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NehnlllH liegen«ucf) in S a cf) s e n die Aufgaben. Au3j dort ist der Arbeiterschaft nicht mit wöchentlich wech- feinden Parolen, nicht mit Spielereien, die vielleicht den Spießer erschrecken und den Reaktionären nützen, gedient. Auch dort können Fortschritte für die Arbeiterschaft nur dann errungen werden, wenn stetige Ver- Hältnisse ein ruhiges und zielbewußtes Arbeiten! ein Eindrin- gen in die staatliche Verwaltung und ein engeres Verwachsen der Arbeiterschaft mit dem Problem des Aufbaues einer demo- kratischen Verwaltung ermöglichte.Unter dem Fall­beil" wechselnder Parolen kann keine sozialistische Regierung arbeiten. Ein Teil der Kommunisten hat das sehr wohl be- griffen und ist sich genau wie wir vollkommen darüber im klaren, daß das aufgeregte Propagandageschrei derRoten Fahne" angesichts der ernsten und lohnenden Arbeit, die in solchen wichtigen Zentren wie Sachsen   geleistet werden könnte, nur schädlich sein kann. Aber sie haben mit ihrem radikalen Flügel zu rechnen, dessen aggressivere Tendenzen nach der in Moskau   bevorstehenden Verkleisterung des Parteikonfliktes sich sehr bald wieder bemerkbar machen werden. Es ist des- halb vorläufig mehr als zweifelhaft, ob der realpolitische Flügel der Kommunisten das Heft in der Hand behalten wird. Die primitiven Versuche, durch Ausspielen der Siebenerkommission in Sachsen   gegen denStinnesflügel" unserer Partei Verwir- rung in die Reihen der sozialdemokratischen Organisationen zu tragen, sind viel zu plump, als daß sie Erfolg haben könnten. Im Gegenteil, ihre Wirkung wendet sich gegen die Kommu- nisten. Die sächsifchen Arbeiter würden es zweifellos begrüßen, wenn es möglich wäre, alle Kräfte der Arbeiterbewegung in wirklicher Aufbauarbeit zusammenzufassen. Aber sie denken nicht daran, den Kommunisten auf dem Weg ihrer Spielerei zu folgen, an dessen Ende schließlich nur a u s s i ch t s- lose Auseinandersetzungen mit dem Reich und Verlust der positiven Errungenschaften wirklich demokratischer Reformen stehen könnte.___
Der Kuöüelmuüüel von Döbentz. Die Vorgänge bei der Denkmalseinweihung in Döberitz werden zweifellos von den ärgsten Feinden Deutschlands   in diesen kritischen Tagen nach Möglichkeit ausgeschlachtet werden. Denjenigen, die in vollständiger Verkennung der Situation etwa uns daraus einen Vorwurf machen sollten, daß wir diese Dinge gebührend hervorgehoben haben, sei zunächst er- widert, daß es die rechts gerichteteTelegraphen-Union" war, die die Hindenburg  -Rede zuerst verbreitet und daß im übrigen die gesamte Rechtspresse teils diesen Bericht, teils eigene Schilderungen dieser Feier veröffentlicht hat: wobei einzelne Monarchistenorgane sogar das Einzige unterschlagen baben, was geeignet wäre, den angerichteten außenpolitischen Schade» zu nüldern, nämlich die Rede des Reichswehrministers G e ß l e r. Offenbar empfindet man in diesen Kreisen die Be- tonung Geßlers, daß sich die Zeit nicht zu großen Worten eigne, ebenso störend wie sein klares Bekenntnis zur Republik  . Wenn wir über die Vorgeschichte dieses Vor- falls richtig unterrichtet sind, so ist der Reichswehrminister das Opfer einer regelrechten lleberrumpelung insofern ge- wesen, als programmgemäß nur General v. Löwenfeldt eine im voraus mitgeteilte und als unanstößig befundene Rede halten sollte. Statt dessen trat H i n d e n b u r g als Sprecher auf und ließ jene Phrasen vom Stapel, dir von der über- wiegenden Mehrheit des deutschen   Volkes als eine dreiste Provokation empfunden werden müssen. Allerdings versichern gut unterrichtete Leute, daß der frühere Feldmarschall völlig außerstande sei, den Wandel der Zeit zu begreifen und daher nur noch rein mechanisch seine Reden aus alter Zeit wiederhole. Um so unerhörter ist es aber, daß dieselben Kreise weiter und planmäßig den bald Fünfundsiebzigjährigen für ihre monarchistische und nationali- stischie Agitation mißbrauchen. Die vorgestrige Ueber- rumpelung gehört zu den Machinationen dieser Clique, die vor nichts, nicht einmal vor einer außenpolitischen Schädigung
der Reichsinkeressen zurückschreckt. Herr Geßler mag wohl durch seine Rede versucht haben, die Dinge wieder einzurenken, und er hat dabei einen anerkennenswerten Beweis seines guten Willens gegeben, auf einem schwierigen wir möchten beinahe sagen.' verlorenen Posten der Republik  treu zu dienen: aber die schwersten Vorwürfe können ihm trotz- dem nicht erspart bleiben, weil allein die Tatsache dieser Ueber- rumpelung beweist, daß die leitenden Männer der Reichswehr  keinen Respekt vor ihm haben. Sonst hätten die Hinter- männer Hindenburgs, die sicher zum Teil nicht a. D. sind, es niemals gewagt, ihm diese Blamage und der deutschen Republik diesen Schaden zuzufügen.
Unzuläsiige Serichterftattung. Unter den Stimmen der oppositionellen Pariser Presse, die WTB. am vergangenen Freitag verbreitete, befand sich die ausführliche Wiedergabe eines Artikels des Genossen L 6 o n Blum imPopulaire", die in der Sonnabend-Morgenaus- gäbe desVorwärts" abgedruckt wurde. Ein Vergleich mit der inzwischen eingetroffenen Originalnummer unseres Pa- riser Bruderorgans läßt indessen erkennen, daß zwar alle An- klagen Blums gegen Poincarö und feine Presse genau wieder- gegeben sind, daß aber zwei wichtige Stellen, die eine Kritik an der deutschen   Rote und an der Reichsregierung enthielten, von WTB. einfachvergessen" wurden. Die eine Stelle lautet: Daß diese Not« ungeschickt und ungelenk in ihrer Form ist, sei ohne weiteres zugegeben Daß sie nicht, in ihrem jetzigen Inhalt, die Forderungen der französischen   Oeffentlichkeit genügend berücksichtigt, sei ebenfalls eingeräumt. Diese Feststellung ist uns um so leichter, als das Cuno-Programm sowohl bezüglich der Repa- rationen wie auch betreffend die Sicherheitssrage klar hinter dem, was B r« i t s ch e i d und Hermann Müller   im Namen der Sozialdemokratie entwickelt hatten, ja selbst hinter dem von Stresemann   im Namen der Deutschen Volkspartei   gezeichneten Plan zurückbleibt." Sodann folgt ein scharfer Angriff Blums auf Poincarö. der zum Teil selbst die Schuld an dieser Unzulänglichkeit trage. Dieser Teil ist von WTB. fast wörtlich wiedergegeben worden. bis einschließlich zu den Worten:Poincarös Haltung vor der Rote und seine Haltung nach der Note erklärten und er- gänzten einander." Dann folgt aber ein kurzer Satz, dessen Bedeutung für die deutsche Oeffentlichkeit unbestreitbar ist, weil er die tatsächliche Situation richtig beleuchtet: Die deutsche Regierung und die deutsche Industrie haben ihm lpoincarb) diese Haltung erleichtert: das ist ihre schwere Schuld." Gerade dieser Satz, aber fehlt im WTB.-Telegramm. Wie soll man Vertrauen zu der Auslandsberichterstattung dieser Agentur haben, wenn man an einem solchen Beispiel feststellen muß, daß das für die deutsche Regierung U n g ü n- st ige weggelassen, das übrige dagegen fast wörtlich wiedergegeben wurde? Wir wissen wohl, daß man nicht alles aus einer telegraphisch übermittelten Presseschau zitieren kann, doch muß wenigstens das Wesentliche darin ent- halten sein und alles vermieden werden, was dem Bericht eine tendenziöse Färbung gibt. Umgekehrt pflegt zwar H a v a s zu arbeiten, indem es aus demVorwärts" willkür- lich zusammengestellte Sätze wiedergibt, soweit die eigene Re- gierung darin kritisiert wird, Angriffe auf PoincarH darin nach Möglichkeit wegläßt. Wir aber wollen nicht, daß die öffentliche Meinung Deutschlands   durch WTB. mit der gleichen Einseitigkeit unterrichtet werde, wie die französische durch Havas._ Die Träger öes Müerstanües. Entschlichung des Deutschen Verkehrsbundes. Eine Konferenz von Vertretern der Verwaltungsstellen des Deutschen Verkehrsbundes im alt- und ncubesetzten Gebiet in Frankfurt   a. M. billigte die vom Bundesvorstand zur Unterstützung und Durchführung des passiven Widerstandes getroffenen'Maß- nahmen. In der Entschließung heißt es:
Gegen den feigen, unter Friedens- und Vertragsbruch erfolgteU Ueberfall der wehrlosen, friedliebenden und arbeitsamen Vevölke- rung an Ruhr und Rhein   durch den franko-belgischen Mllitarismus, gegen die unerhörten Verfolgungen, Mißhandlungen, Ausweisungen, Einkerkerungen und Tötungen, die das entfesselte militärisch« Gewaltregiment an der Bevölkerung des Rhein  -Ruhrgebiets verübt hat und noch verübt, erhebt die Konferenz schärfsten Protest. Der Festigkeit und Disziplin, mit der unsere Kollegen die Würde und Freiheit der Arbeit gegen die französisch- belgische Gewaltpolitik verteidigen, zollt die Konferenz volle An- erkennung und begeisterte Sympathie. Die Konferenz bekundet m Uebereinstimmung mit den Eisenbahnern, Bergarbeitern und der gesamten arbeitenden Bevölkerung der vergewaltigten deutschen   Ge- biete aufs neue den unerschütterlichen Willen, bruto- ler Willkür und Gewaltanwendung sich»icht zu beugen." Weiter wird eine Politik ehrlicher Völteroerständi» gung empfohlen und die Regierung zum Kampf gegen Börsen- spekulanten und Preistreiber aufgefordert.
Die CisenbahnerausWeisungen. Köln  , 7. Mai.  (WTB.) In Altkirchen   gehen zurzeit Masten» ausweisungen von Eisenbahnerfamilien bor sich.(500 bis 700 Per- fönen dürften davon betroffen sein. In Linz   sind 80 a u S Gerolstein stammende Eisenbahner mit rund 180 An« gehörigen angekommen, die nach Casbach weiterbefördert werden sollen. In Bonur finden in allen Stadtteilen Massen- Verdrängungen der Eisenbahnerfamilien aus den Wohnungen durch französische   Tmppenabteilungen statt. Am 3. Mai sind bei Blankenheim   zwei Züge zusammen« gestoßen. Krefeld  , 7. Mai.  (WTB.) Die Vertreibung des deutschen   Eisen- bahnpersonals aus seinen Wohnungen geht weiter. Im Kölner  Bezirk sind die Franzosen an einzelnen Stellen dazu überge- gangen, bei den Eisenbahnbediensteten, die in Privatwohnun- gen wohnen, Mobiliaraufnahmen zu machen. Dabei ver- bieten sie den Wohnungsinhabern, bei eventueller Ausweisung oder sonst Möbel fortzuschaffen. Der Befehl, der in Troisdorf   36 aus ihren Wohnungen ausgewiesenen Familien bekanntgegeben war, lautet: Die französische   Regie der Eisenbahnen gibt Befehl, daß Sie heute nachmittag 5 Uhr Ihre Wohnungen zu verlassen haben. Sie müssen: 1. alle ihre Möbel hinterlassen(alle Möbel, Bettdecken und Bettwäsche, alle Eßschüsseln, alle Küchengeschirre. alle elektrischen Einrichtungen usw.): 2. nur die privaten Effekten und Geschenke mitnehmen: 3. die Schlüssel in den Türen stecken lassen. Jede Zuwiderhandlung, wird streng besttoft. Troisdorf  , 2. Mai 1923. Der Hauptmann der Regie.(Unterschrist.)" Die in Krefeld  -Oppum   von der Austreibung bettoffenen 181 Eisenbahnerfamilien sind sämtlich in Wohnungen untergebracht worden. Das Uebernachtungsgebaude in Hohenbud- b er g, in dem zurzeit 50 ledige Eisenbahner und 10 Famllien wohnen, war bis Sonnabend 10 Uhr'zu räumen� Konsumverein und Kantinenwirt müssen ebenfalls, und zwar bis morgen mittag, räumen. Diese Nacht durfte niemand mehr im Uebernachtungs- gebäude schlafen. MMionenstrafeli. Dortmund  , 7. Mai.  (WTB.) Bürgermeister Fischer und Baurat Kullrich aus Dortmund   find wegen angeblicher Sabotageakte au der französischen   Telephonleitung in Brakel   zu einer Gesamte strafe von 10 Millionen Mark Geldstrafe oder 8ä6 Dollar verurteilt worden. Im Falle der Nichtbezahlung soll die Summ- aus dem Vermögen der Stadt beigettieben werden. Münster   i. BL, 7. Mai.  (Eigener Drahtbericht.) In Frohlind« wurde am 6. Mai der Gemeindevorsteher Bergmann Vollmar von den Franzosen verhaftet und ihm eröffnet, daß der Gemeinde als Sühne für die verbotenen Besuche eines französischen   Soldaten eine Geldstrafe von zwei Millionen Mark bzw. 7(1 Dollar auferlegt werden. Im NickitbezahlungSsalle werde die Summe mit Gewalt eingetrieben und die Haft des Gemeinde­vorstehers verlängert werden.
Bantnote zu 10 0 Mark stammt von dem Reiterstandbild im Bam- berger Dom, das um 1260 von einem unbekannten Meister geschaffen wurde. Dieses eindrucksvolle Wert, die schönste und lebendigste Der- körperung des mittelalterlichen Ritters, wird bald als Kaiser Konrad III.  , bald als der heilige Stephanus von Ungarn   gedeutet. Die Banknoten zu 6 0 0 Mark sind mir einem schönen Jünglings- köpf geschmückt, dessen Meister nicht bekannt est. Das im Baseler Museum befindliche Originalgemälde stammt aus dem Jahr« 1611 und stellt den Junker Jakob Meyer zum Pferd in seinem 20. Lebens- jähre dar. Von den zwei Ausgaben der 5000-Mark-Scheine ist die erst« aus dem Verkehr schon fast verschwunden: sie zeigt sn Bildnis, dessen Original sich im Städelschen Institut zu Frank- fnrt a. M. befindet und die Forschung lebhaft beschäftigt hat.. Ein in der oberen linken Ecke angebrachtes Wappen kennzeichnet den Dar- gestellten als einen Angehörigen der ausgestorbenen bayerischen  Familie Urmiller. Das Gemälde, eins der ausdrucksvollsten deutschen  Bildnisse, wurde früher für ein Werk Holbeins gehalten, doch stammt es wohl nicht von diesem Meister. Die zweite Ausgabe der 6000- Mark-Scheine ist mit einem der beriihmtesten Bildnisse Dürers ge­schmückt, mit dem Porträt des Nürnberger Ratsherrn Hans Imhoff  , das der Meister 1528 malte und das sich im Prado-Mufeum zu Madrid   befindet. Ein Porttät Dürers ziert auch die Banknote �tzu 10000 Mark. Stammt der Imhoff aus seiner reifften Zeit, so ist dieses Bild früher, um 1500, gemalt und stellt wahrscheinlich den jüngeren»rüder des Malers dar. Das auf den Geldscheinen stark vergröbert wiedergegebene Kopfbild ist vielfach alsDarstellung eines Boischewisten" bezeichnet worden, und man hat auch entdeck:, daß man eine Art Vexterbitd vor sich habe. Wenn man nämlich den Schein so herumdreht, daß sich das Bild links oben befindet, dann zeigt die gesamte Halspartie ein deutliches spitzes Gesicht mit sehr langer Rase: die linke Rockseite bildet ein« weiche runde Mütze, die rechte einen Halsschal, die Weste stellt die Haare oder ein Kopftuch dar. Für die Note zu 50000 Mark hat man eine der schönsten Schöpfungen des oorttesftichen Kölner   Porträtmalers Barthel Bruyn gewählt, das Porträt des Bürgermeisters Arnold von Browiller. Die 100000-Mark-Rote ist mit einem der köstlichsten Werke Hans Holbeins   des Jüngeren geschmückt, das zu den größten Kost- barkeittn der Berliner Museen gehört. Es stellt den deutschen   Kauf- mann Georg Gisze   im Jahre 1632 dar, wie«r an seinem Rechentisch im Kontor sitzt. Gisze war Mitglied des deutschen Stahlhofe«« London  .' ver deuffchnccklonale Bilderladen. Ein Leser schreibt uns: Er befindet sich in der berühmten M o tz st r a ß e auf Schöneberger Gebiet. In seinem Aeußeren ähnelt er einerKunst- und Bilder- glaserej". Als ich ihn sah, siel mir die Aeußerung eine» meiner Lehrer aus der Schulzeit ein:Man hat immer noch kein« Bildung. wenn auch die ganze Stube voll Kaiser und König« hängt." Sein Schaufenster ist ein« Art historisches Muieum. Di« Aus- hänge und Auslagen»eisen alle auf die schöne Zeit der Monarchie zurück mit dem leisen Seufzer, daß es doch»jeder f» wie einst werden möge. In der Mitte des Fensters natürlich..Fridericus Rex". Unterschrift: Kehre wieder! Womit bewiesen wird, daß der olle Fritze doch noch ein anderer Kerl gewesen sein muh als der Deserteur von Doorn  . Natürlich fehlte auchDer eiserne Kanzler" nicht. Arm« Cunol Weit«:»Die Gefangennahme Napoleon» Iii.
Damenboxkämpfe. Von Bruno Frei  . Sie gibt es wirklich. Die Perversität dieser Zeit findet keinen krasseren Ausdruck als in dem, was sie Vergnügen neimt. Acht blutjunge Mädchen, kaum der Schule entwachsen, bilden die Internationale'Damenboxkampfiruppe. Der Maneger ruft sie bei den Klängen des Radetzkymarfches aus: Fräulein Vera-Würtlem- berg, Fräulein Bla»ta-Po?en, Fräulein Ienni-Hamburg  . Fräulein Ida-Iugosiawien..... Die Schärpen in den Landesfarben zeigen. über welche Kenntnisse in Geographie der Maneger verfügt. Die kleinen Mädel v«neigen sich und zeigen dein Publikum die ver- botenen Griffe. Dadurch fühlt es sich verpflichtet, für die erhaltene Belehrung zu klatschen. Das Schiedsrichierkollegium wird vom nnbeschäfligten Küchenpersonal ausgezeichnet dargestellt. Einer hat das verantwortungsvoll« Stichwort zu rufen:Ring frei, Runde eins!" In diesem Augenblick schlägt ein anderer Mitspieler auf eine Kuhglocke. Nun erst, nachdem auch die Boxerhandschuhe seierlich ausgelost worden sind, stürzt sich Hamburg   auf Württemberg  . Nach- dem sich die zierlichen Kampshühner vier Minuten lang reichlich vev- prügelt haben, ertont das Kuhglockensignal zu einmmutiger Pause. Sie sinken erschöpft in die Eck«. Ein Schluck Wasser Schweiß­abwischen Handtuchwehen. Ring frei. Runde zwei!" Der Maneger verkündet:Soeben hat ein Sportsfreund 1000 Mark für die Siegerin gespendet." Wild, mit verbissener' Wut, hauen sie nun aufeinander los, es gilt 1000 Mark zu erboxen. Eine stürzt schwer getroffen nieder. Der Maneger zählt kaltblütig: eins, zwei, drei, vier.... Bei sechs er- bebt sie sich. Wieder stürzen sie aufeinander. Die Haar« hängen ihnen ins Gesicht, sie können nichts sehen, vergeblich versuchen sie mit den plumpen Boxerhandschuhen die flatternden Locken aus der Stirn zu streichen.Weiter« 2000 Mark für die Siegerin." Schließlich sind es 11 000 Mark für die Siegerin und 3000 Mark zur Tröstung der Berlienerin. Jetzt aber haben sie die Besinnung verloren, jetzt springen sie aufeinander, die Gesichter bluten(die im Publikum strahlen schwitzend), endlich sinkt«in Mädchenkörper bei der fünften Runde des zweiten Kampfes nieder und erhebt sich auch beineun" nicht. Der Maneger macht über die Gefallene das Zeichen des Gladia- torenrichters und sagt:Aus!" Die Kapelle spielt einen Shimmy. Nachher kommt di« Siegerin ins Publikum, um Ansichtskarten zu verkaufen und sich abknutschen zu lassen. Das Publikum trägt das Bewußffein nach Hanse, etwas für die Ertüchtigung des Volkes, oder so ähnlich, getan zu haben. Die Zirkuebesucher in Rom   und die Stierkampfvcrehrer in To- ledo aber warm grausame Wilde, die nur den Rausch des Blutes genkeßen wollten. Es ist eine groß« Sache um den Fortschritt. Tja'
John Stuart Mill  , dessen Todestag sich heute zum fünfzigsten Male jährt, hat als Philosoph, Volkswirt und Politiker auf die geistige Entwicklung Englands weitgehenden Einfluß geübt. Am 20. Mai 1808 in London   gevorm, wurde er von seinem Bater James Mill  , der sich als Historiker und Philosoph einm Namen gemacht hat, unter völliger Ausschaltung des Religionsunterrichts erzogen. In seiner geisffgm Entwicklung bietet John Stuart Mill   das Bild ungewöhnlicher Frühreife. War doch der Bierzehnjährige bereits ein so ernster Denker, daß ihn Ieremy Bentham, der Begründer des U t i l i t a r i s m u s", seines Umgangs und der gelehrten Aussprache für würdig hielt. Unter dem Einfluß Bmthams gründete Stuart Mill  denn auch schon als Jüngling eine utiitaristische Gesellschaft, die der Aerbreitung der von Bentham   aufgestellten Moral- und Staatstheorie dienen wollte, einer Theorie, die auf der Förderung des größtmög- lichen Wohles der größtmöglichen Zahl bedacht war. Mill hat diesen auf dem Nützlichkeitsprinzip ausgebauten Bmthamschen Gedanken erweitert und zu einem System ausgebaut, das an die S(plle des abstrakten ein von Bildung und Humanität getragenes Recht setzen und damit den Menschen das denkbar höchste Maß von Glück verschaffen will. Seinen Ruf als Philosoph begründete Mill  mit seinemSystem der Logik", in dem er im Gegensatz zu den metaphysischen Lehren die unbeschränkte Geltung der induktiven Methode nachzuweisen sucht. Das System der Logik fand dann seine Ergänzung nach der sozialpolitischen und volkswirtschasllichm Seite in denGrundsätzen der politischen O e k o n o m i e", in denen sich sein UtilNarlsmus auch sozielpoliti scheu Anwandlungen zugänglich zeigt. Als Politiker stand Mil! auf dem radikalen Flügel der Liberalen, als deren Bertteter er schon 1868 aus die Ordnung der irischen Landfrage drang, die er durch die Umwandlung der Pächter in Besitzer gelöst wissen wollte. Angeregt durch sein« Freundin Mrs. Taylor, wandte er seine Aufmerksamkeit auch der Frauenfrag« zu und bekannte sich in seinem BuchDie Unter- t ä n i g k e i t der Frau" als eifriger Borkämpfer der bürgerlichen, gesellschaftlichen und politsschen Rechte der Frauen, für die er bereits in seinenGedanken zur Parlamentsresorm" die volle polisische Gleichberechtigung gefordert hatte, eine Forderung, die auch in der Gewährung des Frauenstimmrechts für die englischen Graf- schaftswahlen teilweile ihre Erfüllung fand. John Stuart Mill  , der von 1865 bis 1888 dem englischen Unterhaus als Abgeordnet« ange- hört hat, starb auf einer Reif« durch Frankreich   am 8. Mai 1873 in Avignon  . Wer sind die Männer auf unseren Vanknoletz? Bei der außer. ordentlichen Schnelligkeit, mit der heute täglich viele Milliarden gedruckt werden, tanp man den alten KupferfUchdruck nicht mehr verwenden, sondern muß sich mit dem mehrfarbigen Buchdruck de- gnügen, und d» bleibt für die tünsllerische Ausgestaltung nur der figürliche SAmuck übrig. Früh« oerwandte man dabei Typen, die einem möglichst allgemeinen Schönhattsideal entsprachen. Jetzt steht man auf dem Standpunkt, daß scharfgeschnittene Charakttrköpfe dem Fälscher desondere Schwierigkeiten bereiten, sich aber zugleich dem Beschauer so fest einprägen, daß ihm selbst bei flüchtigem Betrachten Veränderungen oder Abweichtingen sofort zum Bewußtsein kommen. Man wählte daher Männerbildnisse aus der größten Zeit der deut- schen Kunst, aus den Tagen des Mittelalters und der Renaissance. Der lockeaumflatterte. mit einem Diadem geschmückte Kopf auf der