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Beilage des vorwärts
SonnabeuS, 3. März 1925
Raucher auf öer Straße. Seit einiger Zeit, hat sich die Straßenbahn dazu entschlossen, den Bertinern zu geben, was andere Städte, wie Hamburg , Mün» chen u. a., längst besaßen, nämlich besondere Wagen für Raucher. Indessen es scheint, als wenn die Einführung von Raucherwagen bei der Straßenbahn zu spät gekommen ist. Während früher die Raucher auf der Straße außerordentlich häufig waren und man fast feden dritten Herrn mit einer Zigarre oder Zigarette im Munde auf der Straße seh und mit.Volldampf" auf einen Wagen der Straßenbahn aufspringen beobachten konnte, hat sich heute das Bild ganz gewaltig geändert. Eine rauchbare Zigarette kostet 40 M., und nur vereinzelt findet man kleiner« Läden, in denen es noch billigere Zigaretten gibt. Die Zigarre kostet, wenn sie einigermotzen rauchbar ist, hundert Mark, und selbst der Tabak für die Stummel- pfeife, über die früher so mancher verächtlich die Rase gerümpft hat, der heute ihr größter Verehrer sein muß, ist zu einer phantastischen Preishöh« geklettert. Das alles macht sich Im Bild der Straße sehr bemerkbar, und eine flüchtige Statistik der Straße über Raucher und Nichtraucher, denen man begegnet, liefert interessant« Resultate. Selbst in den belebtesten Straßen ist höchstens jeder Zwölfte Raucher einer Zigarette, jeder Fünfte hat die Stummelpfeife im Munde, und wenn es hochkommt, ist jeder Zehnte, der einem begegnet, Raucher einer Zigarre, llnd die Kirschblätter steigen immer weiter im Preis, und bald werden sie aus allen Pfeifen und Zigarren gar lieblich duften, und dann wird der Aufenthalt in den Raucherwagen der Straßenbahn ein besonderes Vergnügen für die Nase sein! Prozeß Röber-Morvilius. Die Aussagen der medizinischen Sachverständigen. Im weiteren Verlauf des Prozesses schwoll die Zahl der Zu- Hörer von Stunde zu Stunde an. Nach der Mittagspause war das (bedränge auf den Gängen, die zum kleinen Schwurgerichissaal führen, so ungeheuerlich, daß selbst die vom Vorsitzenden getroffe» nen Vorsichtsmaßnahmen nicht mehr ausreichten. Eine Zuhörer- schar, wie sie wohl Mcabft noch kaum je gesehen hat. Das Gericht oernahm dann noch einmal die bereits in der Vormittagssitzung gegen Frau Förster erschienene Frau Proger, die der Hauvtangeklagten Frau Räber als Mensch und Mutter hohes Lob spendete. Frau Räber habe im Gefängnis furchtbar auf Mar- vilius geschimpft, von dem sie behauptete, er habe seiner eigenen Schwiepermutter die Pistole aus die Brust gesetzt. Frau Räber habe Morvilius von Anfang an nicht leiden können. R.-2I. Dr. P i n d a r: Haben Sie bemerkt, Frau Zeugin, daß der Stehl- trieb der Frau Röber durch Menstrualpsychose begünstigt war? Frau Röber zu R.-A. Pindar : Sitz Dich lieber hin, davon ver- stehst Du doch nichts. Dann wurde die Detektivin Weyer ver- nommen. die vor zehn Jahren Frau Röber. und Frau Förster b e i Pietz bei Diebstählen abfaßte, ferner mehrere Zeugen, die als Aertreter geschädigter Geschäfte über die Diebesfahrten der Röber und ihrer Töchter Auskunft geben fallen. Auf die Ber- nehmunq weiterer Zeupen bis auf den Detektiv Wustrow und seine Frau wird verzichtet. Frau Wustrom schildert, wie sie die Röber mit einer ihrer Töchter in einem Geschäft beim Diebstahl ertappt habe. Zum Schluß äußerten sich die medizinischen Sachver. ständigen über die Angeklagten. Sanitätsrat L e h n f e r schildert Frau Röber als erblich belastet urch mit einem krank. haften Stehltrieb behaftet. 8 51 käme bei ihr nicht in Frage, doch liege der Fall hart an der Grenze. Gerichtsmedizinalrat Thiel« schilderte Frau Mvrvilms als eine schwachsinnige, leicht beeinflußbare Perlon, auf die aber§ 51 ebenfalls nicht zutreffe. Der Angeklootc Zunder fei durch Alkohol degene- riert, aber voll zurechnungsfähig. Frau Hüls sei zwar hysterisch, aber ebenfalls zurechnungsfähig. Geheim rat Professor Straß- ma n n schilderte Frau Röder als hysterisch und psychopalisch, ober es fei kaum anzunehmen, daß das sexuelle Moment, wie die Ange- klagte behaupte, die Triebfeder zu ihren Handlungen gewesen sei. Geheimrat Strauch legte im besonderen die Wirkung g l ä a- , ender Geschäftsauslagen auf Frauen dar. Die Ber- ochunq, sich in Warenhäusern an den lvckenocn Auslagen zu ver- areifen, feien besonders solche Frauen ausgesetzt, deren sexuelles Gleichgewicht gestört sei oder die sich in den Wechseljahren befinden. Die.zahllosen Warenhausdiebstähle, besonders durch Frauen, wür-
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den dadurch begünstigt, daß die mangelnde Aufsicht.willensschwache Menschen direkt zum Zugreifen verlockt. Die Verhandlung wurde dann auf Montag vertagt. Das Urteil ist ooraussicizilich im Laufe des kommenden Dienstag zu erwarten.
Serlkner Staütwerke H. m. b. tz. Die Vertragsentwürfe über den Neuaufbau der städtischen Werke. Der Stadtverordnetenversammlung ist die Borlage zugegangen mit den Vorschlägen für die Neuorganisation der städtischen Werke. Bereits mit Vorlage vom 14. Juni 1321 war der Versammlung ein Entwurf für die Organisation der Werke unterbreitet worden. Die Beratung führte nach Neuwahl der Stadtverordnetenversammlung und des Ausschusses im Januar 1322 dazu, daß zunächst em Gut- achten von Sachverständigen einzuholen sei. Dieses Gutachten stellte fest, daß die Neuorganisation der städtischen Werke zwei Forderungen genügen muß. Einmal müssen die Werke der kommunalen Atmosphäre soweit wie möglich entrückt sein, und sodann die denkbar größte Handlung-- und Bewegung-- fteiheit besitzen. Dieses Ziel glauben die Sachverständigen allein unter Benutzung der Wittel des Prioatkapitaks in der Form der Aktiengesellschaft erreichen zu können, und zwar durch eine Besitz- und ein« Betriebsgesellschaft, der gegebenenfalls Tochtergesellschaften angealiedert werden würden. Es hat sich aber schließlich heraus- gestellt, daß dies zum Teil der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen wegen, zum Teil auch deswegen nicht möglich ist, weil die städtischen Körperschaften bei einer derartigen Regelung kaum auf ihnen zu- stehende Rechte verzichten können. Für eine freie, kauimännilchen Grundsätzen entsprechende Wirtschaftsführung der städtischen Werte kam deshalb nur die Form einer Gesellschaft in Frage, und zwar um nicht zu de? komplizierten Organisation und den schweren Anforderungen des Aktiengesellschaftsrechts greifen zu müssen, die- jenige der Gesellschaft m. b. H. M a g i st r a t und Stadtverordnetenversammlung haben in einer gemischten Deputation eingehend die Frage der Werke erörtert und nun- mehr dem Plenum der Versammlung Vertragsentwürfe für verschiedene zu bildende Gesellschaften unterbreitet. Für die gemeinsamen Anaeloaenheiten sämtlicher, sowie die ollgemeinen der ver- schiedenen Werke ist eine Muttergesellschoft, die Berliner Stadt- werke G. m. b. H., in Aussicht genommen, der auch die Be- arbeitung der aus der Beteiligung der Stadt an gemifchtwirtschaft- lichen Betrieben(Gas. Wasser uiid Elektrizität) entstehenden Angelegenheiten obliegt. Ihr soll z. B. die Festsetzung der allgemeinen Lieferungsbedingungen, der Tarife, die Regelung der Löhne und Gehälter, der gemeinsame Einkauf und die Einziehung der Rech. nungen übertragen werden. Für die eigentliche Betriebs- führung find besondere Betriebsgesellschaften, und zwar zunächst je eine für die Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerk« und die Zentrale Buch vorgesehen. Ein A u s s i ch t s r a t soll nur für die Muttergesellschaft, nickt aber für die Betriebsgesellschaften gebildet werden. Als Gegenleistung für die Uoberlassung der Werke und Ensschädigung für die Venutzuna der Straßen und Plätze habm die Bctriebsgesellichaften einen gewissen Prozentsatz ihrer Verkaufs-, einnahm«« aus Strom, Gas und Wasser an die Stadt abzuführen. Mit Masken unö Pistolen. Beraubung zweier Kasseaboken am hellen Tag. Zwei Kassenboten der Depositentass« der Darmstädter: Bank in Niederschöneweide wurden am Freitag aus offener Straße von maskierten und bewaffneten Räubern überfallen und ausgeplündert. Die Boten befanden sich gegen 11 Uhr vormittags auf dem Wege zu einer Fabrik in Niederschöneweide , um dieser 10 X Millionen Mark zu überbringen. Das Geld trugen die Boten, ein älterer und ein jüngerer Mann, in Rucksäcken bei sich. An der Brücke� die südlich von Johannis'hal über den Kanal führt, wollten sie an zwei Männern vorübergehen, die neben ihren Rädern standen und schein- bar damit beschäftigt waren, die Ketten in Ordnung zu bringen. Plötzllch wandten sich die Männer um, setzten den Boten Pistolen auf' die Brust und forderten sie aus. ihnen ihr Geld auszuhändigen. Wie die Boten feststellen Sonnten, trugen beide Männer schwarze Vollmasken. Ein dritter Mann, der ebenfalls zu der Bande gehörte, und gleichfalls eine Maske
trug, trat in einiger Entfernung hinter einem Eisenpfeiler hervor. Die Radfahrer entrissen den Kassenboten gewaltsam die Rucksäcke mit dem Geld« und schwangen sich dann auf ihre Räder, mit denen sie in der Richtung nach der Hermannstraße in Neukölln davon- fuhren. Der dritte Räuber, der einen Augenzeugen des Heber- feiles unterdessen in Schach gehalten hatte, holt« ebenfalls ein ver- stecktgehaltenez Fahrrad und folgte damit seinen Spießgesellen. Erst als die Räuber sich zur Flucht wandten, konnten die über- sallenen Boten zu ihren Waffen greifen. Sie schössen auch auf die' Fliehenden, ohne sie jedoch zu treffen. Alle Räuber waren etwa 25 Jahre alt. Die Maschine eines Radfahrers war braun lackiert. Auf die Ergreifung der Räuber und die Wiederbeschaffung der Beute setzt die Bank eine hohe. Belohnung aus. Mitteilungen nimmt der Leiter des Raubdezernats, Kriminalkommissar Werneburo, im Berliner Polizeipräsidium, Alexander- platz, entgegen.'_ Bedenkliche Zunahme der Gasvergiftungen. Die Berliner Feuerwehr hat dauernd mit Gadvergiflungen zu tun. Am Donnerstag wurde sie gleickzeilig nach der Lands- berger Allee 23 und Schönhauser Allee 173 gerufen. An beide» Stellen hatten sich vier Personen, zwei Männer in der Landsberger Allee 28 und ein Mann und eine Frau in der Sckön- Käufer Allee 173 vergiftet. Alle Bemühungen, die vier Per- sonen zu retten, waren vergeblich. In der Koppenstr. öl konnte eine Perion gerettet werden, ebenso wie in der Britzer Slraße 8. Außerdem wurden noch Gasvergiflungen aus der Tilsiter S:r, 34 und mehreren Vororten gemelder. Pankow -Moabit . Das Verkehrsamt des Berliner Magistrats teilt uns mit:.In Ihrem geschätzten Blatte vom 22. d. M. wird darauf hingewiesen. daß der Straßenbahnverkebr nach Einziehung der Linie 44, Pankow — Moabit einer Verbesierung bedarf. Hierzu teilen wir Ihnen mit. daß beabsichtigt ist. nun die Linie G von der Jnvalidenstraße aus über den Veteranenbcrg— Schönhauser Allee nach Pankow zu führen. Hierdurch dürfte dem in Ihrem Blatle geäußerten Wunsche entsprochen werden."» Einen Akt unerhörter Roheit muß der Elektromonteur K u h r t aus Tempelhof mit einer borten, ober bcrechliglen Gefängnis- strafe büßen. Ein löjShriger KaufmannSlebrling R. halte vor einiger Zeit eine kleine Unler'chlagung zum Sckaden des An- geklagten verübt und war mir einer geringen Geldstrafe belegt worden. Diese Strafe erschien dem Angetlagten Kuhrt aber zu gering. Er lockte' also den Junge» in seine Werkslätre. schloß ihn dort in einen finsteren Raum ein und zwang ihn, sich bis auf das Hemd zu eniblößen. Nachdem er dem Knaben mit der Faust das Gesichl grün und blau geschlagen hatte, griff er zu einem Stock und richtete sein Opfer so zu, daß schließlich kein weißer Fleck an dem ganzen Körper zu sehen war. Das Schöffengericht erkannte auf ein Jabr Gefängnis wegen schwerer Körperverletzung und nahm den Angellagien sofort in Haft. Alkoholgegnerwoche im Bezirk wedding. Im Rahmen der vom 4. bis 11. Mär, 1923 statlsindenden Alloholgegner- wache findet eine öffentliche Volksversammlung am Freilag. den S. Mär,, abends 7 Uhr, in der Aula Grüntboler Slr. 5(nabe Bahnhof Gesundbrunnen) statt. Ueber da? Thema:.Der Feind steht in unseren Reihen"..Duldet Ihr den Alkoholmißbrauch? oder wollt Ihr die Trockenlegung Deutschlands ?" werden referieren: Frau Klara Bohm-Schucb, M. d. R., und Werner Schalem, M. d. 2. Anschließend freie Aussprache. Vraudenbnrgische Soinmunalauleihe. Der brandenburgische Sparkasien- und Giroverband in Berlin bat im Jntereffe der ihm angeschloffenen 292 brandenburgischen Kreise, Städte und Gemeinden eine 8'/, pro, entige Brandenburgiiche Kommunalanleihe von 1923 (Schuldverschreibungen) und unabbängig davon eine Schuldurkunden- anleihe aufgelegt, die je nach Wunsch des Besitzers entweder mir 8 Pro,, fest oder zu einem variablen Satz verzinst wird, der jeweils 4 Proz. unter dem Reichsbankdiskontsatz steht. Besonders ist darauf bin,»weisen, daß die Anleihen mündeliicher sind und daß bei der Schuldirrkundcnanleihe auf Wunsch die Eintragung des ge- zeichneten Betrages in da? Schuldbuch erfolgt, sodaß dem Zeichner auch die Sorge um Perlust der Schuldurkunde durch Diebstahl usw. abgenommen wird. lSiehe Inserat.)
lÄachtruck verböte«. Molik-ZZerlag, Berlin .) Drei Soldaten. MZ Von John dos Passos . Tu- dem amerikanikchen W-nulkript vbcrsetzt vo« Zulia »«««»er». „Wo ist Oberst Evans?" fragte Anderson mit schwacher Stimme.... vi Chrisfield antwortete nicht und sah ihn nur dumpf an. Die Feldflasche war ihm aus der Hand gefallen und lag auf dem Boden vor ihm. Das Wasser glitzerte im. Sonnenlicht, wie es durch die rotbraunen Älätter lief. Ein Wmd hatte sich erhoben und rauschte in den Bäumen. Ein Schauer gelber Blätter fiel longsam heninter._.. .Zuerst warst du Korporal, dann Sedgeant und jetzt Leutnant," sagte Ehrissield langsam..,. „Sag mir lieber, wo Oberst Evans ist. Du mußt das wissen! Er war vor einiger Zeit da oben an der«trage irgend- wo," sage Anderson und versuchte aufzustehen. Ehrissield ging weg, ohne zu antworten. Seine Hand lag kalt um die Granate in seiner Tasche. Er ging langsam unö blickte aus seine Füße. Plötzlich bemerkte er, daß er sie abgezogen hatte. �Er strengte sich an, sie aus der Tasche heraus zu bekommen, sie saß in der engen Tasche sest. Sein Arm und seine kalten Finger, die die Granate umklammerten, schienen paralysiert zu sein. Dann durchströmte ihn warme Freude. Er hatte sie geworsen. Anderson war aufgestanden, schwankte hin und her, vor- wärts und rückwärts. Die Explosion ließ den Wald erzittern. Ein dicker Regen gelber Blätter kam herunter. Anderson lag flach am Boden, so flach, als ob er in die Erde eingesunken sei. Ehrissield zog auch die andere Granate ab und warf sie mit geschlossenen Augen. Sie platzte zwischen den dicken, srischgefallenen Blättern. Ein paar Tropfen Regen fielen. Ehrissield ging weiter, schnell mit einem Gefühl von Wärme und Stärke. Der Regen schlug ihm hart und kalt gegen den Rücken. Er marschierte, mit den Augen auf dem Boden. Eine Stimme in fremder Sprache hielt chn an. Ein Mann in zerfetzter grüner Uniform mit einem Bart, der vor Schmutz klumpig war. stand vor ihm mit erhobenen Händen. Ehrissield brach in Lachen aus. „Komm," sagte er,„schnell." Der Mann schlotterte vor ihm ber. Er zitterte so, daß er fast bei jedem Schritt fiel. Chris- field gab ihm einen Tritt Der Mann schlotterte weiter, ohne sich umzudrehen. Ehrissield trat ihn wieder, fühlle das Rück- grat des Mannes und das weiche Fleisch seiner Schenkel an semen Zehen bei jedem Tritt. Er lachte die ganze Zeit so, daß er kaum sehen konnte, wo er hinging.
.Haft!" kam eine Stimme. .Da ist ein Gefangener!" rief Ehrissield noch lachend. .Nicht viel dran an deinem Gefangenen," sagte der Mann und zeigte mit dem Bajonett auf den Deutschen . „Der ist verrückt, denke ich. Ich werde ihn in„Derwah- rung" nehmen. Hat keinen Sinn mehr, den noch ins Lager zu schicken." „Gut," meinte Ehrissield und lachte immer noch. „Sag mal, wo kann man was zu essen kriegen? Ich habe seit anderthalb Tagen nichts gehabt." „Da oben ist eine Rekognoszierungstruppe, die werden dir etwas geben. Was macht ihr da oben?" Der Mann wies die
Ich habe seit anderthalb
Der warme Geruch des Essens stieg ihm aus dem Ge- schirr in die Nase. Ehrissield stand, fühlte sich warm und be- oeutsam, füllte den Mund mit weichen, fettigen Kartoffeln, während die anderen ihn ausfragten. Langsam begann er sich satt und zufrieden zu fühlen, und ein Wunsch, zu schlafen. überkam ihn. Ein Mann gab ihm ein Gewehr, er mußte mit der Truppe wefter vorwärts. Durch den Wald. „Da liegt ein Offizier." sagte der Hauptmann, der an der Spitze ging,„zwei von euch Kerls gehen zurück und holen eine Decke und bringen ihn an die Wegkreuzung zurück. Armer Kerl!" Der Hauptmann marschierte weiter. Ehrissield sah gerade vor sich. Er fühlte sich nicht mehr einsam, jetzt, da er wieder in Reihen marschierte. Seine Füße schlugen im Gleichschritt mit den anderen Füßen den Boden. Jetzt braucht man nicht mehr daran zu denken, ob man links oder rechts gehen soll. Man tut was die andern tun. TV. Rost. t Am Wegrande in einer der großen, teigfarbenen Pfützen waren kleine, grüne Frösche. John Andrews verließ auf einen Augenblick die langsam vorwärts marschierende Kolonne, um sich die Frösche anznsehn. Ihre dreieckigen Köpfe ragten aus dem Wasser in der Mitte der Pfütze hervor. Er beugte sich hinüber, die HänV auf den Knien, um sich so die Laft des Ge-\ päcks auf seinem Rücken zu erleichtern. Er konnte die kleinen, topasfarbigen Augen sehen. Es war ihm. als füllten sich seine| Augen mit Tränen der Rührung über die kleinen, biegsamen Körper der Frösche. Irgend etwas in ihm sagte ihm beständig, er müsse weiter laufen und sich seiner Kolonne wieder an- schließen, er müsse wefter durch den Schlamm vorwärts mar-
schieren, doch er blieb zurück und starrte in den kleinen Teich, die raschen Bewegungen der Frösche beobachtend. Dann be- merkte er in dem Wasser sein Spiegelbild. Er sah es neu- gierig an. Er konnte die Umrisse seines Gesichts erkennen und die Silhouette des Gewehrlaufes, der ihm von der Schulter herabhing. So, das hatten sie also aus ihm gemacht! Er heftete die Augen wieder auf die Frösche, die mit elastischen. leichten Beinbewegungen in dem teigfarbenen Wasser schwammen. Ganz abwesend, als ob er überhaupt keine Verbindung mit alledem habe, was um ihn herum vorging, hörte er das Knallen der berstenden Schrapnells unten an der Straße. Er hatte sich müde aufgerichtet und einen Schritt vorwärts getan, da sank er in die Pfütze hinein. Ein Gefühl der Befreiung kam über ihn. Seine Beine versanken im Schlamm. Er lag, ohne sich zu bewegen. Die Frösche waren verschwunden, aber von irgendwo her zog sich langsam ein kleiner, roter Strom in das teigfarbene Wasser. Er beobachtete die unregelmäßigen Ko- können der Männer, die in ihren oliufarbenen Uniformen vorbeizogen. Ihre Tritte dröhnten in seinen Ohren. Er fühlte triumphierend sich von ihnen getrennt, als ob er irgendwo an einem Fenster stehe und Soldaten vorbeimarschieren sehe,, oder in einem Theater bei irgendeinem langweiligen, monotonen Stück. Weiter und wefter entfernte er sich von ihnen, bis sie ganz klein geworden waren, wie Spislsoldaten, die man im Staub einer Dachstube vergessen hat. Das Licht war so schwach. daß er nichts mehr sehen konnte. Er konnte nur noch die Tritte hören, die unaufhörlich. durch den Schlamm gingen. John Andrews stand auf einer Leiter, die entsetzlich schwankte. Er wusch die Fenster der Baracken mit einem kiesigen Schwamm. Er begann in der linken Ecke und seifte die kleinen, schiefen Scheiben eine nach der anderen ein. Seine Arme waren wie Ble«. und er fühlte, daß er von der schwanken- den Leiter herunterfallen wSrde, doch jedesmal, wenn er sich umdrehte, um hinunterzuschaucn oder um hinunterzuklettern. sah er die Mütze des Generals und das vorstehende Kinn, das rwfljer dem Schirm der Mütze zu sehen war, und seine Stimme, die,„Achtung!" bellte, erschreckte ihn so, daß die Leiter noch mehr schwankte. Dann fuhr er fort, die schiefen Scheiben mit Seife einzuschmieren, endlose Stunden lang, obschon jedes Ge- lenk seines Körpers im Schwanken der Leiter schmerzte, als ob es in einer Zange gepackt sei. Ein Helles Licht flammte drinnen hinter den Scheiben, die er methodisch eine noch der anderen einseifte. Die Fenfter waren Spiegel. In jeder Scheibe konnte er sein dünnes Gesicht sehen mit dem Schatten eines Gewehrlaufes auf dem Rücken. Das Schwanken hörte plötzlich auf. Er veriank in einer tiefen, abgrundschwarzen Grube. .(Fortsetzung folgt.)