und außerdem dem Präsidenten das Recht erteilt, das Wart zur Geschäftsordnung überhaupt zu verweigern. Was das hieß, erfuhren wir am Morgen nach der Nacht, in der A n t r i ck seine Achtstundenrede gehalten hatte. Bürgerlicher- seits war ein Antrag eingebracht, wonach über mehrere hundert Nummern des Zolltarifs in einem abgestimmt werden sollte. Bebel meldet sich dagegen zur Geschäftsordnung, er- hält aber vom Präsidenten die Antwort:„Ich gebe Ihnen das Wort zur Geschäftsordnung nicht." Unser alter Kämpfer war im ersten Augenblick außer sich, denn es war ja keine Kleinigkeit, ihm, dem Führer der zweitstärksten Fraktion und Mitglied des Reichstags, seitdem dieser bestand, das Wort zu verweigern. Dann aber ließ er sich von Singer, der hinter ihm saß, beruhigen, und fügte sich. Beide übersahen die Situation. Es war klar, daß die Obstruktion nun nicht durch- zuführen war. Es war nur möglich, Skandalszenen aufzu- führen und Skandal um des Skandals willen war nicht nach dem Geschmack dieser bedeutenden Führer. Das aber ist es, worauf die Kommunisten mit ihren Ob- struktionen abzielen. Verfolgten sie mit ihnen einigermaßen sachliche Ziele, so würde man sich,, auch wenn man sie für ver- fehlt hält, nicht sonderlich über sie erregen und in der Leiden- schaft begangene rednerische Verstöße gegen die parlamentari- schen Redesormen nicht auf die Wagschale legen. Nicht die echte Leidenschaft, die gespielte Leidenschaft ist es, die reizt und empört. Und was ein Teil gerade der Anarchisten, die sich in den Vordergrund drängen, in den Parlamenten und Versammlungen zum Besten geben, das ist in nur zu vielen Fällen gespielte Leidenschaft, und die Beschimpfungen, mit denen sie politische Gegner, ob Gegner des Sozialismus oder S«ialisten überschütten, sind nicht Erzeugnisse der Erre- gung, sondern wohlüberlegte u»nd ausgesuchte Schmähungen, die bestimmt sind, die Angegriffenen zu reizen. Da soll man sich nicht wundern, wenn der Groll, den sie auf diese Weise immer von neuem erzeugen, eines Tages sich in solchen Ausbrüchen Luft macht, wie sie in diesen Tagen im Preußischen Abgeordnetenhause sich abgespielt haben, die ich mit anderen tief bedaure, über die es mir aber unmöglich ist, pharisäisch abzuurteilen. Wie Druck Gegendruck erzeugt, so Erzesie Gegenexzesse. Vor einigen Wochen ließen in England im Hause der Ge- meinen, sich die Mitglieder der zum großen Teil aus parla- mentarifchen Neulingen bestehenden Labour Party durch die Ungeschicklichkeit eines Regierungsoertreters zu einer Skandal- szene hinreißen. Treffend schreibt mit Bezug auf sie der parlamentarische Führer der Partei, F. Ramsay Macdo- n a l d, im soeben erschienenen Maiheft des„Socialist Review": „Ich verabscheue diese Szenen, sie können nie in den Grenzen des Wirkungsvollen gehalten werden. Ein Hitzkopf von Mensch kann berechtigte Ruse nach Verlegung in schlecht gesungene Strophen von„Rule Britannia" oder„die Rote Fhane" oder„Tipperary" oder zu Frontkämpfern überlisten. Außerdem sind sie ein Reiz, der, je mehr er gewährt wird, um so mehr um sich greift. Der Faschismus ist durch die kommunistischen Methoden ins Leben ge» rufen worden."
Kommuniftjfthe Phantasien. Die„Rote Fahye" überschlägt sich förmlich sn nicht wiederzugebenden Beschimpfungen unserer Landtags fraktw». Der aus soldjen„Aktions"anlSssen fällige Aufruf ergeht sich in den wildesten Phantasien über die angeblichen Schandpläne der Sozialdemokratie. Die Prügelei im Landtag soll„nur der Austakt zu einer sozialdemokratischen Kampagne gegen die Kommunisten sein. Die Sozialdemokraten möchten, daß die Prügeleien im Landtage sich nicht auf den Landtag beschrän- ken, daß sie hinausgetragen werden in die Versammlungen der Arbeiter und von den Versammlungen in die Betriebe. Sie wollen, daß der Prügelei der Abgeordneten die Prügelei der Arbeiter untereinander folgen soll". Der Achtstundentag fft auch zum soundso vielsten Male wieder in Gefahr. Eine Verständigung in der Reparationsfrcoge ist nach der Meinung
«.Gobseck* nach Salzac von Theoö. Tagger. (Renaissance-Theater.) Di« unheimliche Vernunft, gemischt mit der gespenstischen Phon- tastit, das war Balzac . Wenn er schrieb, dann wußte« Dinge, die er im Alltagsleben niemals gewußt Hütt«: das sagte man ihm nach. Er vergrößert« und vergröberte und verseinerte trotzdem die Theorie, daß die vom Künstler zu schaffenden Menschen eher als Erdenwesen denn als Gotteswefen zu betrachten seien. Der Aeldtrieb, der Liebes» trieb, der Freßtrieb, alles das fei moralischer und unmoralischer Stachel, nur darum, weil es die Gebein« und den Schlund nicht zur Ruhe kommen läßt, die gewichtiger seien als die Seele. Es gibt bei Balzac ganze Geschlechter von Geldgierigen und Liebesgierigen. Was sie unterem ander und gegeneinander erlebten, wie sie. sich fort» pflanzten und hemmten, das war der Gegenstand feiner Romane, -die er unter dem Sammelnamen der„Menschlichen Komödie" ver- einigt, und denen er ein saudummes und trotzdem geniales Vor- wort vorausgeschickt hat. Dieses Vorwort enthält nämlich die erste, etwas klarer formulierte Aesthetik des naturalistischen Romans. Was Zola und seine Geistesbrüder hernach über den gleichen Gegenstand schrieben, ist nicht zu denken ohne Balzac . Gobseck ist ein gigantischer Geizhals. Lalzac, der selber ewig NÄH Gold unersättliche und nichtsdestoweniger stets vom Bankrott bedrohte Schwerarbeiter am Schreibtisch, hatte da einen Goldwühler, Goldsammler und Goldsucher ausgedacht, dem er zugleich ekelhafte und überirdische Züge schenkt. Gobseck ist der Großwucherer des lkönigstreueN Paris. Ihm bringen die Aristokratinnen ihren Schmuck, und sie möchten sich ihm ins Bett legen, wenn er nur leiht und leiht und die Wechselchen mit den adligen Unterschriften anerkennt. Gobseck ist ein metaphysischer, olttestamentarischer Schuft. Er kehrt in «einerer und christlicherer Gestalt in dem großen Bolzacschen Geiz- toman der Ecigenie Grandel wieder.— Dem alten Gobseck wurde ziemlich übel mitgespielt. Seiner Frau machte ein Ehebrecher und Haiunke, ein Galeerensträfling, der sich jahrelang im Priesterkleide durchschwindelte, ein Kind. Und diese Esther Gobseck wurde ein« Kurtisane von mannigfachem Aufftieg und bewegendem Abstieg. Auch der Esther Gobseck gehört ein ganzer Roman Balzacs, der immer aus seinen Gedankensplittern gleich Riesenromane machte. Diese Kurtisane, die bei Flaubert eine Lorette getauft wurde, die bei Musset etwas weniger tragisch als Mimi.Pinson auftritt, und wieder und wieder von den Goncourts und von der Zolaschen Nana fortgesetzt wird, hat ein ganzes Geschlecht anmutiger oder trüb- seliger, aber stets dem Laster dienender Urenkelstimmen hinterlasien. Balzac deckt eine fabelhafte Kolportage auf. Das Wort und der Sinn der Kolportage dürfen aber nicht fehlen, wenn von Balzac die Rede ist. Es lohnt sich schon, den alten Gobseck, den Geizkragen und Verteidiger der. Familienehre auf die Bühne zu bringen, nur
der Kommunisten das größte Unglück, was dem deutschen Proletariat widerfahven kann. Deswegen rufen die„Einheits- frontler" zu einem neuen wüsten Kampf gegen die sozialdemo- kratische Arbeiterbewegung auf. Di« Kommunisten irren sich sehr, wenn sie glauben, daß die Sozialdemokraten ihnen den Gefallen tun werden, sich in eine Art Antikommunistenstim- mung hineintreiben zu lasten. Die Kommunisten können und werden im Landtag jede Freiheit haben, auf die sie rechtmäßig Anspruch erheben können, wenn sie endlich lernen, sich im Rahmen der Disziplin zu halten, ohne die parlamentarische Verhandlungen überhaupt nicht denkbar sind. Wenn sie aber jetzt mit aufgeregtem Geschrei sich als die Hüter der guten Sitten bei den Auseinandersetzungen innerhalb der Arbeiter- schast hinstellen, dann werden sie damit nur Heiterkeitserfolge erzielen können. Kommunistische Parlamentspraxis. Die Kommunisten haben im Preußischen Landtag immer wieder erklärt, daß sie die Geschöitsordnung nicht anerkennen und zur Durch- setzung ihrer Ziele alle Mittel anwenden würden, gleichviel, ob sie parlamentarisch zulässig feien oder nicht. Welcher Ausdrucksmittel sich die Kommunisten bedienen, dafür folgendes Beispiel. Ein biirger- lichcr Abgeordneter hat sich einmal der Mühe unterzogen, die Aus- drücke zu notieren, die innerhalb 20 Minuten von kommunistischer Seite gebraucht wurden. Der Abgeordnete zitierte:..H a l l u n k e d u",„Verbrecher",„ß u m v"a„Heuchle r",„aus Ihnen spricht der Schnaps",„Schnapsbruder",„Sie elen- d e r S ch u f:", ,.S o ein L u m p",„Q u a t s ch nicht solches Blech",„Du Parasit",„elender Bursche",„Schmutz- sink",„schmutziger Lümmel",„vollgefressencr K e r l". Der Abgeordnete Katz sprach von der gesamten Geschäfts- ortnungskommistion als von den„Lumpen", die da saßen. Er sprach von einer Anzahl Abgeordneter dieses Hauses als von „Schweineigeln". Das ist. wie gesagt, nur das Ergebnis einer kommunistischen Blütenlese innerhalb 20 Minuten. Und nun denke man sich, daß derartige Ausdrücke und noch schlimmer«, die sich gar nidjt wiedergeben lasten, fast an jedem Sitzungstage fielen. Man denke sich auch, daß die meisten dieser Ausdrücke gegen die sozialdemokratische Fraktion gerichtet waren, denn die Kommunisten des Landtages haben nie ein Hehl daraus gemacht, daß sie es als ihre wichtigste Aufgabe betrachten, zuerst und vor ollem den Kampf gegen die Sozialdemokratie zu führen. Kann man sich bei einer derartigen programmatischen Einstellung unb_ bei einer derartigen praktischen Betätigung, wie sie gerade von den kommunistischcn Abgeordneten des Landtages an den Tag gelegt worden sind, noch darüber wun- dern, wenn die Mehrheit des Landtages zur Rettung des letzten Restes von Ansehens nach langem Warten endlich die verschärfte Bestimmung der Geschäftsordnung zur Anwendung gebracht hat? Wenn der preußische Landtag vor den kommunistischen Flegeleien nicht kapitulieren wollte, mußte er zu diesem Mittel greisen. Es blieb kein anderer Weg mehr übrig..
Saperisthes Jöpll. � Die bayerische Regierung, die schwächste seit der Revolution, wenn es gilt, die Staatsautorität wirklich aufrechtzuerhalten, kann auch stark fein, wenn es gilt friedliche Arbeiter in Schach zu halten. Wir erhalten über die Maifeier in Ingolstadt folgenden Bericht: Am 29. April fand die Uebergabe einer Sturmfahne an die hiesige Sturmtruppe der Hakenkreuzler statt. Zu dieser Feier erschienen neben den Hetzern Esser und Hitler auch auswärtig« Sturmtruppfen. Die ganze Feier stand unter dem Schutz« der Polizei. Auf dem Bihnhof wurde Hitler mit feinem Gefolge von den Reichsbahnbeamten der Station Ingolstadt« Hauptbahnhof in Galauniform empfangen. Die Sturm- truppen waren bewaffnet, Seitengewehre wurden sichtbar ge- tragen, ohne daß die Polizei Anstoß nahm. Die Polizei nahm auch keinen Anstoß, daß Straßenpasianten republikanische Abzeichen abge- rissen wurden und jene, die sich dagegen wehrten, geschlagen wurden und mit Gummiknüttel und Dolch bedroht wurden. Di« blut- rünstigen Reden der Hitler und Esser fanden so wenig Anstoß ckls das Exerzieren von Abteilungen inmitten der Stadt. Am 1. Mai wollte die Arbeiterschast in einem Umzug demon- strieren. Der Umzug wurde verboten, angeblich weil die Ruhe und Sicherheit gefährdet sei. Auf persönliche Vorsprach« einer Deputation beim Stadtoberhaupt erklärte dieser: Das Verbot kann nicht zurückgenommen werden, weil die vaterländischen Verbände gedroht darf der straffende Dramaturg des stets dramatisch gespannten Dalzae-Epos niemals vergessen, daß dieses wundervoll aufgepulverte Feuer der Ereignisse nichts als Kolportage bleibt, wenn der Knäuel der Verwicklungen nicht durch die Psychologie von 1923 aufgelöst wird. Man habe Respekt vor allem, was geschieht! Ist man aber ein Schriftsteller von Gewissen, so ist es Pflicht, diesen herrlichen Bühnenstoff mit Beseelung zu durchleuchten. So ist es Pflicht für den Dramatiker, der gleichzeitig einem Theater vorsteht, seine Schauspieler, auch die aus den vier Winden geborgten, von der Sklaverei vor dem Souffleurkasten und ähn- lichen Mnrtermöbeln zu befreien. Eugen Burg . Karl Forest , Stella A r b e n i n a, Guido H e r z f s l d und mancher andere noch, der auf dem Zettel lockte, jedoch nicht spielte, sie alle waren nicht ausreichend gepackt und vorbereitet. Shokespearesche Motive der Ewigkeit wurden für ein mattes Gelegenheitsstück in Pfand g«, nommen. Es wurde zuviel geborgt, doch Schauhaus und Leihhaus sind auch heute noch verschieden. Max Hochdorf .
Da» Aussterben der Eskimos. Amerikanische Ethnologen, zum Beispiel Alexander Chamberlain und James Mooney , hoben viel Stoff über die Rassenmischungen der Reuen Welt zusammenge- tragen. Nach ihrer Ansicht gibt es eigentliche Eskimos überhaupt nicht mehr. Die Eskimos von Grönland haben sich von Anbeginn mit den dänischen Händlern und Kolonisten vermischt, so daß rein- blüttge Eingeborene kaum noch anzutreffen sind. Die Mischheiraten waren sehr fruchtbar und ergaben eine Rassenveibesserung, be- sonders hinsichtlich des persönlichen Aussehens. Die letzte weibliche Person soll im Jahre 1869 eine Eskimofrau in Labrador gewesen sein, sie heiratete einen Engländer. In Labrador erfolgte die Ver- Mischung mit Fischern aus Neufundland oder solchen, die direkt aus England gekommen waren. Waren die Ehen gewisser Weißen und Eingeborenen sehr fruchtbar, so setzte sich die Fruchtbarkeit aber offenbar nicht unter den Mischlingen fort. Sowohl in Labra- dor wie in Grönland ist die Bolkszahl in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Don gewallsamer Ausrettunq, Auswande- rung, verheerenden Suchen kann keine Rede fein: offenbar ist die Vermehrung der entstandenen Mischrasse schwächer, als es die der Eskimos selbst war. Nach Nansen grassiert allerdings unter den Eskimos die Tuberkulose sehr stark, aber es kommt vor, daß die Leute mit dieser Krankheit ein sehr hohes Alter erreichen: an- scheinend macht die fette Kost der Grönländer gegen diese Seuche widerstandsfähig. Die Ahnen des Flohs. Lange haben wir im Dunkeln getappt in unserer Kenntnis von der stammesgeschichtlichen Herkunst der Flöhe. Das beweisen uns Untersuchungen, die Prof. Dr. E. Martini im „Zemralblort für Bakteriologie, Parasitenkunde und Infektions- krantheiten" veröffentlicht. Prof. Martini erbringt auf Grund der morphologischen Beschaffenheit der Flöhe den Nachweis, daß wir es bei ihnen nicht mit einer eigenen Infekten familie zu tun haben, sondern daß die Flöhe von den Käsern abstammen, und zwar von den sogenannten Kurzfiüglern, Es sind nicht sehr tiesgreifend« Ver-
haben den Umzug gewaltsam zu stören: auch verfüge die Arbeiter, schast nur über ein Drittel der Bevölkerung und habe deshalb kein Recht, einen Umzug zu halten. Es blieb bei dem Verbot. Den Kurzarbeitern, die am'l. Mai feierten, wurde die Unterstützung für weiterhin oerboten. Der Herr Oberamtmann Kurner bat die Leitung der Ratio» nalsozialisten in München , die 69 Mann Sturmtruppen der hiesigen Nationalsozialisten nicht nach München zu ziehen, weil er sie in Ingolstadt selbst brauche. Am 1. Mai morgens 6 Uhr wurde von Nationalsozialisten im Verein mit grüner Polizei«ine Besetzung der Fabriktore vorgenommen. Di« Nationalsozialisten waren mit Ma, schinengewehren, Pistolen 98, Kgrabiner 98 und Reiz- und Eierhand- granaten ausgerüstet. Auf je einen Mann Sipo kamen 4 Angehörige der Nationalsozialisten, die als Notpolizei ausgegeben wurden. Unsere Streikposten suchte man durch den Spruch„schwarzwcißrot oder tot" zu provozieren. An Stelle des Umzuges war eine öffentliche Protestversamm- lung geplant, die auch genehmigt wurde. Als um 2 Uhr die feiern- den Arbeiter nach dem Versammlungslokal gehen wollten, waren alle Straßen dorthin abgesperrt. Die im Gewirkschaftshaus sich be- findenden Arbeiter wurden von einem starken Polizeiaufgebot um- zingelt und nach Waffen durchsucht. Die Durchsuchimg war ergebnislos. Die Umzingelung blieb aufrechterhalten. Als einzelne Arbeite» versuchten durch die Polizeiketten zu gehen, wurden sie zurückge- stoßen. Der Führer ließ vor den Augen der Arbeiter laden und Seitengewehre auspflanzen. Erst auf das energische Auftreten des Kartellvorsitzenden erklärte sich der Führer bereit, die Leute emzeln nach dem Versammlungslokal ziehen zu lassen. Als ein Arbeiter die republikanische Fahne in das Versammlungslokal bringen wollte. wurde er von der Polizeiwehr und blauer Polizei überfallen und man versuchte ihm die Fahne zu entreißen. Das allerdings ließ sich die Arbeiterschaft nicht gefallen, sie verteidigt« gegen Bajonette die Reichsslagge, und nach S Minuten langem Ringen konnte sie der Polizei entrissen werden. Den in den äußeren Stadtvierteln wohnenden Arbeitern wurde der Zugang zur Stadt verwehrt. während einzeln« dieser Demonstranten mit den Führern ver- handelten, wurden die Arbeiter von Reichswehr umzingelt und mit Maschinengewehren bedroht. Ein Reichswehroffizier schlug einem Betriebsrat ohne jeden Anlaß mit der Reitpeitsche ins Gesicht und ließ es geschehen, daß der gleiche Betriebsrat von einem Soldaten mit dem Gewehrkolben geschlagen wurde. Gegen die feiernden Arbeiter waren 3 Kompagnien Reich swehr. 199 Mann Polizeiwehr und etwa 299 Mann Rationalsozialisten und Ange- hörig« der Verbände mobil gemacht. Daß die Arbeiter die Reichsflagge gegen Reichswehr und Polizei verteidigen müssen, das ist symbolisch für die bayerische Ordnungszelle. Und trotzdem wird es der Reaktion auch in Bayern nicht gelingen, die Arbeiterschaft. auf die Dauer niederzuhalten.
Kahr gegen tzitler. München , 9. Mai. (Eigener Drahtbericht.) Für das Durchein- ander in den vaterländischen Verbänden sprach«in Vortrag, den Herr v. K a h r gestern abend auf einer internen Veranstaltung des Bundes Bayern und Reich hielt. Er wendet« sich darin entschieden gegen Hitler , ohne dessen Namen zu nennen. Sätze wie folgende: „Viele halten sich heute berufen Herrscher zu sein und glauben in ihrer Unkenntnis des Zusammenhanges der öffentlichen Dinge und der Auswirkung politischer.Handlungen mit tapferen Redens� arten oder einigen Maschinengewehren Dölkerschicksolo und Bolkspsychosen korrigieren zu können", zielten deutlich auf Hitler hin. Führer des deutschen Volkes in der großen nationalen Sache könne noch Kohr nur«in Mann sein, der die reinsten Hände habe.
229 Jahre unü b Monate. Die Gesamtzahl der im Krupp-Prozeß verhängten Ge« sängnisjahre ist n o ch um fünfzig h ö h e r als sie aus unserem Drahtbericht aus Werden zu ersehen war. Außer den dort als ver- urteilt aufgeführten Personen wurden noch die Direktoren C u n tz und B a u r zu je 29 Iahren Gefängnis und je 199 Mllionen Mark. der Betriebsführer G r o ß zu 19 Iahren Gefängnis und 69 Millionen Mark Geldstrafe oerurteilt. Die„Tagesstrecks" der sogenannten Justiz der Kriegsgerichte von Werden und Mainz bettägt also genau 229 Jahre 8 Mo» nate Gefängnis und 869,6 Millionen Mark Geld » strafe!_______ änderungen, welche die Flöh« zu durchlaufen bvaychien, um sich zu ihrer heutigen Gestalt, die gan., ihrem Leben als menschlichen Paro. siten angepaßt ist. umzubilden. Daß diese Feststellung Martinis auch ein« praktflche Bedeutung hat, geht daraus hervor, daß wir nunmehr wohl in der Lage sind, ein« annehmbare Erklärung zu geben für die Uebertragung des Pestbazillus durch den Floh auf den Menschen. Bei vielen Käsern kommt bekanntlich«in« besonder« Art von Verdauung vor, bei der der Magensast dem Beutetier eingespritzt und die Nahrung vor den Mundwerkzeugen des Angreifers großenteils verflüssigt wird. Diese bei niederen Käsern häufige Ein- richtung ist ermöglicht durch die Beschaffenheit des Hinteren Teiles des Vorderarms, wodurch die größeren Nahrungsteile im Magen ziirückgehalten werden. Es liegt also nahe, daß die Flöh« di« all« rfS«wohnheit der Käser beibehielten, Magensast beim Stechen in die Wunde zu entleeren. Auf diese Weise gelangt dann der Pest- bazillus in das Blut des. Menschen. Veränderung der Säuglingssterblichkeii. Die neucste Statistik über die deutschen Gesundheitsocrhältnisse im Jahre 192? ist, wie in der„Klinischen Wochenschrift" hervorgehoben wird, besonders dadurch bedeutsam, daß sie eine Aenderung der Verteilung der Säuglings- sterblichkeit nach Monaten aufweist..Während bisher immer dt« meisten Säuglinge im S o m m e r starben, was mit den Verdauung?- ftörungen in der heißen Jahreszeit zusammenhängt, zeigte sich dies- mal eine ausgesprochene Steigerung im Winter. Es fielen also mehr Säuglinge den Erkältungserscheinungen während der kalten Monate zum Opfer. Ein Ansteigen der Zahl im Sommer läßt sich zwar bei den Magen-Dorm-Erkrankungen erkennen, indem im dritten Viertelsahr 3912 Todesfälle auf 1694 des ersten Vierteljahres kommen: im ganzen aber sind an Erkrankungen der Verdauung?- organe nur die Hälfte der Säugling« im Vergleich mit den Vorjahren gestorben. Die Gesamt st erblichkeft an allen Krankbeiten hat sich nicht wesentlich verändert: sie beträgt auf 1999 Lebendgeborene 1922: 139,5 gegen 128,8(1921) und I32.S(19?9>. Die Wintersteige- rung ist aber sehr deutbch. Von 1299 Todesfällen von Säuglingen kamen auf den Dezember 194, ebensoviel wie auf den. Mai, auf den Januar 113, Februar 116, März 118, Apr.l 119. Im Juni betrug die Zahl 77, im Juli 82, im August 90, im September 92, im Oktober 90, im November 95._ BortrSge. Für die Geiellschasten für KesiblechtSkundc und Sexual' reform Ivricht Freitagabend 7'/. Uhr in der Schulaula, Kochstraße 13- Dr. Magnus Hirsibfeld über die sexuelle Wabrbeit. Ter fällige Druckfehler ftebi im b-uiigen Moroenblatt w dem Artikel.Zulassung zum Studium ohne Reifezeugnis-. Mit den Bewerbern soll natürlich ein C o I l o g u i u m und kein Collegium veranitallet werden. Der Oesterreichisch -Teutiche Bolksbond oeranslaltet am 12.. abend; 7 Nhr, einen Vortragsabend im Reichstagsgedäude, bei dem Hermann K i- n, l über:.Deutsche Diiblunq in Oelterreich- sprechen wird. Ein- ladungen im Bureau des VolkSbundcS. Schloß Bellevue , Tel.: Moabit 684. Ein Millet-Museum. In Barbizon ist jetzt da« Hau«. daS der große Naturmalcr Millet jahrzehntelang am Rande dcZ Walde« von Fon- tainebleau bewobnt. und wo er alle seine Hauptwerke gemalt dat. von zwei Malern der Oeffenllichkeit gestiftet worden. Dazu find Zeichnungen, Autographien und andere Utensilien des Meister« in der Stiftung untergebracht. DaS Millethau« soll nun in den allen Zustand versetzt werden und alS Millet-Musemn geöffnet bleiben.