodoktion von Büchern gebaut worden, Kostcnpreis: drei Millionen Dollar. In diesen 10-Ccnts-Vüchern soll dem amerikanischen   Volke im Laufe der Zeit die ganze Weltliterakür zugänglich gemacht werden. Vorträge.?I ff! u r und V n dii I c n*. Zichtbitternortrog von 7r. ?Iiidrae. im Kunstgenerbe-Mulen« Äuitag 8 Udr. Ter LichtdildempUigg Die Eisriese u höhle imTcniiengcbirge- wird Lonnlag ö Uhr im K u n st g e w e r b e- M u j e u m wiederholt.
z. B. der Unterstaatsfekretär für Auswärtige Angelegenheiten, Ronald McNeill  , mit dessen Rede wir uns bereits be- schäftigen mußten, sowie vor allem der Kriegsminister Lord Derby, der frühere Botschafter in Paris  . Uebsr Lord C u r z o n s, des Außenministers, bzw. seines einflußreichen Ratgebers Sir. William Tyrrells Ansichten sind die Auf- faffungen verschieden: vermutlich standen sie bisher, d. h. so- lange die Lausanner   Konferenz dauerte, ganz unter dem Druck der Franzosen  , von dem auch Gardiner in seinem oben erwähn- ten Artikel spricht, und wagten mit Rücksicht auf das Mofsuler Petroleum keinen entscheidenden Schritt gegenüber der fran- zösischen Ruhrpolitik. Ein scharfer Gegensatz besteht jedenfalls in London   zwischen Auswärtigem Amt und Schatzamt. Letzteres, das von V a l d w i n geleitet und von der Stimmung in Bank-, Industrie- und Handelskreisen beeinflußt wird, ist für eine Politik der wirtschaftlichen und finanziellen Vernunft und zeigte sich auf der letzten Pariser   Konferenz unnachgiebig Frankreich   gegenüber. Der Premierminister Bonar Law   versucht nun zwischen den verschiedenen hier gekennzeichneten Strömungen zu vermitteln, und das Ergebnis dieses Laoicrens war die bisherige Politik der skeptischen, aber wohlwollen- den Neutralität. Es ist nun möglich, daß die scharfe Tonart der gesamten liberalen und der Arbeiterpresse und die kritische Stellungnahme eines Teils der konservativen Blätter also der überwiegenden Mehrheit der öffentlichen Meinung ihn zu einem neuen Kurs veranlassen werden. Am nächsten Dienstag tritt das englische Unterhaus wieder zusammen und mag darüber Klarheit bringen, ob der Druck des englischen Volkes wirklich so sttnk ist, daß er Bonar Law   zur Aufgabe seinerwohlwollenden" Neutralität ver- anlassen kann. Allein diese Möglichkeit sollte aber für alle Deutschen   ein Anlaß sein, jede Unbesonnenheit mehr denn je zu vermeiden. Wenn überhaupt, so wird ein Eingreifen Eng- londs nur zu erwarten sein, wenn die nationalistischen und monarchisttschen Elemente wie bisher, oder sogar noch mehr als bisher, durch diejenigen zurückgedrängt werden,' die die sranzösijche Politik der Gewalt und des Unrechts nur durch die Waffen der Vernunft und des Rechtes zu bekämpfen und zu überwinden entschlossen sind.
London  , 8. Februar.  (WTB.)Daily Chronicle" zufolge habe sich bei den Beratungen des Kabinetts über den Wortlaut der Thronrede eine Schwierigkeit begügkich der Fassung des Teiles über die Ruhrbesetzung ergeben. Es beständen Meinungs­verschiedenheiten unter den Ministern über die Art, in der die britische   Neutralität umschrieben werden solle. Ein Teil der Regierung, und zwar keineswegs ein unbedeutender Teil, sei tief enttäuscht darüber, wie die Entente sich auswirke.
Das versagen öes Völkerbundes. Stockholm  , 5. Februar.(Eig. Bericht.) Der Pariser   Korre- spondent derStockholms Tidningen" drohtet folgende Aeußerung Brantings über das Mißglücken seines Versuchs, den Völker- bundrat mit der Schadcnersatzfrage zu befassen: Ich habe natürlich noch meiner Ankunft in Paris   mehrere ver- trauliche Gespräche mit meinen Ratskollcgen über die Schaden- ersatzfrage geführt. Ich dachte hierbei an den Beschluß der Völker- bundoersammlung, wodurch der Rat ersucht wird, die genaueste Aufmerksamkeit ollen Bemühungen zu widmen, denen sich die interessierten Regierungen zur Lösung dieses Problems und der Oragc der interalliierten Schulden unterziehen. Dieser Beschluß enthielt weiter die Feststellung, daß der Völkerbund   nur aus Ersuchen der intcressierleu Regierungen nutzbringend zu einer Lösung dieser Probleme beitragen kann. Hieraus geht deutlich hervor, daß die Regierungen eine solche Unter- stützuiig, wenn sie sie wünschen, verlangen können. Diese Unterstützung, die nach meiner Meinung absolut aiotwendig ist, würde schwerer zu leisten sein, wenn die Frage dem Rat vorgelegt würde, bevor die interessierten Regierungen einen diesbezüglichen Wunsch ausgedrückt hätten. Das ist noch nicht geschehen, obwohl die indirekten Wirkungen des Ausbleibens einer Lösung dieser Fragen ernste wirtschaftliche Rückschläge in ganz Europa   sind; besonders mit Bezug auf die Arbeitslosigkeit. Ich habe mich des- halb für wohlbefugt gehalten, die Aufmerksamkeit meiner Kollegen auf d.esen Gegenstand bei einer nicht öffentlichen Konferenz zu richten. Die sich hierbei ergebende Auffassung war, daß es gegenwärtig zu früh ist, die Behandlung der Frage weiter zu betreiben.(!) Ich hoffe, daß die Beschränkungen, die der Aktion des Völkerbundes in diesem schweren Problem in den letzten Tagen auferlegt wurden, ebenso wie die Gründe, die hierbei entscheidend vxiren, auf Berständnis bei den verschiedenen Nationen, die den Bund bilden, stoßen werden." Sozialdemokraten  " sagt dazu: Bronting ließe sich nicht durch Frankreichs   Widerstand vom Anschneiden der Fragen abhalten, sondern nur durch die Beobachtung, daß der französische   Widerstand mehrere andere Ratsmitglieder zu einer abweisenden Haltung gegen jede Aktion im gegenwärtigen Augenblick bewog. Branting treffe keine Verantwortung. Jeder- mann müsse verstehen, daß er eine Abstimmung im Rat' nicht ris- kieren wollte, da die Stellung mehrerer Mitglieder nicht von ihrem Standpunkt zur Sache selbst, sondern von ihrer Rücksicht auf die Gefühle Frankreichs   bestimmt sei. Soweit aber der Völker- bund deshalb Kritiken ausgesetzt sei, seien diese vollkommen be- rechtigt. » Stockholm  , 8. Febr.(MTB.) Eine Protestversammlung gegen die Besetzung der Ruhr in Boroas nahm folgende Entschließung an: Fünfhundert Bürger von Baroas protestieren gegen die Unglück- liche französische   Politik, die den europäischen   Erdteil in einen neuen Krieg zu sttirzen droht." Erfolgversprechende Vorbereitungen für umfassende Protestversammlungen sind von zahlreichen humoni- tären Vereinen Stockholms   in Angriff genommen.
Notwenöigteiten im /lbwehrtampf. Die Berotunge« im Haushaltsausschutz.
Im Haushaltsausschuß des Reichstags wurde am Donnerstag die Debatte über die Lage im besetzten Gebiet fortge- setzt. Der Reichsernährungsminister Dr. Luther' teilte mit, daß die Lebensmittelzufuhr nach dem besetzten Gebiet am Mittwoch noch ungestört vor sich ging. Für den Fall, daß Störungen eintreten sollten, sei Vorsorge getroffen worden, daß die Lebensmittel durch Lastkraftwagen ins besetzte Gebiet gelangen. Die Fürsorge der Regierung ersttecke sich nicht nur auf das Einbruchs- gebiet, sondern auf das gesamte besetzte Gebiet. Die organisatorischen Maßnahmen für die Sicherung der Lebensmittel- Versorgung der besetzten Gebiete hätten bisher den Erfolg, daß Mehl und Brotgetteide bis zum 15. März vorhanden seien. Die Kar- tosfelzufuhr werde erheblich oerstärkt. Ueber die Fettversorgung werde zunächst mit Margarinefabriken ein Uebercintommen ge­troffen. so daß in mengenmäßig unbeschränkter Weise Margarine aus Abruf in das besetzte Gebiet ständig eingeführt werden kann. Ueber die Versorgung mit Schmalz und Fett seien noch VerHand- lungen im Gange. Es steh« in Aussicht, daß demnächst Abkommen über die Belieferung der besetzten Gebiete mit holländischer Milch zum Abschluß gelangen. Durch besondere Verbilligungs- aktionen solle dafür gesoxgt werden, daß diese Milch nicht teurer wird als inländische Frischmilch. Auch für die erforderlichen Fleisch- mengen seien besondere Hersorgungsmaßnahmen in Erwägung ge­zogen. Staatssekretär Hamm   sprach über die Bekämpfung des Wuchers und der Preistreiberei. Er versicherte, daß die Reichsregierung entschlossen sei, hier alles zu tun, was Erfolg verspreche, aber sie wolle sich von einer Politik der Geste freihalten. Die Teuerung sei zum größten Teile der preis- mäßige Ausdruck des Marksturzes und nicht zu vermeiden, wenn anders nicht die Produktionskraft auch volkswirtschaftlich not­wendiger Betriebe durch die Aufzehrung der Bestände erlahmen solle. Die Teuerung sei nicht zu verwechseln mit den zahlreichen, unser Volk aufs tiefst« empörenden Fällen unberech­tigter Preistreibereien und Bcwucherung, gegen die kein Mittel zu scharf sei. Aufgabe des Reiches sei es, hierzu die o e s c tz- l i ch e n Mittel in die Hand zu geben, von denen die Länder rück- sichtslos Gebrauch machen müssen. Hamm   kündigte an, daß das Reichsernährungsminisierium für die Zulassung zum Handel mit Lebens- und Futtermitteln das Erfordernis des volkswirtschaftlichen Bedarfs aufstellen und daß man eine Ueberprüfung sämtlicher bisher erteilten Erlaubnisse in Erwägung ziehen müsse. Die Bestimmun- gen über Wucherbekämpfung, Preistreiberei usw. sollen sofort ein- heitlich �zusammengefaßt werden. Der Teuerung sei aber nur von der Währungsseile beizukommen. Solange der Währungsoersall andauere, sei eine gewisse Beritcksichtigunq der Geldentwertung bei der Aestsiellung des angemessenen Preises schlechterdings nicht zu entbehren. Reichswirtschaftsminister Dr. Becker betont«, daß die Bekämp- fung des Wuchers von Polizei, Gerichten und vor allem von der Bevölkerung geführt werden müsse. Der Wirtschaftskrieg, der jetzt geführt werde, bedeute eine schwere Nervenprobe, die nur bestanden werden könne, wenn die Bevölkerung der besetzten Ge- biete die Ueb-rzeugung gewinne, daß alles, was möglich sei, ge- schehe, um ihre Not zu lindern. Abg. ZNüller-Franken(Soz.): Wir stehen in dem Kampf mit Frankreich   erst in den An- f a n g s s ch w i e r i g k e i t e n. Will man die Stimmung aufrecht- erhalten, dann müssen die Massen den Eindruck und die materielle Möglichkeit haben, daß für sie alles geschieht. Wir wünschen, daß die Regierung ihre Wort« durch Taten unterstützt. Der Gesetz- entwurs über die Anprangcrung der Wucherer ist im Reichstag monatelang verschleppt worden. Das wichtigste ist, daß der Zu- stand beseitigt wird, daß die Lohn- und Gehaltsempfänger in gutem Geld sofort ihre Steuerlasten trage», während die Besitzenden sich durch die Geldentwertung fast aller Lallen entledigen. Bei dem Notqesetz wird dieses Steucrunrecht beseitigt werden müssen. Es muß auch alles geschehen, um die deutsche Währung zu stützen. Wir sind jetzt in den schlimmsten Zeiten, so daß auch das l e tz l e Hilfs­mittel zur Stützung der Währung angewendet werden
muß. Manchen Kreisen ist es gleichgültig, wie der Dollar steht. In anderen Ländern sind Maßnahmen gegen die Devisenspekulation erfolgreich durchgeführt worden. Zur Wucherbekämpfung werden wir ebenfalls beim Notgesetz Anträge stellen. Wir brauchen auch die Zentralisation zur Lebensmittelversorgung des Ruhrgebiets. sonst gibt' es hemmungslose Preissteigerungen. Die täglichen, ja stündlichen Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln sind unberechtigt'> und unerhört. Die Steigerung der Preise für die inländischen Er- Zeugnisse mit der Margarine darf nicht geduldet werden. Auch gegen die Preispolitik der Kartelle und Syndikate muß eingeschritten werden. Wenn die Preise sich nach den Index- zahlen richten dürfen, dann verlangen wir dasselbe für den Lohn. Eine normale Marktlage haben wir nirgends. Ihre Erwähnung in dem Rundschreiben der Reichsregierung war deshalb gefährlich. Wie lange soll dieser Wirtschaftskrieg dauern? Um den Wider- stand aufrechtzuerhalten, sind außerordentliche Mittel nötig. Ohne sie wird der Zusammenbruch herbeigeführt. Die Redner der bürgerlichen Parteien erkannten an, daß eine energische Bekämpfung des Wuchers notwendig ist. Reichsminister des Innern Ocser teilte mit, daß in der Zeit vom 15. bis 31. Januar von Frankreich   und Belgien  folgende Mengen beschlagnahmt und über die Grenze gebracht wurden: 22 000 Tonnen Kohle und 17 000 Tonnen Koks. Seit dem 1. Februar wurden noch 850 Tonnen beschlagnahmt, so daß seit der Wirkung des Lieferungsverbols rund 40 000 Tonnen nach Frank­ reich   und Belgien   gingen. Hätten die beiden Slaalen von der Be- sehung abgesehen, dann hätten sie täglich 45 000 Tonnen, in 20 Tagen also 900 000 Tonnen bezogen. Infolge der Belchung gingen ihnen also bisher SbOOOO Tonnen verloren. Oer Minister gab dann noch die von der Regierung vorgesehenen Fürsorgemaß- nahmen für die Flüchtlinge bekannt. Abg. Sollmann(Soz.): In vielen Polizeioerwaltungen fehlt es an Kräften, die die Wuchergesetzgebung durchführen können. Der Schmuggel an den Grenzen hat sich in den letzten Wochen verstärkt: es wäre notwendig, wieder fliegende Kolonnen zur Bekämpfung des Schmuggels einzurichten. Wie steht es mit der Unterstützung für diejenigen, die durch den Ruhreinfall und die Derkehrsstreiks arbeitslos werden? Mit der Arbeitslosenunterstützung dürfen diese Schichten nicht abgespeist werden. Der Abg. Helsferich hat mit Recht erklärt, daß bei einem Sieg des fran.zösischen Impcrialis- MUS die Verelendung der deutschen   Arbeiterklasse wachsen wirb. Er und seine Freunde könnten viel zum Durchhalten iki der Abwehr gegen Frankreich   tun, wenn sie durch die Tat zeigten, daß wirklich bh deutsche   Wirtschaft und die deutsche   Sozialpolitik der französischen  überlegen sein wollen. Dahin würde ich rechnen ein Bekenntnis der führenden Industriellen, daß am Achtstundentag unter keinen Umständen gerüttelt werden soll und daß endlich die be- sitzenden Schichten wirklich steuerliche Opfer bringen werden. Solche Taten müssen aber rasch gescheben, wenn sie wirken­sollen. Reichsregierrmg und Parteien müssen ferner darüber wachen, daß nicht hinter'dem Rücken der kämpfenden Massen und zu deren Schaden Bereinbarungen zwischen der franzö- fischen und der deutschen   Schwerindustrie angebahnt werden. In vielen Arbeitern lebt dieses Mißtrauen, und es kann im Abwehrkampfe großen Schaden anrichten, wenn sich irgendwelche Grundlagen dafür' zeigen. Der französischen   Propaganda, insbe- sondere dem Koblenzer   Rachrichtenbiatt. muß rasch und klar durch die deutsche Presse geantwortet werden. Was wir im Westen getan haben und noch tun werden, geschieht nicht auf irgendeinen Befehl. sondern aus der Erkenntnis heraus, daß es sich um den Bestand der deutschen   Wirtschaft und des deutschen   Staates handelt. Nicht auf Befehl, sondern aus innerster Ueberzeugung wollen wir an Rhein   und Ruhr das Reich retten. Neichsfinanzminiiter Dr. Hermes: Dem Problem der Preis- gestaltung und der Kreditgewährung kann man im Grunde nur von der Devisenseite her beikommen. Die notwendigen und mög- lichcn Mahnahmen sind bereits seit einigen Tagen eingeleitet. Der Ausschuß oertagt sich auf Freitag.