duttionsproblem nicht der rechte Weg. Täuschen wir uns aber nicht: bodenpolitischer Scheinradikalismus mit sinnver- wirrenden Zukunftsträumen kann durch das Volksbegehren großen Schaden anrichten. Wir begegnen diesen Gefahren am besten dadurch, daß wir mit der gröhteil Entschiedenheit auf ein gründliches Vodenreformgesetz hinarbeiten, zu dessen schleuniger parlamentarischen Vertretung uns der Augsburger Parteitag verpflichtet hat. Ein solcher Gesetzentwurf liegt als Bescliluß des„Ständigen Beirats ftir Heimstättenwesen beim Reichs- arbeitsministerium" vor. Er. hat 700 000 Unterschriften im Lande gefunden. In 500 Orten ist er von Volksversamm- lungen, die tellweise überwältigend besucht waren, und in denen die Liebe zur Scholle elementar hervorbrach, gefordert worden. Die freien Gewerkschaften im Bunde mit anderen Gewerkschaftsrichtungen stehen in der breiten Front dieser Bewegung. Vor den Landtagswahlen in Sachsen haben sich sämtliche sozialisttsche Kandidaten freudig verpflichtet, für ein Bodenreformgesetz einzutreten. Der— von der Reichsregierung Nicht übernommene— Gesetzentwurf will die Gemeinden von mehr als 5000 Ein- wohnsrn zwingen, Vodenvorratswirtschaft zu treiben, um das notwendige Land für Heimstätten, Nutzgärten und sonstige Siedlungszwecke sowie für öffentliche Anlagen zu beschaffen. Gemeinden mit weniger als 5000 Einwohnern können diese Aufgabe selbständig übernehmen. Die Gemein- den erhalten an dem unbebauten Boden ihres Bezirks ein A n k o u f s r e ch t im Veräußerungsfalle und ein E n t- eignungsrecht. Als Ankaufs- oder Cnieignungspreis soll zweckmäßig der Preis bestimmt werden, den der Besitzer selbst in seiner Steuereinschätzung angegeben hat. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Gesetzentwurs das Ankaufsrecht der Gemeinden zu einem angemessenen Preise. Hier wäre ein Mittel, die Uebersremdung des deutschen Bodens, die Verschleuderung der Grundlagen unserer Nation an das Ausland zu verhindern. Mit dem berühmten„Vor- kaufsrecht" ist den Gemeinden gar nicht gedient. Jeder fremde oder auch deutsche Schieber ist kapitalkräftiger als unsere Ge- meinden. Boden für Siedlungen und Grünflächen erhalten . die Gemeinden nur, wenn sie zu Preisen zugreifen können, d i e w e i t u n t e r d e n jetzigen Valuta» preisen liegen. Dabei wird die Sozialdemokratie durch- aus bereit sein, kleineren Grundbesitz gegen Härten durch Eni- eignung zu schützen. Wir wünschen nicht, den deutschen Klein- dauern zu bedrohen, dessen Rücken sich früh, wie der des Proletariers, unter harter Arbeit beugt, und der mit Weib und zahlreicher Kinderschar dem Boden abringt, was er nur hergeben kann. Es gibt im Reiche Latifundien übergenug, Großgrundbesitz überreichlich, ungenutztes Land allzuviel, das wir für unsere landhungrigen Volksgenossen, die Pflug und Spaten führen wollen, erobern können und müssen. Man schläfere sich nicht mit dem Entschuldigungsgerede ein:„Wozu Land? Häuser, Wohnungen können ja doch nicht gebaut werden." Wenn erst der Baumarkt sich belebt, wird es für das Bodengefetz vielleicht zu spät sein. Dann regiert die Spekulation wieder einmal die Stunde. Fehlt es uns noch an billigen Baustoffen, so mangelt es uns doch nicht an billigem Land, wenn wir nur zugreifen wollen. Wo noch kein Haus und kein Stall emporwachsen kann, können doch fleißige Hände graben und säen, düngen und ernten, kann auf freiem Grund ein junges Geschlecht sich tummeln, dem das Vaterland mehr ist als ein mühsam erdachter und erfühlter Begriff. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hält die Zeit für gekommen, der bodenpolitischen Form ienes Artikels unserer Reichsverfassung Inhalt zu geben. Sie wird den Reichstag vor entsprechende Entscheidungen stellen. Die bür- gerlichen Parteien werden an der nationalen Bedeutung dieser im wirklichen Sinne des Wortes vaterländischen Sache nicht vorübergehen können. Versagt der Reichstag , wird das boden» hungrige Volk in Stadt und Land sein Urteil fällen. Es wird so oder so seinen Boden retten gegen ausländische Valuta- Hyänen und gegen die„Volksgenossen", die mit allem wuchern,
Oer Unterricht beginnt. Von Rabindranath Tagu r.*) Wir drei Knaben wurden zusammen erzogen. Meine beiden Gefährten waren zwei Jahre älter als ich. Ais sie einen Hauslehrer bekamen, begann auch mein Unterricht, aber von dem, was ich damals kernte, ist mir nichts mehr in Erinnerung geblieben. Rur ein Reim aus imsrer bengalischen Fibel fällt mir immer wieder ein: Die Wasser rauschen, Die Bäume lauschen. Ich habe eben die stürmisch« R«g>on der zweistlbigen Wörter glücklich durchkreuzt und werfe den Anker, indem ich lese: Die Wasser rauschen, Die Bäume lauschen. Das war für mich das erste Gedicht des Weltdichters. Immer wenn, wie noch heute, die Freude jenes Tages in mir aussteigt, so empfinde ich, wie notwendig der Reim der Dichtung ist. Durch ihn kommen die Worte zu einem Ende, und enden doch nicht: ihr Laut verstummt, aber nicht ihr Klang, und Ohr und Sinn können immer weiter fortfahren, mit dem Reim Fangball zu spielen. Und so rauschten die Wasser und lauschten di« Bäume in meinem Bewußssein den lieben langen Tag. Noch ein andsrea Ereignis au» meiner stühen Kindheit ist mir in lebendiger Erinnerung geblieben. Wir hatten einen alten betrachtet wurde. Er war ein großer Witzbold und trieb beständig btrachtet wurde- Er war ein großer Witzbold und trieb beständig mit ftdem, alt und jung, feinen Spaß, wobei er es besonder, auf neu» vermählte Schwiegersöhne/ Neuljnqe in der Familie, abgesehen hatte. La, es wurde behauptet, daß selbst tnit dem Tode sein Humor ihn nicht verlassen habe. Einstmals versuchten meine älteren Brüder, vermittelst Bleistift und Brettchen den Postverkehr mit dem Jenseits zu eröffnen. In einer der Sitzungen kritzelte der Bleistift den Namen Kailalch. Man bat ihn zu lagen, was für ein Leben man dort drüben führt«.„Fällt mir gar nicht ein", war die Antwort. „Warum solltet ihr das so billig zu wissen bckommrn. was ich erst durch den Tod erfuhren konnte?" Da? nächste, woran ich mich erinnere, ist der Anfang meines Schullebcns. Eines Tages sah ich meinen älteren Bruder und Satfa, den Sohn meiner Schwester, der auch etwa» ölte? war als ich. in einem Wagen zur Schule aufbrechen, während ich, als nock nicht reif, zu Hause gelassen wurde. Ich war noch nie m einem Wagen gefahren, noch überhaupt aus dem Bereich des Hau'es fortgewesen. Als mm Satja zurückkam, voll von übcrtrnben tsuchienden Schilderungen seiner Abenteuer, da fühlte ich. ich konnte einfach nicht zu Hause bleiben. Unser Erzieher versuchte, mir die Illusionen durch vernünftigen Rat und einen tüchtigen Klaps auszutreiben:„Du weist jetzt, um in die Schule zu kommen, du wirft später einmal noch viel mehr weinen müssen, um wieder von ihr loszukommen." Ich weih nichts mehr von diesem Erzieher, weder wie er hieß noch
Aus den soeben im Kurt-Wolsf-Aerlag. München , erscheinen- den„L e b e n s e r i n n e r u n g e n" des indischen Dichters
mos uns not tut und uns heilig ist. Dieser Eroberungskrieg ist eine eherne NotWendigkeit. Wir werden ihn zu führen wissen._
Cunos Münchener Reise. Heute abend tritt Reichskanzler E u n o feine vor einigen Tagen angekündigte Reife nach München an. Dieser Be- such ist durchaus zu begrüßen, denn er ist geeignet, das Gefühl der Zugehörigkeit zum Reiche gerade in jener Gegend zu festigen, wo man in gewissen Kreisen derart kritische Zeilen, wie die jetzigen, dazu benutzt, um mit dem frevelhaften Gedanken der Reichszertrümmerung zu spielen. Wir glauben zwar nicht, daß die Regierung des Herrn von Knilling zu diesen Kreisen gehört, aber die jüngste Rede des Führers der in Bayern maßgebenden Volkspartei Held hat leider bewiesen, daß selbst die einflußreichsten Elemente der bayerischen Politik ihre Treue zum Reiche nur mit solchen Vor- behalten zur Schau tragetf, die schlechthin unerträglich sind. Man muß erwarten, daß Cuno den guten Ruf und den Ein- fluß, den er nun einmal in Bayern erlangt hat, auch nach der Richtung verwerten wird, daß die bayerischen Treuegelöbnisse ich nicht allein auf seine Person und auf sein Kabinett be- chränken dürfen. Es ist wohl-kein Uebertreibung, wenn man sagt, daß das bayerische Bürgertum in den letzten Jahren keine überragenden Beweise von politischem Verstand geliefert hat. Der Reichs- kanzler Cuno, der an verantwortlicher Stelle gelernt haben muß, die Dinge von einer etwas höheren Warte als dem Kindl-Keller-Tisch zu beurteilen, reist daher hoffentlich mit kritischem Urteilsvermögen den Ovationen entgegen, die ihm dort, als dem Helden des deutschen Widerstandes, zuteil wer- den sollen. Die Erinnerung an den Simons-Empfang am Potsdamer Bahnhof darf ihn auch im Paroxysmus der baye- rischen Begeistervngskundgebungen nicht verlassen. Und so wird er jedenfalls Gelegenheit haben, sich und die anderen daran zu erinnern, daß die Hauptlast des Widerstandes auf den Schultern der sozialdemokratischen Ruhr- arbeiter ruht. Das scheint man nämlich an den bayerischen und sonstigen Stammtischen allzu oft zu vergessen.
Ruf einen Tartarin- anüerthalben. Di«„Kmiz-Zeitung" veröffentlicht wieder einmal«inen hyste- rischen Dolchstoß-Artikel, den sie, um ihm mehr Nachdruck zu ver- leihen, angeblich von einem Ausgewiesenen stammen läßt. Es ist � in rechtsradikalen Kreisen heute-die neueste Mode, den größten Ge- meinheiten einen Glorienschein dadurch zu verleihen, daß man sie auf das Konto der Opfer t«r Invasion setzt:, so läßt man in München einheimische Hitler -Bandjten als„Ruhrflüchtlinge" auftreten und Gewalttätigkeiten ausüben, während irgendein anonymer Berliner Hakenkreuz!«? sich mit dem Ruhme eines ausgewiesenen Beamten brüstet, um sich in der„Kreuz-Zeitung " ungehemmter austoben zu können. Der Zweck der Uebung ist, der Regierung Cuno einzu- schärfen, sich ja nicht auf direkte Berhandlungsn oder gar auf irgend- welche Vermittlungsaktionen einzulassen, ehe nicht die Franzosen bedingungslos kapituliert haben: die Räumung des Ruhrgebietes genügt dem Verfasser als Voraussetzung einer jeglichen Aussprache nicht, auch Düsseldorf , Duisburg und Ruhrort müßten vorerst geräümt werden! Und dann folgen spaUenlang« Anklagen— und di« Spalten der„Kreuz-Zeltung" sind bekanntlich nicht zu knapp gegen die-„Berliner Waschlappen", gegen die.Schweinerei von 1318", gegen die„wehleidigen Reichskanzler Bethmann, Prinz Max , Wirth und tutti quanti" unter dem Motto:„Der neue Dolchstoß ist im Gange". Wir bezweifeln sehr, daß es Herrn Cuno und seinen Mit- arbeite ni sehr wohl zu Mute ist, wenn sie von solchen rasend ge- wordenen Bierbankpolitikern gegen ihre Lorgänger im Amt« aus- gespielt werden. Sie dürsten diesen Terror ihrer Anhänger auf der Rechten viel peinlicher empfinden als wir, die an dieses Ge- kreische nachgerade gewöhnt sind und mll einem Achselzucken darüber hinweggehen.
wie er aussah, noch wie er sonst war, aber der Eindruck von seinem nachdrücklichen Rat und von seiner noch nachdrücklicheren Hand ist noch nicht geschwunden. Nie in meinem Leben hat sich eine Prophe- zeiung als so wahr erwiesen. Durch mein Weinen erreichte ich es, daß ich, ehe Ich das übliche Alter hatte, auf das„Orientalische Seminar" kam. Was ich dort lernte, davon habe ich keine Vorstellung mehr, doch einer der dort gebräuchlichen Strafarren entsinne ich mich noch gut. Der Schüler, der seine Aufgabe nicht hersagen konnte, mußte mit ausgestreckten Armen auf einer Bank stchen und auf seine nach oben gewendeten Handflöchen wurden eine Anzahl von Schiefertafeln gehäuft. Psycho. logen mögen darüber debattieren, wieweit diese Methode Aussicht hat, ein besseres Erfassen der Dinge zu erzielen.— So begann meine Schulzeit in einem sehr zarten Alter. Zu derselben Zeit begann auch meine Einführung in die Lite- rotur durch die'Bücher, dl- im Revier der Dienstboten beliebt wäre« Die hauptsächlichsten unter ihnen waren eine bengalische Uebersetzung von Tschanakjas Aphorismen und das Ramajana von Knttiöasa. Ich entsinne mich noch ganz deullich einer Szene, wie ich eines Tages im Ramajana las. Es war an einem trüben Regentage. Ich spielte auf der langen Veranda, von der man die Straß« übersehen konnte. Plötzlich kam Satja, ich weiß nicht wodurch, auf d°-n Emfall, mir einen Schreck einzujagen, und rief:„Ein Polizistl Ein Poll- zist!" Meine Vorstellungen von den Obliegenheiten eines Polizisten waren höchst unbestimmt. Aber dessen war ich sicher, wenn jemand, der eines Verbrechens angeklagt war, einmal in die Hände eines Polizisten geriet, so war er ebtnso sicher dem vollständigen Unter- gang geweiht wie der Unglückliche, der in den Rachen eines Krokodil» geraten war. Da ich nicht wußte, wie ein hilfloser Junge diesem unbarmherzigen Strafgesetz entrinnen tonnte, stürzte ich in die Inneren Gemächer, während d:« blind« Angst vor verfolgenden Poll- zisten mir in kalten Schauern über den Rücken lief. Ich verkündete meiner Mutter die Nachricht von dem mich bedrohenden Schicksal. aber es schien sie nicht sehr zu beunruhigen. Da ich es j-doch nicht für ratsam hielt, mich wieder hinauszuwagen, setzte ich mich auf die Schwelle ihrer Tür und las die zerlesene alte Ausgabe des Ramajana im marmorierten Papiereinband, die eiuer alten Groß- tante gehörte. Zu meiner Seite erstreckte sich die Galerie rings um den offenen Hof, auf den der liiatte Schein des bewölkten Abend- Himmels fiel. Als meine Großtante bemerkte, daß ich über einer dyr traurigen Szenen des Buches Tränen vergoß, nahm sie es mir fort.
Der Elektrizitätsverbrauch �der Welk. Nach Zusammenstellungen. die ein amtliches Bureau des Staates New Dort vorgenommen hat und die auf Angaben und Berichten der einzelnen Staaten und zum Teil auf Berichten der amerikanischen Konsulate im Ausland be- ruhen, betrug im Jahre 1920 der Gsfamtverbr auch der Welt an Elektrizität 90 456 500 000 Kilowattstunden: davon wurden 15 183 300 000 Kilowattstunden für Beleuchtungszwecke, der Rest gleich 84,7 Proz. für Kroftzwecke verwendet. Die Ver- «inigten Staaten als der stärkst« Verbraucher von Strom oerwandten 19?0 insgesamt 49 802 000 000 Kilowaitstunden, davon 6870 000 000 Kll-wattstunden für Beleuchtung und den Rest für Antriebszwecke in Fabriken. Bergwerten, für Straßen- und fon. stige Bahnen und auf Farmen: im letzten Jahre dürste der Gesamt-
Auch erwähnen wir diesen Erguß nur der komischen Schlußwen, düngen halber: da heißt es nämlich bezüglich der blödsinnigen Er- klärung Degouttes, Frankreich würde nötigenfalls noch tausend Jahre an der Ruhr bleiben: „Je weiter Herr Tartarin den Mund aufreißt, um uns zu imponieren und zu erschrecken, um so schwächer und hoffnungsloser ist seine Lage." Tartarin, der unsterbliche Renommierheld des Daudetjchen Ro- manes, hat aber feit sther nicht wenige Eiferer im Lager der „Kreuz-Zeitung " gezahlt, die ihm in der Kunst des Maulaufreißens in keiner Weise nachstehen. Der erwähnte Aufsatz der„Kreuz- Zeitung " ist ein typisches Beispiel dieser Tartarin-Mentalität. Gerade die größten Pessimisten und Feiglinge sind es, die in�diefem verrückten Stile zu schreiben und mit dem„Dolchstoß"-Schwindel zu operieren pflegen, um sich bei nahendem Unglück rechtzeitig in Sicherheit zu bringen._
Steht öer Vormärz auf? Nut zwei Wochen trennen uns vom 18. März, der di« Er- inncrung an die Berliner Revolution vor 75 Jahren wachrust. Gewissermaßen zur Einleitung einer feierlichen Gedenkstimmung haben jetzt Beamte der Republik sich einen Scherz erlaubt, der, lebten wir nicht in so av.ßeryrdentlich ernsten Zeiten, wert wäre, herzlich belacht zu werden. So aber müssen wir erwarten, daß die Vormärz-Gefpenster, die da austauchen, schleunigst und radikal verscheucht werden, ehe größeres Unheil entsteht. Der„Berliner Börsen-Eourier" bringt die Meldung, daß der Direktor des städtischen Berliner Anschlagwesens vor die Staatsan- wallschaft geladen wurde, wo man ihm erklärte, daß gegen die Ver- breiter rie?? Manifestes des Aktionsausschusses„Nie wieder Krieg" Anklage auf Grund des— Republikichutz- g e s etzes erhoben worden fei! Dieses Plakat unter der Ueberfchrift „Volksgenossen" wandte sich scharf gegen die Treibereien der Kriegshetzer und forderte die Bevölkerung auf, klaren Kopf zu bewahren; der Text des Plakats schließt mit foloendckn Worten, die der Berliner Staatsanwaltschaft offenbar als gefährlich für die Republik erscheinen:„Die kleinste Torheit kann uns heute vor aller Welt ins Unrecht setzen!" Zu dieser Meldung erfahren wir noch folgende Einzelheiten: Nachdem das Plakat drei Tage an den Säulen geklebt hotte, erschienen beim Aktionsausschuß„Nie wieder Krieg" Beamte der Berliner politischen Polizei, die unter Berufung auf Artikel nationalistischer Zeitungen, so von Hussong im.„Lokalan;." hervorhoben, welche Erregung das Plakat hervorgerufen habe: überhaupt müßten politische Plakate nach dem preußischen Pressegesetz von 1851 vorher zur Zensur vorgelegt� werden, und da das nicht geschehen sei, werde es beschlagnahmt. Ein zweites Plakat mit einem Denkspruch von Voltaire wurde gleich- falls beschlagnahmt! Der Aktionsausschuß„Nie wieder Krieg" wollte am Sonntag eine Straßendemonstration gegen die Kriegshetze veranstalten. Da die Demonstration untersagt worden ist, findet Sonntag vormittag 11 Uhr in Kliems Festsälen in der Hasenhcide eine Kundgebung „Gegen Foch und Ludendorff— für Verständigung" statt. Sprechen werden Pfarrer Francke, Ouidde, die Abgg. R a b o l d und Nnschte, Dr. Schützinger, Trüber- Bochum, Karl v. v s s i« tz k i und Karl B« t t e r. Ml Ein zweiter Fall wird uns aus dem mit Preußen verwaliungs- technisch vereinigten Land Waldeck bekannt: Als sich vor einigen Tagen ln Bad Wildungen die Nachricht verbreitete, daß „Ruhrflüchtlinge" im Anzugs seien, über deren Charakter ja ver- schieden« Borfülle, zuletzt der Sturm auf die„Münchener Post" ge- nügende Klarheit gebrocht haben, versammelte sich die dortige Ar- beiterschast auf dem Marktplatze, um gegen das Hcreinströmen hakenkreuzlerischcr Banden Einspruch zu erheben. Dabei hielt de? Vertrauensmann der Sozialdemokratie, Genosse Erdmann M a s l o eine Ansprache. Ein waldecksches Hakenkreuzler- blatt warf darauf die zielbewußte Frag« auf, wie lange man einem Ausländer noch gestatten werde, zu hetzen? Diese Frage hatte raschen Erfolg: Genosse Maslo. der aus Deutf'chböhmen
verbrauch 55 000 000 000 Kilowattstunden überschritten haben. Hinsichtlich des Stromoerbrauchs pro Kopf der Bevölkerung stehen die Dsreinigten Staaten jedoch erst an vierter Stelle. An der Spitze steht die Schweiz , wo die verfügbaren Wasserkräfte wohl die weitgehendste Ausnutzung erfahren haben: dort beträgt der Verbrauch pro Kopf 700 Kilowattstunden im Jahr. Es folgen Kanada mit einem Stromoerbrauch von 612 und Norwegen mir einem solchen von 495 Kilowattstunden pro Jahr; dann erst kommen die Dereinigten Staaten mit 472, Schweden mit 364, Frankreich mit 147, Deutschland mit 141 Kilowattstunden Stromoerbrauch pro Kopf und Jahr. Don den rund 1720 Millionen Bewohnern der Erde leben nur 111 822 000 oder 6� Proz. in elektrisch beleuchteten Wohnungen. Die Gesamtwasser- fräste der Welt, die auf 439 000000 OL. beziffert«erden, sind erst zum geringsten Teil— zu 5.« Proz.— nutzbar gemacht worden. Hondwerkskultur und Leipziger Messe. Auf der Leipziger Messt: wird in diesem Frühjahr zum ersten Mal««me Ausstellung der Arbeitsgemeinschaft für deutsche Handwerks- k u l t u r eingerichtet sein. Ein sonst schwer zugängliches Gebiet, die bäuerliche deutsche Keramik, wird in übersichtlicher Gruppierung rereinigt, innerhalb deren die verschiedensten Gegenden Deutschlands in bandwsrklich guten Stücken vertreten sind. Die Aus- stellung verdankt ihre Entstehung der Anregung und Arbeit des Reichskunstwarts. wellgeschichle in Zjegelsteinea. Der Tempel der Mond- g o t t h e i t, der, wie bereit« gemeldet wurde, auf dem Termin der umlten chaldöischen Stadt U r, der legendären Heimat Abra- h o m s, kürzlich zutage gefördert wurde, weist aus die frühest« histo- risch« Zeit zurück. Er wurde wiederholt erneuert; bei all diesen Umbauten wurde aber der ursprüngliche Bauplan nicht verändert. Im sechsten Jahrhundert v. Ehr. wurde der Tempel von Nebukad- nezar, dem bedeutendsten König des chaldäifchen Reiches, einem durchgreifenden Umbau unterzogen Die jetzt in Gang befindlichen Auegmbungsarbeiten. die mit Unterstützung der Universität Philad- «lphia ausgeführt werden, sollen End« des Monats zum Abschluß gebracht werden. Di« bisher erzielten Eroebniff« übertreffen auch die kühnsten Erwartungen in b-zug auf die Auffindung von für die Kenntnis der chaldäifchen Geschickte bedeutungsvollen Fund- stücken. Die?« werden jetzt eingepackt, um nack England gebracht und dort gesichtet und entziffert zu werden Man hat Hunderte von mit Keilschrift beschriebenen Ziegeln rings um Ur aufgefunden, und Sachverständig« neigen auf Grund der Bergleichung der hier ge- kund- neu Gegenständ- mit denen im König-grab von Luxor der An. sicht zu. daß die in Tut-ankh Amens Grab aufgefundenen Kostbarkeiten vermutlich Werkstätten in Ur entstammen. Ein- neue indogermanisch? Sprache. Es sind noch nicht zwanzig Jahre her. da wurden aui Beranlassunn des Berliner Oriental sten �Ugo WlNltlsr in einer Truppe von Ruinenhügeln bei tem Dorfe Boghazköi in Kleinasien , 145 Kilometer östlich von Angora. viel« Taufende von Tontastlbruchstücken ausgegraben. Sie waren mit Keilschriftzeiche» eng bedeckt uns heben uns nach ihrer Entzifferung, die natürlich bei der Fülle des zu Gebots stehenden Materials noch nickt vollständig durchgeführt ist, ungeahnte Äliiffchlüsie über die Geschichte des alten Orients gegeben. Zumal das fast nur aus der