Sozialistische Kongreste und Ruhrfrage. Konqreft der Unabhängigeu Arbeiterpartei Englands. Lc-ndon, 2. April. (WTD.) Gestern wurde hier die Jahres- konferenz der unabhängigen Arbeiterpartei eröffnet. Rornsoy Macdonald erwähnte dabei in einer Rede den Dorschlag der Arbeiter- parte!, eine Konserenz von Vertretern aller Parteien der alliierten Parlaments zur Erörterung der Ruhrfrage abzuhalten und sagte, die Berichte, die auf Grund der jüngst mit den französischen, belgischen und italienischen Sozialisten geführten Verhandlungen er- stattet werden würden, würden zeigen, daß sie im Begriff seien, eine Bewegung zur Herbeiführung einer Regelung einzuleiten, wozu die Regierungen der beteiligten Länder niemals imstande sein würden. Der Kongreß nahm einen Antrag an, in dem er die Zurück- Ziehung aller Besetzungsstreitkräfte aus Deutsch - land fordert. Der deutsche Sozialist Crispien sprach sich gegen die Zurückziehung der britischen Truppen aus, wenn die anderen Defetzungstruppen nicht ebenfalls zurückgezogen würden. Der Fran- zofe L o n g u e t erklärte, er oertraue darauf, daß im nächsten Jahre Poincares Mehrheit schwer erschüttert und die Zahl der Sozialisten doppelt sein würde, was dann zu einer Aenderung der gegen- wärtigen Tendenz des französischen Imperialismus führen würde. London . 2. April. lEP.) Die gestrige Sitzung des Kongresses der Unabhängigen Arbeiterpartei ereichte ihren Höhepunkt, als L o n g u e t und Crispien sich unter großen Freundschafts- bezeugungen die Hände drückten. Macdonald erklärte, dieser Hände- druck sei ein hochbedeutsames Symbol für die Einigkeit des deutschen und französischen Proletariats. Kongreh der belgischen Arbeiterpartei. Brüssel , 3. April. (Eca.) Auf dem alljährlich stattfindenden Osterkongreß der belgischen Sozialdemokraten wurde gestern ein- gehend die Ruhrfrage erörtert. Hierbei sprach sich V a n d e r- velde in der energischsten Weise aus und verhalf seinem Stand- punkt gegen eine nicht unbedeutende Opposition eines Teils der Delegierten zur Annahme. Er beschuldigte die stanzösische Politik, daß sie gegenüber Deutschland imperialistische Hintergedanken habe. Er erklärte, Reparationen seien notwendig, aber sie dürften nur mit Zustimmung der betreffenden Völker vorgenommen werden. Wenn Belgien im Ruhrgebict nur berechtigten Forderungen nachginge, dann würde es auch die deutschen Sozialdemokraten auf seiner Seite haben. Mit besonderer Schärfe trat Vandervelde dem Abgeordneten Hugin entgegen, der an die Haltung der deutschen Sozialdemo- kraten im Jahre 1914 erinnerte. Schließlich setzte sich die Auf. fassung Danderveldes und seiner Freunde durch und der Kongreß nahm einstimmig die bereits von dem Generalrat der Partei an- - genommen« Tagesordnung an, in der jeder Zwang und jede Gewaltpolitik verurteilt wird. Paris , 3. April. (TU.) In seiner Schlußrede sagte Bänder- velde, daß«in« demokratische Regierung das Reparationsproblem durch«inen Vergleich bzw.«inen Schiedsspruch lösen würde. Dies« Erklärung fand lebhaften Beifall. Zum Schlüsse kamen ausländische Gäste zu Wort«. Der deutsch « Sozialdemokrat Hilferding führte folgendes aus: Wir sind darin einig, daß die Reparationen notwendig sind, und daß Deutschland die zerstörten Gebiet« wieder aufbaut. Wir wollen die Sicherheit Belgiens und Frankreichs ge- währleisten, aber wir verlangen auch, daß das deutsche Reichsgebiet respektiert werde. Nach der Red« Hilferdings nahm ein Vertreter der Labour Party , Morris, das Wort. Er bezeichnete die Ruhr- besetzung als«inen Verstoß gegen den Versailler Vertrag und ver- langt« den Rückzug der Besatzungstruppen, sowie die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund. In Anknüvfung an die Reis« der alliierten Sozialisten nach Berlin berichtete Vandervelde , daß ie deutschen Sozialisten auf die Frag« der interalliierten Genossen 'nen sachlichen und genauen Reparationsplan vorgelegt hoben, der h dem Frankfurter Reparationsplan näherte Der Kongreß - • rtreter Hugin erklärte, daß die deutschen Sozialisten sich so schnell wie möglich von der Regierung Cuno lossagen müßten.
Die Krkeosteilnebmer für Verständigung. Parts, 2. April. (WTB.) In Marseille tagt seit gestern der 7. Kongreß des Verbandes der französischen Kriegs- befchädigtenvereinigungen. In der 3. Kommission kam es heute, wie Havas berichtet, zu einer Debatte über die Ruhr- besetzung, im Anschluß an die Verlesung eines Schreibens von deutschen Kriegsbeschädigten vom 19. Februar. In diesem Briefe, dessen Veröffentlichung nicht beschlossen wurde, stellen die deutschen Unterzeichner fest, daß die deutsch « Republik den unwiderlegbaren Beweis ihres Reparationswillens(Sachleistungen) erbracht hat. Sie appellieren an die französischen Kriegsbeschädigten, gegen die Ruhr- besetzung bei der französischen Regierung zu protestieren, damit dos durch die Ruhrbesetzung begangen« Unrecht wiedergutgemacht werde. Di« Delegierten des Departements Deur-Sövre» brachten darauf eine Entschließung ein, in der die Regierung aufgefordert wird, sich einer Intervention des Völkerbundes in der Reparationsfrag« nicht u widersetzen, wenn die Intervention von einer der beteiligten Par- teien verlangt werde. Noch kurzer Debatte wurde diese Entschlie- ßung abgelehnt und folgend« Tagesordnung angenommen: Angesichts des Friedenswillens der Kriegsopfer und der unbedingten Notwendigkeit, einen auf der Rcparalionsberechtigung Frank- reich» au'gebauteu Frieden herzustellen, lehnt e» der Kongreß ab, von der Regierung ein» bestimmte Art de« vorgehen, zu verlangen, �ordcrl sie ober auf, olle imperialiflischen und anneklionistischen ve- st'ebungeu zurückzustellen und sich jeder friedsichea durchgreifendeu Lösung des Sousliktes geneigt zu zeigen.
Das bulgarische Krieaskabinett verurteilt. öoflo. 31. März.(WTB.) Heute nachmittag fällt« der Staats- Gerichtshof das Urteil in dem Prozeß gegen die Mitglieder des früheren Kabinetts Radoslawow . Di« in Sliwen in Haft behaltenen Minister Tontschew, Pesch««, Dobri Petkow, General Raidenow , Dintschew, Ehr. Iw Popow und Ehr. G. Popow, Apostolow, Kosnitschki und der Generalissimus Schekow wurden zur Urteilsverkündung nach Sofia gebracht. Gegen Radoslawow, ter Sofia unmittelbar nach der Niederlage Bulgariens im Jahr« 1918 verlassen hatte wurde in contumacium erkannt. Der Staatsgerichtshof verurteilte Radoslawow , Tontschew, Peschew, Chr. Iw. Popow, Divtschew und Petkow zur Haft auf Lebenszeit, Generol Naidenow zu IS Iahren Hast, den Generalissimus Echekow und die Minister Apostolow, Kosnitschki und Ehr. G. Popow zu 10 Jahren und den General Bojadjew zu S Iahren Haft. Außerdem wurde gegen sämtlich« Verurteilte auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit erkannt und ihnen soll- dorisch« Haftung für die Kriegsschäden ouftrleot, die sich auf K Milliarden 700 Millionen Lewa belaufen. Das Urteil des bulgarischen S'aatsgerichtsbofes bean- sprucht insofern erhöhtes Interesse als es das erste Gerichts- urteil gegen die Mitglieder einer an der Kriegskatastrophe schuldigen Regierung ist. Die bulgarische Rationalversamm- lung faßte bereits am 22. November 1919 den Beschluß, die Mitglieder des Knegskabinetts Radoslawow vor einem Ra-
tionalgerichtshof zu stellen. Am 5. April 1921 beschloß das Parlament, zur Aburteilung der seit November 1919 in Haft befindlichen ehemaligen Minister zu schreiten, und zwar wurde das Verfahren auf Grund eines besonderen Gesetzes zur„Ab- urteilung und Bestrafung der an der Katastrophe Bulgariens Schuldigen" aufgenommen. Die jetzt erfolgte Verurteilung ist eine gute Lektion für Kriegsminister, die jetzt— mindestens im„barbarischen" Bulgarien — die Erfahrung machen mußten, daß sie, wenn die Sache schief geht, persönlich und materiell sti'- ihre Politk die Verantwortung zu tragen haben.
Donar Law vor dem Rücktritt? e o u b o n. 3. April. ((£<£.) Nach dem„Alauchefler Guardian" hat sich der Gesundheitszustand Vonar Laws so sehr ver- s ch l i m m e r t, daß die Aerzle die Möglichkeit seines Rücktritts von der Regierung ins Auge fassen. Im allgemeinen begünstigen die konservativen die Ernennung des Schatztanzlers Stanley Bald- win zu seinem Nachfolger als Ministerpräsident.
Neuwahlen in der Türkei . London , 3. April. (WTB.) Reuter meldet aus Konstantinopel vom 2. April: Die Nationalversammlung hat einstimmig einen An- trag zugunsten der Veranstaltung von Neuwahlen mit einer Frist von zwei Monaten angenommen. Dieser Beschluß hat allgemein« Ueberraschung hervorgerufen. Er wird in verschiedener Weis« ausgelegt, aber die vorherrschende Erklärung ist die, daß die Regierung in Besorgnis wegen der Stärke der Opposition ist und diesen Schritt unternommen hat, um unerwünschte Elemente zu be- fertigen und die Wahlen in aller Eile abzuhalten, bevor die Opposition sich organisiert hat. Die Leiche des Abgeordneten von Trapczunt. Ali Ehukri Bey, der seit einer Woche verschwunden war, ist 10 Mellen von Angora entfernt aufgesunden worden. Als Mörder wird«in natio- nalistischerOberst verdächtigt, da die Leiche in der Rühe seines Gutes gesunden wurde. Der Verdächtige ist flüchtig.— Nach der „Chicago Tribüne" ist der Mörder der Bcndensührer Osman Agha aus Cherson (Südrußland), ein Fanatiker, der nicht lesen und schreiben kann, der aber einen großen Anhang in seiner Heimat hat. Er ist, wie es heißt, nach Cherson entkommen, und es wird in diesem Falle notwendig sein, eine ganze Armee aufzubieten, um seiner habhaft zu werden. Osman Agha hat den ermordeten Abgeordneten, der ihn in seinem Blatt« persönlich angrift. zu sich zu Tische geladen und dann eigenhändig erwürgt. Der Adjutant des Mörders, Haupt- mann Mustapha. hat ein Geständnis abgelegt.
Nach dem Zest. Di« Ostertage sind vorübergerauscht, laut, lärmend, bunt. Sie haben.Wiederauferstehen" gebracht in neuen hellen Frühjahrs- Mänteln und kostbaren Kostümen und blumengeschmückten Hüten und glänzenden Schuhen und mit oll den Schätzen und Schönheiten, wie sie in den Schaufenstern der Geschäfte in staunenswerter, sinnoer- wirrender Fülle ausgebreitet liegen. Denn nicht wahr, Ostern ist ja das Fest der Auferstehung, also muß man es auch gebührend und sinngemäß feiern. Und man prunkte und paradierte mit dem neuen Staat, und die großen Restaurants waren voller denn je, und die Musik spielte bezaubernd schön, und das Essen war gut und der Wein angenehm gekühlt. Denn ein so hohes Fest, wie das Osterfest mit seiner überragenden well- und rcligionsgeschichtlichen Bedeutung muß man doch würdig feiern, und man braucht nicht zu befürchten, daß die ewigen Nörgler wieder schmähe» und darüber schimpfen werden, daß die Reichen weiter nichts wissen als zu schlemmen. Denn man hat ja allen Grund zu feiern, zu jauchzen und zu jubilieren! Aber dann gibt es noch ander« Leute, die immer nur gewissermaßen am Rand des Lebens gelebt haben, und die aber auch in den Ostertagen voll aller Sorgen gewesen sind und an dieser Wiederauferstehungsfreude keinen Teil genommen haben. Einige von ihnen konnte man in den Ostertagen auf ihrem Feld und Laubenland arbeiten sehen und ihre Auferstehungsgedanken waren wesentlich anderer Natur. Sinnend betrachteten sie wohl das Feld und ftagten sich mit Sorge, was wird dereinst au» diesen Furchen auferstehn, wird es genug an Kartoffeln und Kohl fein, da- mit wir unseren Hunger stillen können? Und noch andere haben in diesen Tagen wohl bange gefragt, wann endlich ihnen die Auf- erstehung kommt aus dem nervsnzerftessenden Kleinkampf um das täglich« Brot! Reisefreuden zu Ostern. D«r Reiseverkehr zu Ostern hat der Reichsbahn nicht nur un. fiehemren Zuspruch auf Borort- und Fernbahnen gebracht, andern den Reisenden, die fast nirgendwo ausreichende Gelegen- heit zu? Rückfahrt bekommen konnten, nicht geringen Aerger und Unbequemlichkeiten. Zu außerordentlich unliebsamen Vorkommnissen aber ist es in Wittenberge gekommen. Der Nach- mittagsschnellzug aus Hamburg , der um 6 Uhr 33 Minuten in Wittenberge eintreffen soll, lief mit 30 Minuten Verspätung und derart überfüllt ein, daß die wenigen Reisenden, die den Zug ver- lassen wollten, ihren Weg nicht durch die vollgestopften Gänge nahmen, sondern durch die Fenster hinausspringen mußten, um überhaupt ins Frei« gelangen zu können. Obgleich sich der Bahn- Hofsvorstand nach langen Anftagen bereitfand drei Wagen anzu- koppeln, mußten noch gegen 100 Reisende, zumeist Frauen mit Kindern oder Leute mit schweren Gepäckstücken auf dem Bahn- Hof zurückbleiben. Dom Fahrtdienftleiter wurde ihnen der „Trost", daß sie gegen 8 Uhr mit einem Verwaltungs- sonderzug des Jugendbundes„Bismarck", an dem ein Personenwagen angehängt werden sollte, nach Berlin kommen würden. Als dieser Sonderzug um 8 Uhr einlies, staut« sich die Menge am Hinteren Ende des Bahnsteiges, um vi« Ankoppelung des Wagens zu erwarten. Tatsächlich wurde der Waggon auch an- gerollt, angekoppelt und erleuchtet. Aber als fämiliche Reisende Platz genommen hatten, erklärt« der Zugführer des Sonderzuges, den Wagen nicht mitnehmen zu wollen. So mußten die Reisenden, die eben iroh waren, Unterkunft gesunden zu haben, wieder aus- steigen und den Dismarck-Dund um Gastfreundschaft bis Berlin bitten. Auf den Gängen standen di« Frauen und Kinder, bis man ihnen Platz machte. Zwischen dem Fahrtdien st leiter und dem renitenten Zugführer spielten sich so haarsträubende Szenen ab. wie man sie unter deutschen Beamten nicht für möglich halten sollt«. Dielleicht wird das Reichsverkehrsministerium über die Kompetenzen eines Betriebsleiters und eines Zugführers di« notwendig« Auskunft geben. Ganz ähnliche unhaltbare Zustände entwickelten sich am Montag nachmittag auf dem kleinen mecklenburgischen Bahnhof F ü r st e n- berg. Nach den gedruckten Fahrpläne» soll dort ein von Stral- sund kommender Personenzug um 3 Uhr 4S Minuten nachmittags nach Berlin abgehen. Vorsichtigen Anfragern wurde auch auf dem Stettiner Bahnhof vorher versichert, daß dieser Zug nicht aus- gefallen fei. Als jedoch am Nachmittag ganze Scharen von Aus- flüglern in Fürstenberg eintrafen, nachdem sie eine mehrtägige Osterwanderung hinter sich Hai en, mußten sie zu ihrem Schrecken erfahren, daß der Zug überhaupt nicht verkebre. Diele hun- dert« von Reisenden, darunter aucy ein« Lehrerin m;t einer ganzen Klasse von Schulkindern, mußten bis nach 8 Uhr warten, um dann in einem schon überfüllt ankommenden Zuge verstaut zu werden. Infolgedessen kamen sie erst nach 11 Uhr in Berlin an und tonnten vielfach erst nach Mitternacht ihr« Woh- imngen erreichen. Wenn schon der Fortfall einzelner Züge ein«
Notwendigkeit sein mag, so hätte doch wohl die Eis«nbohndirektion für den Ost erverkehr gerade in der mecklenburgischen Schweiz , die einen Hauptanziehungspunkt für die Berliner Ausflügler bildet, besondere Maßnahmen treffe» können! /tafteckutig öes Griechenmorües. Selbstmord des Talers. Das Kapitalverbrechen, dem der griechische Student Papaix.... .cies im Grunewald zum Opfer siel, ist rasch aufgeklärt worden. Der Täter ist gleichfalls ein Grieche, und zwar ein 25 Jahre alter aus Athen gebürtiger Diemitries Georgatus, der Sohn eines Schuhfabrikanten. Er wurde in einer Pension im Hause Joachimsthaler Straß« 6 festgestellt, entzog sich aber seiner Ver- hastung durch einen Sturz aus dem vierten Stockwerk. Er blieb auf dem Hof tot liegen. Die Kriminalkommissare Dr. Riemann und Dräger hatten fest- gestellt, daß Papademitries, der nur der griechischen Sprache mächtig war und Deutsch erst lernen wollte, ausschließlich mit Landsleuten verkehrt hatte. Der Verdacht fiel bald auf einen von diesen, den Georgatus, der sich seit etwa 1� Iahren in Berlin aufhielt, ohne daß jemand wußte, was er eigentlich trieb. Auch Papademitries kam bald in seine Hände und unter seinem Einfluß. Er vertraute ihm auch, dem scheinbar uneigennützigen Landsmann, zunächst die Verwaltung seines Geldes an. In einer Tasche des Ermordeten fand man nur ein Bankbuch der Commerz- und Privatbank in der Joachimsthaler Straße, das über 181 Dollar und 80 Schweizer Frank und auf den Namen des Georgatus lautete. Am Donnerstag war er mit anderen Griechen im Auto nach dem Restaurant Paulsborn im Grunewald gefahren. Von dort war die Gesellschaft um 7 Uhr wieder weg gefahren. Nach einiger Zeit war Papademitries mit einem der anderen in das Restaurant zurück- gekehrt, und beide hatten im Garten gegessen. Kurz vor 9 Uhr waren sie ausgebrochen. Die Kellner von Paulsborn wurden ver- hört, und es wurden ihnen auch die Griechen gegenübergestellt. Keiner von ihnen wurde als einer der Gäste erkannt, und es blieb nur Georgatus übrig, der in einer Pension in der Joachimsthaler Straße 6 wohnte. Die Kommissare Dr. Riemann und Dräger be- gaben sich mit dem Gerichtsarzt Prof Dr. Strauch nach dm Pen- stonat. um den Verdächtigen zu verhören und unter Umständen gleich abzuführen. Der Gerichtsarzt erklärte ihn auch für transportfähig: man beschloß aber, ihn bis heute morgen unter Bewachung von Kriminalbeamten noch in der Wohnung zu lassen, um ihn dann heut« als Polizeigefangenen nach dem Krankenhause zu bringen. Obwohl er leugnete«, bestand an seiner Täterickaft kein Zweifel mehr. Einen Augenblick des Auswechselns der Wache be- nutzt« der Verhaftete, um sich einzuschließen und sodann aus dem Fenster auf den Hof zu springen, wo er zerschmettert tot liegen blieb und nach dem Schauhause gebracht wurde. Es wird vermutet, daß Georgatus auch noch anderes auf dem Kerbholz hatte. Er scheint ausschließlich von Ausbeutung seiner Landsleute gelebt zu haben Das Ttelldichein der Krummbeinigen. Die Krummbeinigen hatten sich am 1. und 2. Osterseiertage eu. Stelldichein gegeben, denn in der Brauerei König st adt waren 215 Teckel zu sehen. Sie waren gekommen aus New Port, Schweden , aus den besetzten Gebieten in Rheinland und Westfalen , Oberschlesien , Westpreußen und Ostpreußen , Mecklenburg , dem Harz , Pommern , sowie Berlin und Umgegend. Di« Zwinger , in die man die kleinen Kläffer gesperrt hatte, waren grün bekränzt, denn erstens ist der Teckel ein Jagdhund und zweitens war Ostern. Der Farbe nach überwog bei den Hunden das Rot, denn 69 Rote waren vor- hande» und bei der menschlichen Kleidung das Grün, denn so viel Förster sieht man sonst selten in Berlin . Die Teckelzucht nimmt zu. Ohne Zweifel wissen die kleinen Krummbeiner ja auch für sich zu werben, ganz gleich, ob sie nun verärgert sind oder den Drolligen spielen. Man weiß aber auch Preise für sie zu fordern und 200 000 bis 300 000 Mark wurden für ein Tier gezahlt. Unter den Aus- gestellten waren sogenannte Kanonen. Z. B. Rex v. Falkenhorst, der sich trotz der kritischen Blicke der Richter neun Preise holte. Und Kobold v. d. Harlyburg erschien inmitten seiner Nachzucht sogar außer Konkurrenz, weij er 1921 in Amsterdam die goldene Medaille bekommen hat. Botho v. Erdasheim jedoch ist der kleinste Lang- Haarteckelrüde. Bislang bekam er schon vier 1. Preise. Zu Hause hört der kleine, muntere Kerl zwar auf den einfacheren Namen Peter. So ist das auch für gewöhnlich. Denn die wohlklingenden Katalogbezeichnungen sind nur die Künstlernamen der Waldmönner, Minkas usw._
�ine sonderbare �EinlaSung�. Di« KPD. veranstaltet am Mittwoch eine Versammlung, die sie als eine Fortsetzung der Versammlung vom 28. März in der„Königs- dank" betrachtet und zu deren Besuch sie die Sozialdemokratische Par- tei auffordert. Die Einladung enthält den vielversprechenden Satz: „Sozialdemokratische Führer haben am 28. Mörz di« Kommunisten mit dem Polizeisäbel niederhauen lassen". Die wirklichen Vorgänge sind unseren Lesern hinreichend bekannt, um ihnen ein eigenes Urteil über dies« Verlogenheit der kommunistischen Kampfesweise zu gestatten. Es ist auch beinahe überflüssig zu sagen, daß die Sozial- demokratische Partei nicht daran denkt, der kommunistischen Einladung nachzukommen. Sie betrachtet es vielmehr als ein Gebot der Selbstachtung, daß sich Parteigenossen von dem neuen Un- ternehmen der kommunistischen Prügelheiden fernhalten.
Schwerer Automobilunfall in Hoppegarten . Während eine Zeitlang über Autounfälle verhältnismäßig wem» zu melden war, mehren sich jetzt die schweren Unfälle in ganz aus- fälliger Weise. Ein derartiger Dorfall hat sich am Abend des ersten Feiertags in Hoppegarten zugetragen. Vor dem herannahenden Auto- mobil des Kunsthändlers Leo Blumenreich , Mitinhabers der Kunst- Handlung Paul Cassierer, wollte«in zwanzigjähriges junges Mädchen die Straß« überqueren. Da es aber zögerte und hin und her lief, oerwirrt« es auch den Chauffeur, der, um das Mädchen nicht überzufahren, die Bremsen so scharf anzog, daß sich der Wagen überschlug. dabei das junge Mädchen unter sich begrub und es tötete. Der Chauffeur Klos«, übrigens ein erfahrener und umsichtiger Mann, er- litt einen Schädelbruch und verstarb gleichfalls in kurzer Zeit. Schwer verletzt wurde die Schwiegertochter des Herrn Blumenreich, Frau Dchrmann, die einen Kieserbruch und einen Bruch des Unterarms erlitt. Frau Blumenreich trug innere Verletzungen davon. Herr Blumenreich brach infolge eines schweren Nervenchocks zusammen. Der Chauffeur Klose hinterläßt eine Frau mit zwei Kindern. ver Stiefmntlermord in der Slopstockstraße beschäftigte die Kriminalpolizei an den Feiertagen. Trotz eifrigsten Nachforschungen sind d i« beiden Stiefsöhne der Ermordeten bisher noch nicht aufgefunden worden. Es wird damit gerechnet, daß sie sich noch in Berlin aufhalten. Wer über si« Mitteilungen machen kann, wird gebeten, sich bei den Kriminalkommissaren Galzow und Nünger zu melden. BezirkS-BildungsauSschuh. Wissenlchastliche Vorträge in der Urania . Taubenstr. 49. Mittwoch, den 4. April. 5';, Uhr:„Vom Sochfirn zur Iunakran'. Montag, den 9. April, öh, Uhr:»Von Kopenhagen nach Stockbolm*. Karten im Theater erhältlich.
Weltesperantolagung ln Nürnberg . Zu der in der Zeit vom 2. bis 8. Altgust in Nürnberg stat findende» Weltesperantotaqung haben sich bis jetzt über 2500 Teilnehmer aus 35 verfchie- denen Ländern angemeldet. Eine Reihe von Regierungen und internationalen Körperschaften haben die Entsendung von Vertretern in Aussicht ges'ellt. Während de» Kongresses wird Lessings Nathan der Weise und ein Singspiel von Mozart in Esperanto- Übertragung von Berussschauspielern aufgeführt werden.