Nr. 34.

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12. Jahrg.

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Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Benth- Straße 2.

Herr Crispi und die italienische Oppositionsliga.

I.

Die Schließung der Seffion des gesetzgebenden Körpers,- nach einer einzigen, höchft stürmischen Sigungswoche, erfolgte aus Anlaß der persönlichen Beschuldigungen gegen Crispi, wie sie das famose Fascikel Giolitti's enthielt, und in weiterer Aussicht die bevorstehenden allgemeinen Wahlen, sie geben der augenblick lichen politischen und sozialen Lage in Italien ihre durchaus fritische" Bedeutung, eben im biologischen Wortfinne. Da stehen wir vor einem der entscheidenden Momente im Völkerleben, wie es solche auch im Einzelorganismus giebt, wenn derselbe vom Fieber geplagt wird, das sich zur mehr oder minder gefahrvollen, fogar tödtlichen Krisis wenden, aber auch die Krankheitseinflüsse überwinden und ihn somit zu frischem und gekräftigten Leben be­fähigen mag.

Sonnabend, den 9. Februar 1895.

Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3.

ausgenommen. Die öffentlichen Arbeiten wurden gegen der Re- heit nur in Helden- Biographien" bestehen zu lassen, bis zum gierung günstige Abstimmung vergeben, und die Verwischung der lebendigen Parteiunterschiede wurde chronisch in der grauwogenden Masse eines Parlamentes der Mollusken".

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äußersten trieb. Nunmehr giebt man zu, daß es die Eigenschaften und Fähigkeiten der Rasse in jedem Volke sind, mit den Bedingungen der Umgebung vereint, welche schließlich die historischen Wechsel­Sehr im Gegentheil besitzt Herr Crispi, einer fälle jeder Gesellschaft bestimmen, indem sie wieder spezielle Albanefenkolonie auf Sizilien entstammend und gänzlich ökonomische Bedingungen hervorrufen, die alle sonstigen von nichtromanischem Blute, die ganze Impulsivität( welche Manifestationen des Gesammtlebens überwuchern, sie seien mancher für Energie hält, obwohl sie eine bloße Atrappe davon moralischer, juristischer, oder politischer Natur. ist) eines Südländers barbarischer Kreuzung. Den Ausdruck, bar­barisch" benuße ich hier im physiologisch psychologischen Sinne, aber ganz ohne persönliche Spize, um einen urwüchsigen Menschen zu charakterisiren, welcher indessen, schon von ererbten Infektions­stoffen der Kultur angefressen, der Frische entkleidet ist. So ver­achtet er diplomatische Feinheiten, ist aber überwallend und An­Stößen nachgebend, voll von aufrichtigem Vertrauen auf die Größe seines Vaterlandes und insonderheit noch zu derjenigen seiner Person.

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Freilich muß man sich auch vor dem entgegengesetzten Extrem hüten, und nicht, wie Herbert Spencer , schließen, daß der Einfluß der Helden" oder großen Männer vollkommen Null sei. Gewiß ist, daß der Held nichts vermag, wenn nicht mit ihm und für ihn der soziale Verlauf bestimmter Bestrebungen und Nothwendigkeiten wirkt, die er selbst personifiziren wird. Aber ebenso sicher ist, daß diese gemeinsamen Bedürfnisse und Ten­denzen todt und machtlos bleiben müßten, wenn nicht doch der Held erscheint, sie auf die Fahne schreibt und so zum realen Leben erweckt, vom allgemeinen Vertrauen geftüßt.

Die

Welcher dieser beiden Typen einem Volke gefährlicher werden Welche Richtung wird nun die jetzige politische und soziale fann, weiß ich nicht; vielleicht eher noch der Typus Depreti's Beispielsweise steht es fest, daß die akustische Wirkung einer Krisis Italiens einschlagen? als der Typus Crispi . Ist doch unter der Dittatur Depretis ' tunstvollen Symphonie, von einem tüchtig besetzten Orchester vor­Der Prophetengabe fann sich niemand rühmen; indessen glaube der politische Volkecharakter Jtaliens gleichsam internirt, zer getragen, fich aus der Kollektivwirksamkeit aller und jedes der ich, nach ernster, objektiv- unparteiischer Prüfung sowohl der vorher rüttet, durch fortwährende Apathie entnervt worden, wie ein Spielenden vermöge ihrer unterschiedlichen Instrumente zusammen gegangenen und gegenwärtigen Umstände, als auch einiger Vor- Kranker, dessen Bluttemperatur nicht einmal unter Fiebereinflüssen seyt, was doch nicht ein Effekt des Orchesterdirigenten ist. Wiederum zeichen, die sich bereits am Horizonte zeigen, eine immerhin wahr mehr steigen will. Die Diktatur Crispi, sowohl die gegenwärtige, ist klar, daß ohne das individuelle Walten dieses Leiters weder scheinliche Ansage versuchen zu dürfen. Ob diese Prognose nun als jene 1889-91, bewirkte das entgegengesetzte Symptom: ein der Zusammenflang noch die Einheitlichkeit des musikalischen wirklich zutrifft oder nicht, sicher bleibt jedenfalls, daß ein fieberisches Auffahren des politischen Lebens bis zum frampfhaften, Werkes zur Geltung fäme. Und wie mit ungeschickten Musikern schlußfolgerndes Zusammenfassen recht nützlich sein wird, um Kampf ohne Pause zwischen Gegnern und Parteigängern feiner selbst ein vortrefflicher Kapellmeister nie ein enthusiasmirendes schon von weitem den Nachrichten gleich ihren Platz anzuweisen, Politif. Herr Crispi fesselt mit seiner wirbelnden Impulsivität Ensemble erzielen würde, so bewirkt andererseits jenes gute welche uns dieses Frühjahr bringen muß: feien es die all- die öffentliche Meinung und Aufmerksamkeit täglich durch etwas Orchester eine verschieden geartete Ausführung derselben Sym gemeinen Parlamentswahlen im April bezw. Mai, oder die Neues: das eine Mal zum Beispiel durch die Absehung des phonie, mehr oder weniger lebhaft und einschmeichelnd, je nach späteren der Gemeinderäthe. Denn lettere Wahlen sind eben- römischen Bürgermeisters wegen eines Besuches beim Kardinal- dem künstlerischen Temperament ihres Dirigenten, der hier falls bis Ende Juli unvermeidlich, weil das Gesetz neuer vitar, dann wieder durch seine auffällige Reise nach Friedrichs- mildern oder beschleunigen, dort heben und senken lassen kann, dings eine Revision der Wählerlisten anordnet. Der ins rub, während unsere Unterhändler in Paris den Handelsvertrag be- bis durch diese individuellen Hilfen sich schließlich ein nüancirtes Auge gefaßte Zweck ist dabei, Unzuträglichkeiten zu betreiben. Jezt ist es der Kammerschluß am selben Tage, wo dort Tongebilde aufbaut.. gegnen allein die versteckte Absicht, sammt dem thatsäch- die alten und neuen Anklagen gegen ihn verhandelt werden sollen, Nicht minder wird in der Politik ein Staatsmann, so genial lichen Erfolge bestehen darin, daß eine ziemliche Menge von welche das Fascikel Giolitti wieder auffrischte; oder er beruft den er immer fei, von einem südländischen Wolfe, wie das italienische Wählern gerade aus den sogenannten unteren Voltsklassen in Gesandten Reßmann aus Paris ab, befiehlt demi Gouver- ist, ein Verhalten und eine politische Thätigkeit erzielen, welche Wegfall kommt. neur von Erythräa bis Kassala oder nach Tigré zu marſchiren. der eines nordländischen, z. B. des englischen gliche. Dieser zwiefache Wahlkampf, für Parlament und Gemeinden, Ein ander mal erfolgt telegraphisch die Abberufung des Präfekten physischen und seelischen Unterschiede der Stammeseigenthümlich­wird sich, mehr denn jemals in Italien geschah, um einen einzigen von Palermo , gleich am Morgen nach der Wahl des jungen Sozia- feit sowie der tellurischen und sozialen Umgebung sind nicht zu Mann bewegen: Francesco Crispi. listen Bosco, welcher zur Zeit( mit dem Deputirten De Felice, erschüttern. Thatsache bleibt jedoch, daß dasselbe Volk seine Kund­Dr. Barbet und anderen) im Geiängniß ist, auf grund über- gebungen in ganz verschiedenartiger Betonung leisten tann, je nach mäßig harter Verurtheilung zu sechzehn Jahren Zuchthaus im der Direktive, welche seinem politischen Leben vom- Kapellmeister Militärverfahren, und unter dem Vorwande umstürzlerischer Kon- ertheilt wird. spiration. Dann feiert seine Tochter Hochzeit, und die Telegraphen- Hier sehen wir zugleich, weshalb die impulsive und seelisch bureaus sowie die Zeitungen geben ein blendendes Verzeichniß fast fonvulfivische Natur Crispi's der parlamentarischen Oppo der fast eine halbe Million an Werth betragenden Geschenke; fition eine so außerordentliche Hiße und Aufregung mitzutheilen aber, zu guterlegt, es erschallt die Kunde eines Attentats, vermochte. mehr oder minder anarchistisch, gegen Helden Crispi versucht Bekanntlich rekrutirt sich die Opposition gegen Crispi's aber entdeckt. Man versteht schon, daß er Haß erregt hat und Politik und sogar seine Persönlichkeit augenblicklich aus hervors Feinde besitzt, wohingegen man auch an seine zweifellos patriotisch ragenden Männern aller Parteien in der Kammer. Soweit sich veiflärte Bergangenheit denken muß, als er noch Verschwörer die Konservativen im gegnerischen Lager zusammenfanden, ver­war und sogar Drinibomben zu fabriziren verstand: er, der ent- tritt sie der Marquis de Rudini. Gleichfalls Sizilianer, Grand­schiedene Helfer Garibaldi's bei dem fagenhaften Zuge der seigneur, früherer Konseilspräsident und von guter moderner Bil­Tausend" zur Befreiung der beiden Sizilien". dung, ist er im Grunde kein Uebercifriger in der politischen Arena, sondern beschränkt sich vorwiegend auf die Rolle des Leiters seiner Partei. Die Fortschrittler( Progressisten) oder mittelparteilichen Libe­ralen vertritt Herr Brin, ein Piemontese, welcher mehrmals Marine­minister, einmal auch der des Aeußern gewesen ist. Als nautischer Ingenieur bedeutet er eine tüchtige Autorität, wie er denn ein

In Wirklichkeit haben wir schon vordem politische Wahlen erlebt, die im wesentlichen für oder wider einen einzelnen vor fich gingen, so ganz besonders 1882 und 1886 während Depretis ' parlamentarischer Diktatur. Sieben Jahre hindurch un erschütterlicher Confeilspräsident, wich er endlich nur dem Rückschlage, welchen die afrikanische Niederlage der Italiener bei Dogali mit sich brachte, deren nun fiebenjähriges Jubiläum man der neuen Schlachten im verbesserten Stil halber mit Feierlichkeit in unserer erythräischen Kolonie, der ebenso tost­spieligen wie unnügen, begeht.

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Aber Depretis war ein Typus, der zu Crispi im aller­größten Gegensatz stand.

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Ersterer, Piemontese von Geburt, besaß vollkommen die gleichmäßige Ruhe des Norditalieners. Seine taktische Ge­schicklichkeit verdiente Bewunderung, und so hielt der gründlich erfahrene Mann sieben Jahre die Macht fest, hauptsächlich Die moderne Sozialwissenschaft hat erwiesen, daß der Ein­weil er ein viel zu umfangreiches politisches Programm fluß großer Männer auf die geschichtliche Entwicklung der besaß, um Unklarheiten zuzulassen, und weil er durchaus niemand Völker unendlich viel geringer ist, als früher angenommen wurde, verlegte, sondern jedermann zu befriedigen verstand, die Radikalen und daß besonders Carlyle den Fehler, die Geschichte der Mensch­

Feuilleton.

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seiner Auffassung statthaft sei und Du weißt, daß Falcon das Sprachrohr unseres obersten Gerichtshofs ist..." Du denfst immer noch zu gut von unsern Lands­Teuten, Cirilo; und das ist Dein Fehler. Dein großer 8 Fehler... Worte von Falcon... einem der Henker von Lopez... Doch deshalb bin ich hier mag es kommen,

[ Nachdruck verboten.]

Skizzen aus dem

zu machen haben, und diese sowieso zur Stunde schon in Asuncia bekannt sein wird.. Wir sind in unserer amt­lichen Eigenschaft als Mitglieder des höchsten Tribunals hier.. Erkennen Sie dieses Schriftstück an?" Rivarola warf einen flüchtigen Blick darauf. „ Mein Dekret, daß die Kammern aufgelöst sind.. und

südamerikanischen Hinterlande. Hinterlande. wie es will... ich habe für alles gesorgt... magst was weiter.."

Ein Blatt

Du abdanken, mögen sie es annehmen oder nicht... Eine Anzahl der Vertreter der Nation hat sofort nach man haßt Dich der Vizepräsident ist eine der Auflösung an uns appellirt und ich glaube, daß Euere Null... man kann mit ihm machen was man will, Exzellenz unsere Autorität in dieser Sache anerkennen und wozu man Luft hat... auch ist er krant werden... Sollten Sie sich weigern, uns hierin als kom. Höre, ich bin gekommen, Dir zu sagen, daß von über- petent zu erklären, so ist es unsere Pflicht, uns deswegen morgen Abend zehn Leute aus unserm Heimathsort in der an das ganze Volk zu wenden... In diesem Fall ziehen Vorstadt Recoleta stehen werden mit Pferden und Waffen wir uns zurück, ohne Ihnen die weitere Mittheilung zu es sind lauter brave Kerle und Du kannst Dich ihnen machen, zu der wir hier erschienen sind.." anvertrauen, wenn es nöthig sein sollte.. Du gehst mit Ihnen.."

südamerikanischer Geschichte. „ Godin, der brasilianische Minister, ein Kenner des Staatsrechts ersten Ranges, und ich muß Dir gestehen, daß auch ich selber einen Theil der Schuld trage... Sieh, es tommt manchmal eine Muthlosigkeit über einen und dann auf einmal wieder ein unermeßlicher Zorn, daß man überall, wo man nur das beste gewünscht hat, überall auf Widerstand und Schwierigkeiten stoßen muß.. auf Ver­Ieumdung, auf Gehässigkeit und auf Niedertracht. So rein Ich glaube, es ist unnöthige Mühe gewesen. so viel wie der Himmel über uns blaut, so rein ist mein Herz von respektirt man mich doch immerhin, daß man mir nicht ans allen unredlichen Absichten geblieben; ich wollte und will Leben gehen wird.." das Beste meiner armen Nation.. und immer und immer Mag's sein, mag es nicht sein.. doch ist es besser, muß man kämpfen mit der Brutalität und dem Stumpf- sich vorzusehen, wenn es noch Zeit ist und mehr habe ich sinn.. In einem solchen Augenblick des Zornes und des nicht gethan... in Barrero Grande bist Du immer am Ueberdrusses schickte ich die Leute zum Teufel. Ein Fehler sichersten aufgehoben..

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ist es vielleicht auch von mir gewesen, daß ich hoffte, man Drei Herren vom Gericht", rief im selben Augenblick werde die Triebfedern meiner Handlungsweise erkennen und der kleine Diener von außen, die sich nicht abweisen laffen sie würdigen.... und ich glaube es noch heute, daß wollen ich wenigstens bei der knappen Mehrzahl der Abgeordneten Echau, schau, die Herren haben es eilig mit der das voraussetzen kann... drum hoffe ich es wagen zu Sache... laß sie eintreten. guten Abend, mejne können, meine Abdankung einreichen zu können, falls der Herren... was führt Sie zu mir... mein Freund Godoy oberste Gerichtshof wirklich mein Vorgehen als illegal auf- wird uns nicht stören... er mag hören, was Sie mir zu fassen wird... Ich bin der Meinung, daß man die Ab- sagen haben.. dankung nicht annehmen wird... und dann wird ein Weg des Kompromisses sich finden lassen... Gill war derselben Meinung. ... und außerdem versicherte mir Falcon vor wenigen Tagen, daß eine Auflösung überhaupt nach

Die drei Eingetretenen waren die Mitglieder des höchsten Gerichtshofs. Ihr Anführer ergriff sofort das Wort:

Es tann auch nichts schaden, Exzellenz, daß Herr God on dabei ist, da wir Ihnen eine öffentliche Zustellung

Rivarola schwankte einen Augenblick, dann sagte er bestimmt: „ Ich respektive das Gesetz wie jeder Bürger... also lesen Sie.." Der Sprecher entfaltete ein Dokument und begann: " Heute präsentirten sich vor dem unterzeichneten obersten Gerichtshof der paraguayischen Republik die folgenden Herren Senatoren und Deputirten... folgen die Namen und sagten wie folgt: Daß unter dem heutigen Datum seine Exzellenz der Bürger Präsident Cirilo Rivarola durch ein einfaches Dekret mit Gegenzeichnung der Minister die beiden Kammern der Volksvertretung aufgelöst und eine Neuwahl ausgeschrieben habe; folgere aus dem angeschlossenen Dekret im Original. Sagten weiter, daß dieser Akt eine flagrante Rechtsverletzung der Konstitution in ihrer Gesammt­heit und insbesondere der§§ 14 und 15 darstelle. Jufolge dessen erachteten sie das bezügliche Dekret für null und nichtig ,. und ersuchten den höchsten Gerichtshof, in diesem Sinne zu bestimmen, unbeschadet des kriminellen Rekurses gegen die Person des Bürgers Präsidenten, dessen Geltend­machung sie sich für gelegene Zeit ausdrücklich vorbehielten.