fit. 1S9 ♦ 40. Jahrgang
2. Heilage öes Vorwärts
Dienstag, 24. /!prU 1023
Trust und Setriebsrat.
Von Kurt Heinis. Wenn von Trusts gesprochen wird, denkt man bei uns noch heute an die amerikanischen Mammute der Wirtschast. Es wird übersehen, daß sich in den jüngst vergangenen Jahren Riesencraken entwickelt haben, die mit ungeheuerlicher Ge- ftäßigkeit jeden deutschen Arbeitsplatz, der in ihre Nähe kommt, verschlingen. Es geht diesen phantastischen Riesen- gebilden der neukapitalistischen Entwicklung aber ebenso wie der Weltgeschichte, beide wirken, in de? Nähe gesehen und in Einzelheiten und Alltag aufgelöst, keineswegs erschütternd und groß. Sie werden so„einfach", daß viele meinen, man könne sie durch papierne Formulierungen spielend umformen und wenn nötig, auch beseitigen, ja in die Luft blasen. Der Wirk- lichkeitssüm der Arbeit«? läßt sich aber aufdieDauer nicht trüben. Man frage die Betriebsräte und im besonderen die Betriebsaufsichtsräte, wie sie über die in tropi- schem Ausmaß und Tempo sich fortgesetzt wandelnden moder- nen Kapitalgebilde denken. Es ist nicht schwer, wir haben ja in Berlin Dutzende großerdeutscher Trusts, ja auch Vertreter der allergrößten, weit über die schwarzrotgol- denen Grenzpfähle hinausragenden Kapitalberge. Zuerst fallen hier die beiden Elektro-Montan-Konzerne, die AEG.- G e s e l l s ch a-f t e n und die Siemens und chals.ke, Schucks rt»Unternehmungen auf. Sie beherrschen in Verlin und seiner weiteren Umgebung ganze Arbeits- und Wohngebiete. Die Brunnen-, Acker- und Hutten- ftraße, Siemensstadt , Oberschäneweide und Hennigsdorf , das ist alles Elektro-Trustgebiet. Von den beiden Zentralen, in denen Taufende von Angestellten fitzen , strahlen Verbindungen aus und werden Zuflüsie kontrolliert, die den Kontakt mit der ge- samten alten und erheblichen Teilen der neuen Welt schaffen. Von diesen Nervenknoten aus laufen vielfach feine Fäden zu den anderen großen Kapitalmächten Deutschlands , ob sie nun Phönix , Wolff, Gute-Hoffnungs-Hütte heißen, oder ob sie die Schiffahrt auf dem Wasser und in der Lust, Petroleumbohrun- gen oder Stickstoffgewinnung betreffen mögen., Die Gegenwart ist immer die neue Zeit, aber die Men- schen leben meist im Gestern und warten auf das Morgen. Deswegen sehen sie auch nicht, daß sich jetzt neben jenen privat- kapitalistischen Zusammenballungen eine ganz neue Art von Unternehmungen bemüht, die ersten Gehversuche zu machen. es sind die ersten Schritte von Riesen. Wir können sie in Berlin gut beobachten. Die Deutschen Reichswerke in Span - dau, die Eisenbahnwerkstätten, die Reichs- d r u ck e r e i sind Spuren davon. Der vorläufige Kopf ist die Dereinigte Jndustrieunternehmmrgen AG., es ist die Dach- gesellschast, unter der das Reich sein« Elektrowirtschaft, seine Aluminium- und Stickstoffgewinnung, die Deutschen Werke und seinen sonstigen industriellen Besitz untergebracht hat. Un- geahnte Möglichkeiten tauchen auf; schafft dem Staate Macht und fonnt die Macht nach eurem Willen, dann gehört auch diese Waffe gegen den Kapitasismus euch! Mächtige Spezialkonzerne hat Berlin so viele, daß sie nur mit Hilfe einer Registratur beobachtet werden können. Greifen wir einmal hinein. Da ist die Ludwig L o e w e un d Co. AG. Sie spaltete vor 25 Iahren ihre Waffenfabrik und ihre elektrotechnische Erzeugung ab. Heute sind derlei Splitter z. B. zur Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik AG. geworden. Die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft, die Gesellschaft für elektrische Unternehinungen, die Knorr-Bremse AG. und andere sind Freunde mch Nachbarn von Loewe. Die K n o r r- Bremse AG. in Lichtenberg , die zum Loewe-Konzern gehört, ist selbst wieder ein ganzer Konzern, der im In- und Ausland rund 400 Patente ausbeutet, der überall verdient, wo Eisen- bahnzüge gefahren werden, der heute mit der Einführung der durchgehenden Güterzugbremse auf den deutschen Reichseisen- bahnen beschäftigt ist; er hat sich im besonderen in Bayern Ableger geschaffen.
Wieder ein anderer Typ unserer Berliner Konzerne ist die Optische A n st a l t C. P. G o e r z AG. Sie ist aus ihren Friedenauer Betrieben nicht nur nach Leipzig , Kastel, Wien , Preßburg usw. usw. hinausgewachsen, sie beherrscht heute auch im Fabrikviertel Zehlendorfs das Bild. Untersucht man! ihre inneren Verbindungen, dann stößt man wieder auf Loewe, auf die Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken, auf die Knorr-Bremse usw., aber euch auf Mix und Genest und' D r. P. Meyer AG. Diese beiden Unternehmungen— das, . eine sitzt in Schöneberg , das andere im Norden— beschäftigen: ■ Tauseiide von Berliner Arbeitern. Die Mix und Genest ÄG.! | gehört zu jenen Gesellschaften, die in den jüngstvergangenen j Jahren die Basis für mancherlei Finanztransaktionen abge- geben haben; heute gehört sie zum AEG.-Konzern. Zurzeit werden Aktiengesellschaften, ja ganze Konzerne, ebenso mit Zwischengewinnen und im Kettenhandel ver- ramscht oder im Preise getrieben, wie Schmieröl oder ge-
Erobert die presse! „Die Millionen Abonnenten und Leser der feindlichen Presse find größtenteils Glieder des arbeilenden Volkes, und gerade sie sind es, welche dieser zu ihrer Knechtung bestimmten Presse die ungeheure Macht verleihen, über die sie verfügt. Der Arbeiter, der stall eines Arbeiter- blaltes ein Organ der Arbeiterfeinde hält, begeht einen geistigen Selbstmord, ein Verbrechen an seinen Brüdern, an seiner klaffck Die Presse ist heule das wirksamste Mittel der Knechtung. Bemächtigen wir uns dieses hebele, und die Presse wird das wirksamste Mittel der Befreiung sein." Wilhelm Liebknech t.
brauchte Küchenmöbel. Der alte Schering, kluger Unternehmer und Königlicher Kommerzienrat, der im Oktober 1871 sein Ge- schäft in eine Aktiengesellschaft umwandelte, weil„die Anför- derungen an die Produkttonskraft meiner Fabrik eine solche Steigerung erfahren haben"— Kriegslieferungen— hat sich im vorigen Jahre im Grabe herumgedreht. Aus der ehemali- gen Apotheke war zwar seither ein Riesenkonzern geworden, aber plötzlich stellte sich heraus, daß ein großes Paket Schering- Aktien in den Händen der bekannten B i e r- S p r i t- G ru p p e Schultheiß- Patzenhofer- Kahlbaum- Ostwerke ver- einigt war. Da die Chemie neuerdings mit den Spirituosen viel zu tun hat, mag sich mancher eingebildet haben, sachliche Interessen seien die Hauptursache jener Verbindung. Die Schering AÄ. wurde von Kahlbaum bald an die Oberschlesi- schen Koks- und Chemische Fabriken AG. im ganzen weiter- verhandelt. Das Jahr 1922 hat die deutschen Konzerne auch sonst ziem- sich beweglich gemacht. Es sei nur an die D a i m l e r M o t o- ren AG. erinnert, die vor wenigen Monaten beschlossen chat, ihren Sitz nach Berlin zu verlegen. Dieser Schritt hängt viel- leicht zusammen mit einer Entwicklung in der. Automobilindu- strie, die sich mit dem Namen S ch a p i r o— Karossericwerke Schebera in Tempelhof , Automobilhaus Scha�iro, Benz u. Cie. ' und Neckarsulmer AG.— verknüpft. Selbstverständlich ist auch , dieser Automobilkonzern Mit dem Eisenhandel und mit ' Montaninteressen verknüpft: man trifft auf Namen wie Otto Wolfs und Phönix. In die Reihe der Hundertmillionen-Unternehmungen ge- hört auch die Lo r e n z AG. Diese Kapitalmacht dehnte sich von Tempelhof aus in die drahtlose Telegraphie, in die Schiffs- Installation usw. aus. Heute hat sie sogar schon eine eigene Aktienverwaltnngsgescllschast, die ihre Beteiligungen über- wacht.
Die T e l e f u n k e n- G e s e l l s ch a f t(Gesellschaft für drahtlose Telegraphie G. m. b. H.) gehört zu den Gemein- schaftsunternehmungen der beiden Elektro-Großkonzerne AEG. und S. u. H., Sch. Bon ihr aus laufen z. B. Fäden zur draht- losen Uebersee-Verkehr-SlG., der Nauen und Geltow gehören und die Eilvese auf 30 Jahre gepachtet hat. Ein sehr interessantes Unternehmen ist die Deutsche Telephon- und Kabelwerke AG. Sie hieß vor einem halben Jahre noch AG. füi� Elektrizitätsanlagen und war eine der üblichen Berwaltungsgesellschaften von Elektrizitätsgesellschaften und Straßenbahnen, die den Elektro-Groß- konzerncn die Aufträge sichern. Bor einigen Monaten wurden zwei alt angesehene Fabrikationsunternehmungen, die Deut- schen Telephonwerke G. m. b. H. und die Deutschs Kabelindu- strie G. M. b. H. erworben und vereinigt. Jetzt ist die Firma geändert, ein neuer Kanzem hat sich abgerundet. Die Maschinenindustrie ist in Berlin ' durch gewallige Mächte vertreten. So die Berlin -Anhaltische Ma- s ch i n en b a u AG. die S ch w artz k o p ff w e r k e, B o r sig und manche andere. Einzelne dieser Gruppen beherrschen in Deutschland ganze Warengebiete. Um dafür nur ein Beispiel anzuführen, sei erwähnt, daß die Berlin -Anhalttsche Maschinen- bau AG. im Dampfkesselverband, Röhrenreimgungsverband, Wast crwerksoerband, Llusfuhrverband der GasbehällerfaVri- ken, Gaserzeugewerband, Apparatebauverband, Kompressoren- Auslandsverband und im Nahfördermittelverband sitzt. Sie dienen sämtlich dem Zweck der Festsetzung von Preisen und Lieferbedingungen. Mit unseren summarischen Aufzählungen in Berlin sitzen- der Trustmächte ist deren Zahl nicht erschöpft. Das ist auch nicht wichtig. Entscheidend ist. daß sie zeigen, welch mächttge Wirtschastskörper vorhanden sind. Dabei darf nicht vergessen werden, daß sie durch die bekannten deutschen Finanzierungs- institute alle mehr oder weniger versippt und verschwägert sind. In den„großen" Auffichtsräten tres- fcn sich fast immer die gleichen Leute. Werden diese Trusts mit Nüchtemheit betrachtet, und das ist die erste Aufgabe ihrer Betveb-räte, dann verlieren sie die Hälfte ihrer imposanten Fassade. Man darf nicht glauben, daß sie restlos organisch, venumftig und auf das feinste ansbalan- ziert aufgebaut sind: ebensowenig sitzen in den Auffichtsräten ausschließlich Leute mit wirtschaftlichem Weitblick. Die Mark- eutwicklung der letztvcrgangenen Jahre hat gerade in der In- dustrie die gegenseitige Wegnahme von Sachwerten, die köpf- lose Flucht vor dem Papiergeld häufig genug ins sinnlose ge- steigert. Die Konzerne sind meist nach ausschließlich privat- egoistischen Gesichtspunkten und nicht allzu selten überhastet ge- schachtelt, aufgetürmt und ausgedehnt worden. Mancher er- innert heute an einen aufgeblasenen Luftballon, den der Nadel- stich umschlagender Konjunktur plötzlich zu einem Nichts zu- sammenschrumpfen lassen kann. Aber das sind alles Tatsachen zweiter Ordnung, vor allem anderen gilt, daß diese Anhäufun- gen industrieller Macht vorhanden sind und daß ihre Herr- scher existieren. Der Betriebsrat und im besonderen der Betriebsrat im Auffichtsrat ist der Vorkämpfer des Gedankens der Gemein- Wirtschaft, der allgemeinen Volkswirtschaft im Herzen des pri- vatwirtschaftlich und privategoistisch geleiteten Kapitalinteresses. Hier soll er stehen und Raum gewinnen, hier ist er Vorposten, er schaut von hohem Turm aus in das Gewirr de? kapitalistt- schen Wirtschaft. Das ist nicht mehr der alte Türmer, nur zum Schauen gestellt� er hat Erkenntnis zu gewinnen, Wahrheiten auszusprechen und die Bahn freizn- machen für den Sozialismus. Wenn er statt dessen mit be- schriebenen Papierkugeln, mit einstimmig aufnehmenden Re- solutionen die Berliner Trusts und deren Brüder vernichten will, dann soll er in Dreiteufelsnamen davongejagt werden. Sozialismus erkämpfen heißt, alltags mit den Ellenbogen und j mit dem Gehirn Platz schaffen. Geschieht das, dann werden die i Betriebsräte den Trusts ebenbürtige, ja größere Macht gegen- > überstellen helfen.
Inöustrie. Don Roda Roda . Wie anders war es doch in aller Zeit! Mit ttefer Wehmut gedenke ich noch heute eines traulichen Familienbildes. Es war am Vorabend der Hinrichtung unseres seligen Urgroßvaters. Großpaxachen, damals noch ein gar rüstiger Herr, saß, mit einem gestickten Hauskäpplein auf dem Haupt, über der.Morgenzeitung", Großmamachen las einen Roman von der Luise Mühlbach , Onkel Kaspar rauchte seine schwarzrotgoldene Pfeife, und Mutterchen— sie hatte sich kurz vorher verlobt— Mutterchen strickte ein Paar weiße Wintersocken für ihren Bräutt- gam— In der friedlichen Runde aber kreiste die Lichtputzschere, und alle wetteiferten im Schneuzen der anheimelnd flackernden Kerze. Damals brannte man ja nur Tolgkerzen. Seitdem sind viele, viele Jahre vergangen. Dl« Technik ist bis in die innerste Häuslichkeit gedrungen— man brennt heute Gas oder Elektrizität. Wir hatten in unsere alte Wohnung Gas einziehen lassen, aber Großmama wurde nie den Gedanken los, daß es nach Ziegenbock stinke. Elektrizität wieder, das kostet eine Meng« Geld, wenn man doch nicht darauf eingerichtet ist, und man hört auch so viel von Kurzschlüssen. Das las Großpapachen in der �Morgenzeitung" von der Spektral-Multiplex-Biform-Lamp«, und auch im Krakauer Kalen- der war sie rühmend erwähnt— als etwa» wirklich Gediegenes. Zufällig sah ich bei Beer u. Co. im Schaufester«in« Multiplex- Mform brennen und fand das Licht ruhig und sehr hell. Am nächsten Abend nahm ich meine Käthe mit. Wir sahen uns beide das Ding an. Si« konnte auch nicht viel dagegen ein- wenden— obwohl sie sonst gegen alles Einwände findet—, ste war nur mißtrauisch, weil die Lampe patentiert war. Aber es ist doch einfach töricht,«ine Lampe, nur weil sie patenttert ist, für schlecht zu halten. Wir besprachen also die Sache zu Hause. Großpapa, der sehr modern denkt— vielleicht am modernsten von nns allen—, Großpapachen war dafür, daß ich zu Beer u. Co. fragen gehen sollte: erstens, wieviel Petroleum die Lampe brauche, zweitens wieviel sie toste, iptd drittens wegen ihrer Garantie auf ein Jahr. Aber schriftlich— das schärfte mir Großpapachen ein. Bei Beer u. Co. traf ich einen Kommis, einen sehr geläufigen jungen Mann. Er fragte mich, ob ich einen Spektral-Multtplex- Bifarm-Löscher haben wollte— oder eine Spektral-Multtplex- Viform-Lampe. Ich sagte: eine Lampe. Er brachte sie herbei und zündete sie an. Qnd sprach:
„Unsere von allen europäischen Höfen und den höchsten Fürst- lichkeiten durch lobende Anerkennungen ausgezeichnete Spektral- Mulliplex-Biform-Lampe hat ihren Namen daher, daß ihre Flamme, wie Sie sehen, in Form eines griechischen Bi brennt. Man kann sie auf acht Kerzenstärken einstellen— wie jetzt— für Gesellschaften bis zu fünf Personen: oder— so— auf neun Kerzen— für elf Personen, darunter auch Kinder; oder— durch diesen Hebeldruck — auf dr�izehneinhalb Kerzen— für Hochzeiten und andere größere Räumlichkeiten. Die Tabelle dazu geben wir kostenlos bei.— Die Lampe wird mit Spektralöl gefüllt, und führen wir selbes gleich- falls. Das Spektralöl ist von uns erfunden und wird eigens für unsere werten Kunden erzeugt; es kostet zwar um fünf Kronen per Tonne mehr als das beste im Handel befindliche Petroleum, hat aber auch einen um 21,5' Proz. höheren Feingehalt an ölig-chemi- schen Bestandteilen. Die Multiplex-Biform verbraucht davon in einer englischen Stunde je noch der Kcrzenstärke für dreizehn bis neunzehn Hundertstel Heller, wodurch sich zwar das Liter Spektralöl in der Anschaffung ein- für allemal etwas höher stellt, jedoch im Ge- brauche wesentliche Ersparnisse im Gefolge hat. Hierfür garantieren wir, und legen wir die Tabelle hierzu gleichfalls kostenlos bei.— Die Lampe selbst berechnen wir Ihnen äußerst mit 23 Kronen 70 Heller netto, ab hier, und haften wir schriftlich bis zur Ueber- stellung ins Haus." Also kaufte ich eine Lampe samt allen notwendigen Reben- bestandteilen. „Wünschen Sie auch«inen Spektral-Multtplex-Bikorm-Ohren- schützer?— Rein?— Aber einen SpÄtral-Multiplex-Biform-Loscher empfehle ich Ihnen unbedingt." „Rein," sagte ich,„wozu brauche ich einen Spekttal-Multiplex- Biform-Löscher?" „Ra, Sie werden schon sehen." 2lm dritten Abend sahen wir wieder gemütlich beisammen— Großpapa mit seiner„Morgenzeitung" und Onkel Kaspar mit seiner Pfeife— da sprach meine Käthe: „Sieh nur, die Lampe geht aus." Ich rüttelte sie— sie war gefüllt. Ich holte die Tabelle stellte die Lampe auf sechs Personen und drei Kinder ein— lie blakte. „Vielleicht ist das Multiplex zu stark erhitzt," sagte Onkel Kasimr— und ich tat ein anderes Multinlex in die Biferm.— Aus der Lampe hörte man es zornig brausen, und die Flamme fuhr wie eine Schlange aus dem Zylinder. „Am besten wäre, die Lampe auszulöschen." „Ja, ja, löschen wir sie aus!" Und ich blies Anfangs ich allein. Dann Onkel Kaspar, Köche und sämtliche Kinder. Wir bliesen zuerst mrgeregelt und dann auf Kommando. Der Gouvernante flog der Puder vom Gesicht und ein Zopf«i» der Frisur— die Lampe brannte.
Da sah man, wie das Multiplex anfing, von obenher longsam in Rotglut überzugehen. Immer tiefer und tiefer. Jetzt und jetzt muhte die Röte den Lampenkörper erreichen. Und da— erfolgte ein unbeschreiblicher Krach. Ich habe jene berühmte Kesselexplosion des Donaudampfers „Radetzky" im Hafen von Preßburg mitgemacht, wo der zweite Maschinist hoch in die Luft flog und die Kunde von dem erschüttern- den Ereignis als erster nach Bruck an der Lcitha brachte. Aber tcy muß sagen, ich habe zwischen den beiden Explosionen keinen Unter- schied bemerkt. Onkel Kaspar wieder, der damals in Preßburg sein Gehör verlor, fand den Knall der Spetral-Multxplex-Biform-Lampe um eine Nüancc lauter. Unsere Fenster waren auf die Gasse geflogen, und eine Rauch- wölke wallte gen Himmel... In der„Morgenzeiwng" stand später, die Rauchwolke wäre fünfzehn Stockwerke hoch gewesen— doch das halte ich für etwas übertrieben. Es brannte der Sckreib- tisch, es brannte das Fußende von Großpapack?ens Bett und. die marmorne Säule unter unserer gipsernen Brozebüste von Dante. Wir alle saßen noch betäubt— unfähig, uns zu rühren. Da hörte mon's unten rasseln und blasen: die Feuerwehr. Und eine Baßstimme vor der Tür:„Ist's ein Spektral-Multiplex- Biform-Brand— oder ein anderer?" „Eine Biform—" „Ra, dann heißt's nicht viel," Herein trat ein Feuerwehrmann mit einem niedlichen polierten Apparat und richtete einen dünnen Strahl auf die Brandstellen.— Im Nu war alles gelöscht. Dem Feuerwehrmann auf dem Fuße aber folgte der Kommis von Beer u. Co. und sprach: „Sie haben hier soeben den ausgezeichneten Spektral-Multi- plex-Biform-Löscher in Tätigkeit gesehen, und dürfte derselbe Ihr sehr geschätztes Wohlgefallen gefunden haben. Wir erzeugen solchen in zwei Größen: a) für eine bis drei Spektral-Multiplex-Biform- Lampen— b) in größerer Ausführung für vier und mehr Lampen." „Um Himmelswillenl" rief ich.„sind denn Cure Lampen geradezu aufs Explodieren eingerichtet?" Der junge Mann lächelte.„In höflicher Beantwortung Ihrer geschätzten Anfrage," sagte er,„erlauben wir uns, Ihnen ergcbenst mitzuteilen, daß der Hauptartikel unseres mit dreiundsiebzig Filialen in sämtlichen Ländern und Königreichen vertretenen Welthauses unsere großartigen Spektral-Multipler-Biform-LSscher sind. Nur um unseren ausgezeichneten amerikanischen Multiplex-Biform- Löschern eine weiter? Berbreitung zu sichern, erzeugen wir unsere Spektral-Multiplex-Tiform-Lampen, und geben wir selbe an Jitter essenten zum halben Selbstkostenpreis« ab." Aus:»Des Esel« Kinnbacken " von Roda Rod" Vertag Paul Stegmann, Hannover .