Hier war also ein Ausgleich erforderlich, der unter grundsätzlicher Beibehaltung des Schlüssels— eine Stimme für je 3000 Mitglieder— nach oben und nach unten vorge- nommen wurde> Eine obere Grenze ist bereits durch die Maximalziffer 30 gegeben, die sonst England und Deutschland bei weitem überschreiten würden, und auch Belgien , Deutschö st erreich und Dänemark haben auf einen mehr oder minder großen Teil der Stimmen oer- zichtet, die ihnen bei Anwendung des Schlüstels zukommen würden. Dagegen wird die Stimmenstärke Frankreichs und Italiens wesentlich heraufgesetzt, entsprechend der poli- tischen Bedeutung ihrer Parteien im Lande, wie sie nament- lich bei den Wahlen zur Geltung kommt. Ein-e endgültige Fest- setzung des Stimmenrechts für Hamburg wird erst möglich sein, wenn alle Teilnahmemeldungen und sonstigen Angaben vorliegen, und dies wird die Aufgabe des Zehnerkomitees fein, das noch einmal in Hamburg am Vorabend des Kongresses zu- sammentreten wird. Einstweilen hat man sich in Bregenz auf folgende wichtigste Ziffern geeinigt: England und Deutschland je 30, Frankreich , Deutschösterreich und Belgien je 15, Ruß- land(Menschewiki, Sozialrevolutionäre, ferner Georgier und Ukrainer ) insgesamt 14, Dänemark 7. Das alles sind natür- lich nur Vorschläge des Zehnerkomitees, die noch der Sanktionierung durch den Hamburger Kongreß selbst bedürfen. wie überhaupt sowohl die Geschäftsordnung für Hamburg und die Statuten der SÄI. nur Entwürfe' sind, die noch vom Kongreß bestätigt werden müssen. Es ist wohl aber an- zunehmen, daß keine oder nur unwesentliche Aenderungen an ihnen vorgenommen werden, da das Zehnerkomitee schon durch seine paritätische Zusammensetzung eine gerechte, alle Wünsche möglichst berücksichtigende Arbeit gewährte und da alle Entscheidungen im Geiste absoluter Kameradschaftlichkeit getroffen wurden. Eine andere ebenfalls schwierige Detailfrage, die schon in der Vergangenheit Gegenstand unerquicklicher Debatten war, wurde in Bregenz durch eine sehr erfreuliche Entscheidung ausgeschaltet: es handelt sich um die Vertretung und Stimmen- zahl der Unabhängigen Arbeiterpartei Englands(ILP.). Ist diese auch eins wertvolle Triebfeder des Sozialismus in Eng- land, so fällt sie ziffernmäßig gegenüber der großen Labour Party kaum ins Gewicht. Die Vertreter beider Gruppen einigten sich aber in Bregenz darüber, daß man diese Frage unter sich zu Hause freundschaftlich regeln würde? allein für den Ham- burger Gründungskongreß wurde vereinbart, daß die ILP. ein Anrecht auf zwei selbständige von den dreißig englischen Stimmen haben soll. Die sehr wichtige Frage des Landes, wo die SAJ. ihren S i tz haben wird, ist in Bregenz zwar unverbindlich erörtert, jedoch ist beschlossen worden, die Entscheidung hierüber der ersten Tagung der Exekutive zu überlassen, die unmittelbar nach dem Hamburger Kongreß stattfinden wird. Es kommen eigentlich nur zwei Städte in Frage: gegen die sofortige Wahl der einen sprechen noch einige psychologische Momente, gegen die Wahl der anderen dauernde technische Hindernisse. Schon jetzt läßt sich voraussagen, daß der Gründungs- kcngreß der neuen sozialistischen Internationale sich zu einem historischen Ereignis der Arbeiterbewegung der gan- zen Welt gestalten wird. Aus der Liste der Anmeldungen, die übrigens noch nicht abgeschlossen ist, geht hervor, daß diesmal alle Länder, die überhaupt ein sozialistisches Proletariat aufweisen, wenn nicht gar alle Erdteile vertreten sein werden. Hamburg wird in der Woche nach Pfingsten einen Massen» besuch aufweisen, der die Kongreßleitung vor die schwierigsten technischen Fragen stellen wird. Für das organisatorische Ge- lingen des Kongresses bürgen aber sowohl die Aktivität der beiden Sekretäre Shaw und Adler, wie auch die Stärke und die Erfahrungen unserer Hamburger Parteigenossen. Und daß er in politischer Hinsicht von geschichtlicher Bedeutung sein wird, das ergibt sich nicht allein aus der Tatsache, daß dort die internationale Wiedervereinigung der Sozialisten aller Länder vochzogen wird, sondern das läßt schon«in Blick auf die voraussichtliche Reserentenliste erkennen. Diese
Mietskafernensrühling. Don Josef MariL Frank. Seit einigen Tagen ist der Frühling in die Stadt gekommen. Es ist sonderbar, wie er die Menschen wandelt. Die gebeugten Rücken werden gerade; die müden Augen werden wieder Heller wie die Kleider, die man aus den Schränken hervorholt. Auch in die Mietskasernen kommt er, einmal am Tage, so um die Mittagszeit herum, wenn die Sonne ganz hoch oben steht und gerade für ein« Viertelstunde über das stabile Dachviereck in den liefen Hof hinuntersel?«n kann. Dann wird es unten lebendig: die Kinder aus dem Haus« huschen hinter der Sonne her und lassen sich wärmen; die kleineren spielen Berstecken, hinter Müllkästen und alten Tonnen, und juchzen und jauchzen; die ganz Kleinen holen ihre Püppchen, die sie sich aus zusammengebettelten Stoffrestchen und Lumpen gemacht haben, setzen sich auf die Treppenfliesen, wiegen in der warmen Sonn« die Püpp- chen und singen dazu ein Wiegenliedchen. Und oben werden die Fenster aufgemacht, sperrangelweit, daß ja die Sonne hineinkann; und auf den Fensterbrettern werden die Blumentöpfe, die ersten, weit vorgeschoben, damit sie auch etwas von der Wärm« abbekommen. Di« Schneidersfrau mit dem Zug ins Erotisch« aber stellt fein säuberlich und behutsam ihre Kakteensamm- lung aus die Fensterbrüstung, vorne die kleinen und die großen nach hinten. Und aus jedem Fenster sehen die neugierigen Nachbarinnen heraus und lachen und klatschen und die Frau Schneidermeisterin läßt ihre Kakteen bewundern, erzählt, wieviel ihr im Winter ein. gegangen sind,„wein doch mit die Kohlen so knapp war", und strahlt über das ganze Gesicht wie die Sonne selbst! Und ihre Kakteen sehen saftig grün und protzig gesund in das Licht. Da wird es oben an den Fenstern still; die Portie.sfrau bringt ihren Jungen, den Gelähmten, in seineDi Krankenstuhl hinaus, sucht zuerst einmal die wärmst« Stelle und setzt den Jungen direkt in die Sonn« hinein. Und die Frauen oben in den Fenstern grüßen hin- unter.„Tag ooch, Fritzeken! Na, nu wird't warm un' denn wird't schon! Nich', Fritzeken!" Und gerade, wie sie so herunterrufen, kommen zwei an unten im Hof«, daß die Kinder fast vor Freude einen Purzelbaum schlagen. Der eine hat ein Straßenharmonium und der andere eine Geige. Und sie stellen das Harmonium auf und packen die Geig« aus. Oben und unten wird es mäuschenstill Und nun geht's los! Erst das„Ave Maria"! So ganz schmalzig, daß man schon glauben könnte, irgendwo sei eine Nachtigall. Und dann„An der schönen, blauen Donau "! Mit Gefühl, mit was für Gefühl! Man wird direkt warm dabei und möchte tanzen! Und richtig! Ein fixer Junge packt sich auch schon«in dralles Mädchen, die sich gar nicht ziert— und sie tanzen! Di« anderen, nicht faul, machen es ihnen nach! Jetzt schcrbeln sie im Hof« herum, daß man oben und unten vor lauter Luft laut lacht, selbst die Musi-
weist für den ersten Punkt der Tagesordnung:„Die imperia- listischen Friedensverträge und die Aufgaben der Arbeiter- klasse" die Namen Henderfon- England, H i l f e r d i n g- Deutschland , L ö o n Blum- Frankreich und Bänder- velde- Belgien auf. Ueber den zweiten Punkt:„Der Kampf der internationalen Arbeiterklasse gegen die internationale Reaktion" sollen Otto Bauer - Deutschösterreich das Haupt- referat sowie Wels- Deutschland , Abramowitsch- Ruß- ' land, ein italienischer und ein ungarischer Genosse ! die Spezialreferate halten. Ueber den dritten Punkt(„Sozial- reform und Achtstundentag") hat I. H. T h o m a s- England, der bekanntlich zugleich der Vorsitzende der Amsterdamer Ge- � werkschaftsinternationale ist, das Hauptreferat übernommen, � dag durch Nebenreferate von S t a u n i n g- Dänemark und einem holländischen Genossen ergänzt werden soll. Schließlich sei noch die Frage des Präsidiums des s Hamburger Kongresses erwähnt. Diese ist so geregelt worden, daß das Zehnerkomitee das Präsidium des Kongresses stellen wird, wobei abwechselnd je zwei Komiteemitglieder den Vorsitz gemeinsam führen werden. Und es wird wohl für den Kongreß und für d'e internationale Arbeiterschaft überhaupt von symbolischer Bedeutung sein, daß die Eröff- nungssitzung von einem Deutschen und einem F r a n z o- s e n, von einem Exekutivmitglied der Z w e i t e n und einem Exekutivmitglied der Wiener Internationale, von den Ge- Nossen Wels und Bracke geleitet werden wird.
verbot üer«.Roten Zahnes Wegen Beleidigung und Verleumdung der Minister. Der Polizeipräsident hat die„Ro t e Fahne" mit allen Nebenblättern auf Grund des Gesetzes zum Schutz der Republik auf 14 Tage verboten. In der Begründung heißt es: Die„Rote Fahne " hat in letzter Zeit fortgesetzt die Mitglieder der Reichsregierung und der Preußischen Landes- regierung beschimpft und verleumdet. So sst u. a. behauptet worden,„die Cuno-Regierung mache Theater" (Nr. 71) und befinde sich entweder„in voller Ratlosigkeil oder ihre Redensarten seien nur als blauer Dunst gemeint"(Nr. 74); der Reichskanzler Cuno, der in Nr. 63 mit Steuerdrückebergern, anilin- gofärbten Prozentpatrioten und mit Getreidewucherern mif eine stufe gestellt wird, leiste an Poincare Schergendienst«(Nr. 67); Reichsminister Dr. Luther wird der Ernährungsminister der Junker genannt(Nr. 77); von dem preußischen Minister des Innern wird u. a. gesagt, daß er in seinen Feldzügen gegen Suhl vorgehe wie Poincare an der Ruhr(Nr. 77). Diese Beschimpfungen und Verleumdungen richten sich nicht lediglich gegen die Person der angegriffenen Minister, sondern nach der ganzen Sachlage kann kein Zweifel darüber bestehen, daß durch die fortgesetzten persönlichen Angriffe zugleich auch die gegen- wärtig« republikanisch« Staatsform getroffen w«r. den soll, unter welcher den betreffenden Ministern die Stoatsleitung anvertraut ist(vgl. die Entscheidung des Staatsgerichtshofs vom 19. S-?tcmb r 1922 StR. 3(35 und StR. 5. August 1922). Sie läßt schon daraus erkennen, daß die „Rote Fahne" forlgeseßt die deulsche Republik als solche herabwürdigt, ferner daraus, daß in diesem Blatt fortgesetzt zur Beseitigung der 4:gienwärtigen Regiarung und zu einem Ersatz durch eine rr- volutionäre Arbeiterregierung, sowie zur Errichtung der Dittawr des Proletariats aufgefordet wird. Wegen der Angriffe auf die Republik fei z. D. auf den Auffatz „Warum werben die Kommunisten für ihre Partei?"(Nr. 71) und auf einzeln« Wendungen wie die in Nr. 63 enthaltenen, hingewiesen, in welchen der Regierung nachgesagt wird, sie sei unfähig, die staatliche Selbständigkeit und Unabhängigkeit zu sichern, sie lebe „als Ententckolonic". Was die Ausforderung zur Beseitigung der republikanischen Re- gierung und zu Errichtung der Arbeiterdiktatur betrifft, so finden sich solche Aufforderungen u. a. in Nr. 69 und 74 der„Roten Fahne". I. V.: W ei ß. Die in der Begründung registrierten„Delikte" mögen zur Not eine forinaljuristische Berechtigung dieses Verbotes auf Grund des„Gesetzes zum Schutz der Republik" erweisen, wenngleich die Sprache der„Roten Fahne" in der letzten
kanten, die sich dabei sogar ein paarmal vergreifen. Und nun kommt noch«in Neuerl Der„Schlager von janz Berlin "! Der wird mit- gesungen, und wiel Der Junge von Portiers, das gelähmte Fritzeken, strahlt übers ganz« Gesicht! Und wieder wird's still. Di« Musikanten packen ihre Instrumente «in. Di« Göhren bitten und betteln: aber sie müssen fort, zur nächsten Nummer. Und die Göhren sammeln die Scheine ein, die von oben herunterflattern, bald leicht wie«in torkelnder Schmetter- ling, bald steil herunter, mit einem Stück Kohl« in etwas Zeitungs- papier gewickelt. Jetzt ist alles gesammelt und in die großen Musikantentaschen verschwunden, und die Instrumente sind eingepackt. Sie wandern eine Nummer weiter und die Kinder folgen mit. Auch dt« Sonn« wandert eine Nummer weiter. Es wird wieder dunkel im Hof; kalt wird es und dumpfig. Die Schneidcrsfrau holt ihre Kak'een herein und die olle Frau Kalubscheweit ihren Piepmatz, den Dompsaffen, der eben noch mit der„Schönen blauen Donau" hatte konkurrieren avollen und nun auf einmal ganz still geworden ist. Selbst die Nähmädchen unten im Parterre werden still, als sei das Nähen das Schönste vom Leben. Mein Gott, die armen Mävelsl Und die Frau Portier hott„Fritzeken mit die lahmen Beene", wie die anderen ihn rufen, wieder Heroin. Und oben schlägt man die Fenster zu, eins nach dem anderen, bis es auf einmal wieder still ist, ganz still, und der Hof dunkel und stumm wie ein grauer Klecks daliegt. Dom Nachbarhof klingt leise das„Ave Maria". Und Ge- jauchz«! Jetzt ist die Sonn« drüben! Und bald wieder«in« Nummer weiter! Und überall, wo sie hinkommt, malt sie mit ihrem Licht ein wenig Freude, für Kinder und genügsam« Menschen, wie die es sind, die an den Häfen wohnen! Und in den Zimmern erzählt man, daß der Frühling endlich da sei.... Denn im Hof war's eine ganze Biertelstunde licht und warm!
Moskauer Sammerspiele. Russische Schauspieler, die program- matisch«in« besondere Theatcrkunst veokünden, haben sich im Deutschen Theater niedergelassen. Herr Tairoff , der Direktor will seine Schüler zu tiner besonderen Anmut und Ge- schmeidigkeit erzieljen. Er sagt, daß alles Theatralisch« vom Tänze- rischen, ja vom Akrobatischen ausgehe. Bildet die Gliedmaßen des Komödianten und ihr werdet auch sein« Seele entdeckenl Run dieses Progvamm ist nicht besser und nicht schlechter als jedes andere. Es bleibt zu sehen, was dabei herauskommt. Man erinnert sich, daß einer der größten deuffchen Schauspieler, der ehrwürdige und klassisch« Schröder, der Erb« und Nebenbuhler des ernsthaften Konrad Ekhof . auch ein genialer Tänzer und Springer gewesen ist. Ja, er war zunächst ein vorzüglicher Springer, und er wurde erst nachher der Tragiker für Shakespeare und Goethe. Die Russen von heute
I Zeit ersichtlich gedämpft war, und mindestens die Haltung , der Zentrale der KPD. in der Frage der Ruhrbesetzung durch- aus einwandfrei war. Auch steht das, was sich die„Rote Fahne" an Stilübungen leistete, in gar keinem Verhältnis zu � den Beschimpfungen, die in der d e u t s ch o ö l k i s ch e n Presse an der Tagesordnung sind, ohne daß z. B. in V a y e r n irgend jemand Anstalten macht, dieser Presse oder gar den Mordorganisationen, deren Sprachrohr sie ist, zu Leibe zu rücken. Es kann doch nichts darüber hinwegtäuschen, daß das Verbot offensichtlich auf Grund des ständigen Drän- gens der reaktionären und volksparteilichen Presse erfolgte, und daß die Begründung a ck d o c zusammen- gestellt wurde. Das Vorgehen gegen das kommunistische Zentralorgan ist auch volitisch nicht klug. Die Kommu- nisten sind keine akute Gefahr, wie eben noch der bayerische Minffterpräsident v. K n i l l i n a festgestellt hat. Ihre läc- mende Agitation täuscht niemanden über ihre Ohnmacht und Einslußlosigkeit hinweg, am wenigsten die Kommunisten selber. Aus dem Gefühl ihrer Isoliertheit heraus, suchen sie krampfhaft nach Anschluß an die Arbeitermassen. Jede Nummer der„Fahne" bot ein Bild vollständiger Zerrissenheit und Unklarheit über Ziele und Taktik der eigenen Politik. Das Verbot ihres Zentralorgans wird den Klärungsprozeß in der KPD. nur aufhalten, ihnen Gelegenheit geben, sich als ver- folgte Märtyrer hinzustellen. Das Gesetz zum Schutz der Re- publik ist geschaffen, um die Republik vor wirklichen G e- fahren zu schützen. Das Verbot der„Roten Fahne" wird die Republik vor keiner Gefahr bewahren, es wird höchstens Wasser auf die kommunistischen Mühlen leiten.
DienctZg k eerüiyung öerKarsomstogsopfe? E s s e n. 7. April(10TV.) DieBeerdiguagderam Kar- samstag gefallcneu Werksangehörigen der Firma Krupp findet am Dienstagvormittag 9 Ahr vom Kruppschen Hauptver- waltungsgcbäude aus statt. Am Beerdigungstag wird in Essen zum Zeichen der Trauer die Arbeit eingestellt. Auch sämtliche Geschäste und Vergnügungsstätten werden geschlossen gehalten; die Wirtschaften werden ihren Betrieb erst abends 8 Uhr ausnehmen. Traueefeier im Reichstag. Am Dienslagvormittag um 10 Uhr findet im Reichstag eine Tranerfeier statt, bei der in Anwesenheit des Reichs- Präsidenten der Reichskanzler die Gedächtnisrede hatten wird. An der Feier werden Vertreter sämtlicher gewerkschaftlichen und Bemntenverbände sowie die Spitzen der Berussstände, Vertreter der Länder, der Kirchen, der Parlamente und der Behörden teilnehmen. Aus Anlaß der Beisehung werden am Dienstag zum Zeichen der Trauer im ganzen Reich die Glocken läuten.
Die Rustreibuna öer Eisenbahner. Köln , 7. April. (WTB.) Die Ausweisungen der Eisenbahner aus Ihren Wohnungen nehmen gewaltigen Umfang an. 3n Jünkerath sind bis jetzt SZ Familien aus ihren Wohnungen verdrängt. Zerner sind aus allen Baha- wärlerhäusern an der Eifelstrecke Jünkerath— Liblar die Wohnungsinhaber vertrieben. Auf den Strecken Krefeld — München- Gladbach, Cleve— Geldern und Bonn — Euskirchen haben ebenfalls sämtliche Diensiwohnungsinhaber Befehl zur Räu- mung erhalten. Zum Teil ist die Räumung bereits erfolgt. Frankfurt a. M„ 7. April.(WTB.) Die.Frankfurter Zeitung " meldet aus Alzey : hier sind nunmehr fast alle Lehrer ausgewiesen worden. Ein Lehrer wurde während der Konfirmation seines ältesten" ides rücksichtslos aus der Kirche geHoll und sofort abgeschoben. Am zweiten Osterfeiertog wurden wieder zahlreiche Persönlichkeiten ausgewiesen; beim Abtransport brachte die Menge Hochrufe aus die Bertrie- benen aus. Die Stimmung in Ryeinhessen ist erregt, aber ge- schlössen und einheitlich. wulle durfte in Prag nicht sprechen, da eine Versammlung, in der er reden sollte, von dcr Polizei oerboten wurde.
gehen anders vor. Sie wollen nicht Genies erziehen, sondern lauter erfreuliche Nützlichkeiten. Sie spielten zunächst die Wildesche„Salome": auf einer Bühne, die trotz aller Forbigkeit nicht sehr phantastisch aussieht. Der Szenenarchitekt begnügt sich mit scharfem roten oder violetten Licht, das über ein« gestuft« Eftrade hinwegstrahlt. Sehr schöne, sehr üppige Frauen knien zu Füßen des Tetrarchen Herodes, und die Schildwachen stützen sich auf mächtige ehern« Schild«. Au» einem schwarzen Brunnenloch steigt der Prophet Ivchanan empor. Sein Körper ist abgezehrt imd fast nackr. Rur schwarz« härne Stricke umflechten sein« knochigen Gliedmaßen. Wenn das violett« Licht auf den nackten Körper fällt, so schillert es schon wie Verwesung über den asketischen Heiligen. Sehr bunt, sehr lustig eigentlich, mit folkloristischer Genauigkeit ist Herodes angetan. Er gleicht einer russischen Ikone(Heiligenbild). Der Herodes wurde von Herrn Iwan A r k a d i n gespielt, einem bissigen Charakteristiker, der mit gurgelnden Tönen und mit raunzen- der Sinnlichkeit den Satrapen darstellt. Die Salome des Fräulein Alice K o o n« n und der Iochanan des Herrn Z e r e t e l l i sollen durch die schön« Linie und jene Mimik gezeichnet werden, die eben durch das Programm des Herrn Toiros gelobt wird. Aber hier ist offen- bar die Aufmerffamkeit des Künstlers so stark durch das Mimische in Anspruch genommen, daß die Flüchtigkeit und Leichtigkeit des Wortes Einbuße leidet. Fräulein Koonen ist auch der Statur und den körper. lichen Reizen nach nicht die große Betörerin, die wir in Deutschland schon oft als Salome sahen. m. K. Vielsingerkeit in Norwegen . Es gibt in Norwegen «ine Anzahl von Geschlechter, die Mißbildungen der Hände mit vermehrter Fmgerzahl haben. Heb«? diese Fälle von überzähligen Fingern sind in neuester Zeit von der Erblichkeitsforscherin Christine Bonnevie in Kristiania genaue Untersuchungen angestellt worden, von denen in der„Umschau" berichtet wird In einem norrländi'chen Geschlecht hatten 24 Mitglieder, die sich auf vier Generationen verteilten, an jeder Hand mehrere Daumen, manmal 2, 3 oder 4. Ein« Person ist sogar mit 10 Daumen gesegnet, hat also 18 Finger an beiden Händen. Das Gebrechen geht von Bater oder Mutter unmittelbar auf die Kinder über. All« Mißgebildeten, die sich oerheirateten, be- kamen mindestens ein Kind mit mehrkingerigen Händen, auch wenn der ander« Teil des Ehepaares ganz normale Finger hatte. Di« Mißbildung der Bielfingrigkeit kommt sehr häufig bei den Bauern- geschlechtern in den norwegischen Orten Storelvedalen, Ringebu und Rammen vor. Es zeigt sich eine ausgesprochene Neigung zur Un- symmetri«, indem gewisse Geschlechter die Mißbildung am stärksten auf der rechten Seite entwickelt haben, andere wieder auf der linken. Es ergab sich bei genauer Untersuchung dieser G«lchleck>!«r, daß die Die'fingrigkeit eine dominierende Eigenschaft ist. die von den Eltern auf die Kinder ohne Ueberspringen eines Zwilckz-ngliedes vererbt wird. Verheiratet sich eine vieliingrige Person mit einer anderen, die regelmäßige Hände hat, so muß man erwarten, daß die Hälfte der Kinder aus dieser Ehe die Mißbildung ausweisen. Das ist auch der Fall. Don diesen oielfingrigen Geschlechtern wurden genaue Stamm- tafeln aufgestellt, und es ergab sich, daß wenigstens fünf von ihnen auf emen gemeinsamen Ahnen zurückgehen, nämlieh auf«inen Mann, der vor ungefähr 2.50 Iabr« lebte. Diese verkrüppelten Geschlechter, die über ganz Norwegen zerstreut wurden, ohne von ihrer Verwcmdl.