der Krupp-Prozeß. Heute beginnt die Verhandlung des franzosischen Kriegs- gerichts gegen Herrn v. Krupp-Halb ach, die mitangc- klagten Betriebsleiter und das Betriebsratsmitglied Müller. Die Mithereinziehung des letzteren in den Prozeß wirkt als eine Ueberraschung, da die französische Anklagebehörde zunächst bestrebt schien, sich bloß an die wirtschaftlichen Gegner der Arbeitnehmer zu halten, diese selber aber nicht zu reizen. In- dem sie diesen Standpunkt verlassen hat, hat sie zugegeben, daß die beabsichtigte Scheidung nicht haltbar ist, und sie hat selber das Märchen zerstört, daß die Arbeiter von den Krupp- direktoren in das Feuer der französischen Gewehre hineinge- trieben worden seien. Dieses Märchen verdankt— das muß leider ausgesprochen werden— seine Entstehung einer Denunziation, die von dem kommunistischen„Ruhr-Echo"' verübt worden ist, die aber von den meisten Kommunisten entschieden mißbilligt wurde und zu scharfen Auseinandersetzungen innerhalb der Kommunistischen Partei des Ruhrgebiets Anlaß gab. Es ist festgestellt, daß das Ziehenlassen der Sirenen, das eine„Gefährdung" der französischen Truppen verursacht haben soll, einem im gan- zen Revier allgemein getroffenen Abkommen zwischen Arbei- tern und Unternehmern entspricht. Auch in diesem besonderen Fall war die Alarmierung der Arbeiter keineswegs auf die Initiative der Betriebsleiter zurückzuführen. Mit Recht und Gerechtigkeit hat dieses Verfahren nicht das geringste zu tun. Es ist nur ein Glied in der Kette des Versuchs, die Bevölkerung des Ruhrgebiets durch den weißen Schrecken des Militarismus mürbe zu machen. Darauf in dieser Stunde hinzuweifen, scheint uns notwendig. Es ist begreif» ltch, daß man im Ausland das kritisiert, was man die Unge- schicklichkeiten und den falsch gewählten Ton der deutschen Rote nennt— auch wir hätten uns diese Rot« in manchen Punkten anders vorstellen können. Aber unbegreiflich und schändlich wäre es, wenn man irgendwo draußen in der Welt nur auf deutscher Seite Fehler finden, über die Verbrechen des französischen Militärregiments an der Ruhr aber, das vom Mord zum Justiznwrd schreitet, liebevoll hinwegsehen wollte. Man möge kritisieren, was die deutsche Regierung tut, aber man möge daneben nicht vergessen, was dem deutschen Volk angetan wird! Degoutte befiehlt. Essen, 3. Mai. (WTB.) Der passive Widerstand, der alle De- vAterungskreise in gleichem Maße beseelt und der von Tag zu Tag nicht nur nicht abnimmt, sondern�fmmer stärker wird,:)at den Kommandierenden General Degoutte veranlabt, dieVerfügung Nr. 33 zu veröffentlichen, die folgendes besagt: Artikel 1. Jede Person, die die von der Interalliierten Kommission der Fabriken und Bergwerke eriasienen Anordnungen, Kohlen, Koks oder seden anderen Stoff zu liefern, nicht befolgt, hat eine Gefängnis- strafe bis zu fünf Iahren und eine dem doppelten Wert der verlangten Lieferung gleich« Geldstrafe oder eine dieser beiden Strafen verwirkt, jedoch darf die Geldstrafe nicht weniger als 10 Millionen Mark betragen. Artikel 2. Ick« Person, die innerhalb fünf Tagen, vom Tage der Beröfientiichung cm gerechnet, die ihr von der Interalliierten Kontrollkommission der Fabriken und Bergwerke zugestellten Aeferungsonordnungen nicht befolgt, hat die im vorhergehenden Artikel angeführten Strafen ver. wirkt. Artikel 3 besagt, daß jede Person, welche durch irgendwelche Handlungen die Auesührung rückständiger Lieferungen hindert oder aufhält oder dies zu tun versucht, die in Artikel 1 erwähnten Strafen verwirkt habe.— Noch einer weiteren Verordnung darf ohne vor- herige Ermächtigung der Militärbehörde in Zukunft keine neue Zeitung und keine neue Zeitschrift mehr erscheinen. Soll ein« neue Zeitung oder eme neu« Zeitschrift her- ausgegeben werden, so muß der Herausgeber an den Generalstab seiner Division ein Gesuch richten, in dem die Namen der sämtlichen Redakteure, der Sitz der Geschäftsräume, der Platz der Druckerei und die Adressen der Verleger usw. angegeben sind. Binnen 20 Tagen wird dann entschieden fem, ob die Zeitung oder Zeitschrift erscheinen darf oder nicht. Iranzöfische Straßenräuber. Horst-Emscher. 3. Mai. (WTB.) Wiederum sind gestern abend auf der Jndustriestraße sechs Bürger der Gemeinde unter Vor» Haltung von Revolvern von zwei französischen Soldaten beraubt worden. Drei des Weges daherkommende Arbeiter, Maschinenschlosser Wingendorf, Bergmann Masuch und Dohnarbeiter Rüdwill, die unabhängig voneinander heimkehrten, wurden von dem einen der beiden Soldaten, der etwas mehr angetrunken war als der andere, festgehalten und zunächst um 20 000, dann um 10000 und schließlich um 3000 M. angegangen. Währenddem kamen drei t a- tholisch« Geistlich«. Pfarrer Leugers von der Laurenzius- Pfarre mit den beiden Kaplanen Limister und Gasseling ebenfalls an der Stelle vorbei. Auch sie wurden angehalten und mit den drei Erwähnten gemeinsam in eine Häufernische getrieben. Man forderte auch von ihnen 3000 M. Als die Franzosen daraus hingewiesen wurden, daß sie Priester seien, hielten sie ihr« Revolver noch drohender auf sie. Erst als sie jeder 3000 M. bezahlt hatten und Rüdwill alles Geld abgegeben hatte, was er besaß, tonnten st« gehen. Mit diesen sechs Überfällen ist die Zahl ähnlicher Straßen- räubereien in den letzten drei Wochen auf elf gestiegen. Amtmann Dr. Schumacher hat in einem energisch gehaltenen Schreiben an die Ortskommandantur auf das Unhaltbare dieser Zustände unter Mitteilung des Dernehmungsprotokolls der vorerwähnten Fälle erneut Hingewlesen. Die auf» äußerste erregte Bevölkerung erwarte Maßnahmen der französischen Behörden, die wirksamer sind als die bisher getroffenen. Sprengungen im Ruhrgebiet . Essen, 3. Ztzai.(Mkb.) von unbekannten Tätern wurden am 2. ZNai an der Strecke Mengede— Rauxel in der Rahe von Mengede Gleissprengungen vorgenommen. Sterkrade. 3. Mai. (TU.) In der Rächt vom 1. zum Z.Mai wurde von unbekannten Tätern aus einen fahrenden Mili» tSrtransporl im Amtsbezirk Hattingen eine Vombe ge- warfen. Der Amtmaua de, Bezirks ist als Geisel festgenommen worden. Essen, 3. Mai. (WTB.) Heute früh gegen 7 Uhr erfolgte am Bahnhof Essen-Süd an der Eisenbohnbrücke der Töpfer- straße eine Explosion. Nach den bisherigen Feststellungen wurden die Telegrapheirleitungen an der Bahn zerstört und die Stanzen umgeristen. Tie Eisenbahnervertreibnngen. Köln . 3. Mai. (WTB) Die Inhaber der 108 Werkwoh- nungen der Hauptwertstötte Krefeld, Derbindungipuntt Oppum, haben Befehl erhalten, die Wohnungen zu räumen. In Trais - darf wurden ohne vorherig« Ankündigung 3 5 Familien aus ihren Wohnungen ausgewiesen. Di« Bewohner durften nur mitnehmen, was sie auf dem Leib« trugen. Möbel, Kleider und Wäsche mußten sie zurücklassen.
Abrechnung mit i Landtagsdebatte über die Präsident Leinerk eröffnete die gestrige Sitzung des Landtages mit einer Ansprache, in der er des 70. Geburtstages des ersten Vize- Präsidenten Dr. P o r s ch mit warmen Worten gedachte. Abg. Dr. Porsch dankte für die Beglückwünschung. Zur Beratung steht der Urantrag der Kommuni st en vom 23. Februar 1923: „In den vom Untersuchungsausschuß über die Unruhen in Mitteldeutschland dem Landtag vorgelegten Drucksachen werden Tatsachen festgestellt, aus denen sich ergibt, daß behördliche Organe, insbesondere die Schutzpolizei , vor, während und nach den Kämpfen in erheblichem Umfange schwere Gesetzwidrigkeiten be- gangen haben. Der Landtag wolle beschließen: Das Staats- Ministerium wird beauftragt, die schuldigen behördlichen Or- gane zur Verantwortung zu ziehen." Zugleich beraten wird der zum Haushalt des Innern vom Hauptausschuß beantragte Entschließungsantrag:„Soweit in den betreffenden Drucksachen Verfehlungen einzelner Beamter der Schutz- polizei festgestellt worden fmd, wird das Siaatsministerium beauf- tragt, die schuldigen Beamten zur Rechenschaft zu ziehen." Die Redezeit beträgt für jede Fraktion eine Stunde. Abg. Kilian(Komm.) begründet ausführlich den Antrag. Rbg. Heilmann(Soz.): Der Untersuchungsausschuß wurde während des größten Teiles seiner Arbeiten von meinem Parteifreund K u t t n e r geleitet. Auf diese Führung verzichtete Kuttner erst, als die widerliche Der- leumdungshetze gegen ihn eingesetzt hatte.(Lärm bei den Kommunisten.) Diese Hetze hatte inzwischen dazu geführt, daß durch das Urteil des Gerichtes die Verleumdungen gegen Kuttner als Ver- leumdungen festgestellt wurden.(Lärm bei den Kommunisten.) Der Verlauf des Prozesses hat gezeigt, daß man nicht davor zurückschreckte, unter dem Hinweis auf das bekannte Buch Kuttners über die Klassen- justiz das Gericht zu einem Urteil gegen Kuttner zu verführen. (Lärm bei den Kommunisten.) Allein auch diese schändlichen und erbärmlichen Mittel haben es nicht hindern können, daß Kuttner nach Lage der gesetzlichen Möglichkeiten Genugtuung wurde.(Lärm bei den Kommunisten.) Sllles Geschrei und Toben ändert nichts daran, daß von der Verleumdung gegen Kuttner nichts, gar nichts übriggeblieben ist. Es muß hervorgehoben werden, daß auch die anständigen Elemente auf der linken Seite von der Hetze abrückten. Kollege Rusch teilt für sich und im Austrage von Lsdebour mit, daß sie mit der Hetze gegen Kuttner nichts zu tun haben wollen. Den Untersuchungsausschuß selbst haben wir nicht für not- wendig gehalten. Wir waren von vornherein überzeugt, daß die Vorwürfe gegen Severing und feine Mitarbeiter unbegründet waren. Selbstverständlich waren wir dafür, daß alle bei den mittel- deutschen Unruhen vorgekommenen Verbrechen im ordnungsmäßigen Weg untersucht und geahndet werden. Schließlich wollten wir auch nicht den Anschein aufkommen lassen, als ob es irgend etwas zu ver- tuschen gab. Gleichwohl haben heute sicherlich alle Teilnehmer des Untersuchungsausschusses den Eindruck, daß«ine ungeheure Arbeit nutzlos vertan wurde. Der Auswand an Zeit und Mitteln ist nicht gerechtfertigt.(Zwischenruf bei den Kommunisten.) Ihre Zwischenrufe zeigen, daß Sie über den wirklichen Ursprung des Untersuchungsausschusses wenig wissen. Der Ausschuß wurde doch eingesetzt aus Antrag der Deutschnationalen und nicht auf Antrag der Kommunisten. Es sollten ja bekanntlich die Berfehlungen der Verwaltung festgestellt werden. Und das Ergebnis nun? Es hat sich ergeben, daß von den Anklagen gegen die neuen Männer in der verwalkang nichts übrig geblieben ist. Mao wollte die Männer der alten Zeit, z. B. Herrn v. Gersdorf gegenüber Severing und Hörsing in einem besonders glänzenden Licht erscheinen lassen. Es kam aber anders. Es war ja Herr v. Gersdorf , der die Grundlage für das Amnestieuerfahren gelegt hat, und es war Herr v. Gersdorf , der Pömi?« für die Waffenablieferung aussetzen wollte. Man hatte den Polizeipräst- denten von Halle angefeindet, weil er eine kommunistisch« Demon- stration für die �Märzgefallenen zugelassen hat, aber man hat Herrn v. Gersdorf vergessen, der diese Demonstration gestattete. Wenn also morgen über das deutschnationale Mißtrauensvotum gegen Severing abgestimmt wird, so mögen die Deutschnationalen vorher vielleicht einen Augenblick an den Fall Gersdorf und an ihren eigenen Reinfall denken. Die Ausländerfrage bei den mitteldeutschen Unruhen war schnell und leicht erklärt. Wir haben in Mitteldeutschland in- folge der stürmischen industriellen Entwicklung auch viele fremde Arbeiter, ähnlich wie wir früher schon solche fremden Arbeiter in der Industrie und in der Landwirtschaft gehabt haben. Die Waffen» l a g e r sind vom Kommissar Peters selbst in das Reich der Fabel verwiesen worden. Und dos Funktionieren der Behörden- ovganisation? Klein« Reibungen, gewiß, aber die kommen überall vor und waren nicht wesentlich. Im ganzen wurde festgestellt, daß die Behördenorganisation nicht schlecht gearbeitet hat. Oberpräsidenten, Regierungspräsidenten, Landräte usw. sind gut unterrichtet gewesen, jedenfalls die, die mit den mitteldeutschen Unruhen zu tun hatten. Natürlich wurde auch manche Information mündlich gegeben. Das war unvermeidlich und selbswerständlich. Alle angegriffenen Beamten sind durch Unter- suchung gerechtfertigt worden. Einig« Offiziere, die sich in die neuen Verhältnisse vielleicht etwas schwer einleben, haben mit dem Zivilkommissar Kunzemann nicht so zusammengearbeitet, wie es notwendig war, andere Offiziere wiederum um so besser. Auch die Angriffe gegen die neuen Landräte haben sich als unbegründet er» wissen. Der Vorwurf gegen den Landrat Kasparek(Sangerhausen ) war mindestens stark übertrieben. Da» Einzige, wa» man ihm viel- leicht vorwerfen konnte, war, daß er sich zu passiv verhielt. Sein« angebliche Vorbestrafung durch da« Kriegsgericht hat sich als Lop- pari« herausgestellt, und seine aufrührerischen Reden sind nie gehalten worden. Wenn einzelne Amrsvorsteher an dem Aufstand teilgenommen haben, so sind sie zur Rechen- schaft gezogen worden. Beim kapp-vulsch haben flch jedenfalls viel mehr hohe Beamte als unzuverlässig erwiesen. Und nun dos eigentliche Thema des Herrn Kilian: die Miß- Handlungen und Exzesse! Es wurde festgestellt, daß an diesen Ex- zessen und auch an den Massenerschießungen hauptsächlich Düsse!» dorfer Schutzpolizei beteiligt war, nicht die Mitteldeutsch- lands. Was hier zur Klarstellung vom Untersuchungsausschuß getan werden konnte, ist geschehen. Alle 25 Zeugen der Kommunisten sind gehört worden. Wenn jetzt gerichtliche Freisprüche bei verschiedenen Fällen erfolgten, so haben wir nicht gezögert, dies« Freisprüch« als Fehlsprüche zu bezeichnen. Unserer Ueberzeugung nach liegen zweifellos verschieden« Morde vor. Allem wir dürfen nicht ver- gessen, daß verschiedene Zeugen, die wir vor dem Untersuchung«- ausschuß gehört haben, beim Lokaltermin versagt haben. Jedenfalls oerlangen wir von der Regierung Verfolgung und Bericht über alle diese Fälle. Die Regierung muß für gerichlliche Fest. stellunger. sorgen. Es sind schreckliche Dinge, Grausamkeiten und Brutalitäten aller Art auf beiden Seiten vorgekommen, aber wir dürfen nicht die Frage vergesten: Wer trägt letzten Endes die Derantwortung für alle diese Scheusällgkeiten? Doch nur die, die den Bürger- krieg entfesselt haben. Deshalb war die lange Rede des Herrn Kilian letzten Endes für den Wissenden nicht» andere» als eine Selbstankwge der Kommunisten. (Tosender Lärm bei den Kommunisten.) Der Aufruhr in Mittel- deutschland geht in seinen Wurzeln weit zurück. Bereits im Sommer
kn Kommunisten. mitteldeutschen Nuruhen. 1920 ging die Kommunistische Partei daran, den„Osfensivgeist", wu sie es nannte, zu entwickeln. Sie handelte dabei auf einen Be» fehl von Moskau . Rußland brauchte damals infolge seiner Mißerfolge gegen Polen eine Entlastungsoffensive. Deshalb wirkten bei der Begründung der illegalen Kampforganisationen unter den deutschen Kommunisten auch russische Abgesandte mit. Die russischen Kommissare in Mitteldeutschland waren beim Aufruhr nicht plötzlich vom Himmel gefallen. Solche Kommissare waren auch Jembke und A o w i tz k i. Dor allem aber war Karl Rädel der Berater der deutschen Kommunisten gewesen. Er war auch der Vater der Ofsensivtheorie. Im März 1921 wurde dann Radet durch Bela Khun ersetzt, dessen Massenmorde unter der Arbeiterschaft berüchtigt sind. Aber die Zentrale der Dritten Inter . nationale hatte noch einen Rest von Gewissen und deshalb ging zu- gleich mit Bela Khun ein Schreiben an Brandler nach Deutschland . Tarin hieß es. daß, wenn Bela Khun zu Maßnahmen dränge, die nicht zu billigen feien, sofort ein chiffriertes Telegramm nach Moskau geschickt werden solle. Dieses Telegramm hatte Brandler fertig in der Tasche, als er zu der Entscheidungssitzung am 17. März 1921 ging. Abg. Scholem (Komm.): Bon wem wissen Sie das alles?(Un- geheurer Lärm bei den Kommunisten.) Abg. Heilmann(fortfahrend): Wenn Herr Scholem es besser weiß, mag er feine Kenntnisse hernach mitteilen. In dieser Sitzung ist die Offensive beschlossen worden. Es' ging dabei so zu: Bela Khun hielt ein Referat über die auswärtige Lage und erklärte, die Dinge hätten sich revolutionär zugespitzt und die Situation sei zum Losschlagen günstig. Da erhob sich Brandler. aber nicht um zu bremsen, sondern um die Rede Bela khuns noch zu überschärfen. Abg. Scholem (Komm.): Das ist ein« Lüge! Vizepräsident: Wenn Sie dabei waren, Herr Scholem , tonnen Sie hernach berichtigen. Abg. Heilmann(fortfahrend): In der Rede Brandlers war die Rede davon, daß auch ein Krieg zwischen Slmerita und Japan vor der Türe stehe und also die Lage im allgemeinen zum Losschlagen günstig sei. Diese Rede Brandlers veranlaßte s p ä t e r L e v i, zu erklären, daß an der Spitze der Kommunisttschen Partei damals ein Mann gestanden habe, der besser in eine Kalt- Wasserheilanstalt gehört hätte. In der„Kommunistischen Internationaler schrieb der Reichstag sab geordnet« Frö- Ii ch, die Partei habe die Aktion erst nach Ostern beginnen wollen, daran sei sie aber durch die Provokation Hörsings verhindert worden. Und in einer Broschüre, die auf Befehl Moskaus wieder eingestampft wurde, erklärte Thalheimer, der Kampf in Mitteldentfch. land fei ein„offensives Vorbntgefecht" gewesen und habe die Ein- leitung zu einer Reihe von Aktionen bilden sollen. Die Ober» l e i t u n g wurde Stöcker und Brandler übertragen. Herr Stöcker oerlangte damals auf der Sitzung, daß ihm und Brandler, da sie beide ja auch nur Menschen seien und auch einmal schlafen müßten, ein Chaiselongue zur Verfügung gestellt werde. Dom Känapee aus haben also dann Brandler und Stöcker Tausende von Arbeitern in Not, Tod und Elend geschickt.(Ungeheurer Lärm bei den Kommunisten.) Seit dem 18. März brachte die„Rote Fahne" jene bekannten Auftuse mit dem immer wiederkehrenden Schlagwort:„Mit der Masse in der Hand!" Dieses Schlagwort war durchaus unmißverständlich. Die Sprengstosfattentate wurden von der kommunisttschen Partei planmäßig organisiert und der Organisator heißt Eberlein. Das Attentat auf die Berliner Siegessäule ist zwar nicht von Eberlein, aber von Bela Khun gebilligt worden. Alle diese Spreng- stoffattentate in den verschiedensten Städten sollten reizen. Bela Khun stand m i t d e r KAPD. i n F ü h l u n g und nur so war das Auftreten von Max Hölz möglich. In der kommunisttschen Zentrale hat man dann über den Abbruch des Kampfes beraten. Thalheimer und Stöcker wollten den Abbruch, sie sielen aber wieder um, als ein Mitgtted der Zentrale mit der Faust auf den Tisch schlug und für die Fortsetzung de» Kampfes ein- trat. Dieses Mitglied war Herr Eberlein.(Wilder Lärm bei den Kommunisten.) Sie mögen schreien und toben wie Sie wollen, Sie schassen die Tatsache nicht aus der Welt, daß der Aufstand in Mitteldeutschland das Werk gewissenloser Buben war. lUngeheurer Tumult bei den Kommunisten.) Aber es waren nicht olle Kommunisten für diesen Ausstand. So war z. B. Herr Kilian einer der entschiedensten Gegner und der geschworene Feind dieses Aufstandes. Und deshalb haben die Kommunisten ihn hierher auf die Tribüne geschickt, um über den mitteldeutschen Aufstand zu svrechm. Deutlich haben sie aus diese Weise ihrschlechtesGewissen verraten. Allen denen aber, die sich unter den Kommunisten noch ein Gewissen bewahrt haben, rufen wir zu. was so viele russische Arbeiter den Machthaber» in Rußland zurufen: Schändet nicht die Lehren von Karl Marx und treibt nicht die Massen weg vom Soziattsmus. (Starker Beifall im Hause, besonders bei den Sozialdemokraten, Lärm. Schreien und Pfeifen bei den Kommunisten.) Abg. Schulh-Neukölln(Komm.) oerlangt zur Geschäftsordnung, daß der Innenminister und der Iusttzminister sofort vor dem Land- tag erscheinen, um sich zu verantworten wegen der ungesühnten Mordtaten. Der Antrag wird gegen die Antragsteller abgelehnt.(Erneuter Lärm bei den Kommunisten.) Freitag 12 Uhr Abstimmung über das Mißtrauens- ootum gegen Minister Severing. Kleine Vorlagen. Fortsetzung der Besprechung über die mitteldeutschen Unruhen. Schluß 8.15 Uhr._
Em Rückzug. Die btZrgerli che Arbeitsgemeinschaft des Reichstags hat sich zu einer Milderung des Antrags Strefe» mann wegen Bestrafung der Verfammlungsspren» g u n g entschlossen. Der Antrag soll jetzt folgende Formu» lierung erhalten: „Wer in nicht verbotenen Versammlungen oder bei nicht ver- botenen Aufzügen oder Kundgebungen Gewalttätigkeiten in der Absicht begeht, die Versammlung, den Aufzug oder die Kund- gebung zu sprengen, wird mit Gefängnis und Geldstrafe oder einer dieser beiden Strafen bestraft." Die bürgerliche Arbeitsgemeinschaft legt Wert darauf, festzustellen, daß dieser Vermittlungsvorschlag kein Verlegen- heitsprodukt und nicht auf den sozialdemokratischen Kampf gegen den ursprünglichen Antrag zur Einfügung eines§ 107a des Strafgesetzbuches zurückzuführen ist. Diese Feststellung ändert nichts daran, daß die Aenderung auf besonderen Wunsch der Demokraten und des Zentrums er- folgte, die dem Antrag jede Schärfe nehmen wollten. Die sozialdemokratische Fraktion wird am Freitag zu dem neuen Entwurf Stellung nehmen.
Das wahlprüfungsgerichl beim Reichstag kam endgülttg zu dem Urteil, daß die Verteilung der Abgeordneten auf die Reichs- wahlvorschläqe ordnungsgemäß erfolgt ist. Damit ist die TSttgkeit des Wahlprüfungsgerichtes für die laufende Wahlperiode abge- schlösse».