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die Allgemeinverbindlichkeitserklärung eines unzulänglichen? ernsthaste Kontrolle zum Abdruck gebracht und die dann er- Schiedsspruchs erst zu dessen Anerkennung gezwungen folgte Berichtigung unterschlagen hat. Beides muß zu ehrer werden. In der Holzindustrie sind zwar bis jetzt Lohnkämpfe �schweren Benachteiligung des deutschen Abwehr- im März noch oermieden worden, und zwar hauptsächlich dank. kampfes führen. Die Verbreitung von Falschmeldungen der geschmeidigen Taktik der Organisationsleitung der Holz- � vermindert die Glaubwürdigkeit für den Fall, daß über wirk- ardetter, aber es scheint nun doch so, daß wir in den allernächsten liche Ausschreitungen authentisch berichtet wird. Die Unter- Tagen in der M ö b e l i n d u st r i e und in der Karosserie-! schlagung des Dementis ist eine Irreführung der deut- branche mit einem offenen Kampf zu rechnen haben'jchen öffentlichen Meinung und schadet dem deut- schen Ansehen im Auslande aufs empfindlichste. Die Presse muß sich jedenfalls im Interesse ihres Ansehens und ihrer Ver- pflichtung zu«''«er objektiven Verichterstattung auf das allerschärffte gegen diese Mechoden der Volksoergif» tung wenden._
werden. Die Karosseriebranche ist vornehmlich eine Luxus- brauche. Die Preise sind soMsagen ganz unabhängig von den Löhnen. Auch in der Möbelindustrie betragen die Löhne nur einen Bruchteil des Unternehmerge- w i n n s. Wir werden noch Gelegenheit haben, auf das wachsende Mißverhältnis zwischen Lohnan- teil und Gewinnanteil zurückzukommen, das eine wesentliche Ursache der wirtschaftlichen Stagnation ist. Soweit, jedoch diese beiden Zweige der Holzindustrie in Frage kommen,! gibt es keinerlei Entschuldigung für die Unternehmer zur Ab»!
Gegen Guno unü Einheitsfront. Während die Firma Graefe u. Co. versichert, die Deutschnatio- nalen feien veriudet, bemühen sich dies«, um so kräftiger gegen„All- juda" zu schimpfen. In einer deutschnationalen Versammlung in Ver-
s-wästs � Inn nf« Juden uns erzählen, daß sie Deutsche seien und es sein rornrncn öic cjsifrntcri-clrbcitcr nnct) Don rocnlocr 0.3 j-<« hfirf-m mir ihnon hn« 1»« f i» r p�inrn UmßänX�n 1000 M. die Stunde. Durch Schiedsspruch sollen sie auf* 0 � c surfen � e r ke n c n Umstanden 1120 M. erhöht werden; bei der Haltung der Hochbahngesell-«�uden. Wenn d.« ��chna�na-n sich m-t ihnen nnl.eßen. dann schaft besteht nur sehr wenig Aussicht, einen liffenen Kampf �% mi. n S h.«- und damit die Stillegung der Hoch- und Untergrundbahn Zvj„
Deshalb müssen wir
vermeiden. Die Lohnbewegungen im Reich haben im allgemeinen! einen ähnlichen Verlaus genommen wie in Berlin . Auch Hier gibt es noch einige bedrohliche Punkte, wie besonders die Ge- fahr eines großen Kampfes in der Metallindustrie Mitteldeutschlands . Aber im allgemeinen haben die Gewerkschaften durch die Wucht ihrer geschlossenen Mitglied
Zum Schluß sagt« Bruhn der Regierung Cuno sein« Meinung: „Ich weiß, daß mein« Ausführungen nicht in das Programm der Einheitsfront hineinpassen, aber durch alle Rücksicht auf das Kabinett Cuno können wir uns nicht von unserer geraden Linie abbringen lasseu Es ist L u g u n d T r u g. wenn man behauptet, daß wir den deutschvölkischen Gedanken mit Rück- j ficht auf die Einheitsfront zurückgestellt hätten." Das heißt also aus dem Völkischen ins Deutsch « übertragen: Di« i
schaften es vermocht, die Krise, die die Regierung und die ganz« Einheitsfront und mit ihr die Regierung Cum, kann uns g«
Unternehmer durch ihren Widerstand gegen Lohnerhöhungen heraufbeschworen haben, erfolgreich zu überwinden.
Schwmöelnachrickten. Tie �«verlässiZkeit des Wolffsche» TelegraphenvnreauS. Wir haben uns bereits mehrere Male damit befassen müssen, daß die Meldungen des Wolffschen Tele- graphenbureaus, das ollgemein als amtliches und zuverlässiges Bureau gilt und für dessen Nach- richten im Ausland die deutsch ? Regierung verant- w a r t l i ch gemaäst wird, allzu oft der Wahrheit nicht ent- sprechen. Jetzt liegt wieder ein besonders krasser Fall der Irreführung der öffentlichen Meinung vor. Am 14. März meldete das Wolfffche Bureau die Erschießung zweier Schupo beomten namens M o h r und Krause
stöhlen bleiben, wenn wir nicht mehr unsere besondere Judenhaß treiben dürfen. Zwar stehen die Franzosen im Ruhrgebiet , aber! die sind weit weg. Die Juden sind jedoch nahebei. Ihnen gilt der Kampf! Einheitsfront—„Hnnstvnrstinde". In der„Mecklenburger Warte" verulkt der Abg. v. Graes «- G o l d e b e e. der Führer der„Deutschoölkischen", die sogenannte Einheitsfront der politischen Partelen als eine Honswurstiade! Er behauptet, dos bürgerliche Kabinett Cuno sei nur eine Deck- sirmo für den Geist Rathenaus und die dreihundert Geld- gewalligen, die die Politik der Well machen. Für ihn ist die Ein- heitsfront nicht vorhanden, solange der„nationale Held" Ehr- Hardt„im Gefängnis schmachtet" und die deutschoölkischen Der- sommlungen nicht als der Ausbund aller politischen Tugenden ge- priesen werden. Groese kann nicht einmal die Einheitsfront mit seinen ehemaligen deutschnationalen Parteifreunden innehalten, behauptet viel- mehr, daß sie seine Bewegung„mit den schmutzigsten
.. namens Mohr und Krause in Buer . Der Meldung war die Bemerkung beigefügt, daß der.„„0...........___........................ Vorgang van Augenzeugen aus kurzer Entfernung beobachtet Mit'teln persönlicher Verdächtigung' bekämvften. De sei. D:e„Nossische Zeitung" berichtete in ihrer Sonn- sonder» erregt ist er darüber, daß die deutschnational« Presse auch tagsausgabe in einem längeren Telegramm aus Buer, ! gegenüber„einem Ereignis von weittragendster Bedeutung" die
das inhaltlich mit einer Meldung des Wolffschen Bureaus übereinstimmt, über die Freilassung des Oberbürgermeisters von Buer u. a. folgendes: „Der fronzösischs General wandte sich dann gegen den deutschen Bericht über die Erschießung des Polizeiwachtmeisters Mohr und dos Schutzpolizeibeamten Krause im Hofe des Lyzeums. Der angeblich erschossene Polizeiwachtmoister Mohr wurde dem Ober- bürgermeister aus dem Gefängnis vorgeführt. Er bekmcdete, daß der angeblich ebenfalls erschossene Schutzpolizeibeamte K r a u' e in das besetzte Gebiet nicht zurückgekehrt sei und seines Wsscns nicht in Buer gewesen sein könne. E- scheint sich bei dieser Meldung tat. sächlich um einen sehr bedauerlichen Irrtum zu handeln. Bekanntlich war berichtet worden, daß die Erschießung der beiden Schutzpolizisten von deutschen Augenzeugen au» unmittelbarer Nähe beobachtet morden sei." In dem entsprechenden Telegramm des Wolffschen Bureaus ist dieser Passus einfach unter den T i f ch g e f a l l e n. Es bleibt dafür nur die Erklärung, daß Wolff eine der zahlreichen Klatschgeschichten ohne
Praxis des Sichtotstellens anwende, nämlich gegenüber dem Treubündnl» zwischen den bayerischen Rationalsozia- listen und den Deutschvölkischen Norddeutschlands. Diese beiden Strömungen seien nunmehr in Nord und Süd„in gememsamer Arbeit vertrauensvoll miteinander verbunden".
Roßbach bleibt in yast. Die VS.'Sorrefpondenz meldet, daß Leuka-int a. D. Roßbach auf Ankrag seines Derleidlgers. Rcchksauwalls P. Bloch, au, der hast entlassen worden sei. da der lletersuchungsrichter„fest. gestcllk" habe, daß der Verdacht einer strafbaren Handlung nicht vorUeg«.« Diese Meldung stimmt in dieser Form nicht. TatsSchllch ist Roßbach weiter in sicherem Gewahrsam und wird einst- weilen nicht auf freiem Fuß gesetzt werden. Gin Erholungsheim für die englische Arbeiterpartei hat die sozio» listische Gräfin Marwick in ihrem Schloß Easton Lodge zur Ver- fügung gestellt.
Der rote Lappen. Die Deutschvöltischen schwimmen anscheinend die Felle weg. Ihre Hoffnung, durch die nationale Welle hochzukommen und die„Abrechnung mit den Novemberverbrechern" endgüllig vornehmen zu können, hat sich trotz ihrer tönenden Reden immer noch nicht erfüllt. Sie scheinen deswegen auf der Suche nach neuen Agitationsmitteln zu sein. Eine Berliner Korrespondenz, die neuerdings ihre Erzeugnisse verbreitet, berichtet über die„prole. tarischen Hundertschaften im Ruhrreoier", wobei die schönsten Märchen erzählt werden. Angeblich sollen die Kommu- nisten schon das ganze Ruhrrevier beherrschen imb im Besitz zahlreicher Waffen sein: „Roch Mittellungen von gut unterrichteter Seit« fft die Zahl der Hundertschaften im Ruhrrevier und auch im Rheinland ständig im Wachsen begriffen. Es hat fast den Anschein, als ob dort eine Organisation nach dem Muster der Roten Armee aufgezogen werden soll, wie st« nach dem Kapv-Puffch entstanden ist." Auf die Lächerlichkeit solcher Phantasiemeldungen hinzuweisen, ist überflüssig. Sie dienen dem einzigen Zweck, in der Oeffentlichkeit Propaganda für die nicht ans dem Papier, sondern in der Wirklichkeit bestehenden sehr realen geheimen Mord- und Terrororganisationen der Deutschvöltischen hinzuweisen. Die H i t l e r e i, das ist die einzige reale und nicht zu unterschätzende Gefahr, die der Republik droht und gegen die sich all« wehren müssen und wehren werden, denen an einer wirklichen Weiterentwicklung unseres Landes gelegen ist. » Aus Thüringer sozialdemokratischen Kreisen wird uns zur Schaffung eines republikanischen Ordner- und Selbst- schutzdien st es nach eingehender Schilderung der zahllosen, auf den Sturz der Republik und die Niederknüppelung der Arbeiter- bewegung eingestellten Geheimorganisationen der Rechts- radikalen folgendes geschrieben: „Die Aufgabe de» effektiven Schutze» der Re- publik und des inneren Friedens bleibt in der Haupt- fache der deutschen Arbeiterschaft in ihrer Gesamtheit überlassen. Derselben Arbeiterschaft, aus deren Schultern auch der wesentlichst« Tell der gewaltlosen Abwehr äußerer Gewaltzugriff« in d« Kern- gebiete der deutschen Volkswirtschaft gelegt ist. Bei einer internen republikanischen Tagung in Berlin hat einer der hervorragendsten Reichstogsabgeordneten der Deutschen Demokratischen Partei, aller- dings«in Süddeutscher, aus eigenem Antriebe schon vor Jahr und Tag geäußert,„daß ohne die deutsch « Arbeiterschaft die Republik lange wieder verloren worden sei. Der freiheitliche und demokratisch gesinnte Teil de» Bürgertums fei jedenfalls für sich allein nicht in der Lage, die republikanische Ver- fassung wirksam zu schützenl" Die nicht reaktionäven Bürgerkreise sollten daher allesamt ver deutschen Arbeiterschaft dankbar sein, daß sie gewillt ist. nicht nur mit leeren Worten und mit Zei- tungsaufsätzen, sondern auch durch die praktische Tat die Republik vor allen Anschlägen sicherzustellen: kost« es, was es wolle! Hält man die deutsche Arbeiterschaft für so gutmütig und dumm, daß sie sich ohne sich zur Wehr zu setzten, zertreten und die RepcÄ-llk dem deutschen Volk« entreißen läßt? Soll sich die Ardeiterschaft ohne Gegenwehr das Messer in die Brust stoßen lassen? N i ch t d i« deutschen Arbeiter wollen den Bürgerkrieg, ihn will allein der recht« Flügel des Bürgertums! Sache des Bürgertums wäre es. im eigenen Lager Ordnung zu schaffen: wa» nach dem Crzberger- und erst recht nach dem Nathenau-Mord versprochen, indes nicht geHallen worden Ist. Sache der zuständigen ReichZdienstftellen wäre es. dem rechtsradiKÄen Treiben endlich einen Riegel vorzuschieben und nicht nur dann Aktivität z-u zeigen, wenn es sich darum handelt, republikanische Derteidigungsmaßnahmen der Selbst- hikfe, die spontan dem Willen der arbeitenden Massen entspringen. abzustumpfen und zu unterbinden. Die Monalsschrist.Die Friedenswarte", die seit dem Tode ihre« Begründer» Alf. H. Fried eingestelli war. beginnt setzt wieder nr erscheinen. Sie wird nun von Rudolf Goldi-deid in Gemeinichakr mir Ludwig Ouidde, Walther Echficking. Han« Webber« und Friedrich Hertz im Verlag C. V. Schwetschke u. Sohn i« Berlin her ausgegeben. Eine fasclstlsche Schandtat hat jetzt ein« milde Sühn« gesunden. In Mailand wurden Faseisten, die einen Kommunisten zum Der- schlucken einer Menge Rizinusöl gezwungen hotten, zu je 2 und K Monaten Gefängnis verurteilt.
Das Stellüichein. Bon Hans Fr. B l u n ck. Der Student schritt leichtfüßig den Weg zum Hügel hinan. Der erste Mondschein ließ den Kies rot aufglänzen, Nebel lagen zwischen den milchigen Birken und oornübergeneiglen Duchenstämmen. Oben am Rande des Abhanges atmet« der junge Bursche hoch aus, zerrte fürwitzig an dem bunten Tuch, ta, er unterm Wams trug und jetzt« sich wartend auf eine Bank. Er wollte sich die Sommer- ffeude der Erholung ein wenig würzen, wartet« auf ein lustiges Stelldichein mit einer Dorfjungfer. Würde die Augen machen über den schönen Lappen, den er für sie gekauft hotte und Ihr über die kleinen feisten Schultern legen wollte! Die Bank war feucht vom Tau, aber der Abend blieb mild, rauschte leise vom strömenden Licht. Bon seinem Versteck sah der Wartende die Bachniederung, ebenmäßig von schweren Nebeln ange- füllt, die sich leise rinnend wie ein« Flut cm den Abhängen entlang rollten. Der Mond stieg höher und färbte die Fläch« weißer, ein paar dunkle Inseln lagen darin, mit stillen Blumen zu Häupten. Ringsumher war«in Wehen . Fast lautlos lief es von Stamm zu Stamm, ließ mitunter ein schneeiges Blatt aufblinken und ver» schlummerte wieder im Unterholz. Rocht log über der Erde und doch ein« durchsichtige Helle, welch« des Burschen Blick weiter in die Waldtiefe trieb, die unergründlich nach ollen Seiten sich öffnet« und mitunter jäh wie vor dunklen Schritten sich wieder schloß. Alles lebt«, die Lüsche, die halblaut wanderten und den Buchen von Fuß ju Fuß huschten, der Weg,. der gekrümmt über die Höhe glänzte und leise aufklang, und das Mondlicht, dos jetzt bis hoch in den Himmel graublau leuchtete und mit den weichen Schatten der Milchstraße verschmolz. Alles bewegte sich fast glitchmäßig wie das Blut eines weltweisen Gottes, der unsagbar stark und überall Schönheit und Größe und Freiheit der Nacht in sich«Inte. Der Himmel sank mit grauem Glanz tiefer über die Erde, schien um«ine wandelnd« Achse zu strömen und kreiste hörbar über den Wipfeln. Nur die Gestirne klangen leise aneinander, und die Dunkel- heit atmete mitunter, dann huscht« der weiß« Glanz wie ein Wind um olle» Gegenständliche, durchbebte auch den einsam Wartenden andächtig.„Gott !" rief«r leise und schloß die Augen. Seine Ge- danken gingen weit vor ihm, es war mühselig, st« leiblich zu hatten in ihrem Staunen und grenzenlosem Wundern über die Schönheit om ihn. Furchtiam fühlte er sich, klein vor all dem rätselhafter. Weben und Gestalten de» Unsaßlichen. Sein Herz schlug von seiner Ergriffenheit. Ein kleiner mühseliger Schritt kam den Weg herauf, voll Ber. legenheit stand das Mädchen vor ihm. Der Student sprang auf. Er begriff nicht, was gewesen war, suchte noch ein paar Worten. Grenzenlos fremd war er sich selbst in diesem Augenblick, wo er da» junge Wesen flüchtig an sich zog. Er haspelte da» Tuch hervor, ein« Sehnsucht, allein zu bleiben, dielt ihn auf.„Komm." sagt» er,„ich wollt'. Dir schenken, weiter nichts." Er fühlt« den kleinen pochenden Pulsschlag der Hand, er war erstaunt über dos Lebendig« in ihr, aber es war seinem Gefühl nur«in Tell der Rätsel ringsum.
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„Geh nur wieder, geh," sagte er rasch. Und die andere wickelte dos Tuch verlegen um die Hände, stotterte und seufzte etwas ent- täuscht und erleichtert. „Sie sind ein guter Mensch," wollte sie sagen, aber lie wagt« es nicht, eilte Neber schleunig davon. Der Bursche ließ sich auf die Dank zurücksinken, atmete tief und suchte dem Wind zu folgen, der die Nebel kämmte, starrte wieder in das Rätselhafte der Nacht und das Unendlich« des Himmels. „Gott, " fragte er leise, beugte sich vornüber, aber d'e Erde strömte einen warmen Duft zu ihm hoch.„Gott? " Der Wald bebte im Dampf, der sich zwischen die Stämme hing.„Gott? " Die Weit« klang leise vor dem unendlichen Licht und haltte in seiner Brust wie ein Glockenschlag von der Höhe zur Tief« und vom Herzen zum Himmel. Restdenzkhcaker:„Die Wildente" von Henrik Zbsen. E, war ein« Freude, inmitten der mehr und mehr versandenden dramatischen Tagesproduktion wieder einmal dieser tieffinnigen Ibsenschen Tragikomödie zu begegnen, in tvelcher der größte Dramatiker des neun- zehnten Jahrhunderts, de? in dem„Brand ", der„Nova", den„Ge- spenstern" und dem„Volksfeind" das Sich-Aufbäumen de» Iickiioi- omims wider die g�ellfthaflliche Lüg« gefeiert hott«, die» Thema von der Gegenseite her beleuchtet— da» Unheil schildert, da» welttmdundiger Wohrheitsfanatismus in der dumpfen Äthmvsphäre des AlltagsÄbens stiften kann. Hat auch die Figur des Wahrheits- apoftÄs Gregor Werl«, der Hjvlmar Eckdal, den bewunderten Jugendsreund, durch die Vernichtung seiner trügerischen Illufionen zur Höhe freien Menschentum«- erheben will, etwas gedcmkenmäßig Konstruiertes, mit um so erstaunlicherer Kunst ist das Opfer der Seelenrettungsexperimente: Hjalmar und dessen Familie, gezeichnet. Der Typus H. Eckdals, der alle Komödiantenzüg« menschiicher Natur in intimster Individualisierung widerspiegelt, steht ebenbürtig den berühmtesten komischen Gestalten der Weltliteratur, einem Don» quixote und Falstaff zur Lette. Bassermanns Meisterschaft in dieser Rolle ist von früher her bekannt. Melleicht fft sie im Laus der Jahre noch gewachsen. Der bei rücksichtsloser Selbstzucht doch auch wieder gutmütig« Egoist der Poseur, der sich selbst ernst nimmt der krttiklose Rachplappcrer fremder Gedanken, tritt einem überzeugend echt in ied«r Faser seiner zur Natur gewordenen Komödianterei vor Augen. Schon die Maske, der friseurmäßig nach oben gewirbelte Schnurrbart und die bei allem Kokettieren mit der Schwere de» Schicksals, vom allerbesten Wohl- befinden zeugenden roten Backen, malt das Innere des Burschen. der seine Sebbstgetfälligkeit zu einer Art von Lebenskunst entwickelt hat. Zug um Zug schließt sich mit nie versagendem, treffsicherem Instinkt das Bild zusammen. Bis zu dem glänzenden Gipset da er. von Gregor Werl« Enthüllungen erschüttert von der nächfichen Vmnmelsahrt und durch Frau Gina» warmen Kasse« cm» seiner Tragik allmählich herausgelockt wird. Da, hausmütterlich um ihn besorgte fleißige Eheweibchen, dos zum Erstaunen Gregor» von der „Lüge", die sie in die Che brachte, so gar nicht angefochten wird, lag bat Frau Else Schiff in guten Händen. Dem Gregor gab Falken st«in einen chorakterfftffchen schwärmerisch in irgendeine Fern« entrückten Blick. Sehr fein bei eisiger Kälte doch«in sym- pachistrrend« Mitgefühl erweckend skizziert« Patry, von Fräulein
Limburg als Frau Sörby unterstützt den Dater Werl «. Fräu- lein Schlegel tral glücklich das Kindlich« in Hedwigs rührender Gestalt. Der zynische, dem Trunk ergebene Arzt der mit seiner Theorie, daß man den Menschen ihr« Lebenslüge gomken falle, dem Weltverbesserer Gregor gegenüber im Stücke recht behält war ein- drucksvoll durch Josef Klein vertreten. Rur der alte Eckdal kam nicht recht zur Geltung.«it. «oekhe übe: den deutschen Charakter.<Zu seinem Tod«». tage, 22. März.) Als der„Herzog der Deutschen ", d. h. als der, der vor ihnen herzieht als Führer und Leiter in guten und bösen Tagen, ist Goethe gefeiert worden. In dem klaren Spiegel seiner Werke findet der Deutsche sein« Wcsenszüg« wieder, freilich gesteigert und vertieft durch das Genie. Dielsach hat sich der Dichter über den deutschen Charakter ausgesprochen, und e» gibt eine ganze Anzahl wenig gekannter Aussprüche, dieEmilLudwigin seiner im Verlag von Ernst Rowohlt erschienenen Anthologie„Dom unbe- kannten Goethe" zusammenstellt. Goethe hat die Fehler unseres Charakters nicht verschwiegen.„Es ist der Charakter der Deutschen , daß sie über allem schwer werden und daß alles über ihnen schwer wird," sagt er im„Urmeister", und an einer anderen Stell«:„Wenn die Deuffchen nicht real gerührt sind, so sind sie ideal schwer zu rühren" Die deutsche Unzufriedenheit tadelt er in einem Bri s an Woltmann mit den Worten:„Die Deuffchen haden die eigene Art, daß sie nichts annehmen können, wie man's ihnen gibt Reicht man ihnen den Stiel des Messers, so finden sie ihn nicht scharf. Bietet man ihnen die Spitz«, so schreien sie über Verletzung. Sie hoben so unendlich viel gelesen, und für neue Formen fehlt ihnen die Empfäna- lichkcit. Erst wenn sie sich mit einer Sache befreunden, dann sind sie einsichtig, gut und wahrhaft liebenswürdig." Zu Eckermann hat er sich In seinen letzten Jahren darüber ausgesprochen, wa» dem Deut- ichen fehlt:„Als neulich der Schnee lag und meine Nachbarsk nder ihre kleinen Schlitten auf der Straß« probieren wollten, sogleich war ein Polizeidiener nah«, und ich sah die armen Dingerchen fliehen, so schnell sie konnten. Jetzt, wo die Frühlingssonne sie au» den Häu'ern lockt und sie mit ihresgleichen vor ihrem Tore gern«in Spielchen machten, sehe ich sie immer geniert, als wären sie nicht sicher. Es darf kein Bub mit der Peiffche knallen oder singen oder rufen, gleich ist die Polizei da, es ihnen zu verbieten. Es geht bei uns alles dahin, die liebe Jugend frühzeitig zahm zu machen und alle Natur, alle Originalität und oll« Wildheit auszutreiben. Könnte man nur den Deuffchen nach dem vorbilde der Engländer weniger Philosophie und mehr Tatkraft, weniger Theorie und mehr Praxis beibringen Wir wollen abwarten, wie es in einem Jahrhundert mit uns Deutschen auesteht und ob wir e, dann dahin gebrocht haben, nicht mehr abstrakte Gelehrt« und Philosophen, sondern Menschen zu sein."_ Ramerao elaanav an den polnischen NnivrrfitSten T gn K a rs ck a u fand ein Meeting der«ilademischen Verbände statt, um zur Frage der Sinlübrung de» Xuraoeu» clausa, an den polniiSen Universstälen Ttelluna zu nehmen. In«wer Entschließung wurde die Einschränkung der Immatrikulierungen»onJude» gefordert Di« Vertreter der link» gerichteten Orgavisatione»»erließe» hieraus pu» Zeiche » de» Protest«» dt» Saat