Der Krupp-Prozeß in werüen. (Schluß von der 1. Seite.) Maschinenbauschlosser Eher, Mitglied des Arbeiterratz, hat einen Mann, jedenfalls den mit dem Revolver, gesehen, wobei er allerdings nicht angeben kann, ob das Ding, das der Mann in der Hond hatte, ein Revolver gewesen ist. Er Hai jedenfalls dem ZNann sofort die Hand heruntergerissen. Don besonderem Interesse sind die Aussagen des Zeugen Chauffeurs ZMchels. der von Beginn der Besetzung bis zum Schluß mit den französischen Truppen in der Autogarage geweilt hat. Der Offizier habe die ganze Ansammlung durchaus nicht ernst aufgefaßt, sondern über die aus Tleugier zusammen- strömenden Leute des öfteren gelacht. Als di» Sirenen zu heulen anfingen, ließ der Offizier seine Leute zusammentreten und das Maschinengewehr schußsertig machen, wobei ihn Michels bat, doch nicht zu schießen, da es sich ja nur um Reu» gierige handle. Michels machte den Vorschlag, die schwere Tür der Autogarage von innen zu schließen, dann hätte, wie Zeuge erklärt, uuter keine« Umständen jemand in die yalle eindringen könne«. Der Offizier war zuerst mit dem Schließen der Tür ein» o«r standen, ließ jedoch dann, ehe sie ganz geschlossen war, wieder öffnen. Die Hintertür dagegen wurde von Michels verriegelt, so daß die Möglichkeit, hier etwa einzudringen, ausge. schlössen war. Im weiteren Verlauf der Demonstration sah Michels, daß auch einige Personen auf dem Dach der Ga» rage umherliefen.. Es habe sich dabei ausschließlich um junge Leute, Lehrlinge, gehandelt, denen er durch das Fenster zurief, sie sollten machen, daß sie vom Dache fortkämen, und er rief schließ- lich einige Leute aus der Menge herbei, die die Jungen vom Dach entfernten. Gegen Uhr mußte der Zeuge austreten und ging aus diesem Grimde in die oberen Räumlichkeiten, wo sich die Aborte befinden. Kurz darauf hörte er Schüsse fallen. Er ging sofort wieder in die Garage herunter, wo ein leichter dünner Rauch, wir von dem Feuer der Gewehre' in der Luft lag. von Damps. der elwa die Garage gefüllt hätte, hat Zeuge nichts ge- sehen. Das sei auch bei den Raumverhältnissen der Garage un- möglich. Der Zeuge spricht sich über das angeklagte Mitglied des Arbeiterrats sehr günstig aus. Er habe jedes Wort Müllers gehört, dieser habe nicht das geringste getan oder gesagt, um, wie behauptet wurde, die Menge zum Herumgehen um die Garage zu veranlassen. Der Zeuge Michel wird dem Soldaten Geguiere, der Müller in dieser Beziehung belastet hatte, gegenübergestellt. Geguiere wird nach den deutschen Worten gefragt, die Müller bei der Aufforderung an die Menge gebraucht haben soll. Er erklärt in deuffcher Sprache: „Sie müssen dle Garage«insperren wie einen Gefangenen. damit kein Franzose herauskommt." Nach einer kurzen Pause wird die Sitzung um 5 Uhr wieder aufgenommen. Der Staatsanwolt fragt Krupp v. Bohlen, ob es richtig sei, daß er einig« Stunden vor seiner Verhaftung in Berlin mit einer hohen Persönlichkeit der Regierung gesprochen lzabe, die ihn vor der Reis« nach Essen gewarnt habe, da man ihn verhaften wolle, und daß er dabei erklärt habe, er fühle sich innerlich ver- pflichtet, nach Essen zu gehen, um seine Verantwortlichkeit als Präsi- dent des Aufsichtsrates zu übernehmen. Krupp v. Bohlen:„Es war nicht ganz so. Ich btn in Berlin gewarnt worden, nach Essen zu gehen, weil meine Verhaftung bevorstehe. Ich habe erklärt, daß ich nach Essen gehen würde, um zugunsten meiner Dirck- toren Zeugnis abzulegen und nicht durch meine Ab- Wesenheit den Eindruck zu erwecken, eis ob ich selbst der Meinung gewesen sei, daß die Herren schuldig seien. Ich wollte auch nicht den Eindruck erwecken, als ob ich selbst ein schlechtes Ge- wissen hätte." Auf die Fraac des Staatsanwalts, warum er nicht die in Berlin weilenden Mitglieder der Direktion bei seiner Reise mit nach Essen genommen habe, erwiderte Krupp v. Bohlen: „Zch kann mir selbst zumulen, ins Gefängnis zu gehen, auch unschuldig, anderen kann ich das nicht zumuten." Sodann wird in der Zeugenvernehmung fortgefahren und der Arbeiter Dombrowski, der an der Demonstration teilgenommen hat und auf dessen Schultern Müller die Ansprache an die Menge gehalten hat, sagt aus, daß Müller nur ganz kurz von dem Er-
nach der Schlacht bei S-dan". Bildgröße 40 X SO Zentimeter, Preis 42 000 M„ mir Rahmen. Womit zwar etwas anderes bewiesen wird, als wobl beabsichtigt war. Deß es nämlich unter Umständen ehren- voller ist, sich gefangenehmen zu lassen, als auszureißen. Napoleon suchte vergeblich den Tod aus dem Schlachtfeld«, Wilhelmen aber wurde von dem Hetdentode abgeraten. Und so geht es fort im bunten Reigen. Zwischen den Bildern noch ein seines Gedicht, auf Büttenpapier gedruckt, für 1800 M. Man braucht also jetzt nicht mehr zu den Stettiner Sängern zu gehen, um monarchistischen Spuk in der Mitteruachtsstunde zu er- leben, sondern kann den Spaß gratis bei vollstem Tageslicht genießen. Also: Aus nach der Motzstraße! K- S. Eine Indianer geschichte von heule. Wie«in Stück aus Coope.s Lederstrumpserzöhlungen klingt«in Bericht, der aus Salt Lake City kommt, über den letzten, vielleicht den allerletzten Indianer- oufftand, der geführt wird von dem Häuptling Old P of e y Blumenstrauß", was schon weniger triegriich klingt als„Groß» Schlange" etwa). Der„Alte Blumenstrauß" fühlt sich trotz seiner fast hundert Jahre noch nicht zu alt und hat sich nicht entmutigen lassen durch die trüben Erfahrungen seines Stammes während des letzten Jahrhunderts, um die Schar seiner Piuten in den Kamps sur zwei Stammesgenossen zu führen, die wegen Schafdiebstahls in einem Gefängnis eingesperrt waren.'Ob diese nun davon gehört hatten. daß der Hungerstreik der erl olgreichste Protest gegen ungerechtser- tigt« Fesffetzung ist, oder ob sie diesen Streik aus ihrem eigen�i Rechtsgefühl heraus unternahmen— jedenfalls weigerten sie sich, das Essen zu verzehren, das ihnen der Sheriff vorsetzte, der, darüber aufgebracht, einem der Indiane�mlt der Pistole auf. den Klopf klopfte. Der Kamerad fiel daraufhin den Sheriff an, nahm ihm die Waffe fort und floh mit seinem Gefährten zu den Stammesgenossen, die alsbald das Städtchen einschlössen, in welchem die beiden Flüchtlinge inhaftiert gewesen waren. Erlt als heimlich ein Bot« zu den Mch- barstädten gelangt war— Telephon- und Telegraphenverbindungen hatten die Rothäute durchschnitten— wurde die Stadt befreit, und die fliehenden Indianer, deren Stamm nur noch sechzig Köpfe zählt, verfolgt, worauf sie sich in das schwer zugänglich- Utah -Cannon zu- rückzogen. Auf den Kopf von Old Posey ist ein Preis von 100 Dollar ausgesetzt worden, aber hoffentlich wird im Interesse des Roman- tischen, da» durch ihn in unser Zeitalter hineinragt, noch einig« Zeit verfließen, bis diese 100 Dollar ausgezafrlt werden. ..Znlernaklonaler 7Na> ISZä." Bei unserer Anzeige d?s schönen im Berlaqe von I.H.W. Dietz Nochf. erschienenen Moihsstes ist leider versäumt worden, auf den Künstler hinzuweisen, dem das Heft den Schmuck seiner Illustrationen verdankt. Es ist unser Genosse W i l h e l m O e st« r l«. dessen Meisterhand die Mehrzahl der Leser schon an der charaktersstischen, schmissigen Linie und ausdrucksvollen DildgestaUung erkannt haben dürft«, wenn auch sein Name in dem Heft nicht genannt wird.__ Naturiihuligebiet im Niekengrbirge. Die siaatllili- Stell« kilr Naturdcnkmatp siege in Vreufeen teilt mit. btn zu Beginn bitit« Ialn«» dl« l I- t n c s-b n c- g r u b c im R i e 1 r n q e k> i i g- zum?? a t n r i ch" tz- gebiet erklärt worden ist. Da» Gebiet wird begrenzt im Nordwesten durch den Grubcnrand und eine Linie in Verlängerung dieses bis zur Mholzgrenze.
gebm's seiner Unterredung mit dem Offizier habe Mitteilung machen können. Seine Ansprache hätte er nicht beenden können, weil dl- Franzosen mit dem Feuer begannen. Der Zeuge erhielt einen Schuß in den linken Oberarm und flüchtete. Der Zeuge hat nichts davon gehört, daß Müller die Menge ausgereizt oder zur Umzingelung der AutoHalle aufgefordert habe. Damit ist die Zeugenvernehmung beendet. Die Angeklagten er- klären, daß sie zu den bisherigen Aussagen nicht- zu äußern hätten. Nur Müller spricht den Wunsch aus, einen Zeugen, der während der Demonstration ganz in seiner Nähe gewesen sei, vernommen zu sehen. Trotz des Widerspruchs des Staatsanwalts entscheidet der Präsident für die Anhörung de- Zeugen, eines Arbeiters namens Wcgmann. Cr bestätigt, daß Müller in jeder Beziehung beruhigend auf die Menge eingewirkt habe. Nunmehr wird kurz nach 6'A Uhr die Verhandlung auf Dienstag vormittag 9 Uhr vertagt. Der morgige Tag wird den Abschluß des Prozesses bringen. Schon heute abend wurden scharfe militärische Absperrungen in der Nähe des Verhandlungslokals vorge- nommen. Der Weg vom Gasthof in die Stadt wurde ganz ab- gesperrt. Die von allen Seiten herbeiströmende Menge wurde zurückgedrängt, um jede Kundgebung für die Angeklagten unmög- lich zu machen.
Der Terror m Nußlanö. Don de? Delegation der Partei der linken Sozialrevolutionär« Rußlands geht uns folgende Mitteilung mit der Bitte um Der- öffentlichung zu: Dos Mitglied des Zentralkomitees der linken Sozialrevolutio- 'näre, Genosse W. T r u t o w s t i, ist unlängst' aus dem Gefängnis entlassen worden, nachdem er drei Jahre lang im Zusammenhang mit dem Attentat auf den Grafen Mirbach gefangen gehatten wurde. Einige Tage nach der Entlassung wurde er von der Tscheka wieder verhastet. Da er es ablehnte, seine auf freiem Fuße befindlichen Parteigenossen zu verraten, wurde ihm bekanntgegeben, daß er nach Kuldscha(in der Mongolei ) deportiert werde. Daraufhin machte«r einen Selbstmordversuch durch Selbstverbrennung, wurde aber von seinem Freunde gerettet. Run hat er an die bolsche- wistische Regierung eine Erklärung gerichtet, daß, falls er nach den dreijährigen Qualen jetzt wieder in ruchloser Art seiner Freiheit be- raubt werden sollte, er zu den äußersten Mitteln der Notwehr greifen werde. Die Delegation der linken Sozialrevolutionäre appelliert an die internationale Arbeiterklasse und verlangt ihr« Einmischung, um das durch den kommunistischen Terror bedrohte Leben Trutowskis zu retten.
fortgesetzter Kommumstentrateel. Gewaltsame Entfernung kommunistischer Abgeordneter.— Ausschluß von 1« Kommunisten.
Neber der� Geschmack soll man nicht streiten. Des- halb hat es auch wenig Sinn, gegenüber den Kommunisten die naheliegende Frage zu erörtern, ob ihr Auftreten im preutzischen Landtag geschmackvoll oder würdig ist. Jeden- falls ist es in der Goschichte des Parlamentarismus einzig dastehend und auch Wohl nur möglich bei dem besonderen „Niveau", durch das sich die preußischen Landtagsabgcordnetcn der Kommunistischen Partei auszeichnen. Wonach der objektive Beurteiler vergebens suchen wird, das ist ein politischer Sinn bei den Skandalszenen, die die Katz-Freunde gestern inszenierten. Der kommunistischen preußischen Landtagsfraktion scheint es wirklich an jeder halb- Wegs ernstzunehmcndcn politischen Führung zu fehlen, seitdem ihr früherer Wortführer auf dem Leipziger Parteitage kaltgestellt wurde. Wenn sie die widerlichen Szenen init Hochrufen auf die „Weltrevolution" begleiteten und in ihren Zwischen- rufen zum Ausdruck brachten, daß„die Bourgeoisie vor der kommunistischen Revolution erzittere", so kann man beinahe annehmen, daß an diese theatralischen Prophezeiungen wohl kaumein einziger kommunistischer Abgeordneter ernst- Haft glaubt. Wenn die Komniunisten, was bei ihrer ganzen Gedankenwelt das nächstlieg-uidste ist, aber glauben, durch Herbeiführung solcher Skandalszenen die„Sozialdemo- kratie zu entlarven", so werden sie sich in dieser Spekulation sehr bitter täuschen. Das Echo im Lande wird nur das sein, daß alle anständigen Arbeiter das Bedürfnis empfinden werden, den Unterschied zwischen sozia- listischer und kommunistischer Auffassung stärker zu betonen, als es bisher der Fall gewesen ist. Die von den Kommunisten erhofften Diskussionen über die Zweckmäßigkeit! und Zulässig- kcit der im Landtag angewandten Rtaßnahme« werden sehr bald in der Kommunistischen Partei beginnen, wo die ernsthafteren Elemente ihren Landtagssreunden die Frage vor- legen werden, was man denn eigentlich mit diesen ohne jeden politischen Zusammenhang heraufbeschworenen Thcaterszenen bezweckt hat. Einer solchen Gesellschaft gegenüber, die dauernd Politik mit Krakeel verwechselt, ist die feste Hand, die man ihnen endlich einmal gezeigt hat, allein am Platz. Die Kommu- nisten selber wissen, daß man eine solche„Taktik" nicht ans die Dauer fortsetzet! kann und daß an ihrem Ende nur der Katzenjammer steht. Vielleicht schadet es nichts, wenn sie das einmal gründlich zu spüren bekommen. Der gestrige Skandal wurde vom Mitglied der KPD. -Zen- trale, dem Reichstagsabgeordneten K o e n e n, von der Tribüne herab geleitet. Es ist bedauerlich, daß auch in der Partei- zentrale— oder doch wenigstens bei Koenen— nicht die Ein- ficht zu bestehen scheint, wie schwer die Sache der Arbeiter- bewegung durch derartige sinnlose Spektakel geschädigt wird. «» • Nach Schluß der ersten Sitzung, über die wir im gestrigen Abend. blatt berichteten, werden in der Zwischenzeit bis zur neuen Sitzung die Abgg. Paul Hoff mann, Sobottka und S ch o l« m von Kriminalbeamten gewaltsam aus dem Sitzungssaal entfernt. Di« beiden letzteren werden unter der Beschuldigung, bei einem Delikt ertappt zu sein, in das Zimmer Nr. S des Saalgeschosses gebracht. — Nach Schluß der Sitzung war der Aeltestenrat zu einer sofortigen Sitzung zusammengetreten. Auf Anordnung des Vizepräsidenten Garnich wurden in der Zwischenzeit die Tribünen und auch die Pressetribünen geräumt. Vizepräsident G q r n i ch eröffnet die neue Sitzung um 2 Uhr 15 Minuten und teilt mit, daß der Abg. Paul Hoffmann sich den ge- fchäfismäßigen Zl u s s cßl u ß auf 8 Tag« zugezogen lzat, da er der Aufforderung des Präsidenten nicht Folg« leistete, den Sitzungs- saal zu- oerlassen.(Beifall.— Lebhafte Pfuirufe bei.den Komm.) Der Vorfall ist zu bedauern. Aber das Haus kann sich keine weite- ren Störungen gefallen lassen.(Beifall.— Zurufe bei den Kommu- nisten: Polizeihalunken haben unsere Abgeordneten hinausgeschlepptl Ordnungsruf!) Abg. Rusch(nsld.) protestiert gegen die Räumung der Presse- tribüne. Vizevrässdent Garn ich erklärt, daß die angeordnete Räumung- der Pressetribüne stattfand, während die Sitzung unterbrochen war. (Zuruf der Kommunisten: Sie scheuen die vefsentlichkeit!) Davon kann kein« Red« sein. Zu der neuen Sitzung ist die Press« wieder zugelassen worden. Abg. S ch u lz- Neukölln(Komm.). Di« Polizei hak den Abg. Schalem gewaltsam entfernt und ihm den Arm ausgedreht.(Lebhaster Widerspruch.) Der Redner beantragt sofortige Beratung des kom- munistischen Protestantrages gegen die Anordnung des PräsidÄiten, wonach Kriminalbeamte in großer Zahl sich im Hause aufhalten. rnid wird, als er erneut die Polizei verbrecherischer Handlungen beschuldigt, zur Ordnung geruf«n.�Unerhört ist es, erklärt er, daß die Abgg. Schalem, Sobottka und Frau Wolfft'ein ssstqenommen worden sind.(Schalem, Sobottka und Frau Wolsstein sind wieder im Saal anwesend.) Vizepräsident Garn ich teilt mit, daß ein Antrag ans Schluß der Geschäftsordnungsdebatte«ingegangen, sei. Diese Mitteilung wird von den Kommunisten mit lärmenden Kundgebungen auf» genommen. Viz-prüsident G a r n i ch gibt dann dem Abg. Dr. Steffen»(DVP.) zur Fortsetzung seiner Red« das Wort. Der Redner oermag chicht, sich verständlich zu machen, da von den Kam- muniften dauernd gerufen wird: Wir protestieren gegen die Fort- setzung der Sitzung! Es ist eine Gemeinheit! Hinaus mit der Po- lizei! Preußisch« Unkultur! Vizepräsident G a r n i ch kündigt an, daß er bei Fortsetzung der lärmenden Zwischenrufe die Rufer aus dem Saal« wessen werde. Dies« Ankündigung wird von den Kommunisten mit neuem Lärm und Pfiffen aufgenommen, ein« Gruppe der Kommunsstcn ruft ab- wechselnd: Polizei aus dem Hause! Hinaus mit der Polizeil Vize. Präsident.Garn ich ersucht hierauf die kommunistischen Abgg.
Pieck, Menzel- Hall«, K n o t h und Kilian, den Saal zu verlassen.(Beifall bei der Mehrheit. Lärm bei den Kommunisten.) Die hinausgewiesenen Abgeordneten machen keine Anstatt, den Saal zu verlassen. Vizepräsident Garn ich erklärt: Ich stell« fest, daß die Ab- geordneten meiner Aufforderung noch keine Folge geleistet haben. Ich unterbreche darum die Sitzung auf«ine halbe Stund«. Während der Sitzungspause bleiben die hinausgewiesenen Ab- geordneten im Saal«. Um 3,33 Uhr betreten mehrere Kriminalpolizisten den Saal, um die aus dem Saal« gewiesenen kommunistischen Abgeordneten ge- waltsam zu entfernen. Die kommunistischen Abgeordneten K n o t'h, Kilian und Pieck werden aus dem Saale geführt. In allen Fällen nötigen die Hinausgewiesenen die Beamten zur formellen Gewalt- anwendung, ohne jedoch größeren körperlichen Widerstand zu leisten, so daß das Hinausführen sich verhältnismäßig schnell vollzieht. Vizepräsident Garn ich eröffnet alsdann die neu« Sitzung und teilt mit, daß der Abg. Paul H o f s m a n n wegen«»dauernder Widersetzlichkeit vom Aeltestenrat auf 13 Tage ausgeschlossen ist. Wenn er die Tribünen habe räumen lassen, so habe er dem Abg. Paul Hoffmann es ersparen, wollen, daß die Oesfentlichkett mit an- seh«, wie er aus dem Saale entfernt werde. Da die Kommunisten er- klärt hätten, daß sie auf solch« Rücksichten keinen Wert legten, sehe er nunmehr von der Räumnung der Tribünen ab. Im übrigen werde er gegen weitere Verhinderung der Verhandlungen rücksichtslos vor- gehen. Abg. Schulz- Neukölln(Komm.) spricht dem Aeltestenrat die Befugnis ab, den Ausschluß eines Abgeordneten auf 13 Tage zu beschließen. Man wolle nur die kommunistische Opposition vergewal- tigen. Die Verfassung stehe über der Geschäftsordnung. Di« Ausführungen werden von tosendem Lärm der Kommu- nisten beglettet, der besonders stark einsetzt, als ein Schluß- antrog angenommen wird. Der Abg. S t e/ f e n s(DVP.) will aufs neue das Wort nehmen, der andauernde tosend« Lärm läßt aber seine Wort« un- gehört verhallen. Bizepräsident Garn ich teill mit, daß er die Abgg. Charpentier , Sobottka und Frau Wolfstein von der Sitzung ausschließe. Da die Ausgeschlossenen trotz Aufforderung im Saale verbleiben, wird die Sitzung aufs neue auf eine halbe Stunde vortagt.— Die Abg. Frau W o l f st e i n(Komm.) widersetzt sich ihrer Hinausführung dadurch, daß sie sich auf den Boden wirft. Sie wird unter stürmischen Protestrusen der Kommunisten von zwei Beamten zum Saale hinausgetrogen. Als dann die Abgeordneten Charpentier und Sobottka gewaltsam hinausgeführt wer- den. rufen die Kommunisten: Die Bourgeoisie soll erzittern vor der kommenden kommunistischen Revolution! Hoch die Weltrevolulion! Gegen 4 Uhr eröffnet Präsident Garn ich die neue Sitzung. Es wiederholen sich dieselben Szenen wie in der vorhergehenden Sitzung. Abg. Dr. Stessens(DVP.) kann feine Rede nicht fortsetzen, da die Kommunisten andauernd rufen: Hinaus mit der Polizei!— Vizepräsident Ga r n i ch fordert unter dem Beifall der Mehrheit solgend« kommunistische Abgeordnete zum Verlassen des Saales auf: Schalem, Schnetter, Frau Ludewig, Schumann, Gehrmann und Schulz- Neukölln. Da die Abgeordneten im Saale oerbleiben, wird die Sitzung wiederum unterbrochen. Die neuanberaumte Sitzung erfährt dasselbe Schicksal wie die vorausgegangenen. Die neuausgeschlossenen Abgeordneten Frau A r e n d s« e und R o g g bleiben im Saale. Sie werden o.hne großen Widerstand und ohne laute Kundgebung der Kommunisten von den Polizeibeamten aus dem Saal geführt. Bei Widereröffnung der Sitzung erklärt Vizepräsident G a r n i ch, daß die Abgeordneten Rogg und Arendsee sich wie alle übrigen Ausgeschlossenen den A u s- schluß für acht Sitzungen zugezogen halten. Zur Geschäftsordnung nimmt das Wort der Abg. Sönig-Weißen- fels Komm.). Er erklärt im Namen seiner Freund«: Wir halten, da wir bei unserer kleinen Zahl die eingeschlagen« Taktik nicht dauernd fortsetzen können, es für unter unserer Würde, als Vertreter der Ar- beiterschast weiter zu tagen und verlassen deshalb den Saal. Nachdem die letzten Kommunisten den Saal verlassen haben, er- klärt Vizepräsident Garnick: Keiner bedauert die heutigen Vorgänge wohl tiefer als ich. Ich bin aber verantwortlich für die Ordnung in diesem Haus« und dafür, daß der Landtag seine Geschäfte durch- führen kann. Ich habe nicht nur die Rechte der Minderheit zu wah- ren. ich habe auch die Mehrheit zu schützen.(Lebh. Beifall.) Das Haus setzt darauf die zweite Beratung des Kultushaus. Haltes fort und vertagt sich nach den Ausführungen des Abg. Dr. Steffens(DVP.), der seine so oft begonnene Rede nun endlich zu Ende führen kann, auf Dienstag 12 Uhr: Kleine Vorlagen, We i te r b e ra t u n g des Haushaltes für Wissen- schaft, Kunst und Volt sbildung. Schluß nach 5 Uhr, Strafverfahren gegen Scholem , Sobottka, wolfstein. Das Polizeipräsidium teilt mit: Als Montag mittag der kom- munsstssche Abgeordnete Paul Hoffmann im Auftrage des Landtags- Präsidenten von Polizeibeamten zwangsweise aus dem Sitzungs- faale des Abgeordnetenhauses entfernt wurde, leisteten einige andere kommunistische Abgeordnete den In Ausführung ihres Amtes befind- lichen Polizeibeamten Widerstand und ergingen sich in wüsten Be- schimpfungen der Beamten. Gegen die betreffenden aus frischer Tat ergriffenen Abgeordneten--- Scholem , Sobottka und Frau W o l f st e i n— wurde sofort ein Strafverfahren wegen Widerstande» gegen die Staatsgewalt und öffentlicher Beleidigung eingeleitet. Die verfassungs- mäßig gewährleistete Immunität steht der Einleitung des Straf- verfahren» nicht im Wege, da es sich um eine Ergreifung auf frischer Tat handelt. Von einer Verhaftung der Abgeordneten wurde Abstand genommen. Nach kurzer polizeilicher Vernehmung und Anhörung der Zeugen vMrden die Abgeordneten Scholem , Sobotta und Frau Wolsstein wieder entlassen.