Einzelbild herunterladen
 
  

selbst geschätzter also viel zu niedriger Ertragswert nach den Reinerträgen der Jahre vor dem Kriege. Durchschnittlich betrug der Wehrbeitragswert kaum die Hälfte des gemeinen Wertes, d. h. des Preises, zu dem das Grundstück damals verkauft werden konnte, das. war sein Goldwert. Von der Hälfte dieses Goldwertes soll also das Zehnfache der Bewer- tung zugrunde gelegt werden für eine Steuer, die in Papier - geld in den Jahren 1923/1923 gezahlt werden soll. Die bürgerliche Mehrheit des Ausschusses will gnädigst eine Verdoppelung dieses Satzes zugestehen, also das Zwanzig- fache. Die Preise der landwirtschaftlichen Erzeugnisse sind aber um das SVOOfache, die Preise für landwirtschaftliche Grund- tücke um dos 2000 4000fache gestiegen. Günstigsten- alle wird also V20« des wirklichen Wertes be- teuert. Die Sozialdemokratie verlangte für bewegliches und unbewegliches Vermögen eine Verzehnfachung der bis- herigen Sätze, also der Steuerkurse für Wertpapiere und des Wehrbeitragswertes für landwirtschaftliche Grundstücke. Ge» wiß in Anbetracht der gestiegenen Leistungsfähigkeit des Sach- befitzes eine bescheidene Forderung. Trotzdem fand sie keinerlei Gegenliebe. Dafür wollen aber die bürgerllchen Parteien das, was sie bei der Bewertung zugestehen, durch eine Milderung des Tarife? wieder beseitigen. Nach ihrem Vorschlag soll mit der Erhöhung der Bewertting verbunden werden eine eben- solche Milderung des Tarifs. Das würde bedeuten, daß ein Steuersatz von 1 vom Tausend nicht bereits bej SOOOOO M. zu zahlen ist, sondern erst bei 1 300 000 M. Da Wertpapiere. die mit 1300 000 M. eingeschätzt sind, in Wirklichkeit einen Wert von(1 300 000 X 14=) 21 Millionen haben, wären Beträge bis zu dieser Höhe völlig steuerfrei. Bei landwirt- schaftlichem Besitz würden steuerfrei sein Beträge bis zu (1 300 000 X 200-) 300 Millionen Mark. Die dritte große Meinungsverschiedenheit hesteht über die Beschleunigung der Steuerzahlung. Die bisherige Steuergesetzgebung enthielt einen Anreiz zur ver- späteten Zahlung. Die Regierungsvorlagie will die beschleu- nigte Zahlung durch Verzugszinsen in Höhe von 10 Proz. pro Monat sichern. Bei schnellere? Geldentwertung werden diese Verzugszinsen wirkungslos bleiben, weil dann die Verzugs- Zinsen immer noch viel niedriger sind als der Gewinn, der aus der Nichtzahlung entsteht. Die Sozialdemokratie hat des- halb Verzugszinsen in voller Höbe der Geldentwertung ver­langt. Sie forderte ferner zum Ausgleich für die gewaltige Milderung der Steuerlast, die durch die Geldentwertung des Jahres 1922 herbeigeführt wurde, einen nachträgsichen Zu- schlag in Höhe der Geldentwertung, aber nur kür die Sach- Wertbesitzer, nicht für Kleinrentner und freie Berufe. Auch diese Anträge fanden vor den Bürgerlichen keine Gnade. Gegen den Widerstand der Sozialdemokratie ist ferner die Beseitigung der Kundenverzeichnisse der Banken beschlossen worden und die Aufhebung des DepotzwangesfüralleWertpapiere. Der unter Führung der Banken und der demokratischen Vertreter und unter Assistenz des Reichsbankprälidenten Havenstein unter- nommene Vorstoß auf völlige Beseitigung der Auskunfts- Pflicht der-Banken wurde einstweilen noch abgewehrt. Dieser kurze, keineswegs alle Mängel des Gesetzes um- fassende Ueberblick über den Inhalt des Gesetzentwurfs und die bisherigen Beschlüsse des Steuerausschusses des Reichstages läßt erkennen, daß er nicht, dieschwersten Opfer der Leistung»' fähigen" enthält, die der Reichskanzler Euno wiederholt in Aussicht gestellt hat. Für die Sozialdemokraten ist, wenn es bei den Beschliisien der ersten Lesung verbleibt, die Stellung- nähme klar vorgezeichnet. Sie kann einem Gesetz, das den Besitz in der unzulässigsten Weise schont, das innenpolitisch und wirtschaftspolitisch sich gegen die Massen des Volkes richtet, weil es deren Opfer vergrößert und die Stützungsaktion der Mark stark gefährdet, nicht die Zustimmung geben.

Reichskanzler Enno will am 3. oder 4. März nach München reifen.

Clsnö. von Bruno Frei . Ich wollte das Leben von Angesicht zu Angesicht sehen. Seinen aeheimen Mechanismus erfassen. Begreifen, was die bewegende Kraft alles Treibens ist, was den auseinanderstrebenden Teilen des sinnlosen Stückes Zusammenhalt gibt. Wer könnte die verwirrende Fülle der lebendigen Dinge auf eine Formel bringen, in einem Satz lagen, was für alle gilt und für immer, in der Enge eines Gesichtsfeldes bringen, was das All umfaßt? Wer wenn nicht das Leben selbst? Die Elendsviertel einer Großstadt gleichen dem Meeresgrund. Oben ist blauer Himmel, das heitere Spiel des Windes mit den Wellen. Unten ist Finsternis und der schwere Druck der Wasser- massen. Was den trotzigen Kämpfen des Sturmes nicht gewachsen ist, scheitert, zerbricht und alles Gescheiterte, vom Leben Zer» brochene sinkt in die Tiefen. Der gleiche Druck preßt Werwolles und Wertloses wahllos zusammen und die schaudererregenden Tiefsee. tiere die berufsmüßigen Leichenfledderer und Wrackräuber be­schnüffeln und benagen das aefuntenc Gut. Hier in der Schönhauser Straße sind zwei Kaschemmen nebsn» einander: da» Caft Dalle» und die Schenk« Reesel. Im Cafe Dalles: aschgraues Elend. Hundert« Menschen schieben in dem engen Lokal aneinander vorbei. Handel, Karten- spiel, Weiber aber alles in allem: Jagd nach Geld, dos hier witzige Fügung der Gefetz« und de» Bedeutungswandel«! Schein heiß:. Acht Schein«(Hundertmarkscheine) für«In Paar Stiefel, dir nicht nur aus Löchern bestehen, zwölf Scheine für«ine Damenwoll- wefte beim Fachmann für Auelagendiebstahl, einen Schein als Ein- latz beim HozardfpielMeine Tante deine Tante", zwei Scheine für ein« der aufgeblühten Syphilisreinkulturen Scheine, nur Scheine, wo gibt es Schein« zu oerdienen, zu klauen, zu rauben? verschlagene Hinterlist, brutale Gewalttätigkeit, ekle Gemeinheit, erschütterndes Greifentum in hilfloser Schwachheit nicht nur dem Tode, sondern auch dem Sterben im CafeDalles" verfallen, schläfriges Dösen, schmutziges Gieren, derbes Patschen und Tätscheln. schmieriges Kosen, verfallen« Huren, junge Kinder die Hölle, die tieffte Hölle, mit all ihren Gebresten auf der Jagd nach Scheinen. Eine Hehlerbude, deren Hintergrund in kinoromantische Unbestimmt- beiten verschwindet. Es ist Nacht und doch arbeiten in einem Verschlag zwei Naseure und machen je nach Bedarf aus verwilderten Rowdys glattrafierte Hoteleinschleicher. Für 10 M. Eintrittsgeld verzehrt muß nichts werden können Obdachlose die Hälfte der Winternacht im warmen Raum verbringen und die Bettstellenbe- wohner des Nordens ihr Lager meiden. Wer je in einem Lörfenjaol war, weiß, daß er einem Tollhaus gleicht. Nun, dieses Tollhau» gleicht einer Börse. Auch hier gilt das Gesetz: wer gewinnt, wer verdient, kann sich die Genüsse des Daseins kaufen, kann vergessen, sich berauschen. Denn zwei Häuser weiter locken die Lichter dcrNeeselschenke zum Bockbicrfest bei Musik und Tanz. Hell erleuchtet und mit Papier- kränzen geschmückt ist der Saal und alle tragen papierne Narren- pcrücken. auf welchen gedruckt steht: Ich mar tahl. Ein Rhnthmus f«ht von dem Spiel der Musikanten aus und ergreift die Masse, ein

Der Sauernfang öer Agrarier. Börse und Sozialdemokratie. DasB e r l i n e r B l a t t ein unter Ausschluß der groß- städtischen Oeffentlichkeit erscheinendes agrarisches Schwester- blatt derDeutschen Tageszeitung", veröffentlichte unter dem 16. Februar einen Artikel, der sich mit der Rede des Genossen S o l l m a n n beschäftigte. Sollmonn hatte im Reichstag auf das schärfste gegen das Treiben der Börse protestiert und Abhilfemaßnahmen gegen die ins maßlose gestiegene Spe- kulation gefordert. Das obskure Dlatt schrieb nun dazu: Es freut uns jedenfalls, daß ein Sozialdemokrat solche Auf- fassungen hat und öffentlich vertritt. Bekanntlich sind in früheren Zeiten immer die Sozialdemokraten als Schutztrupp« der Börse aufgetreten. Sie hoben dementsprechend alle Börsen- gesetze, die das Treiben der Herren Spekulanten ein- schränken und die Spekulation höher besteuern sollten, rundweg a b- gelehnt. Hoffentlich steht Sollmann in seiner Partei nicht allein, so daß die kommende Börsenreform, um die wir uns nicht herum- drücken können, gerade bei den Sozialdemokraten freundliche Förde- rung findet. Nie fand sich in so wenigen Zeilen soviel bewußte Lüge und Verleumdung zusammen! Unsere Leser wissen, daß die Sozialdemokratie es gewesen ist, die sich gegen die Valutaspekulation seit jeher gewandt hat. Und überall, außer in der Dessauer Straße wo man für dasLand" schreibt, weiß man, daß das Valutaelend die Ursache der ungeheuerlich angewachsenen Spekulation ist. Die Sozialdemokratie verlangt die entschiedene Besitz- b e st e u e r u n g, die Erfassung der Kriegs- und Revolution?- gewinne, die Heranziehung des S a ch b e f»tz e s, die gänz- liche Unterdrückung der Devisenspekulation, die Hochhaltung der inneren Kaufkraft durch N i e d r i g h a l» tung der Preise für Lebensmittel uff. Sie hat die Er- .höhung der Börsenumsatzsteuer und die Devisennowerordnung durchgesetzt, wie sie seit jeher eine aktive Währungspolitik verlangte. Unter diesen Maßnahmen befindet sich nicht eine einzige, die nicht von derDeutschen Tageszeitung" auf das e n t- schieden st e bekämpft worden wäre. Durch ihre For- derung nach freier Getreidewirtschaft haben die Agrarier die Produktenbörse groß gemacht. Durch ihre Sabotage der Staatsfinanzen hab'cn sie die Mark nach Kräften ver- Nichten geholfen. H e l f f e r i ch und Havenstein waren es nicht minder als Poincarch die den Dollar auf 50 000 und die Aktienkurse in die Hunderttausende getrieben haben! Und jetzt soll es auf einmal die Sozialdemokratie gewesen sein, die die Börsenspekulanten begünstigt hat! Man braucht sich ja nicht zu wundern. In Berlin schreibt man nurf ü r d e u t s ch e A r t". In der Provinz versucht man den Anschein zu erwecken, als ob unsere Partei die Börsenspekulation begünstige, um dann dieSchieber- r e p u b l i k" zu verunglimpfen! Und dos Ergebnis: Techow, Günther, Tillessen usw. Man braucht sich aber hier nicht zu wundern, wenn man diese ihregeistige Nahrung" sieht.

Die Lohnsteuer in Sowjetrußlanü. Ueberflüssige Eutrüstung derRoten ftfahnc". Wir hatten aus derOstexpreß" vom 30. Januar die fol. gende Meldung über die Einführung einer Lohnsteuer in Sowjet- rußland übernommen: Die Sowietregierunp hat für die Empfänger von Gehältern und Löhnen, die den tariflichen Höchstbetrag übersteigen,«in« be- sondere Lohnsteuer eingeführt, die neben der allgemeinen Ein- kommensteuer durch Abzug zu erheben ist. Steuerpflichtig ist der Neberschuß über den tariflichen Höchstbetrag. Di« Steuersätze sind stark progressiv gehalten und betragen 6 Proz bei S00, 10 Proz. bei 2500, 33 Proz. bei 5000 Rubel 1923(je 1 Million alter Rubel.)" Die Wiedergabe dieser Meldung hotte uns zu der durchaus zutreffenden Bemerkung veranlaßt, daß sich die Kommunisten hier

Rhythmus des süßesten Spiels, das alles vergessen macht, alles Elend und allen Schmutz. Hier versteht man ein Fest zu feiern. Der Podiumsänger singt ein Couplet und alle singen den Refrain mit. Er ist unanständig und doch liegt keine Gemeinheit darin. Ein Mädel steht da mit hellem Haar, reckt ihre jungen Gliedcr geschmeidig wie eine Kotze und wiegt sich im hinreißenden Takt des Gassenhauers. Ihre Freunde umschwärmen sie. Die Aristokratie vom CaföDalles" leistet sich das Bockbierfest bei Reesel. Es ist der Bodensatz der Gesellschaft, aber er ist nicht anders als sie selbst. Ein Gesetz herrscht über sie alle. Ob sie sich von den Mühen des Geschäftslebens am Kurfürstendomm oder in der Schön- houser Straße erholen, es ist immer dasselbe: Hunger und Liebe, Geld und Genuß, Börse und Diele, CafeDalles" und Reeselschenk« das ist das Leben. Das ist das Urgesetz, dem alle gehorchen und olle anderen menschlichen Bestrebungen, nennen wir sie die humani- tären, sind einzig und allein daraus gerichtet, die Unterschiede in der Art der Befriedigung dieser urgewaltigen Triebkräfte des Lebens auszugleichen. Das ist die erbärmlichste Heuchelei, die dem Armen das Der- «lügen mißgönnt und weise Lehren erteilt über den Borzug des Nützlichen und Notwendigen. Ein Leben ohne Vergnügen ist kein Leben, nicht einmal in der Sphäre de» Caf4Dalles". Das Bock- bierfest einmal im Monat ist so notwendig wie die Erbsensuppe ein» mal Im Tag. Auch die Menschen im Elend wollen da» Elend im Menschen vergessen. Die ganze Kultur ist ein Beronüaungsfpiel der Kultivierten. Solange es von der Kultur Auegeschlossene gibt, muh es kulturlose Spiele geben. Zur Kultur kann man nicht durch Sparsamkeit kommen, wie Lesebücher und Tanten mitunter meinen. Das Leben jeder Zeit besteht aus Brot und Spielen: welches Brot ißt und welche Spiele spielt der größere Teil der Menschheit? Das ist die Kulwrfrag� jeder Zeit. Unsere Menschheit ißt, wie bekannt, zum größeren Teile Dohnenbrot, und das auf Marken.

itrnft Renan. Wenn heute jemand als Freidenker auftritt und betont, daß er nicht an Wunder und Gottheit Jesu glaubt, so wird er damit kein sonderliches Aufsehen erregen, hat er doch die meisten wissen- schaftltchen Autoritäten auf seiner Seite. Anders war es noch im vorigen Jahrhundert, wo die Orthodori« sich mit der größten Zähig- keit zu behaupten wußte und solche Freigeister scharf verfolgte. Dies zeigt u. a. das Leben eines«inst vielgenannten Mannes, dessen hundertsten Geburtstag wir heute feiern, Ernst Renan . Geboren in Träguier im nördlichen Frankreich erkor er den geistlichen Beruf und besuchte ein Priesterseminar, fühlte sich aber darin nicht glücklich, zumal ihm schon zeitig der Kult des Buch- stabenglaubens widerstrebte. Er schied daher aus und wandte sich oricniolifch.'n Studien z>'. Besonders die Semitischen Sprachen betrieb er mir regem Eifer, veröffentlichte isiehrere Schriften und wurde 185ö Mitglied der Akademie der Inschriften. Bier Jahre

in Deutschland als radikale Opposition etablierten, trotzdem sie in Sowjetrußland unter dem Zwang der Verhältnisse ganz andere Maßnahmen durchführen. Das veranlaßt dieRote Fahne" heute auf Grund von Informationen ihres Moskauer Bericht- erstatters zu einem wütenden Aussall gegen die Redaktion desV o r w ä r t s". Es wird uns zu diesen Angriffen derRoten Fahne" von sachkundiger Seite folgendes mitgeteilt: Es ist zu vermerken, daß die Tarifsätze lediglich Minimalsätze betragen und tief unter den tatsächlichen Löhnen stehen: in Anbetracht der in der Sowjetpresse mehrsacy erwähnten Tatsache, daß hachqualifizierte Arbeiter relatw außerordentlich hohe Löhne bezichen, kann mit Be­stimmtheit angenommen werden, daß auch Arbeiter in praxi der Lohnsteuer unterliegen, ist denn auch die«inschla- gige Verfügung wörtlich betitelt:Regeln über die Erhebung der Steuer für Personen, die hohen Arbeitslohn erhalten." (Moskauer Jsw" Nr. 15.).'.. Die Behauptung derRoten Fahne", daß kein einziger Arbeiter in Sowjetrußland Einkommensteuer zahlt, ist unzu- treffend. Das Gesetz über die Einkommensteuer vom 16. No- vember 1922(Jswestisa" 19. November Nr. 262) erwähnt aus- drücklich den Arbeitslohn als steuerbares Ein- kommen, soweit er einen festzusetzenden Mindestsatz übersteigt. Durch die Verfügung vom 23. November (Jswestisa" 26. November Nr. 268) ist der steuerfrei« Betrag des Einkommens auf 1200 Rubel 1923 im Halbjahr für die Hauptstädte und auf 400 bis 800 Rubel für die Provinz feugesetzt worden. Daß die tatsächlichen Arbeiterlöhne für ganze Gruppen von Arbeitern diese Mindestsätze übersteigen, ist u. ä. aus einer Veröffentlichung in derPrawda" vom 21. Dezember(Nr. 289) ersicktlich, wo der Monatslohn eines Metallarbeiters in Mos- kau im November auf 280 bis 303 Uubel. eines Textilarbeiters in Moskau auf 210 Rubel, in der Provinz auf 310, der eines Trans- portarbeiters im Dezember auf 120, im November auf 82 Rubel (alles in Rubeln Muster 1923 umgerechnet) eingeschätzt wird. Di« seither erfolgt« weitere Geldentwertiing hat den nominellen Lohn erheblich aesteigert, und der Mindestlobn für Februar ist für die unterste Tarisstufe aus 60 Rubel festgesetzt worden. Daß in Sowjetrußland die Arbeiter in keinem Falle von den direkten Steuern ausgenommen sind, ist ferner au- dem Gesetz über dieallgemeine Steuer"(Kopfsteuer) vom 25. November(Jswestisa" vom 26. November Nr. 26?) er- sichtlich, wo Arbeiter und Angestellte, di« Löhne über die 12.(Mini- mal-) Tarisstufe erbalten, als ste u e r p s l i ch t i g bezeichnet werden. Auch das Gesetz über die Abgeltung der Arbeits- und Fuhrpflicht in Geldform macht für Arbeiter und Angestellte keine Ausnahm«". Daraus g«ht zur Genüg« hervor, daß di« Entrüstung der Roten Fahne" über unser« Berichterstattung vollkommen überflüssig ist. Es ist in dieser Frage nicht anders wie in allen anderen Ding«n, die sich augenblicklich in Rußland abspielen. Dort ist die ParoleMit Volldampf zurück in den Hoch- k a p i t a l i s m u s"._

Severins über den öeutiNien tViüerstanü. Steffin, 26. Februar.(TU.) Im Rahmen einer Versammlung der Sozialdemokratischen Partei sprach gestern der preußische Innen- minister Severing überdie Vorgänge im Ruhrgebiet ". Er führte u. a. aus: Der Widerstand im Ruhrgebiet ist durch kein herrisches Wort erzeugt worden, sondern ist urwüchsig aus Bevölkerung und Ar- beiterschaft hervorgegangen. Poincare sieht jetzt ein, daß die Mau- nen des Generals Foch nichts ausrichten können. DasN e j gegen die unmöglichen Forderungen im letzten No- vember war von fast allen Reichstagsparteien unterstrichen worden. Hätten wir aber schon früher nein gesagt, dann wäre dos Diktat noch unerträglicher ausgefallen. Unsere Erfüllungspolitik von 1L19 bis 1921 war doch der rechte Weg. Wir haben dann gezeigt, daß wir jetzt nicht weiter können, und haben dafür nicht nur die englische und ameritamsche, sondern die Metrnmz des ganzen übrigen Auslandes auf unserer Seite. Frankreich ist isoliert. Pom- care will sein« Politik von allen englischen und amerikanischen Ein- flüssen unabhängig machen. Durch eine unter dem Druck des fran- zösischen Militarismus stehende ausgesprochene europäisch« Ko- lonialpolltik wäre natürlich die Stellung Englands auf das äußerste bedroht. Wir wollen verhandeln. Aber nach all den Zurück-

später trat er im Auftrage der Regierung eine wissenschaftliche Reise nach Syrien an und sammelte hier sehr reichhaltiges Ma-» terial, namentlich über das alte Phönizien, um es in späteren Werken zu verwerten. 1862 wurde er Professor der orionlalilcl�n Sprachen am College de France in Paris und entwickelte nun, besonders auch als Schriftsteller, eine sehr große Fruchtbarkejt. E» war die Zeit, wo Orthodoxie und Freiöenkermm im fchcticn Kampf lagen, namenllich seitdem David Friedrich Strauß in seinem Leben Jesu" den Inhalt der Evangelien im wesentlichen s.ir mythisch erklärt und der historischen Perföitlidifcit Jesu einen starken Stoß versetzt hatte. Renan nahm mm ke»neswcgs den Stand. punkt solcher negativen Kritik ein, ging aber doch gründlich gegen die alten Ueberlieferungen vor uid erreichte den Höhepunkt in seinenAnfängen des Christentums", deren erster Teil 1863 das Leben Jesu behandelte. Er-stützte sich darin aus gründliche Quellenforschung und persönliche Beobachtung im Orient und entwarf«in färben, und stimmungsreiches Gemälde vom Leben und Wirken des Razareners»nd seiner Gefährten, wobei er zwar alles Wunderbare und Uebersinnliche ausschied, aber doch vcrhäl:. nismäßig viel von dem in den Evangelien Ueberlieferten bestehen und Jesus in echt menschlichem Gewände auftreten lieh. Daß er dabei oft willkürlich verfuhr, um ein einheitliche, Bild zu schaffen, und seine persönliche Teilnahm« zu sehr hervortreten ließ, wollen wir nicht bestreiten, müssen aber doch in dem Ganzen ein wohl» gelungenes Wsrl erkennen, dessen Lektüre bfscmders auch dem Volke ersprießlich bleibt. Damals erregte es ebenso viel Begeisterung wie Entrüstung. Letztere zeigte sich Hauptlächich in den geistlichen Kreisen und ha:ts außer zahlreichen Gegenfchriüen Renans Entsetzung von der Professur zur Folge. Napoleon III. , welcher sich gern die Kirche zur Bundesgenossin hielt, bewilligt? sie, suchte aber Renan durch ein« Stell« als kaiserlicher Bibliothekar zu entschädigen. Mutig und charakterfest lehnte Reian sie ab, wirkte fortan als Prioatgelehrter, machte neue Reisen und ließ noch viele Schriften erscheinen. Erst unter der Republik wurde ihm wreder die Erlaubnis zuteil, Dorlesungen am College de France zu holten, und so konnte er seine Tätigkeit bis ins Alter fortsetzen, nahm i»uch am politischen Leben teil und ging u. a. in einer satirischen Sthrisl gegen Gam- betta vor. Am 2. Oktober 1892 beschloß er in Paris sein« Tage. dl. Leb. Reform de» künstlerischen Bildungswesens. Da, preußisch« AiÄtusminIsterium hat an die Kunstakademien einen Erlaß gerichtet. der die Brundzüg« für ein« den modernen Anschauungen entsprechende Ausbildung des künstlerischen Nachwuchses festlegt. Danach wird bei der Aufnahm« in die preußischen Kunsthochsä>ulen in Zukunft neben dem Nachweis künstlerischer Begabung der Nach- weis handwerklicher Vorbildung zur Bedingung gemacht. Dom zukünftigen Blldhauer wird z. B. der Besuch einer Steinmetz-, Holzbildhauer» oder Stukkateurwerkstait gefordert. Nach Erledigung eines Probeturfus,' der Anatomie, Perspektive, Schriftzeichnen und dergleichen umfaßt, steht dem Schüler die Wahl eines L e h r e r s und die Weiterbildung in den unter sich gleich-zevrdneter, Ateliers für JSilbhcitftei, Malerei oder Architektur frei. Durch Austausch von Schülern zwischen den verschiedenen Klassen und Werkstätten und durch A r b e i t s g e m e i n s ch a f te n soll eine enge