die Stimmung im Auslande, insonderheit in England, be- arbeiten: Die englische öffentliche Meinung umzustellen bis zur wohl- wollenden Neutralität wird es nicht nur sehr vorsichtigen Vorgehens unserer Regierung bedürfen, sondern es wird auch noch die englische Presse länger« Zeit in diesem Sinne arbeiten müssen. Auch aus Kiesen außenpolitischen Gründen ist es daher unklug, von der Regierung die Erklärung des Kriegszustandes zu fordern und voreilig ihr daraus Vorwürfe machen zu wollen. Ueberdies sprechen auch noch innerpolitlsche Gründe wichtigster Art für die gegenwärtige Taktik der Regierung. Di« Führerschaft der Sozialdemokratie hat zwar emerseits sich der nationalen Welle angepaßt, um nicht durch sie aus dem Sattel gehoben zu werden und damit sich nicht die Revolution als die größte Dummheit und das ärgste Verbrechen, das sie war, herausstellt und anerkannt wird. Diese Führerschaft ist deshalb andererseits be- müht, Much Mitschwimmen in der nationalen Welle sich die Leitung auf das m a r x i st i s ch- p a z i f i st i f ch e Ziel hin nicht aus den fänden nehmen zu lassen____ Man darf sich dadurch nicht täuschen iassen, die sozialdemokratischen Führer haben die Herrfchast über die Massen im Ruhrgebiet nicht mehr in der Hand. Dort sind sie ihnen zum größten Teile in die national« Front davongegangen. Ist das nicht ganz so gescheit, als wenn Graf Westarp es geschrieben hätte? Ganz in seinem Stile ist auch die weitere Anweisung m dieser„schwarz-weiß-roten" Korresvonderz, man müsse„Frankreich das Odium zuschieben, den Kri.g non neuem erklärt zu haben, uns selbst aber poinlich in der Lage des schuldlos Angegriffenen zu halten." Um so emsiger aber müsse die Agitation von Mund zu Mund betrieben wer- den, um„die flammende Begeisterung des Anfangs allmählich in immer tiefer fressenden Haß und zähe Wut umzuwandeln." Diese Art der geheimen Agitation wirkt nachgerade g e- meingefährlich. Wenn man nicht annehmen soll, daß sie von französischen Geldern bezahlt und von französischen Spitzeln inspiriert ist, so muß man doch sagen, daß sie ganz im Interesse der französischen Imperialisten handelt. Es kann den Leuten um Poincare nichts angenehmer sein, als ein Hin- weis auf solche Kriegspropaganda in Deutschland . Dadurch könnten sie in der Welt wenigstens den Anschein wieder erwecken, als wenn ihre Furcht vor solchen Angriffen ernsthaft gemeint wäre. Der Reichswchrminister hat im Reichstage kürzllch das lapidare Wort gesprochen:„Es gibt viele Verrückte in der Welt." Die Reichsregierung aber sollte schleunigst klar und unzweideutig von diesen Treibereien abrücken, wenn anders sie nicht in den Ruf kommen will, schweigend das Treiben von„Verrückten" zu begünstigen. Schon im Interesse des Rechtskampfes an der Ruhr ist es notwendig, eine klare Scheidelinie gegenüber den nationalistischen Drahtziehern her- beizuführen. Die Sozialdemokratie hat keinen Zweifel dar- über gelassen, daß sie ihrerseits wenigstens alle derartige Versuche, Deutschland aufs neue in den Krieg zu führen, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln zu verhindern suchen wird-
Wels und Rosenberg. Der„Tag", dessen polemische Manieren wir erst gestern hier beleuchtet haben, schreibt unter der Ueberschrift:„Minister Rosenberg gegen sozialistische Seitensprünge" folgendes:.. Reichsaußemmmster v. Rosenberg hatte gestern nachmittag im Reichstage eine eingehende Besprechung mit Vertretern der iozialdemokratisch«n Fraktion. Man beschäftigt« sich unter anderem mit der Rede, die der Abgeordnete Wels bei der Tagung des Berliner Vezirksparteidages der Sozialdemokratie ge- halten hat. Es ist anzunehmen, daß der Außenminister die Führer der Sozialdemokraten auf die Wirkung dieser Red« in Frankreich aufmerksam gemacht hat. Dazu haben wir mitzuteilen: Heute morgen rief Minister v. Rosenberg unseren Genossen Wels an, um ihm seine Entrüstung über den Artikel des„Tag" auszusprechen und
heilige Mijflon. Bon Bruno Manuel. Eine Tiroler Alpenzeitung bringt gelegentlich Aufsätze von mir. Sie hat mir dafür ein Freiabonnement bewilligt. Und ich kann nun feststellen, wie meine Aufsätze in einer Tiroler Alpenzeitung aus- sehen. Mein Name paßt, wie ich finde, nicht schlecht in das süd- lichers Milieu. Ich lese auch, was es für eine Tiroler Alpenzeitung nußer meinen Aufsätzen Interessantes gibt. Da ist beispielsweise der Inseratenteil mit seinen zweistelligen Preisen, die nur so niedrig sind, weil die Italien «? sich der Südtiroler steundlich angenommen und die elend« Krone mit der besseren Lira verwechselt haben. Ich kann auch aus erster Hand nachprüfen, ob wir in Deutschland immer hübsch auf der Weltmarktpreissprosse stehen bleiben. Uebrigens vermittelt so ein« Tiroler Alpenzeitung ein reizendes Gefühl. Wenn man nur denkte daß der Setzer, der sie gemacht hat, hinter seinem Buchstabenkasten in Lederbuxen und mit nackten Knien gestanden hat. Und daß dies Blatt, welches man nun ver- gnügt in der Hand hält, eine Fahrt im Gebirgsbähnle hinter sich Hot. Ich weiß genau, wie in Meran die Schneeschuhläufe ausgefallen sind, und ob in den Bozener Hotels noch viele Deutsche wohnen. Neulich wurde da irgendwo ein«„heilige Mission" abgehalten. Und die Missionare, die es heraushob«,, uns unsere Sünden varzu- kalten, haben dabei ihrer Gemeinde den Materialismus der heutigen Gesellschaft als verdammte Sünde hingestellt. Die Missionar« sollen es auch auf di« hohen Milch- und Käfepreise gemünzt haben. Der Herr Pfarrer des Ortes, der dabei stand als vom ver- kämmten Materialismus die Rede war, senkt« verschwiegen die Augen. Man nahm an, daß er nun ein stilles Gebet um Besserung der Menschheit zum Himmel schickte. In der Nacht nach der heiligen Mission stiegen, wie die Tiroler Alpenzeitung meldet, Diebe in den Hbhnerhof des Herrn Pfarrers. Sie nahmen einen Hahn und 42 Hennen mit. Einigen Enten drehten sie ebenfalls den Hals um. Und aus einer Tonne mit Sauerkraut stopften sie sich sämtlich« Taschen voll und Nebten zum Schluß einen Zettel auf den Deckel, worauf geschrieben stand:„Wer fest aus Gott vertraut, der braucht kein Sauerkraut!" D!« Tiroler Alpenzeitung hat leider ihren Lesern verschwiegen. «i« der Herr Pfarrer darüber denkt. Ich meine aber, wenn er die heilige Misfion richtiger verstanden hat, nimmt er die Spitzbüberei in seinem Hühnerhof für ein.Wunder Gottes hin, das eine Art aus- gleichender Gerechtigkeit darstellt. Nachher kam mir aber der Gedanke, daß der Herr Pfarrer wo- möglich zuerst wieder die Augen verschwiegen gesenkt hat, wie zum Gebet um Besserung der Menschheit. In Wahrheit wird es jedoch »in Dankgebet gewesen sein, weil die Diebe das zum Sauerkraut gehörig« Fleischlich« im Rauchfang Gott sei Dank nicht gefunden haben.*
ihm zu sagen, er habe seinen Vertreter in der Pressekonferenz beauftragt, dort zu erklären, daß die Behauptungen des„Tag das Gegenteil der Wahrheit feien. Hompers unö üer Ruhrkonflikt. Berichtigung einer Falschmeldung. Ueber die Stellungnahme von G o m p e r s, des Vor- sitzenden des Amerikanischen Gewerkfchastsbundes, zu dem Aufruf der deutschen Gewerkschaften an die amerikanischen gesetzgebenden Körperschaften wurde in einem New Borker Telegramm von„Est-Europe" vom 6. Februar (s.„Vorwärts" Nr. 61) folgendermaßen berichtet: „Der Aufruf der deutschen Gewerkschaften an Amerika , in der der Ruhrfrage zu intervenieren, wurde durch den Gewertschasts- führer Gompers dem Senat und dem Repräsentantenhaus über-- geben.... In einem Begleitschreiben legte Gompers dar, daß er den Protest Deutschlands nur insofern billige, als er sich gegen Zwangsarbeiten im Ruhrgebiet unter der Drohung militärischer Druckmittel Frankreichs wende. Aber er stimme mit Frankreich darin überein, daß dieses das Recht auf Reparationszahlung habe." Was hat aber Gompers in Wirklichkeit gesagt? Nach dem Bericht des offiziellen Organs des Amerikanischen Gewerkschaftsbundes lautet feine der amerikanischen Presse übergebene Erklärung folgendermaßen: „Der Appell der deutschen organisierten Arbeiterschaft wegen der Besetzung des Ruhrgebietes an den amerikanischen Kongreß verdient ernste und sympathische Erwägung von feiten der Regierung der Bereinigten Staaten. Die Zeit, in der die Ar- beiter zu Zwangsarbeit verpflichtet werden konnten, ist vorbei. Die Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei setzte schon vor 75 Iahren ein. Das Herz des französischen Volkes ist erfüllt von Edelmut und sträubt sich dagegen, dem deutschen Volk oder einem Teil des beut- schen Bolkes Zwangsarbeit aufzuerlegen. Das deutsche Volk muß sich darüber klar sein, daß es nicht vollständig einer B e z a h- lung in vernünftigen Grenzen für die Zerstörungen und Verwüstungen entgehen kann, die der Kaiser in seinem Namen so rücksichtslos durchführen ließ. Obwohl der Senat der Bereinigten Staaten abgelehnt hat, den Bertrag von Versailles zu ratifizieren, und obwohl deshalb die Ver- einigten Staaten nicht gebunden sind durch seine Bestimmungen, so können wir uns doch der moralischen Verantwortung nicht entziehen, die sich aus der Anerkennung der Tatsache ergibt, daß eben dieser Bertrag den Krieg beendete und daß der Waffenstillstand nur dem militärischen Konflikt ein Ende machte. An der Formulierung der Wassenstillsiandsbedingungen waren die Vereinigten Staaten beteiligt. Ich wiederhole und betone die Erklärung, die ich kürzlich über die Ruhrbesetzung abgab: wenn unser Land den Derirag ratiflziert hätte, oder wenn wir und Großbritannien Frankreich den Schuh verbürgt hätten, dessen es bedarf, nämlich gegen künftige Angrisse von seilen Deutschlands , so wäre es niemals zur Besetzung des Ruhr- gebiete» gekommen. Meiner Ansicht nach sollte die amerikanische Regie- rung als Bermittler auftreten. Wir haben keine selbst- süchtigen Absichten, weder auf Deutschland noch auf Frankreich , noch auf irgendein Land, und das Anerbieten, die Vermittlung zu über- nehmen, sollt« nach meiner Meinung Deutschland und Frankreich auf Treu und Glauben gemacht werden,'ohne Rücksicht darauf, ob beide Nationen oder eine von ihnen darüber erfreut sein werden oder nicht." Diese Erklärung von Gompers macht jedenfalls einen anderen Eindruck als der auch von uns wiedergegebene tele- graphische tendenziöse Bericht aus New Bort.
Teilrückzohlung beschlagnahmten Eigentum» in Amerika . Das Repräsentantenhaus hat mit 800 gegen 11 Stimmen den Gesetz» entwurf angenommen, gemäß dem von jedem Vermögen eines An» gehörigen eine« früheren feindlichen Staate«, daS in der Verwaltung des Treuhänders für feindliches Eigentum steht, 10 000 Dollar zurückgezahlt werden. Der Seietzentwurf ist an den Senat weiter geleitet worden. Ein Zufatzantrag, der die Her» ausgab« allen Besitzes verlangte, wurde abgelehnt.
Neues Dolkstheater:.Kater Lampe" von Emil Rofenow. Di« Szenen, die in trefflich gerundeter Form unter B i l d t s Regie vor- überzogen, haben in den zwei Jahrzehnten, die seit der Premiere ins Hand gegangen, an Kraft und Farbe nichts verloren. Ein« der ungeheuerlichsten Wandlungen vollzog sich: das alt« preußisch- deutsche Regiment, auf dessen nach unten brüsken, nach oben servilen Beamtengeist in der Figur des streberischen Gendarms Weigel hier so scharfe Lichter fallen, brach zusammen. Aber aus dies« Schilderung hat sich noch kein Staub gesetzt. Was hätte Rosenow , der warm» herzige Sozialist und Lolksfreund, in dem mit solchem Sinn sich ein- dringendste Beobachtung und freundlicher Humor oerbanden, für die deutsche Bühne vielleicht noch werden können, wenn ihn nicht ein so stüher Tod dahingerafft! Sein Stück, aus Eindrücken er- wachsen, die er be! seiner ländlichen Agitation von Dorf zu Dorf in seinem Chemnitzer Wahlkreise erhielt, repräsentiert ein Bolls- stückgenre, dos von allem, was sich früher Bolksstück nannte, grund- sätzlich unterschieden ist. Sentimentalitäten und Rübrseligkeiten sind restlos ausgelöscht. In den Figuren, die sich um das Schicksal des unsichtbar bleibenden Titelhelden, den Liebling des buckligen kleinen Hohschnitzerg-fellen Neumärker gruppieren, spiegeln sich Typen und typische Verhältnisse des dortigen Volkslebens oeiblüffend realistisch wieder. Die Massen sind mit einfachsten Mitteln in eine Bewegung gebracht, die bühnenwirksam, doch ohne all« konventionellen Theater- tricks das Interesse bis zum Ende rege hält. Gelegentliche Be- rührungspunkte einiger Situationen mit solchen ron Gcrhart Haupt- manns..Biberpelz" tun dem Eindrucke selbständiger Originalität keinen Abbruch. Das Ehepaar Ermsscher: der Herr Gemein deoorftand, der durch donnernde Ausbrüche in der Familie und im Amt sich allemal ver- gebens in Respekt zu setzen sucht, und dessen fleißig«, kolerisch-ehr- geizig« Gattin waren durch Fritz L i o n und Fränze R ol o ff an- schaulichst vertreten. Nur daß die Künstlerin die Häßlichkeit der Maske wohl übertrieben hotte. Auch die andere» Ehepaar«: die Schönherrs, bei denen der rechthaberische, unruhstiftend« Neumerkel mit seinem Kotzentier sich einquartiert hat, und die Seiferts, die un- getreuen Hllier des ob seiner Uebeitaten amtlich mit Arrest belegten Katers, gelangten zu charakteristiicher Erscheinung: jene durch Fritz C h u r und Beate F i n k h, dies« durch Armm Schweizer und Paula B a tz« r. Besonders Schweizers langausgeschossener, schüch- terner Gemeindediener, dem der Katermord, zu dem ihn seine begehr- liche Eva aufgestachelt, keine nihige Stunde läßt, war rn hohem Maße ergötzlich. Einen Höhepunkt bildete da? Bachanal, bei dem ungebetene Gäste, der gefürchtete Gendarm(Paul Herm) und der betrunkene Landbriefträger vor den Augen des Schuldbewußten das Gericht als leckeren Hasenbraten verzehren. Edith A n g o l d war gut in der Figur der hochgekommenen Fobrikantengattin, die sich an der Seite ihres reichen Mannes hochmütig vor den armen Leuten spreizt; Ernst Raden,«in bleicher Neumeikel mit fiebrigen, glänzenden, bewegten Augen, dem viele Szenen sehr glücklich ge- langen. Nur im Schlußakt, wo er im Glanz« der ererbten zwanzig Taler als Hans im Glück auftritt, seinen Kater zurückverlangt und die Bauern traktiert, hätte dir humorisische Wirkung noch voller sein können. Die animierten Zuschauer dankten den Dorste "??'.; mit starkem, nach jedem Akte sich wiederholenden Applaus.<it.
Das französische Helbbuch. Die französische Regierung hat ein Gelbbuch übe? die Reparationsfragen herausgegeben, das Dienstag in der Kammer verteilt wurde. Obwohl diese Dokumentensammlung unvollständig ist, läßt sie doch die Hintergründe der auf der Londoner und Pariser Konferenz gepflogenen Verhandlungen deutlicher hervortreten. So findet sich in dem Bericht über die zweite Sitzung der Londoner Konferenz vom 16. Dezember der Auszug eines Exposes, das PoincarH über seine Absichten, Deutschland zur Zahlung zu zwingen, amtlich gemacht hat. Danach hat Herr Poincare vorgeschlagen, mit Deutschland in Verhandlungen zu treten unter gleichzeitiger Besetzung von Essen und Bochum als Pressionsmittel. Für den Fall, daß die von Deutschland geforderten Garantien von der deut schen Regierung nicht gewährt würden, würden sich die Alliierten darauf einstellen müssen, sich im Ruhrgebiet sowie auf dem linken Rheinufer selbst Einnahmen zu verschaffen. Poincare erklärte dazu, er gebe sich keiner Illusion über die finanziellen Ergeb- niffe einer solchen Operation und insbesondere hinsichllich der En- künfte aus der Erhebung der Zölle hin. Es sei sicher, daß die auf diese Weise erhobenen Beträge weit geringer sein würden als die im Londoner Zahlungsplan vorgesehenen Annuitäten. Deshalb ginge die Absicht der französischen Regierung dahin, zunächst ein Moratorium mit Pfändern zu bewilligen und die A n- leiheoperationen zu fordern. Wenn auch dieser Weg sich als ungangbar erweisen sollte, wolle Frankreich selbst aus den er- griffenen Pfändern so viel wie möglich herauszuwirtschaften vor- suchen. Auf eine Frage Bonar Laws präzisierte Poincare so- dann das Ziel seiner Pfänderpolitik damit, Deutschland zu z w i n- gen, ern st hafte Vorschläge zu machen. Aber auch wenn solche Vorschläge gemacht würden, würde Frankreich die Pfänder behalten, um die Erfüllung der deutschen Berpflichtungen sicher- zustellen bzw. um sie im Falle der Nichterfüllung selbst auszubeuten. Das war bie Absicht Pomcar6s im Dezember. Seine westere Absicht lief darauf hinaus, eine beabsichtigt« Verfehlung Deutschlands bei den Kohlenlieferungen festzustellen. Infolgedessen kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Poincare und Bonar Law . Nach dem Gelbbuch Seit« 86 läßt sich Poincare über die Rolle, welche die Delegierten in der Reparationskommisston auszu- üben haben, folgendermaßen aus: Die britische Regierung bettachtet ihren Vertreter in der Rexarattonskommission als eine Art Justiz. beamten und sie wäre ihm gegenüber ebenso wenig geneigt zu inter- venieren, wie sie es einem Richter gegenüber wäre. Ueber die Absicht PoincarSs äußerte sich hierauf der englische Premierminister am 2. Januar wie folgt: Di« englischen Blätter seien der Ansicht, Frankreich , das die Feststellung einer deutschen Verfehlung veranlassen wollte, habe nach einer Rechtsgrundlage gesucht, um bis zum 15. Januar vorgehen zu können, und es sei im Hinblick auf die derzeittge Konferenz bedauerlich, daß dies ausgesprochen werden müsse. Nachdem Bonar Law das verlangen gestellt hatte, man möge mit der Feststellung einer Verfehlung noch einige Tage warten, wies Poincare darauf hm, daß er nicht einsehe, welche- Interesse man daran haben könne, m der Reparationskommission eine neue Entscheidung bei Stimmen- Mehrheit zu erzieln. Schließlich erklärte Poincare . die Derfehlung Deutschlands sei zweifellos vorsätzlich, da ja der deutsche Botschafter Dr. Mayer der französischen Regierung Kohlen angeboten habe. Bonar Law wünschte hierauf die Diskussion über diesen Punkt nicht fortzusetzen, jedoch legte der englische Premierminister Wert darauf, noch eine weitere Entscheidung der Reparationskommission Herber- zuführen. Wenn der englische Delegierte dabei noch einmal in die Minderheit geraten würde, würden die Konfcrenzverhandlungen sehr erschwert werden. Außer diesen wichtigen Darstellungen finden sich in dem Gelbbuch interessante Einzelheiten über die Annäherung?- versuche deutscher Industrieller an Pomcarö. Im Anschluß an die Ankündigung des bevorstehenden Besuches Bergmanns durch den deutschen Gesandten Dr. Mayer heißt es in dem Gelbbuch auf S. 75: Poincare habe erklärt, daß dieser letzte Schritt des deutschen Botschafters nicht die einzige Demarche sei, die man seit der Londoner
.Die Mütter", von Georg Hirschfeld . Der deutsch « Naturalismus ist in dos krittsch« Alter der Ju-bi.äen eingetteten. Hauptmann konnte zu seinem 60. Geburtstage noch die stärkste Wickung in di« Breite erleben. Georg Hirfchfeld, der einst von ihm selber als nächster Mit- stteiter begrüßt wurde, ist bei seinem 50. Geburtstag« bereits reif Er die Literaturgeschichte. Sie stellt fest, daß er mit 23 Iahren in n Bahnen Hauptmannscher Zustandsschikderung einen ienfattonellen Erfolg erzielt« mit eben den„Müttern, die zuerst die„Freie Bühne" und dann Brahms ttn„Deutschen Theater" herausbrachte— und die jetzt eine Neueinstudierung im L e ff i n g- T hea ter fanden. Das Berliner Milieu einer Kaufmannssamilie und eines arbeitenden Mädchens hatte er darin neu erobert und mit all' den Sttmmungs- Mitteln der neuen Kunst dargestellt._ Reu« Gesellschaftsschichten, neue Typen waren herausgearbeitet— ein lyrisch eingestellter Dichter war überall zu merken. Aber der dramattsche Nerv fehlte, eine ge- wisse Weichlichkeit, ja Rührseligkeit des Empörtdens, die Schwächlich- feit des Vertreters der neuen Generation offenbaren sich heute als Mängel feiner D-ranlagung. Trotzdem war es wohl angebracht. daß im Haufe Brahms' des Dichters gedacht wurde. Ernst Lind bewährte sein« Kunst nattiralistischer Regielührung. und die beiden Müller, die bürgerliche, di« ihren Sohn wiederhaben will, und die werdende proletarische, die ihren Geliebten freigibt, da sie ihm ibre eigen« Kraft nicht einflößen kann, kamen»n der Gestaltung Tka (Brünings und der Käthe Dorsch wundervoll lebendig und nuanciert heraus. Käthe D o r s ch gab der liebenden Arbeiterin ihr« ganze Holdheit, sie übersetzte den Berliner Typ ins weiche wienerische. Die Arbeiterin, die so ganz Hingalb« und rübvmde Aupfopferiing ist— so recht nach dem Herzen bourgeoller Iunend— wird bei aller Natürlichkeit mit einem Anstvn des süßen Mädels umhaucht. Den Schwächling Robert gab Ernst K a r ch o w, mehr herb als ocr- schwommen-fentimental.— r. Sicherhettsvacschrlflen bei Aufstockungen. Der Unglücksfall beim Mosse-Neubou ist lür das preußische Wohlfahrtsministerium Bcr- cmlassung gewelen, die Baupolizeibehörden darauf hinzuweisen, daß die geltenden Bestimmungen für Ausführung von Bauwerken aus Eisenbeton dafür nicht hinreichen, wenn es sich um Aufftockungen handelt bei denen während der Bauarbeiten der Betrieb in den unteren Geschossen und der Aufenthalt der dort arbeitenden Bcrsonen keine Unterbrechung erfährt. Es werden d-'ber in dem Ministeria'. erlaß eine Reihe besonderer Maßnahmen für die unteren(Befrfrsse angeordnet, inn die Gefabr eines Deckenbruchs zu verhüten. Die Einfüaung eines besonderen D«ckeusch"tze» wird da im einzelnen onaeerdnet. Frrer wünscht der Mmisttmlnr'eß für solche Fälle besonders häufige außerterminliche Kon- trolle.
ZlollerS neufteS Werk:.Der dentili« Hlnlemann'. e«ne Tragödie in 3 Akt-n. lvr'-bt Ern lt Friedrich am Sonnabend. 7>/, Nhr. im Meistersaal. Nöbener Str 3*. Björne Vjörnso»-st für den Zc-ttaum von zwei Jahren zum Leiter de? NalionestbeaterS in Tbriiii-nin a-wädlt worden. E!« KünltlerbauS für ZlrennsNiwelg. Ein Vrannschwerger In- kubfiesser b-t 750 M'llionen M. zum Ausbau de« alten Rattauie« gebiftct. E°■off ja'' m llri-r•:;d S issbell erbau« ausgebaut werden, Aus» I-ellangS-, Lese-, PoN'.sgSsaie, Atelier« uf:o. darbieten.