Nr.159 40.Jahrgang Ausgabe A nr. 79
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Freitag, den 6. April 1923
Nach dem Mord der Hohn!
Düsseldorf , 5. April. ( WTB.) Der Stellvertretende Darmstadt, 5. April. ( WTB.) Man rechnet mit MaffenRegierungspräfident in Düsseldorf , Oberregierungsrat Cutterbed, hat ausweisungen von Eisenbahnern, da heute früh an den General Denvignes folgendes Schreiben gerichtet: 10 Uhr die von den Franzosen gestellte Frist zur Räumung der Am 2. April hat der Herr Oberbürgermeister der Stadt Essen Dienstwohnungen abgelaufen ist. bei dem General Jacquesmot in schärffter Weise gegen die Bluttat am Sarsamstag protestiert und Maßnahmen gefordert, die ähnlichen| Mißbrauch der bewaffneten Macht ausschließen. Darauf schrieb der General am 4. April:„ Die ganze Verantwortung fällt auf die Direkforen der Kruppwerte. Die Santtionen, die Sie fordern, find ichon im Gange, da eine beffimmte Zahl dieser Direktoren verhaftet worden ist.“
Angesichts der Ungeheuerlichkeit der Bluttat, an gefichts der 13 Toten und der übrigen Opfer, unter denen noch heute verschiedene mit dem Tode ringen, angesichts der Entrüstung der ganzen Welt über dieses Ereignis muß die Antwort des Generals
als ein
Hohn und ein Schlag ins Gesicht
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Kompromiß oder Endlösung?
Die englisch - französischen Verständigungspläne. Die Mitteilungen des Londoner „ Daily Telegraph " über englisch - französische Pläne zur Lösung der Ruhrkrise finden um so mehr Beachtung, als die Geneigtheit besteht, sie mit der Zusammenkunft Loucheurs mit Lloyd George in Verbindung zu bringen. Man sieht in diesen Plänen auf alle Fälle Ludwigshafen , 5. April. ( Rb.) Nachdem die franzö- den Versuch, für eine Wiederherstellung der englisch - französifische Aufforderung an die pfälzischen Eisenbahner, unter franzö- fchen Entente eine fachliche Grundlage zu finden. So lebhaft fischem Oberbefehl zu arbeiten, erfolglos geblieben ist, scheint die es nun auch in Deutschland begrüßt werden würde, wenn franzöfifche Bejahungsbehörde nun durch weisungen auf die Beamten einen weiteren Drud ausüben zu wohlgemeinten Rat ruhig überlegender Freunde nicht mehr Massenaus- Frankreich auf sein isoliertes Borgehen verzichtete und sich dem wollen. Heute sind aus der Pfalz etwa 60 Beamte aus- verfchlösse, so wäre es doch im höchsten Grade bedauerlich, gewiesen worden. Die Franzosen find auch dazu übergegangen, wenn man die Wiederherstellung der englisch - französischen Berdie Ausweisungen ohne besondere Form durchzuführen. Die Aus- ständigung mit der Wiederholung alter Fehler beginnen gewiesenen erhalten keinen schriftlich begründeten Befehl mehr, wollte. Bisher ist es noch immer so gewesen, daß sich die fondern lediglich die Mitteilung, daß sie ausgewiesen werden, weil Ententestaaten miteinander verzantten und wieder vertrugen fie Eisenbahner seien. Die Ausweisung erstreckt sich auf alle und daß sie dann das Ergebnis der in ihrem Kreise erzielten Familienangehörige Berständigung einem ungefragten Dritten, Deutschland , auf nötigen wollten. Die Folge war immer noch: Unmöglichkeit, die verhängten Diktate durchzuführen und neuer Streit. Eine Berständigung zwischen England und Frankreich , die wirklich fruchtbar werden soll, muß bei der Methode beginnen. Die Lösung kann nicht gebracht werden durch Vereinbarungen über Deutschland , sondern nur durch Vereinbarungen mit Deutschland . Die Vertreter des deutschen Boltes dürfen nicht erst vorgeführt werden, um das Urteil zu hören, sondern müssen als gleichberechtigte Teilnehmer zu den Verhardlungen hinzugezogen werden.
Zur Verhaftung Dr. Zechlins.
Wir erhalten folgende Zuschrift:
empfunden werden. Ich bin sicher, Herr General, wenn Sie, wie es gestern ein von mir beauftragter Bertreter getan hat, das Brankenhaus in Essen besuchten und dort mit eigenen Augen die Qualen der Verwundeten sehen würden, daß Sie dann die AeußeIch habe soeben die in Düsseldorf erfolgte Ber haftung des rung, die Herr General Jacquesmot getan hat, als eine Aeußerung Dr. 3 echlin, Bertreters der Presseabteilung des Auswärtigen von nicht zu übertreffender Unmenschlichkeit bezeichnen würden. Wie Amtes, erfahren. ich flammenden Protest erhoben habe gegen das frivole Spiel mit Menschenleben, das seitens der französischen Truppenabteilung getrieben worden ist, so erhebe ich schärfste Anklage gegen diese uner
hörte
Berhöhnung der Gefühle einer leidenden Bevölkerung. Soll man also wirklich aus den Worten des Generals Jacquesmot entnehmen, daß er die Bluttat für gut und recht befindet und den Führer der Abteilung, welcher die Feuereröffnung gegen die wehrlosen Menschenmassen befohlen hat, von jeder Berantwortung freisprechen will? Mag der General so denten, so durfte nie und nimmermehr eine solche Aeußerung lauf von ihm getan
werden.
Bon Ihnen, Herr General, erwarte ich, daß Sie den Befehlshaber veranlassen, Maßnahmen zu treffen, diefem frivolen Ton, wie er in dem Schreiben vom 4. April beliebt wird, ein für alle malein Ende zu machen. Hat denn wirklich der örtliche Befehlshaber in Effen feinen Sinn für die Gefühle einer bis aufs Blut gepeinigten Bevölkerung?
Während meines langen Aufenthaltes im Ruhrgebiet als Berichterstatter des Madrider Tageblattes El Imparcial" habe ich sehr oft die Gelegenheit gehabt, die geist volle und höchst intelligente Tätigkeit des Dr. Zechlin zu bewundern. In seinen Beziehungen zu den ausländischen Journalisten zeigte er immer eine große Unparteilichteit. Manchmal, nachdem er mir einige Auskünfte über die Lage im Ruhrgebiet gegeben hatte, fügte er hinzu:„ Aber wollen Sie nicht einmal mit den Vertretern der französischen Regierung sprechen? Audiatur et altera pars!" Oder: Heute, um 7 Uhr abends, wird Monfieur X. im Kaiserhof- hotel den Standpunkt der französischen Regierung verteidigen. Berfehlen Sie nicht, dieser Besprechung beizuwohnen.
Ich kann behaupten, daß Dr. Zechlin alles getan hat, um uns unsere Arbeit zu erleichtern, und in der Verwirrung, die im Ruhrgebiet herrscht, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Sollte er eben aus diesem Grunde verhaftet sein?
Jedenfalls ist diese Verhaftung ein Gewaltatt, der den Füh rern der französischen Politit feine neuen Lorbeeren bringen wird, und den die ausländische Presse lebhaft bedauern muß. Mit folchen Methoden wird Herr Boincaré wohl wenig Beifall in der öffentlichen Meinung der Welt finden.
M. Tassin, Berichterstatter des„ El Imparcial" von Madrid .
Die neuen Sanktionen.
Aber auch dann wird es im Rechenerempel der Repara tionen noch immer eine Unbekannte geben, die nicht errechnet werden kann. Die Möglichkeit, Reparationszahlungen auf dem Wege des Kredits flüssig zu machen, läßt sich nicht ermitteln ohne die Beteiligung Ameritas. Reparationsverpflichtungen werden erst dann ungestört erfüllt werden, wenn dem deutschen Volk die Ueberzeugung, man fordere Unmögliches von ihm, genommen ist, und wenn die großen Geldverleiher der Welt, d. h. vor allem die Amerikaner, ein solides Geschäft vor sich sehen und nicht, wie bisher, ein Gemisch von diplomatischen Kompromissen und gewaltpolitischen Experimenten wider die wirtschaftliche Vernunft.
Nur also durch Beteiligung Deutschlands und Amerikas an den Reparationsverhandlungen fann ein haltbares Resultat erzielt werden, und erst wenn diese Beteiligung gesichert ist, tönnte man logischerweise dazu übergehen, die Summe feftEndlich bitte ich Sie, Herr General, dringend dafür Sorge zu zusetzen, die Deutschland bezahlen soll. Die 50 Milliarden Goldtragen, daß die Verhandlungen gegen die Direktoren, auf deren foformark, die der„ Daily Telegraph " nennt, sind nach französischen figer Freilassung ich nach wie vor bestehe, unter feinen Umund englischen Bedürfnissen berechnet, nicht aber nach der deutffänden vor der Beerdigung der Opfer stattfinden. Die Bolksschen Leistungsfähigkeit. Die Arbeit muß aber damit beginnen, masse ist in einer Weise erregt, daß sie eine gegen ihr eigenes Empfinden gerichtete Stellungnahme des französischen Kriegsgerichts nicht die deutsche Leistungsfähigkeit festzustellen, und da bezweifeln wir entschieden, daß man dann auf einen Betrag kommen stillschweigend hinnehmen fönnte. Es liegt also im eigenen 3nteresse der Besatzung, alles zu vermeiden, was vor der BeDie französische und belgische Besajung im Rheinlande und im wird, der die gewünschte Summe auch nur annähernd erreicht. erdigung der allgemeinen Entrüftung neue Nahrung zuführen könnte. Ruhrgebiet ist dazu übergegangen, die Durchsetzung von Re- Mit der Aufstellung unmöglicher Forderungen wird aber nichts parationsfachleistungen und Restitutionen selbst in anderes erzielt, als daß selbst die Erfüllung möglicher beDie Schußverlegungen der Effener Opfer. die Hand zu nehmen. Zu diesem Zwecke sind von der Rhein. hindert und der Zustand der ewigen Unruhe, der ein wirts landfommission und dem militärischen Oberbefehlshaber be. fchaftliches Gedeihen nicht auffommen läßt, erhalten bleibt. Bon dem Chefarzt des Kruppschen Kranten - fondere Berordnungen erlassen worden. Darin werden beschlagnahmt: Rönnen die finanziellen Bedingungen des angeblichen hauses, der zurzeit zum Chirurgentongreß in Berlin weilt, er= 1. Waren und Erzeugnisse aller Art, die den Gegenstand von englisch - französischen Plans auf Grund des Vertrages von fahren wir noch folgendes über die Schußverlegungen: Bon den 28 Schußverletzten sind 11 der Verlegung erlegen. Bon Bestellungen der alliierten Regierungen oder alliierter Staats. Bersailles Deutschland einseitig auferlegt werden, so steht es den übrigen 17 Schußverletzten weisen nur 2 Unterschenkelschüsse auf, angehöriger bei der deutschen Regierung oder bei deutschen Staats- mit feinen territorialen Bestimmungen ganz ein Beweis, daß die Franzosen mitten in die Menge hinein angehörigen auf Grund der Reparationsvorschriften anders. Das Saarland soll nach dem Friedensvertrag in geschossen haben. Von den 11 Toten weisen 5 einwandfreie bilden. Es handelt sich dabei sowohl um Bestellungen, die von dreizehn Jahren zu Deutschland zurückkehren können, wenn Einschüsse von hinten auf. Diese Feststellung hat auch eine fran- bdeutschen Behörden für Reparationszwecke gemacht worden sind, als feine Bevölkerung in feiner Abstimmung diesen Wunsch äußert. zösische Arztkommission, bestehend aus einem Generalarzt auch um französische und belgische Bestellungen von Reparations. Die Umwandlung des Saarlandes zu einem„ autonomen Staat", der in Wirklichkeit nur ein französisches Anhängsel und 2 Militärärzten, die am Die..stag vormittag im Kruppschen lieferungen im freien Verkehr; Krankenhaus die Leichen untersuchten, getroffen. Die Verwundeten 2. die der deutschen Regierung gehörigen Vorräte an Maschinen, wäre, ist nicht möglich ohne die Aenderung des Vertrages von wurden hingegen von der franzöfifchen Kommission nicht untersucht, Bieh und sonstigen Gegenständen, die für Restitutionszwede Versailles, d h. nicht ohne die Unterzeichnung eines Abände aber auch bei den 17 Schußverletzten wiefen ebenfalls 9 Einschüsse rungsvertrages durch Deutschland . Kann man aber von von hinten auf, so daß von den 28 Schußverlegten 14 von hinten Deutschland im Ernst erwarten, daß es aus freiem Willen getroffen worden sind. auf Selbstbestimmung, das Recht auf selbstgewollte Rückkehr einem Bertrag zustimmen wird, der dem Saarvolt das Recht zum Deutschen Reich nimmt?
bestimmt find. Dabei ist offenbar an die Regierungsläger gedacht, aus denen Lieferungen zur Ablösung der Restitution bewirkt werden; 3. alle Gegenstände, die alliierten Regierungen oder Staatsangehörigen gehören, gleichgültig in weffen Bewahrsam sie sich befinden. Damit wird die Fortführung der Reftitutionen bezweckt.
& öln, 5. April. ( WIB.) Die auf die Zermürbung des Wider die der deutschen Regierung oder einem deutschen Lande gehören, Außerdem ist vorgesehen, daß Gegenstände aller Art, flandes der Eisenbahner gerichteten Majsenverfolgungen nehmen zu, find jedoch erfolglos. Es find neue Ausweisun- für Reparationszwede beschlagnahmt werden können. gen aus Dienstwohnungen und bahneigenen Mietswohnungen erwahrung eingelegt und durch eine am 29. März 1923 erlaffene Die deutsche Regierung hat dagegen bei der Gegenseite folgt. In sechs Orten erhielten sämtliche Inhaber von Berordnung unter Strafandrohung verboten, derartige Lieferungen Dienstwohnungen den Räumungsbefehl. und Leistungen zu bewirken oder Handlungen vorzunehmen.
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Aehnlich, wenn auch ein menig anders, verhält es sich mit der West rheinischen Republif", die politisch, von aber unter Aufsicht des Bölferbundes entmilitarisiert werden Preußen abgetrennt, einen integralen Teil des Reiches bilden, soll. Dieser Plan der„ Entpreußung" ist selbst vom französi bevölkerung, infolge der Oftupation, schärfer gegen FrankBerfchen Standpunkt aus höchst unpraktisch, da die Rheinlandreich eingestellt ist als die Bevölkerung der unbesetzten Gebiete. Ein Freistaat Rheinland im Rahmen des Reiches würde die deutsche Außenpolitik schwerlich in franzosenfreundlichem Sinne beeinflussen. Ganz abgesehen davon hat nach der deutschen Reichsver
Köln , 5. April. ( Mt) In der Hauptwerkstätte KrefeldOppum find Posten in den Werkwohnungen erschienen und haben Münster , 5. April( BIB.) In Bochum haben die Franmitgeteilt, daß sich am heutigen Tage die Beamten und Arbeiter 3ofen heute nachmittag sämtliche Großbanten mili. entscheiden müßten, ob fie belgische Dienste annehmen würden, tärisch besetzt und abgesperrt. Nähere Nachrichten fehlen noch. faffung die Rheinlandbevölkerung in Gemeinschaft mit der andernfalls ihre Wohnungen geräumt werden müssen. Ueber Aus- Paris 5. April. Der„ Temps" teilt mit, die B faßungsbehörden Reichsgesetzgebung selbst darüber zu entscheiden, ob sie weisungen aus Dienstwohnungen und bahneigenen Mietswohnungen werden in Zukunft nicht zuwarten, bis durch Sabotagealte Eisen- preußisch bleiben oder einen Freistaat im Rahmen des Reiches wird aus Aachen , Kapellen, Holzheim, Bonn , Rheinbach , Neuwied , bahnunfälle entstünden und dann höhere Bersönlichkeiten ver- bilden will. Dieses Recht der Selbstbestimmung würde jedenFahr- Irlich und Dendorf gemeldet. In Menzelen, Pfalzdorf, Kleve , haften, sondern sie hätten m jeder Ortschaft schon von vornfalls sehr bald nach der Befreiung des Landes vom Okku Goch, Niederdollendorf und Oberkaffel haben fämtliche Dienst- here in eine Reihe von Persönlichkeiten vorgemerkt, die im pationsdrud lebendig werden, womit noch nicht gesagt ist, daß wohnungsinhaber den Befehl erhalten, ihre Wohnungen zu räumen. Falle von Zugunfällen automatisch verhaftet würden. sich die rheinische Bevölkerung dann wirklich für die Los