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Das Aorteilhafteste, was Deutschland tun könne, im eigenen Interesse und in dem Europas , würde sein, seine»sinnlose Politik vorsätzlicher Obstruktion" aufzugeben und sich zu ergeben. Dafür könne Deutschland mit Vorteil das Ler- sprechen bekommen, daß eine Konferenz daraufhin abgehalten werden wird, auf der Deutschland wenigstens" vertreten sein wird. Eine solche Konferenz könne natürlich nur aus den alliierten Hauptmächten bestehen, die den Versailler Vertrag unter­zeichnet haben und selbst unmittelbar an der BefriediFwig ihrer rechtmäßigen Forderungen interessiert sind. Diese Mächte seien end- gültige Schiedsrichter, ebenso wie sie die ersten Schiedsrichter waren. Das Blatt schließt, wenn Frankreich einer wirtschaftlichen Lösung eines wirtschaftlichen Problems zustimme, so werde es ganz Europa verpflichten, da die deutsche Note die Möglichkeit eines g e m e i n s a m e n Versuches aller in Betracht kommenden Mächte, das verfallende Gebäude der europäischen Stabilität wieder aufzu- richten, biete. Daily Telegraph " schreibt, man habe gehofft, daß die deutsche Note wenigstens einen Schritt in Richtung einer Regelung darstellen werde, und man sei bereit gewesen, sie fair und aufmerksam zu prüfen, wie man es auch jetzt tun werde, aber was könne man anders von diesem Erzeugnis sagen, als daß es überhaupt keinen Fortschritt in Richtung des erwünschten Zieles darstelle und dazu geeignet sei, eine moralische Lage, die bereits verzweifelt genug sei, noch schlimmer zu machen. Die Unterbreitung eines Angebotes an sich habe bereits unter den gegebenen Umständen einen A k t der Uebergabe bedeutet, und wenn schon einmal eine Uebergabe sein sollte, so hätte die Note mindestens derart sein müssen, daß sie einige Aussicht auf Erreichung des Zweckes schaffe. Das Blatt kommt zu dem Schluß, es fei keinerlei Hoffnung auf eine Erneuerung der Verhandlungen auf der in der deutschen Note niedergelegten Grundlage zu erblicken. »Daily Herold" überschreibt seine« Leitartikel mit den Worten: »Dem Frieden nicht näher" und führt aus, leider zeigten die Fraa zosen. daß sie eine Regelung der Reparafionzfrage gar nicht wollen. Es sei aber natürlich genug, obgleich zu gleicher Zeil bedauerlich, daß auch die Deutschen sich etwas aufs hohe Roß sehten. Das Arbeiterblatk fährt fort: Wir wollen, daß Frankreich eine angemessene Summe für die Wiederherstellung der ver- wüsteten Gebiete erhält, aber unsere Sympathie gilt hauptsächlich den deutschen Arbeikern und ihren Frauen und Sindern. die eine so glänzende Entschlossen- heit gezeigt heben, dem Militarismus nicht nachzugeben, die nicht allein Würde gezeigt haben, sondern Adel, und deren Opfer dauernd höher werden. Zn ihrem llnk�r- esse ebenso wie im Interesse der britischen Arbeiter, die er- werbslos sind wegen des ungeordneten Zustandes, fordern wir die Regienmg dringend auf, eine A n it r e n g u n g zu machen, um die Parteien zusammenzubringen und einen Ausweg vor- zuschlage». Daily Chronicle" schreibt: Der Worrlaut des deutschen An­gebots müßte von allen alliierten Ländern sorgfältig untersucht werden. Bevor eine Regelung erzielt und Deutschlands Mitwirkung gesichert sei, könnten die Alliierten nicht darauf rechnen, ihr Geld zu bekommen. Das Blatt erklärt sich keinesfalls zu der Ansicht, daß die Deutschen ein verstecktes Angebot gemacht haben und hält die vorgeschlagenen andenizaib Milliarden Pfund für zu wenig, ob- gleich sie anscheinend die Wiederanfnahm« der verschiedenen vor Be- sctzung des Ruhrgebiets erfolgten Sachleistungen nicht ausschließen. Aber man sehe aus den Erklärungen Poincares und seiner Presse, daß es wenig Unterschied gemacht hätte, wie hoch die Summe ist, wenn nicht Deutschland bedingungslos den passiven Widerstand aufgebe. Es werde von Deutschland verlangt, sich selbst seiner letzten Waffen zu entäußern, bevor Frankreich mit ihm sprechen solle. Aus dieser Zusammenstellung von Presseäußerungen er- gibt sich, wie verschieden auch in London der deutsche Vor- schlag beurteilt wird. Am meisten ablehnend stellt sich der konservativeDaily Telegraph " ihm gegenüber, der allerdings in den letzten Wochen einen immer deutschfeindlicheren Stand- punkt eingenommen hat.. Die Kritik desDaily He- r a l d" an die Adresse der deutschen Regierung wird man hierzulande um so aufmerksamer lesen müssen als die s o n st i- gen Aeußerungen unseres londoner Bruderorgans ein

warmherziges Eintreten für das Schicksal der deutschen Arbeiterklasse und für die Haltung des Ruhrprole- tariats bedeuten. Aber auch die anderen Blätterstimmen lasten schon jetzt darauf schließen, daß die deutsche Note im allgemeinen keinen ungünstigeren Eindruck in England erweckt hat, obwohl die Londoner Korrespondenten der Pariser Presse das Gegenteil versichern. Es ist jedenfalls bemerkenswert, daß sich niemand auf Aeußerungen a m t- l i ch e r Londoner Kreise beruft. Das erklärt sich daraus, daß die englischen Regierungsstellen bisher ein absolutes Stillschweigen über ihre Ansichten und Absichten ge- wahrt haben. Ungünstige Cntscheiüung ües Ministerrates? Eine scharfmacherische Havas-Knndgebung. Paris , Z. Wal (WTV.) Eine offenbar beeinflußte Mitteilung der Agentur havas, in der im einzelnen die deutschen Vorschläge analysiert werden, kommt zu dem Schluß, die französische Regierung habe heute vormittag im Ministerrat über die deutsche Rote beraten. Aber mau könne schon jetzt versichern, daß die neuen Angebote als unannehmbar erschienen. Räch den ersten aus Brüssel vorliegenden Anzeichen werde übrigens diese Emp- sindung von dem belgischen Kabinett vollkommen gekeilt. Es sei wenig wahrscheinlich, daß die französischen und belgischen Minister zusammenkommen, um über die deutsche Roke zu ver- handeln, ebenso scheine ein großer Teil der Sffeulllchen Meinung in England und ein großer Teil der italienischen Kreise die Berliner Vorschläge ungünstig aufzunehmen, die im allgemeinen als für unzulänglich beurteilt werden. Eine rasche Prüfung der deutschen Role genüge übrigens, um sofort den illusorischen Charakter hervortreten zu lasien. Die deutsche Rote mache mit einem Wort ubula rasa, mit dem versailler verlrag. Die Pariser und die Brüsseler Regierung würden sie gebührend beanl- warten, indem sie die Ausbeutung des Ruhrreviers intensiver gestalten. Bei Schluß des Blattes trafen noch folgende Kommentare der Pariser Oppositionspresse durch WTB. ein: Der sozialistischeP o p u l a i r e" vertritt den Standpunkt, daß die deutschen Angebote ungenügend seien, und daß tsie deutschen Sozialisten dies als erste anerkannt hätten. Das Kabinett Enno habe jedoch den ersten Schritt unternommen und verhandlun- gen eingeleitet. Man könne hieraus nicht mit Still- schweigen antworten. Es sei unmöglich, bei dem zweideutigen slaius quo zu bleiben, der offenbar in Paris und Vrüflel gefallen zu haben scheine. Das GcwerkjchaftsbtattPeuple " vertritt den Standpunkt, daß die deustche Note nicht die Hoffnung auf eine Verständigung gebracht habe. Sie bedeute nicht einmal einen Fortschritt gegenüber dem Plane Bergmanns , der der Pariser Konferenz hätte vorgelegt werden sollen. Die Ruhrbesetzung sei ruinös in ihrer Durchführung und verhängnisvoll für das Reparations- Problem. Sie berge ungeheure Gefahren, da sie den Ruin Deutsch - lands beschleunige und auch für die Franzosen die Finanzschwierig- keilen verschlimmere. Das Blatt kommt zu dem Schluß: Das habe man von der französischen Politik zu sagen, die daran arbeite, diesen Ruin zu erleichtern und herbeizuführen. Die»Ere nouvelle" schreibt, bevor man nach Berlin. nein" sage, müsse man sicher sein, daß Frankreich nicht alleinnein" sage. Eine negative Antwort bedeutete aber noch nicht das Ende. Wenn man jede Verhandlung verweigere, müsse man seiner Aktionsmittel sicher' fein. Die Ruhr in französischen Händen sei ein politisches, aber kein produktives Pfand.Wenn wir", heißt es weiter, die durch das Wort des Reichskanzlers garantierten sofortigen 80 Milliarden verachten, so ist es unerläßlich, daß wir in der Lage sind, 20 Milliarden zu schaffen, die garantiert sind durch die Fa. briken- durch das Eisen, durch die Kohle. Es ist zweifelhaft, ob wir durch unser Pfand diese Kompensationen erzielen. Die deutschen Vorschläge haben wenigstens das Verdienst, daß sie geheime Fragen ins helle Licht der Sonne stellen. Wir wollen nicht erklären, daß das nationale Interesse nicht erfordert, daß der deutsche Vorschlag negativ oder mit mehr oder weniger Reserve beantwortet werden soll. Aber wir glauben, daß dos nicht überstürzt und leichten Herzens geschieht."

Der Krupp-Prozeß.

Esse«, 3. Mai. (WTB.) Der Krupp-Prozeß ist nunmehr endgültig auf den i. und 5. Mai anberäumt. Unter Anklage ge- stellt sind folgende Herren: L Krupp von Bohlen und Halbach; 2. Direktor Bernhard Ruhn: 3. Direktor Hartwig: 4. Direktor Oesterlen : S. Direktor Baur : 6. Direktor Schaeffer: 7. Betriebs- divektor Schraepler; 8. Betriebsdirektor Cuntz: 9. das B e» triebsratsmitglied Müller: 10. der Chef der Lehrlings- Werkstatt, Groß. Gegen die Angeklagten 8, 8, 7, 8 und 10 wird in Abwesenheit verhandelt. Außer Verfolgung gesetzt wurde Be- triebsdirektor Ritter, weil«r als bloher Betriebsdirektor nicht in Frage kommt, und der Chef der Feuerwehr, Igne. Die Klage bezieht sich in erster Linie auf Verordnung 22, die bei schweren Verbrechen Todes st ras« oder lebenslängliches, min- bestens aber zehn Jahre Gefängnis vorsieht. Es handelt sich dabei um Bildung eines Komplotts und um Machi- Nationen zur Begehung eines Attentates gegen die französischen Truppen. Im ganzen find 40 Zeugen geladen, und zwar 20 vom Ankläger und 20 von der Verteidigung. Mit dem Prozeß ver- Kunden ist ein Verfahren gegen Gerlitz, Smuda und Sorgenicht, die angeklagt sind, bei den Vorgängen am Karsamstag einem bei- gischen Soldaten das Motorrad weggenommen und es verheimlicht zu haben. Esten. 3. Mai. (MTB.) Werksleitung und Betriebs- rat der Kruppschen Gußstohlsabrik haben an die Werksangehö- rigen die nachstehende Bekanntmachung erlassen, die an den Plakattafeln der Gußstahlfabrit angeschlagen ist:»Herr Krupp von Bohlen und Halbach, der Vorsitzende unseres Aufsichts- rates, ist gestern vormittag, als er in der Angelegenheit der ver- hafteten Mitglieder des Direktoriums zum dritten Mal« einer Vor» ladung zu einer Vernehmung als Zeuge gefolgt war, von der fran» zösischen Behörde verhaftet worden. In ausdrücklichstem Ein- Verständnis mit Herrn Krupp von Bohlen und Halbach und im Einklang mit den übrigen Beteiligten richten wir heute an alle Werksangehröigen die Bitte, von einem P r o t e st st r e i k aus Anlaß dieser neuen Verhaftung abzusehen und bei der Arbeit zu bleiben. Wir sind der Ueberzeugung. daß damit unserer Sache und dem Vaterlande zunächst am besten gedient wird.

Die Zranzosen verlangen Kohlenfteuer. Duisburg . 3. Mai. (WTV.) Die Franzosen verlangen nun- mehr von den industriellen Werken die Bezahlung der Kohlen st euer. Vom hiesigen Rheinischen Stahlwerk wurde dieses Ansinnen abgelehnt. Daraufhin beschlagnahmten die Franzosen mehrere Waggons verschiedenster Blechsorten.

Devisenkurse.

l holländiiwer Gulden... t argentinische Papier -Peso 1 belgischer Frank...... 1 norwegische Krone... 1 dänische Krone....... 1 schwedische Krone..... 1 finnische Mark....... 1 japanischer Den...... 1 italienische Lire...... 1 Pfund Sterling...... 1 Dollar........... 1 fronzösischcr Frank.... l brasiliamschcr MilreiS.. l Schweizer Frank ...... 1 spanische Peseta..... 100 österr. Kronen(abgest.). 1 tschechische Krone..... 1 ungarische Krone..... 1 bulgarische Lewa..... 1 jugoslawischer Dinar...

8. Mai

Käufer» (®elb.) Kurs

Berkäufer «Brief») Kur»

15361.80 14264.28 2244.38! 6683.28 7306 68 10374. 10350.30 1018.20 181845- 39151.87 2613.45 4189.50 7132.12 6034.87 1182.03

15438. 14335, 2255. 6716. 7343. 10426. 19449. 1924, 182455. 39348. 2626. 4210 7167. 6065,

1187.17

2. Mai Klusrr �Verkäufer «Geld»)«Brief») Kur« Kur«

12344 06 11521.12 1850.86 5386.50 8960.06 8428.87 907.72 18660.75 1561.03 146383 12 3ie7*r7?1 2169.58 3391.50 5760.56 4887.75 45.78 972.56 5.88 242.89 344.18

12405 94 11578.88 1859.64 8413.50 5989.91 8471.13 912.23 15739.25 1568.93 147118.88 31779.25 2170.42 3408.50 5789 44 4912.23 46.03 977.44 5.93 243.61 343.87

Eine Taube ist tot heruntergefallen. Erzählt von Max Kolmsperger(München ). Auf dem Asphalt des Odeonspalastes, wo die Tauben sich tummeln, als gäbe es auf der ganzen Welt keine Raubvögel und Feinschmecker, wo sie sich auf den Schultern der Menschen ver- trouensooll niederlaflcn und Kindern, armen und reichen, aus der Hand die braunen Körner picken, ist gestern eine Taube, wie von einer unflchibaren Hand herabgeschleudert, tot aufgefallen. Eben in dem Augenblick, als der Föhn noch«inigen Stunden der Rachmittagsruhe aufsprang und durch die Straßen raste wie ein Amokläufer. Eben in dem Augenblick, als sich über dem Platz eine plumpe schwarze Wolke öffnete. Deutlich war das dumpfe Geräusch des Falles zu hören. Es überfiel m.ch die Vorstellung und es wurde mir danach zumute, als wenn der Tod in leibhaftiger Skelettgestalt vor mir, vor meine Füße einen Ball geschleudert hätte. Dreimal noch ging«in Zucken durch den graugefiederten Vogel- körper. Wie ein stummer Protest gegen die Tücke eines frühlings- losen Schicksals. Kinder sammelten sich um die arme Vogelleiche. Ein kleines Mädchen hob sie auf, und vier, fünf Kinderhände strichen zart über den toten Körper, aus dem die Lebenswörme floh als wollten sie ihn wieder beleben. Ein kurzer, stummer Streit entstand, wer den toten Vogel ans Herz drücken dürfe und bergen vor Kälte und Nässe. Er ist tot," sagte das kleine Mädchen.»Ja, er ist tot," sprachen die andern. Das klang trauriger und erschütternder als ein Grablied für irgendein verdientes Vereinsmitglied.... Ich habe noch nie «inen so schönen Leichenzug gesehen, und ich wollte gern« einmal im Frühling sterben, könnte ich zu Grab« getragen werden wie diese Taube, die gestern tot aus den Lüften herunterfiel. Sammerspiele:»Die Verführung" von Paul Sornseld. Das Werk trögt die Signatur innerer und äußerer Formlosigkeit, wie sie für gewisse modernste Dramen charakteristisch ist. Doch Geholt �und Kraft, um derentwillen ein Brechen mit den im Wesen der Bühne vorgeschriebenen Bindungen sich lohnen würde, fehlt. Von jener Weite, die in StrindbergsTraumspill" waltet und die dem un- gebundenen, von keiner einheitlichen Handlung zusammengehaltenen Wechsel der Btlder zu einem Weltbilde des Erdentreibens steigert, ist in dem Dunkel dieses Hin und Her nichts zu spüren. Die Ansprüche mc durchgeführte Charakteristik, Motivierung und Entwicklung, die der Verstand stellt, und die den Rahmen bildeten, in welchem ebenso das klassische wie das naturalistische Charakterdramw sich bewegt hat, werden, zugunsten einer blinden Willkür zurückgedrängt. Die Be- rufung auf die souveräne Freiheil der Phantasie fließt nicht aus der Ueberfülle der Geschichte, nicht aus einem Neuen, das über alle Form und Schranken hinausgewachsen wäre, vielmehr dem Anschein nach aus einem Unvermögen plastischer Gestaltung.

Als psychologische Studie, intim-naturalistisch ausgemalt, hätte der haltlos hin- und hergeworfene John Bitterlich des Stückes unter Umständen Interesse haben können. Indes zu einer in die Tiefe dringenden, die krankhaften Verworrenheiten des Charakters belich- tcndcn Psychologie ist nirgendwo ein Ansatz. Er bleibt in seinem Deklamieren und seinem Tun von Anfang bis zu Ende unoerständ- lich und gleichgültig: die Zumutung an den Zuschauer, das Schicksal dieses Helden als tragisch zu empfinden, ruft stärksten Widerspruch hervor. Der junge Mann, der niemals etwas Nützliches getan, schiebt seine innere Unzufriedenheit aufs Leben, aus dessen Niedrigkeit er fort will. Für das Fehlschlagen eines Selbstmordversuches reocm- chiert er sich durch verdoppelte Unausstehlichkeiten, die er dann durch ein Kapitalverbrechen krönt. Das schieberisch-stupide Aussehen eines Bräutigams setzt ihn in solche Wut, daß er sich aus ihn stürzt und ihn erwürgt. Eine Tat, die seine Stimmung wohltätig belebt. Von Reue keine Spur, doch freut er sich aus das Gefängnis. Weder die arme alte Mutter, noch der Staatsanwalt, der, wie die Staats- anwalte ja nun einmal sind, dem Inhaftierten mitleidig zur Flucht rät(!), machen ihn in seiner Sehnsucht noch den Kerkermauern wankend. Dies Wunder gelingt erst einem plötzlich auf die Bühne geschneiten Fräulein Ruth, einer enthusiastischen Verehrerin von Vitterlichs dämonischer Natur. Er flieht mit ihr, jubiliert von neuem Glück und tritt bei einer Bauernkirmes als Spender eines Fäßchens Freibier auf. Der Bruder der Dame holt das Pärchen ein und lockt es nach Hause, um den Verführer der Schwester zu vergiften, was ihm nach mancherlei kinomäßig grotesken Verwechslungen des Giftfläschchens schließlich auch gelingt, woraus als Abschluß eine Fried- hossszen« folgt. Verblüfft, gelangweitt, doch geduldig, ließ das Pu- blikum den Wirrwarr über sich ergehen. Ein kleiner Teil applau- dierte. Dem talentvollen Herrn G r a n a ch fiel die undankbare Rolle des irrenhäuslerischen Deklamators zu. Menschlich berührte in dem Mummenschanze Margarete Kupfers schlichte Mutter, die nickfts an ihrem Sohn« irremachen kann. L i a Rosen gab der Fi- gur der Ruth ein« sympathisch-mädchenhafte Frische. Franz Zworskis technisch« Einrichtung bot in den rasch vorüberziehen- den kleinen Bühnenbildern stimmungsvolle Hintergründe. ät. komische Oper:»Der Gautlerkönig." Di« Operette hat eine flotte Handlung und eine sehr gut« Pointe. Ein Komödiant, der dem regierenden König ähnlich sieht, spielt die Rolle des Herrschers so glänzenih daß alles Volk auf den Trick hereinfällt. Während der König empört auf das Wagnis des Gauklers blickt, ist der Gaukler nicht weniger empört, daß einen Augenblick lang der verkannte König wogte, den Gaukler zu spielen. Herrsche? und Komödiant beide sind nicht voneinander zu unterscheiden gewesen. Es scheint nicht viel mit dem Gottesgnadentum der Auserwählten aus sich zu haben. Der ganz- Zickzack-Spaß ist eingefädelt von dem Adjutanten des Königs, der in seiner Geliebten Augen den königlichen Bräuti- gam in spe lächerlich machen wollte. Ein betrunkener falscher Hof- Marschall, ehemals Schmicrenrsgifssur, verrät in edlem Suff die ganze sanft-intrigante Affäre. Zuletzt sitzen natürlich die richtig verliebten zwei Paare Hand in Hand beieinand. Für den Text zeichnen drei verantwortlich: Presber, Stein und Z e r l e t t, für die Musik: Gilbert. Dieser eine

ft eine qute Mischung aus vielem. Allerdings ragt er aus dem omponisten-Gremium als einer der besten immer noch heraus, auch wenn er ältere nicht schlechtere Weinjahrgänge in neuere Schläuche füllt. Er schreibt eine Walzeroperette und wartet nach Bedarf auch mit assyrisch-babylonischen. mexikanischen und sonst geographisch nicht sicher nachweisbaren Melodien auf. In dem vornehmen, unaufdringlichen spring, und singfrohen Orchesterrahmcn wirkt alles an Tanz und Lied gut, auch ohne Schlager oder Dacapo, stück zu sein. Leider spielt die Komische Oper ohne eigenlliche Heroorragende Soubretten. Charlotte Boerner singt mit zierlicher, feiner Stimme, M i z z i M e t e l k a ist burschikos und hat ein« grobe Witzigkeit. Di« Stars sind diesmal Männer. Der Striese-Sttudel von Franz Groß, eine köstliche Theatertype aus vergangener Zeit, der frische, kecke, tonzgelentige Harald Paulsen und mit outen«Aefangsmanieren Art»? Kistenmacher, der Liebhaber. Paul Weiner dirigierte. Der Erfolg der Operette war zwar nicht siedeheiß, aber für die Maikühle doch von sehr gesegneter Temperatur. K. S. Lehrerelend. Em trübes Zukunftsbild der akademischen Junglehrer bot eine stark besuchte Versammlung des Preu­ßischen Pbilologenverbandes im Friedrichsgymnastum. Viele Einwände wurden gegen den Entwurf zur Anwärterordnung erhoben, der kürzlich dem Landtage zugegangen ist. Während das Staatsministerium den Gerichtsassessoren ständige Beschäftigung und Bezahlung gewährleistet, lehnt das Kultusministerium ecne solch« Fürsorge für seine Hilfskräfte ab. Rur eine beschränkt« Zahl von Assessoren wird vom Staate übernommen, die übrigen werden aus die Straße gesetzt, ohne Abkehrgeld, ohne Unterstützung. Bei der Auswahl selbst gibt es keine Sicherung gegen Willkür und ein- seitig« Beurteilung, parteipoiittsche Bevorzugung ist nicht ausge- schloffen. Da keine Berufung möglich ist, ist hie? der Willkür Tür und Tor geöffnet. Die Versammlung wandte sich mit aller Schärfe gegen dies« Möglichkeit und fand dabei die Unterstützung der Der- treier verschiedener Parteien. Von unserer Partei war Frau W e g s ch e i d e r anwesend. Die Kommunisten hatten Schalem ge. schickt, der in längerer Rede sein gutes Herz für das geistige Pro- letariat entdeckte. Die vielfachen Verbefserungsvorschläge die der Referent und die zahlreichen Redner machten, werden bei'den Ver- Handlungen im Landtag« hoffentlich Früchte bringen. B. Hilde Schewtor bringt am 4.. abend» S Ubr. im Beethobenlaal die längerisK-lchauspielerischeu S-staltungen»Proletarier, Menschen, Lyrische», Humoresken�. «ine Studlengemelnschiift für wisieulchaftliche Heiinatr»»de IN an der Naatlichen Stelle sür Aaturdentmalpslege in Striin gegründet worden. Sie will in einem Lehrgang, der zwei Jadre dauern soll, ein« Einjübrung m die wisienschaslliche Heimatkunde der Provinz Srandeuburz und eine Anleitung zu selbständigen Arbeiten aus dem Gebiete der Heiinaterlundung geben. Dozenten dcsür sind die Fachleute unter den ANgebörigen der llaatlichcn Stellender Universität, der Tahicmer Anstalten, de» Märkischen Museum». Au» dem Reiche der Unmündigen. Eine Verordnung de« Nettorat» der Universität Budapest verbietet den Studenten dieser Hochschule unter And'. ohung von Di»ziplinantrasen, politische!» Berciutgunge» und ähnliche« Orgamjaüoneu beizutreten.