Folge des kpktvkkflffchen Systems, wekfokl bei der«rbetterparH Zurufe bei den Bürgerlichen.) SS pro,, der Reichtümer dieses Landes find im Besitz von 2'- Pro;, seiner Einwohner, und sünssechsiei aller Engländer hinterlassen bei ihrem Tode nicht einen Pfennig an Vermögen. Die Zahlen allein zeigen, daß der Kapitalismus unfähig war, die Allgemeinheit instandzusetzen, aus den Gütern Nutzen zu ziehen. Nach einem Rückblick auf die Entwicklung der Reichtümer, Löhne Vnd Lebenshaltungskosten in der Periode von 18S0 bis 1914, bzw. während des Krieges und seit dem Kriege fuhr Snowden fort: Es ist zwar richtig, daß heut« das kapitalistische System nicht ganz uneingeschränkt herrscht. Schon zu Anfang des 19, Jahr- Hunderts hat sich das Gewisien der Nation gegen den Anblick der Zustände im Proletariat empört und gesetzliche Bindungen durch- gesetzt. Das bedeutet aber lediglich ein« teilweif« Durch- führung der Grundsätze des Sozialismus. Der Kapitalismus Hot selbst zugegeben, daß die Konkurrenz keine gut« Sache für ihn selbst ist. Daher die Bildung von Ringen, Trusts und Kartellen. Dies« sind nun einmal vorhanden mit dem Vorteil, daß sie Vergeudung verhindern, und dem Uebel, daß sie den Kapi- jolismus stärken. Was schlägt demgegenüber die Arbeiterpartei » o r? Sie schlägt keine Revolution, kein« Konfis- kati on vor.(Hört, hört!) Da? wäre nämlich der längste Weg, der am langsamsten zum Ziele führt. Es gibt keinerlei Analogie zwischen Sozialismus und Bolschewismus.(Beifall bei der Arbeiterpartei, ironisches Lachen bei der Regierungspartei.) Der Bolschewismus hat weder in seinen politischen Theorien und in seinen Idealen n o ch in seiner Praxi» der Diktatur und der Beschlag- nähme etwas mit Sozialismus zu tun, sondern eher mit der be- schränktesten Reaktion. Es gibt drei oder vier Wege, auf denen man den Kampf mit dem kapitalistischen System bereits führt, und das einzige, was unser Antrag verlangt, ist, daß wir auf diesen Wegen fortfahren, ober in schnell er em Tempo. Wir verlangen keinen weiteren Schritt nach vorwärts, ehe nicht der vorangegangene Schritt durch die Erfolge gerechtfertigt sei. Snowden führt das Beispiel der Arbeitslosigkeit, der Schwierigkeiten in der Wohnungsfrage, der Zustände in der Land- Wirtschaft an und erklärt: Die gauze Arbeit des Unterhause» be- schäftigt sich mit den fehlschlagen der Privatwirtschaft.(Beifall bei der Arbeiterpartei.) Snowden warnte die bürgerlichen Parteien vor dem Versuch, seinen Abtrag zu einer politischen Gegenpropaganda auszunutzen. Sie hätten bereits bei den Wahlen oersucht, die Arbeiterpartei als sozialistisch und bolschewisttsch zu diskreditieren und trotzdem hätte sie die Zahl ihrer Mandate von 49 auf 149 erhöht. Welches auch das Schicksal sei, das ihrem Antrag beschieden wäre, würde die Arbeiterpartei ihr Werk in dem Bewußtsein fort- sitzen, daß, wie einst Gladstone gesagt habe, diegroßensozialen Kräfte, die seit aller Ewigkeit mit ihrer Macht und Majestät emporstreben, auf ihrer Seite stünden. Sie würde in dem Versuch fortfahren, in harmonischem Zusammenwirken mit diesen evolutio- nären Kräften zu arbeiten. Die Arbeiterpartei habe die Gewißheit, daß eines Tages ein wirtschaftliches und soziales System errichtet werden würde, in dem der Ehrgeiz de» einzelnen und der private Unternehmungsgeist ihre Befriedigung nicht in der Menge der Last erblicken würden, die fie den Volksgenossen aufbürden, sondern In der Größe der Dienste, die sie leiste«.(Stürmischer, longanhaltender Beifall bei deiWArbaiterpartei.) Nach der Rede Snowdens entwickelt« sich eine furze Debatte, in der mit Zustimmung der Regierung die Aussprache auf eine spätere Sitzung vertagt wurde, damit das ganze Haus in eingehender Aussprache zu dem Sozialisierungsantrag der Arbeiterpartei Stellung nehmen könne.
Zn Dresden haben, einer nichtbestätigten TTL-Meldung zufolge, hm Dienstag Erwerbslosendemonstrationen stattge- fanden, im Verlauf dessen Lebensmittelgeschäfte be- ä st! g t wurden. Die Polizei habe von ihren Gummiknüppeln Ge- brauch machen müssen. Dos Polizeipräsidium habe weitere Erwerbs- losendemonstratlonen verboten.
das preußische Kabinett stützt Severing. Verbot der deutschvölkischeu Freiheitspartei gebilligt. Der amtliche Preußische Pressedienst teilt mit: Das preußische Staatsministerlum nahm in seiner Sitzung vom Dienstag den Bericht des Minister, des Innern Severing über das seinem Vorgehen gegen die Deutschoölkische Freiheitsparlei zugrunde liegende Tatsachenmaterial entgegen. Das Ministerium erkannte angesichts de» vorliegenden Matertals und des Ernstes der innen- und außenpolltischen Situation die Maß- nahmen des Herrn Innenministers als notwendig und be- r e ch t i g t an und gelangle in einmütiger Slellungnahme zu einer völligen Billigung seiner Politik. * Äuf Grund dieses Beschlusses des preußischen Staats- Ministeriums verändert sich die Lage dahin, daß man den preußischen Innenminister nicht mehr allein für die Auflösung der Deutschvvlkischen Freiheitspartei verantwortlich machen kann. Das preußische Kabinett als Ganzes stellt sich vielmehr hinter den Innenminister Severing. Da aber an dem Mini- sterium außer den Sozialdemokraten die Demokratische Partei, das Zentrum und die Deutsche Volks- partei beteiligt sind, ergibt sich auch für diese Parteien eine gewisse Bindung, wenn sie, was nicht anzunehmen ist, nicht ihre eigenen Kabinettsmitglieder desavouieren wollen. Man muß nunmehr erwarten, daß die Oeffentlichkeit dem Urteil des Gesamtministeriums Vertrauen schenkt und nicht in einer Dis- kussion fortfährt, die innenpolitisch fruchtlos bleiben muß. da sie das Urteil des allein zuständigen Staatsgerichtshofs nicht zu beeinflussen vermag, nach außen hin aber nur allzu leicht den Eindruck erwecken könnte, als ständen Kreise hinter den Desperadopolitikern, die bisher den Trennungsstrich zu ziehen wußten. Unter diesem Gesichtspunkt wird man auch die Unter- stützungsaktionderDeutschnationalenVolts» Partei-im Reichstag und Landtag zugunsten der Deutsch - völkischen Freiheitspartei zu betrachten haben. Ihr ist unter den gegebenen Umständen lediglich ein agitatorischer Wert bei- zumessen. Vom außenpolitischen Standpunkt aus muß sie schädlich wirken. Dasselbe ist von dem Presseseldzug zu sagen, den die rechtsstehenden Blätter einschließlich der»Zeit" sehr verfrüht vom Zaune brachen. Jetzt allerdings scheint chnen vorzeitig der Atem auszugehen. Die»Zeit" tritt in einer kleinen Notiz den Rückzug an. Dw„Kreuzzeitung " macht den tollkühnen Versuch, die Internationale Sozialistenkonferenz in Verbindung mit dem Verbot der Deutschvölkischen Freiheits- Partei zu bringen. Die„Deutsche Tageszeitung" muß recht wehmütig zugestehen, daß dis völkische Partei in ihren„Aus- drucksmitteln mii Zielen manchmal fehlgreift" und daß man „ihrer Führung teilweise mit Bedenken und Sorgen gegenüber- stehen muß". Ueber dckn Grundsatz der Völkischen:„Erst Reinigung im Innern und dann erst Befreiung vom Sklavenjoch der äußeren Feinde", so meint sie, sei kein Wort zu verlieren; er sei weder politisch noch völ- k i s ch. Das war offenbar auch Sevenngs Meinung, als er die Völkischen daran oerhinderte, ihren Grundsatz in die Tat umzusetzen. Eine sehr bemerkenswerte Haltung nimmt die„Deutsche Zeitung" ein. Sie läßt ein Parteimitglied, den Uni- versitütsprofessor Freytagh-Loringhoven den Nach- weis führen, daß das Vorgehen des Innenministers durchaus im Einklang mit dem Wortlaut und Sinn der Verfassung steh«. Der Verfasser warnt auch davor, von den parlamentarischen Erörterungen eine Mehrheit zugunsten der Freiheit?» Partei zu erwarten, versucht vielmehr aus den Kommentaren einiger Rechtslchrer herauszulesen, daß es ein Recht nicht nur auf passiven, sondern auch auf aktiven Wider st and gegendieStaatsgewalt gebe, wenn die Majorität die Grundrechte der Minderheit vergewaltige. Das Menschenrecht auf Putschismus hat zu den staatsrechtlichen Theorien, die von deutschen Professoren erdacht worden sind, gerade noch gefehlt.
Dennoch bleibt die Bestätigung der Rechtmäßigkeit des amt- lichen Borgehens durch einen völkisch-deutschnationalen Rechts- lehrer gegenüber ihrer Bestreitung von anderer Seite wertvoll. Die Oeutschvölkischen auch iu Thüringen verboten. Weimar , 27. März.(Eigener Drahtbericht.) In Ergänzung zur Bekanntgab« des Berbots der Deutschvölkischen Frei- heitspartei tellt das Presseamt Thüringen mit: Nach dem Material, das in den letzten Wochen über die Zu- sammenorbett der Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei und der nunmehr auch verbotenen Deutschvöllischen Freiheitspartei in Thüringen zusammengestellt worden ist. kann es keinem Zweifel unterliegen, daß sich die Nationalsozialisten für ihre Umsturzpläne der Deutschvöllischen Freiheitspartei als Organisation bedienten. Die Vereinbarung zwischen den beiden Parteien ging zunächst dahin, daß die in Thüringen wohnhaften Mitglieder der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei ohne weiteres in die Freiheits- partei eintreten konnten, ohne dadurch in Gegensatz zu der Partei- leitung der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei zu kommen. Nationalsozialisten, welche der Freiheitspartei beigetreten sind, cx'-- den nicht aus der Liste der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei ge- strichen. Die Bildung von Stoßtrupps und hundert- schaften in Thüringen ist von Angehörigen der Deutschvölkischen Freiheitspartei vorgenommen worden, und zwar in Zusammen- hang mit den bayerischen Organisatoren der hun- dertschosten und Stoßtrupps der Nationalsozialisten. Di« Person- lichkeit in Weida , an die der nationalsozialistische Alarmbefehl vom 23. gerichtet war, ist zugleich Geschäftsführer der Deutsch - völkischen Freiheitspartei in Weida . Insbesondere in Südthüringen ist eine Reih« von führenden Mitgliedern der Deutsch - völkischen Freiheitspartei gleichzeitig in der Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei organisiert. Di« Deutschvölkische Freiheitspartei in Thüringen verfügte be- reits über 15 Ortsgruppen. Di« Organisationszentren für die thüringischen Hundertschaften der Nationalsozialisten sind Hof und Koburg. Der Sitz des durch die Geraer Verhaftung festgestellten Regimentsverbandes ist Nürnberg . Bei Mit- gliedern der Deutschvölkischen Freiheitspartei vorgefundene Stammrollen weifen auf dos Bestehen eines Iägerregi- mente Oberfranken hin, dessen Regimentsstab mit dazu- gehörigen Einrichtungen fertig steht. Da« Stabsquartier befindet sich in Erlangen . Eine Reihe von Festnahmen und Haussuchungen bei führenden Persönlichkeiten ergaben derartig belastendes Material, daß ein so- fortiges Verbot der Deutschvölkischen Freiheitspartei notwendig wurde. Mehrer« Verhaftete wurden im Lauf« des Sonntags und Montags nach festgestelltem Ergebnis wieder auf freien Fuß gefetzt. Ein« Anzahl nationalsozialistilcher Führer entzog sich der Verhaftung durch die Flucht nach Bayern . Di« von den Nationalsozm- listen dem Staat« und dem Inneren Frieden drohende akut« Gefahr tonn noch nicht al» beseitigt angesehen werden. Die Ermittlungs- ergebnlsse werden dem Oberreichsanwalt übergeben. vir 5rage des proletarisch« Selbstschutzes. Weimar . 27. Mörz.(Eigener Drahtbericht) Auf«ine tom- munistisch« Anfrage, wie dl« thüringische Regierung sich in Zukunft gegenüber dem proletarischen Selbstschutz zu ver- hatten gedenke, antwortete Stoatsmtnister Genosse Fröhlich in der heutigen Landtagsfltzung u. a.: Im Reich, Ministerium hat«ine Aussprach« über den proletarischen Selbstschutz stattgesunden. Di« Veranlass«! zu dieser Aussprach« waren thüringisch« Kreis«, die der sozial, stlschen Regierung nicht nahestehen. Es waren Mitglieder dieses Hauses. Die Aussprache wurde in der kollegialen Weile mit dem minister geführt,«ine Einigung jedoch nicht t r zi« l t. �Wir (Thüringen und Sachsen ) haben betont, daß, solang« die politische Situation in der heutigen Form besteht, wir den Paneien nicht verbieten können, den Schutz der Republik wahrzunehmen. Die Reqierungsparteien de, preußischen Landtag» haben«inen Antrag auf VerbilUgung der Geschäftskosten und Beschleunigung des Geschäftsganges«ingebracht._
Jrcudcn eines Theaterabonnenten. Ein Leser schreibt uns: Ich wähnt«,„glücklicher" Abonnent des Großen Schauspielhauses und der Große» Volksoper zu sein: aber vorbei ist es mit Wahn und Glück. Das Abonnement zum Großen Echouspielhans habe ich mir nach mehrfachen unnützen Wegen und langem geduldigen Ausharren an der Theaterkasse errungen. Nach einiger Zeit mußte ich dann wiederum viel Zeit oertrödeln, um die geforderte S9pro- zcntige Nachzahlung richtig„an den Mann" bringen zu können. An vergebliches Warten gewöhnt, harre ich nun auf die dritte Abonne- mentsvorstellung. Mehr als zwei Drittel der Spielzeit sind schon verflossen, aber erst ein Drittel der längst unk verhältnismäßig hoch bezahlten Vorstellungen wurde den Abonnenten geboten. Mein« dritte Abonnomentsvorstellung sollt« am 2S. Dezember sein, wurde dann aber auf Ende Februar, dann auf den 1. April(1. Osterfeier- tag) und mm endlich(oder noch nicht endlich?) auf den 19. April verschoben. Meine vierte Abonnementsoorstellung. die mir bereits in der Karwoche zustand, ist„vorläufig" auf vier Wochen verschoben worden, man muß aber befürchten, daß es bei der einen vorläufigen Verschiebung nicht bleibt. Was man aber als Abonnent der Großen Volksoper er- leben muß, stellt das über das Große Schauspielhaus Gesagte weit in den Schatten. Bei der Volksoper hatte man die Pflicht, Ende November die Abonnementsbeträge für die zweit« Hälfte der Winterspielzeit(Januar bis April) auf einmal im voraus zu«nt- richten. Obwohl ich mir nur einen Platz im dritten Rang leisten kann, mußte ich doch einen nach damaligen Begriffen ziemlich hohen Bettag zahlen. Die Geldentwertung veranlaßt nun die Direktion, Nachzahlungen zu verlangen, sie bedenkt aber nicht, daß im umge- kehrten Verhälttiis der damals bezahlte Betrag eine angemessene Bezahlung für die Vorstellungen bedeutete und jedem Abonnenten ebenso schwer fiel wie die jetzigen Nachzahlungen. Die Nolksoper erwähnt in ihrem Prospekt, daß das rechtzeitige Erheben der Abonnements-.usw.-gelder ihr gestattet habe, sich günstig und preis- wert mit Materialien usw. einzudecken. Wie kommt sie dann heute dazu, den Geldwert bei der Abonnementszahlung unbeachtet zu lassen und die für den dritten Rang besonders hohen Zuschläge zu erheben? Durch dies« Zuschläge stellen sich die Abonnementssätze höher als die des gleichn o in i g e n Ranges der beiden anderen Opernhäuser, ja sogar höher als die Tagespreis« des gleichw«rügen vierten Ranges in diesen, ungeachtet der Qualität des Gebotenen. Wenn die Dolkeoper die Geldentwertung nur in ihrer Rechnung anerkennen will, den Abonnenten gegenüber aber ihren Standpunkt Mark— Mark vertritt, so muß ihr dringend geraten werden, die richtigen Abonnementsbeträge monatlich zu erheben und auf das Erheben sogenannter Verrechnungsbettäge zr verzichten. D-r Gründungszweck der Bolksoper war eigentlich, dem kunst- hungrigen„Volke" für billig« Eintrittspreise„gute" Opernvor- stellungen zu bieten. Dieser Parole entsinnt man sich noch, wenn es gilt, Steuerbefreiung und sonstig« Erleichterungen durchzudrücken oder Wohltäter zu angeln. In jeder anderen Beziehung scheinen aber diele Grundsätze weniger ernst genommen zu werden, mehrfach läßt sich die Zurücksetzung des„Volkes" zugunsten der„besseren" Kreise seststellen. Wenn ich über die unheimlichen Preise des den
weniger bemittelten Abonnenten vorbehaltenen dritten Range» klagte, so muß ich dak�i auch Bergleiche mit den Abonnementspreisen des Parketts und ersten Ranges anstellen, und ich komme dabei zu dem Schlüsse, daß die Staffelung der Preise in keinem richtigen Verhältnis zueinander steht. Aber nicht genug damit, daß nur die Abonnementspreise der besseren Platzarten„volkstümlich" sind, mußte ich auch feststellen, daß bei der Verteilung der bestellten Abonnements nicht nach den Gesichtspunkten vorgegangen worden ist, die man hätte erwarten müssen. Sofort nach Erhalt des Rund- schreibens, mit t«r Einladung zum Abonnement, bin ich nach der Geschäftsstelle gegangen, habe meinen Austrag abgegeben und den Aerrechnungsbetrag eingezahlt. Nach meiner Kalkulation mußte ich zu den ersten Einzahlern gehören und war daher nicht wenig erstaunt, als ich bei der späteren Ausgabe der Abonnementskarten feststellen mußte, daß ich in eine der letzten Abteilungen geraten war. Später kam ich dann dahinter, daß die Verteilung nach der Aktiennummer erfolgt war, wodurch die ersten, sich aus den „besseren" Kreisen rekrutierenden Anteilzeichner«inen dauernden Vorteil den übrigen Nachkömmlingen gegenüber haben. Dieser Vorteil ist um so größer, als diese ersten Abteilungen nachweisbar auch in bezug auf Premieren und Oualitätsbesttzungen stets einen Vorzug genießen. Nun droht einem noch eine Gefahr, indem dir Leitung der Volksoper das übliche Vorrecht der Abonnenten auf die gleichen Plätze in der folgenden Spielzeit anscheinend nicht aner- kennen will, sondern bekanntgibt, daß die Abonnenten des einge- schaben«» Sommerabonnements Anspruch aus die gleichen Plätze im nächsten Winter haben. Eines ungestörten Genusses habe ich mich bisher bei keiner ein- zigen Aufführung in der Aoitsoper erfreuen können. Stet» wird der erste Akt durch die infolge mangelhafter Plotzanweisung in falschen Sitzreihen herumirrenden Personen gestört; in zwei Fällen mußte sogar die Ouvertüre des großen Lärms wegen abgebrochen werden. Das kommt in erster Linie daher, daß das Klingelzeichen zum Vorstellungsbeginn nur schwach durchdringi oder gar vergessen wird und— wenigstens im dritten Rang— die aushängenden Theaterpläne mit der tatsächlichen Numerierung der Plätze nicht iibereinstimmcn, so daß selbst rücksichtsvolle Besucher, die sich aus dem Plane ihren Platz vor Betreten des Zuschauerraumes suchen, irre- geleitet werden und die anderen Besucher absichtslos stören. Schließlich noch eine Nein« Anfrage: Ist es unbedingt erserder- lich, daß jeder Aktionär-Abonnent im Besitz eines gutsitzenden Fracks sein muß? Für den„Ball der Aktionäre"(!) war seinerzeit aus- drücklich Frack bzw. Gcsellschoftstoilette vorgeschrieben. Oder ist dies nur wieder ein weiterer Beweis dafür, daß man mit dem „Volke" nichts zu tun haben will? Hoffen wir, daß die nächst« Spielzeit weniger Anlaß zu Klagen gibt und daß die Wünsch« der breiten Masse sich fürderhin besser Geltung verschaffen können, als es bei diesem„demokratischen"„Volks"-Unternehmen bisber der Fall war.__ 3. G. „Bühne und Zugeudkultur". Unter dieser Ueberschrist wiesen wir vor einiger Zeit aus Spandauer Bersuche hin, zu einer jugend- lichen Tbeatertultur zu gelangen. Einen sehr- interessanten Versuch im gleichen Sinne unternahm am Montag ein Kreis junger Men- schen im Dienste ihrer ehemaligen Schulen des Nordostens,— inter
essant um deswillen, weil sieben jugendliche Laien mit zw« Be- rufskünsllern wetteiferten, im Zusammenspiel Gleichwertiges zu bieten. Es darf nicht verschwiegen werden, daß hier für dos jugendliche Uutternehmen ein« Gefahr liegt: Eine völlig ver- titschte, aber ehrlU ganz von der Jugend getragen« Feier kann «inen starken Schritt vorwärts bedeuten auf dem Wege zu jugend- gemäßer Theatertultur.— ein« Kopie der„Dokksbühne" dagegen. deren„K a b a l e- u n d- L i e b e"- Aufführung deutlichst Pate gc- standen hätte, diese Kopie tonn als Hemmung wirken, da sie un- jugendliche Maßstäbe, nämlich die künsllerischen des Theaters der Erwachsenen, fordert. Dies sei gesagt, um Gleichsttebenden Miß- erfolge zu ersparen.— Nun war diese Aufführung aber doch durch- glüht von dem Feuer seltener Ergriffenheit, und der Ferdinand. den Kurt Ehrenfreund gesmltete, war hinretßend, eben um dieser Hingabe, dieser jugendlichen Unbedrngtheit willen, die allerlei künstlerisch gemessen« Unzulänglichkeiten völlig überstrahlte. Hier lag kein glückliche» Spiel eines begabten Laien, sondern«in ganzes jugendliches Programm fordernd und werbend aufgeschlagen, wah- read Harry Frommermann mit seinem Kammerdiener dar- über schon ins Reife, Künstlerlwfte hinausgriff. Auf olle Wlle wäre von der Schul«, zu deren Bestem solches geschieht, größtes Ent- gegenkommen zu erwarten, denn dies« Tat jugendlichen Kullur- willens im Dienste der anderen, ehemaliger Schüler im Dienste der künftigen, ist auch eine soziale Tat und damit ein Sttick staals- bürgerlicher Erziehung, das überall, zumal sin„feinen" Westen, Nachfolge verdient. ÄZ- Aus den Erinnerungen eines Zoo-Inspektors. Von jeder Art von Tieren gebissen, gekratzt und gehackt zu sein, kann sich ein In- spektor des Londoner Zoologischen Gartens rühmen, der Zoologe R. I. Pocock. der sich jetzt nach llljäbrigem engsten Zusammenleben mit den Tieren aller Welt in den Ruhestand zurückzieht. Pocock war vorher 18 Jahr« lang an dem Naturhistorischen Museum ge- wesen und setzte sein« Studien dann während seiner Stellung am Zoo fort. Er ist im Verlaus seiner longjährigen Tätigkeit besonders für die Benutzung von Betäubungsmitteln bei der Operation von Raubtieren eingetreten.„Einmal sah ich," erzählt er,„wie man einen Jaguar fesselte und an dem Gitter hochzog, um' ihm sein« Klauen zu beschneiden. Nachdem ich den langen Kampf beobachtet hotte, durch den das arm« Tier vollkommen erschöpft war, schlug ich dem Tierarzt die Verwendung eines Betäubungsmittels vor und entwarf einen Ehloroformkäfig. Dieser Käfig, der besonders zu B«- täubungen hergerichtet war, wurde dann auch an einem prächtigen Tiger ausgeprobt. Der Tiger, der von der Nase bis zum Schwanz 11 Fuß lang war, wurde in den 13 Zdll bretten Käfig gebracht und in Schlaf versenkt. Al» der Käsig zur Operation geöffnet wurde, fand man, daß das riesige Tier es irgendwie fertiggebracht hatte. sich in dem kleinen Raum rundherum zu drehen: sein Kops mar nun, wo sein Schwanz gewesen war." Pocock hat kämpf« mit den verschiedenartigsten Tieren zu bestehen gehabt und weist an seinem ganzen Körper Wunden auf. Er erzählt von den Duellen, die sich manchmal die Tiere im Zoo liefern und von denen wenig an die Oeffentlichkeit dringt. So beobachtet« er an einem frühen Morgen den Todeskampf eines europäischen und eines amerikanischen Bison. Der europäische Bison hatte die Schutzwond, die ihn von seinem amerikanischen Artgenossen trennt«, niedergebrochen, und nun gingen