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Nr. 155 40. �ahrgtMg
Seilage öes Vorwärts
Mittwoch, 4. 7*pr!l 1023
Die Werte auf öer Straße. Was gesammelt, gefmtden und verkauft wird.
Was ist heute nicht alles Geld. Dinge, die man in früheren I Jahren achtlos fortrvarf, werden in dieser schweren Zeit sorgsam' gesammelt und nach Dollarstand oerkaust. Mögen diese Dinge nun! in Kleidern, Knochen, Lumpen, Alteisen und zerbeultem Emaille- geschirr oder zerknülltem Papier bestehen, für alles gibt es Geld. Eine ganze Zeitlang wurde Papier alt sowie neu stark gekauft. Doch im Augenblick scheinen die Metalle vorherrschend zu sein. Während der Ferienzeit der Schulkinder sah man in den Straßen Berlins   fast gar kein Papier mehr umherliegen. Ja, es schien, als ob die Schul- jugend die Straßenfeger mit Gewalt erwerbslos machen wollt«. Denn niemand anderes war es als die Schuljugend, die Berlin   vom weg- geworfenen Papier säuberte. Es ist ganz interesiont, zu erfahren, wie dies« Jungen und Mädels sammeln, um zuweilen etwas für die teure Lebenshaltung im Elternhause beizutragen. Hören wir einmot einen Jungen an, der etwas(nur etwas, denn alle Geschäfts- geheimnisse verrät er nicht) aus feiner.Praxis" ausplaudert: vee kleine Sammler. Zunächst meinte er, muß man sich einen ordentlichen Sack an- schassen, der dazu da ist, Papier, Lumpen usw. aufzunehmen. Dann kann die Reif« losgehen. Ausgangspunkt: Neukölln. Don hier geht er nach Treptow   und sucht alle Straßen ab. Nun kommt es vor, daß muh andere Kinder gesammelt haben und dann bleibt natürlich für ihn nichts mehr übrig. Ist Treptow   abgegrast, so geht die Reis« zum Schlesischen Dahnhos, wo die Wartesäle als Fundorte dienen. Weiter geht es zum Bahnhof Zannowihbrücke. um daraus das Zentrum der Stadt, wo die Beute oft sehr reichlich ausfällt, abzu- suchen. Beim Sammeln oerrinnt die Zeit zu schnell, und so muß man dtnm bald den Heimweg antreten. Doch auch hierbei sam- melt man noch so gut es geht, denn der Kottbussr Damm ist, wie er meint, auch nicht so.ohne", d. h. mit anderen Worten: dort liegt auch noch Papier. Die folgenden Wort« des Knaben zegicn, wie es unserem notleidenden Alter geht:»In wüllkästen suchen wir nicht mehr," meint er,.das besorgen schon die alten Leute." Ist der Tag verstrichen und der Sack einigermaßen gefüllt, dann wird die Sammlung beim Produktenhändler verkauft. Der Sammler hat sein Tagewerk vollbracht. Einen Wunsch äußert noch der Kleine: Er möchte gar zu gerne die Papierkörbe der Redaktion des.Bor- wärt.»" ausleeren. Soweit der kleine Praktiker. Während der Ferienzeit laufen die Kinder den ganzen Tag auf der Straße um- her. Diele legen das erworbene Geld in Näschereien an, andere wieder für einen Kinobesuch, ein Teil macht damit den Eltern eine Freude. Hier liegt nun die b e d e n k l i ch e S e i t e. Die Möglich- keit. ohne allzu große Schwierigkeiten Geld auf der Straße sammeln zu können, führt zu einer die Erziehungsmaßnahmen beeinflussenden ungesunden Ausbildung des Erwerbssinnes. Das wird nicht immer, ober zuweilen den Charakter der Kinder in höchst ungünstiger Weife beeinfluffen, so daß es Pflicht der Eltern und Erzieher ist, diese wilde Sammlertätigkeit eiyer strengen Kontrolle zu unterziehen. öeim Händler. Wie schon eingangs erwähnt, beherrschen die Metalle den ge- samten Produktenmorkt. Geradezu scuchcnhast sind in lehker Zeil die Preduktengeschäste emporgeschossen. Fast in jedem Haus be- finden sich heute Mctallankaufsstellen. Ueberall werden.die höchsten preise" angekündigt. Dies« Preistafeln, worauf ein Händler den anSeren überbietet, sind es, die viele zum Stehlen von Altmaterial neranlasien, um in den Besitz der angepriesenen Summen zu komm«». Trotzdem eingetragene Firmen keine unreelle Ware kaufen, wird doch den Dieben genug Gelegenheit geboten, ihre Sachen abzu- schieben. Irgendwo sitzen immer Ankäufer, die die sogenannte .trebe Ware" gerne abnehmen. Es drängt sich dabei vor allem die frage auf, warum so vielen höchst unsicheren Kantonisten die andelserlaubnis mit Produkten aller Art erteilt wird. Sieht man sich diese Betriebe etwas näher an, so ist man erstaunt darüber, mit welch einfachen Mitteln sie eingerichtet werden konnten. Ein Beispiel: Irgendwo im Norden Berlins   stehen vor einem hause nicht weniger als fünf Schilder, worauf die Preise für Metalle, Lumpen usw. notiert sind, d. h. es gibt in diesem einen Hause nicht weniger als fünf Händler, die sich gegenseitig überbieten. Will man die große Ankaufsstell« näher kennen lernen, so hat man erst einige Höfe zu passieren, um schließlich in einem tiefgelegenen Keller
LockenkÜZlstlsr.
zu landen. Eine Petroleumlampe verbreitet spärliches Licht und mühsam erkennt man eine Wage. Das ist das A und O des ganzen| Betriebes. Auf die Frage:Was bringen die Leute alles zum Verkaufen heran?" antwortet der Händler mit einem Worte: alles. Alle Hängelampen, Lampenfüße, Stempelhalter. Spiritus- kocher und auch oft Sachen, die noch großen wert besitzen. Ange- reizt durch die hohen Metallpreise, brechen die Leme im Haushalte alles an, was Aehnlichkeit mit Metall besitzt, um es dann zu oer- kaufen. Oft bringt man Pokale mit Inschriften oder sonstige Aus- Zeichnungen, die Metallwert haben. Ja, ein Postbeamter brachte sogar seine Trcunpeie aus Messing, wofür er einige tausend Mark erhielt. Nicht immer verkaufen die Leute chre Sachen aus Rot  . Wenn aber ein altes Mütterchen erscheint und Plätteisen samt Bolzen verkaufen will, dann weiß man, daß hier die Not aufs äußerste gestiegen sein muß. Des weiteren bringen die Leute Zeitungspapier sowie Bücher und Broschüren. Aus diesem Gebiete betätigen sich zumeist die Schulkinder. Sie müsien aber dazu einen Erlaubnisschein der Eltern mitbringen. Sonst wird nichts abge- nommen. Man wird einwenden, daß die Kinder sich diese Scheine selber ausschreiben können. Diese Einwendung ist auch berechtigt. Dann wird ein vorübergehender Fremder ersucht, einen solchen Schein auszuschreiben. Es sei festgestellt, daß es Leute gibt, die diese Bitte erfüllen und die somit dem unreellen Treiben der Kinder noch Vorschub leisten. vie Metall-, Papier  - unö Lumpenverrvertung. hat der Händler eine größere Menge Metall aufgekauft, so nimm» er die Sortierung vor und schickt dann dos sorllerle Metall zum Grossisten, der es ebenfalls noch einmal sortiert, um es dann zur Gießerei zu schicken. Da die verschiedenen Sorten von Kupfer eine andere Farbe besitzen und diese beim Einschmelzen hervortritt, nimmt auch noch die Gießerei eine sachgemäße Sortierung vor. Das- selbe ist der Fall bei anderen Metallen wie Messing, Blei oder Zink. Rur   daß diese in mehr oder weniger Sorten eingeteilt werden. Eisen erfährt die gleichen Behandlungen. Beim Papier unterscheidet der Händler verschiedene Sorten. Da ist zuerst das ordinäre Papier oder wie es im Volksmunde heißt, dieSlampe". Als zweite Corte  kommen die neuen Zeitungen in Frage. Diese nennt manOriginal". Bücher, Broschüren und Zeitschriften stellen ein Sonderpro- d u k t dar und werden alsDruck" bezeichnet. Das Papierkorb- papier muß extra sortiert werden, weil hier alle Sorten vorhanden sind. Vom Großhändler gelangt das Papier direkr zur Fabrik, wo das ordinäre Material durch Reinigen zur Neuverarbeitung vorbe- reitet wird. Bon den Papierfabriten bevorzugt wird das neue Zeitungspapier. Hier fallen alle Vorarbeiten fort, denn das Bündel braucht nur entschnürt zu werden und die Neuverarbeitung kann beginnen. DerDruck" wird entdeckelt und entnadelt, macht aber im übrigen nach der Sortierung das übstche Verfahren durch. Lumpen weisen die meisten Sorten aus. Allein Kammgarn teilt man in-lO bis 45 verschiedene Arten ein. Der Produttcnhändler sortiert die Lumpen und schickt sie dann zum Grossisten, der ober- mals«ine Sortierung vornimmt, ehe er diese zur Tuchfabrik schickt. » Der Dollar regiert den Produktemnarkt. Ist der Dollar hoch im Kurs, so werden hohe Preise gezahlt. Don jeder noch so kleinen Dollarschwankung ist der Produktenhändler unterrichtet, häufiger Gast im Altmetollhandel ist die Kriminalpolizei. Ei« prüft die Bücher und oergleicht da» Materiol, um zu sehen, ob hier oder da vielleicht gestohlene» Gut vorhanden ist. Bei eingetragenen Firmen achtet man bei Ankäufen streng auf die Legimtimation des Der- käufer», aber trotzdem sind Strafen unvermeidlich.
Es gibt doch noch Idealismus und Bcrussfreud« in der Welt! Die Berliner   Friseurgehilfen haben im ganzen Jahre drei freie Tag«, die zweiten Tage der hohen Festtage. Davon opferten die Damenfriseurgehilfen(Verein der 84er) den Ostermontag zu einem Wettbewerb in ihrer Kunst, an dem sich auch fünf Gehilfen aus Wien  und frühere, jetzt in Leipzig  , der Tschechoslowakei   usw. selbständige Mitglieder des Vereins beteiligten. Mit dem Preis- und Schau- frisieren in denKommersälen" war eine sehr reichhaltige Aus- stellung Berliner   und auswärtiger Firmen der Branche verbunden, in der alle erdenklichen Parfümerien, Haarfärbemittel, Toilette- artikel, kurzum all dessen, was zur haar- und Nagclpfleg«, wie zur Schönheitspflege überhaupt gehört, zu sehen waren. Um SX Uhr wurde das Zeichen zum Beginn de» Frisieren» ge- geben, an dem sich'LS Wettbewerber, worunter nur eine einzige Friseurin, beteiligten. An zwei langen Tafeln mit Doppelspiegeln saßen die vorher ausgelosten Modelle in weißen Mänteln mit auf- gelöstem haar, nur blondem haar in den verschiedensten Nuancen. die zur Vorbereitung bereits geschminkt waren. Die Musik setzte ein und mit ihr' das Klappern der Onduliereisen, das sie kaum über- tönen konnte. Unter den flinken, wohlgeübten Händen entstanden in der festgesetzten Zeit die duftigsten, anmutigsten Damenhaargebilde als Abendfrisuren für Theater und Gesellschaft. Uebung, Gewandt- heit und Geschmack oereinigten sich hier zu einem hohen Können. Es ist etwas ganz Eigenartiges um die Kunst des Dainenfrisierssts, die die anerkannt tüchtigsten Kräfte des Faches hiermit an den Tag vielmehr den Abend legten. Di« Arbeit ist für einen ein- zigen frohen Abend geschaffen und mst dem Traum ihrer Tröge- rinnen Ist sie dahin, verwelkt. Und doch macht dieses Schaffen dem Arbeitenden Freude, da er sein Können zu einem ganzen Wcrke nützen kann, das die Krone der Schöpfung krönt. Doch die Kunst geht hier um ein karges ZRot. Nach dem letzten Tarifabschluß am 8. März betrug der Wochenlohn eines Berliner   Damenfriseurs 23 00Y M., der einer Friseuse 22 500 M. Die Frauen und Töchter der Arbeiter und Angestellten, die ein« gute Frisur(wenigstens bei festlichen Gelegenheiten) auch zu schätzen wissen, können sich meist die Ausgab« dafür heut« nicht mehr leisten. Sie haben andere Sorgen und müssen sich aizch zu ihren seltenen Vergnügungen selber kämmen. Und doch haben sie einen Anspruch darauf, sich gelegentlich einmal mit ihrem schönsten natürlichen Schmuck zu verschönern. Trotzdem so vieles andere zu wünschen übrig ist, wäre dennoch«ine größer« Volkstümlichkeit der Damen  - frisierkunst erwünscht.
Max-Tylh'Schule. Ter Magistrat hat Mchlosien, der Städtischen Maschincnboiliaiule(Berlin   dl 65, Am Zeppelin-Platz, im Gebäude der Beutb-Schule) den Namen.Max-Eyth  . Schule" beizu- legen, zur Erinnerung an Max Eyth  . den hervorragenden Ingenieur, der weilen Kieisen al« Dichter und humorvoller Schriftsteller be- kannt geword« ist. Da, Berliner   Notgeld bleibt bi» auf weitere» lm verkehr. Der Magistrat teilt mit: DaS Großnotgeld bei Stadt Berlin  ble bt bis auf weiteres im Verkehr, der Zeitpunkt der Wiederein- ziehung wird später bekanntgegeben.
vie Linaazierung öer Noröfüübahn-ReMrecke. Beihilfe de, Reichs aus dem Erwerbslosensonds. Der Aufsichtsrat der Nordsüdbahn-Eesellschaft sowie besonder« Ausschüsse des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung werden sich in der nächsten Zeit mit der Frag« der F i n a n z i«- rung der Nordsüdbahn-Reststrecke zu beschäftigen haben. Di« Fertigstellung der im Bau befindlichen Strecke Hallesches Tor Kcpser-Friedrich-Platz, sowie die Weitersührung der Bahn bis zum Hermannplatz wird noch sehr erheblich« Geldmittel er- fordern, desgleichen die Wiederherstellung der Weiden- dammer Brück«, der Straßenpflasterung usw. Voraussichtlich wird das Reich mehrere Milliarden aus dem Erwerbs- losenfonds zur Verfügung stellen, damit bei der zunehmenden Arbeitslosigkeit Erwerbslose bei dem Nordsüdbahnbau Beschäftigung finden können Die genannten Instanzen werden sich auch mit der Frage zu beschäftigen haben, wie die Mittel zu einer notwendigen Ergänzung des Wagenparks aufgebracht werden können, da die Hoch- bahn keine weiteren Waggons mehr abgeben kann und bei Weiter» führung der Nordsüdbahn bis Neukölln der jetzig« Wagenpart unbe- dingt verdoppelt werden muß. Man hat sich nunmehr für einen jetzt auch in London   eingeführten Wagentyp entschlossen, der an jeder Seite der breiteren und längeren Wagen drei zweiflügelig« Schiebetüren und im Innern nur Längssitz« aufweist. Di« Ueber- gangstreppe am Untergrundbahnhof Leipziger Straße   wird jetzt mit Rücksicht auf den starken Verkehr um einen halben Meter verbreitert.
tZwchdnick»erboten. Der Malik-Berlaz. Berlin  .)____. . Drei Soldaken. 7(5i Bon John dos Passos  . Vue dem«merilanischili Ranustript llberfedt von Julian SumPir» Draußen vor dem Hotel Crillon waren viele Limousinen, grau lackiert mit weiß gemalten Zahlen auf den Türen. Die Führer standen in Gruppen unter dem Portal. Andrews passierte die Wache und ging hinein. Auf der einen Seite führte eine Tür in ein großes Eßzimmer, wo viele Frauen und Männer Teetranken und aus dem der Geruch von Backwerk strömte. Auf dem roten Teppich vor ihnen standen Offiziere und Zivilisten, die leise miteinander sprachen. Sporen und Geschirr klirrten aus dem Restaurant, und auch in Andrews Nähe. In einem Ledersiuhl faß   ein fetter Mann mit einem schwarzen Velourhut über den Augen und einer großen Uhr- kette, die gespannt über seinem voluminösen Bauch hing. Gelegentlich räusperte er sich und spuckte in den Spucknapf neben sich. Endlich erblickte Andrews Aubrey, der mit feinen weißen Backen und seiner großen, runden Hornbrille wie eizse abge- waschen« Porzellanpuppe aussah. .Kommen Sie mit." sagte er und preßte Andrews am Arm.Sie kommen spät!" Dann fuhr er fort und sprach flüsternd in Andrews Ohr beim Hinausgehen durch die Tür:.Große Dinge sind heute auf der Konferenz vor sich gegangen, kann ich Ihnen nur sagen!" Sie überschritten die Brücke. Bei der Deputiertenkammer, den Fluß hinunter, konnte man undeutlich den Eiffelturm sehen, der wie ein Stück Spinnengewebe, zwischen die Stadt und die Wolken gehängt, von dünnem Nebel umflossen war. .Müssen wir wirklich zu diesen Leuten gehen, Aubrey?" Ja, Sie können nicht mehr zurück. G�neviöve Rod will etwas von Ihnen über amerikanische Musik hören." .Aber was in aller Welt kann ich ihr von amerikanischer Musik erzählen?" Wenn Sie wollen, brauchen Sie auch gar nichts zu sagen." Sie gingen eine Trepp« mit braunen Teppichen hinauf. Oben angelangt, klingelte Aubrey. Nach einem Augenblick Ssfuete ein Mädchen. Sie hatte eine Zigarette in der Hand. l
ihr Gesicht war bleich unter einer Masse rötlich-braunen Haares, ihre Augen sehr groß und hellbraun, so groß wie die Augen der Frauen auf den Gemälden von Artemisius und Bereniki. Sie trug ein einfaches schwarzes Kleid. Endlich," sagte sie und streckte Aubrey die Hand ent- gegen. .Hier ist mein Frund Andrews." Sie hielt ihm abwesend die Hand entgegen und schaute immer noch hinüber zu Aubrey. Spricht er französisch?" Gut." Hierher bitte." Sie gingen in ein großes Zimmer, in dem ein Piano stand und wo eine ältliche Frau mit grauem Haar, gelben Zähnen und denselben großen Augen wie ihre Tochter vor dem Kamin stand. Mama, endlich kommen die Herren." .G6neviöve hatte Angst, Sie würden nicht kommen," sagte Madame Rod zu Andrews lächelnd.Monsieur Aubrey hat uns so viel von Ihrem Spiel vorgeschwärmt, daß wir den Tag über ganz aufgeregt waren... Wir verehren die Musik." Ich wünschte, ich könnte etwas mehr tun, als nur die Musik verehren," sagte Gönevteve Rod hastig. Dann fuhr sie mit einem kurzeln Lächeln fort:Aber ich vergaß, Mon» siem- Andrews Monsieur Ronsard." Sie machte mit ihrer Hand eine Geste von Andrews zu dem jungen Franzosen, der sich mit seinem Cutaway und seiner sehr engen Weste zu Andrews hinüber verbeugte. Jetzt wollen wir ein wenig Tee trinken," sagte G6ne» oiöve Rod.Man kann nur richtig miteinander sprechen, wenn man Tee getrunken hat. Rur nach dem Tee ist man amüsant." Sie zog einige Gardinen zurück, die die Tür in das nebenan liegende Zimmer verbargen. Ich verstehe, warum Sarah Bernhard Gardinen so liebt," sagte sie.Sie verleihen dem Dasein etwas Dramati» sches... Es gibt nichts Herrlicheres als Gardinen." Sie saß am Kopsende eines Eichentisches, wo Porzellan- geschirr mit buntem Gebäck, ein alter Kessel, unter dem Spin- ws brannte, eins Meißner Kanne und Tassen und Teller in schöner Anordnung standen. Die alte Frau, die neben ihr saß, flüsterte ihr etwas zu und lachte. G4nevidve sah aus, als ob sie eine Hornbrille auf habe; sie begann, Tee einzugießen.
Debussy   hat einmal aus dieser Tasse getrunken... Sie hat einen Sprung," sagte sie und gab sie John Andrews. .Kennen Sie Mussorgsky, und können Sie etwas van ihm uns nachher spielen?" Ich kann überhaupt nichts mehr spielen... Vielleicht nach drei Monaten wieder." O, niemand erwartet von Ihnen etwas Vollkommenes. Sie sollen uns nur ein wenig unterhalten, das ist alles, was ich will." Andrews schlürfte seinen Tee langsam, sah dann und wann zu G6nevteve hinüber, die plötzlich sehr geschäftig mit Ronsard zu sprechen begonnen hatte. Sie hielt eine Zigarette zwischen den Fingern ihrer langen, dünnen Hand. Ihre großen, hellbraunen Augen waren erstaunt, als ob sie heute zum erstenmal in die Welt hinausschauten. Ein Lächeln er- schien und verschwand maliziös wieder auf der Rundung ihrer Wange in ihren kleinen, festen Lippen. Die ältere Frau neben ihr sah beständig ihre Gäste mit einem komischen Aus- druck von Gastfreundlichkeit an und lächelte verbindlich, so daß man ihre gelben Zähne sehen konnte. Nachher gingen sie wieder hinüber in das andere Zimmer, und Andrews fetzte sich an das Klavier. Das Mädchen saß sehr gerade in einem kleinen Sessel neben dem Klavier. An- drews ließ seine Finger übe? die Tosten gleiten. Sie sagten, Sie kennen Debussy  ?" Ich? Nein. Aber er pflegte meinen Bater zu besuchen, als ich noch ein kleines Mädchen war. Ich bin inmitten von Musik aufgewachsen... Es ist sehr dumm, eine Frau zu sein. Ich bin nicht musikalisch. Natürlich habe ich ein Gefühl für die Musik, wie auch die Tische und Stühle in diesem Hause es nach der vielen Musik haben, die sie gehört haben." Haben Sie je La Tentation de Saint Antoine gelesen?" fragte Andrews leise. Von Flaubert?" Ja." Es ist nicht seine beste Arbeit, aber immerhin ein sehr interessanter, wenn auch mißglückter Versuch," sagte sie. Andrews stand vom Klavier auf, plötzlich sehr irritiert. Man scheint hier alle Leute zu lehren, das zu sagen," mur- melte er. Er bemerkte plötzlich, daß auch noch andere Menschen im Zimmer waren und ging zu Madame Rod hinüber.Sie müsien mich entschuldigen," sagte er.Ich habe noch eine Ber- abredung." _ v._(Fortsetzung folgt.)