München «? Fehlurteil für sine sittliche Pflicht erklärt und weiter sagt: Solche sittliche Pflicht empfinde ich um so gebieterischer, weil meine Sachoer st ändigenaussage im Fechenbach- Prozeß, obwohl sie durchweg den Auffassungen des Gerichts schar entgegenstand, in einem Punkte doch zugunsten des Angeklagten ins Gewicht gefallen ist. Es betrifft das die Frage, ob die Per- öffentliihungdesRitter- Telegramms, zu der Fechen- bach die Hand geboten hat, das Wohl des Deutschen Reichs oder eines deutschen Bundesstaats geschädigt hat oder auch nur hat schädigen können. Bei meiner gerichtlichen Bernehmung habe ich d i e M ö g- lichkeit nicht von der Hand weisen zu können geglaubt, daß die Bloßstellung der Kurie infolge der Veröffentlichung etwaige deutschfreundliche Pläne oder Aktionen des Päpstlichen Stuhles, wie sie im Frühjahr 1919 in weiten Kreisen des deutschen Volkes erhofft und erwartet wurden, lahmlegen könnte. Seither habe ich mich aber durch eingehende und gewiffenhafie Aach - forschungeu vergewissert, daß die Kurie zur Zeit der Veröffentlichung des Riller-Telegramms, im Frühjahr 1919, schlechterdings gar nicht in der Lage war. irgendeine deutschfreundliche Aktion, sei es in bezug auf die damals schwebenden Friedensverhandlungen, sei es iu bezug auf die Ernährungsftage, mit Aussicht auf Erfolg einzuleiten, ge- schweige denn durchzuführen, und daß somit der Verfasser dieser Broschüre im Recht ist, wenn er die Stichhalrigteit meiner Sach- verständiglenaussage vor Gericht in diesem einen Punkt bemängelt. Wenn aber im April 1919 keinerlei Möglichkeit für die Kurie vor» lag, erfolgreich zu Deutschlands Gunsten bei der Entente zu inber- venieren, so hat die Veröffentlichung des Ritter-Telegramms auch nicht das Wohl des Deulschen Reiches oder eines deutschen Bundes- staals schädigen können. Ich sehe ein besonderes Verdienst der vor» liegenden Broschüre darin, daß sie die öffentliche Aufmerksamkeit schärfer auf diesen Kernpunkt hinlenkt, als es bisher geschehen ist. Nunmehr muß auch der letzte Zweifel schwinden, daß die aus der Veröffentlichung des Ritter-Telegramms abgeleitete Verurtellung Fechenbachs wegen vollendeten Landesverrats ein schweres und unerträgliches Fehlurteil vorstellt, das irgendwie, und fei es auch nur auf dem Wege der Begnadigung Fechenbachs, wieder- gutzumachen ist. Damit ist such die letzte Stütze des Urteils zusammen- gebrochen. Inzwischen hat aber auch bekanntlich ein Unter- ausschuß des Reichstagsausschusses für Auswärtige Angelegen- heiten dss Fechenbach-Urteil in bezug auf seine politischen Grundlagen nachgeprüft. Leider hat man das Ergebnis dieser Nachprüfung der Oeffentlichkeit vorenthalten. Diese aber hat ein Recht zu erfahren, wie die vom Auswärtigen Ausschuß ein- sesetzte Sachverständigenkommission über die politischen Kon- ftniktionen des Münchener Zuchthausurteils denkt, sie hat ein Recht zu verlangen, daß mit der Geheimniskrämerei «in Ende gemacht wird. Vom Reichstag muß aber mehr oerlangt werden. Es muß von ihm verlangt werden, daß er den Weg findet, auf dem das verletzte Recht wieder hergestellt werden kann. Man soll uns nicht mit Rücksichten auf den Vatikan kommen, die ja nach der wiederholten Veröffentlichung des Ritter-Telegramms sowieso gegenstandslos geworden sind, noch weniger mit Rücksichten auf bayerische Empfindlich- k e i t e n. Denn kein anständiger Mensch kann wünschen, daß ein Unschuldiger im Zuchthaus sitzt.
Ein verfehlter Angriff. Das Organ Stegerwalds,„Der Deutsche", veröfsent- licht einen Artikel aus dem Ruhrgebiet , aus dem hervorgeht, daß auch in den Kreisen der in den christlichen Gewerkschaften organisierten Arbeiter eine außerordentlich starke Mißstim- mnng besteht, die nach den Angaben des Gewährsmannes ihre tiefere Wurzel in der verfehlten Lohnpolitik der Reichsregierung, in der„geradezu katastrophalen" Haltung eines großen Teils der Arbeitgeber und in dm„rücksichtslos wucherischen" Gebaren des Kleinhandels hat. „In den arbeitenden Mafien," so heißt es in dem Artikel, „ist eine solche Enttäuschung und Erregung über
die mangelhafte Steuerpolitik der vergangenen vier Jahre vorhanden, daß sie einmal zu einer Entladung kommen mußte." Damit bestätigt„Der Deutsche", was an dieser Stell« über die Ursache der Unruhen im Ruhrrevier von vornherein gesagt wurde. Auf der anderen Seite legt der Arfikel den k o m- munistischen Wühlereien eine größere Bedeutung bei, als wir es zu tun vermögen. Gänzlich fehl geht der Ge- währsmann des„Deutschen ", wenn er die Behauptung aus- sprechen zu dürfen glaubt, daß der preußische Innenminister Severins die Bildung von proletarischen Hun- dertschaften dulde. Minister Severins hat das Gegen- teil des öfteren aufs schärfste betont, und der Gewährs- mann des„Deutschen " muß selbst zugeben, daß an der Grenze des Ruhrgebiets die notwendigen Maßnahmen getroffen worden sind. Wenn im Ruhrgebiet selbst pro- letarische Hundertschaften aufgetreten sind, so ist es eine gerade für emen Beobachter aus dem Ruhrgebiet lächerliche Haltung, dafür den preußischen Innenminister haftbar zu machen, nachdem durch französische Maß- nahmen die Schutzpolizei aus dem Ruhrgebiet ent- fernt und der anarchistischen Bewegung der Boden be- reitet worden war. Wenn der Gewährsmann aus dem Ruhr- gebiet auf Grund von GefprächenmitKommunisten nun gar behauptet,„daß auch in Berlin mit einer angeb- lichen Zustimmung der sozialdemokratischen Partei in den öjtlichen und nördlichen Vororten bereits Hundertschaften gebildet sind", so müssen wir uns über seine Leichtgläubigkeit doch ein wenig wundern. Zu was soll eine derartige Gerüchteträgerei, die mit unbewiesenen und z. T. unsinnigen Behauptungen oepriert, dienlich sein! Die„Deutsche Tageszeitung" gibt darauf Ant- wort. Ohne auf den wahren Inhalt des Artikels einzugehen. zieht sie die Stellen aus, die in den Rahmen ihrer Hetze gegen Severins passen und behauptet, nun auch im„Deutschen " einen Bundesgenossen gefunden zu haben. Ist das so? Die Aus- gäbe des„Deutschen ", in dem der Arfikel aus dem Ruhrgebiet veröffentlicht wurde, erschien unseres Wissens am Mittwoch nachmittag. Die„Deutsche Tageszeitung" war bereits am Mittwochabend in der Lage, den Beitrag für ihre Zwecke zu gebrauchen. Bereitet sich etwa hier hinter den Kulissen zwischen dem Organ Stegerwalds und dem Organ H e r g t s für eine kommende Landtagssession eine stille Kampfgemeinschaft vor? Die Takfik der„Deutschen Tageszeitung", die nach der Volkspartei und dem Zentrum ihre Angelhaken auswirst, ist jedenfalls durchsichtig._
Völkische unter ftch. Xykander wirbt um die Volkspartei. Die Völkischen verstehen es bekannllich ausgezeichnet, nicht nur gegen Andersdenkende, sondern auch ihresgleichen zu intri- gieren. Einen neuen Beweis dafür liefert die Deutsch- nationale Partei Münchens , die aus durchsichtigen Gründen einen Brief ihres ehemaligen Vorsitzenden, des jetzi- gen Deutschvölkischen Herrn v. T y l a n d e r der Oeffentlichkeit übergibt. Der Brief ist vom 6. Juni 1922 datiert und an den Führer der Deutschnationalen Partei Hergt gerichtet. Er enthält folgenden Vorschlag: „Es gilt jetzt als praktische Politiker das Beste aus den Vorgängen nach dem Rathenau-Mord« zu machen. Da wir aber zur Herrschaft kommen wollen und dazu stärkere Kräfte brauchen, als sie unsere an Zahl und Tatkraft verminderte Partei be- sitzen wird, müssen wir die Einigungnach links suchen. Diese Einigung muß, wenn sie wirtsam sein soll, zur vollkommenen Verschmelzung mit der Deutschen Voltspartei führen. Das geht nicht ab ohne schwere Einbuße an unseren Hoffnungen, auch nicht ohne weitere Einbuße einzelner Anhänger. S t r e s e- mann wird einen großenTriumph erleben, denn seine Polifik erscheint gerechtfertigt. Unsere Hoffnung aber muß es fein, daß wir in der neuen Partei der Sauerteig sein werden. Die Gesamllage
Deutschlands ist so, daß diese Verschmelzung sofort durch vertraukich« Verhandlungen eingeleitet werden muß." Es ist uns nicht bekannt, ob die Deutschnafionale Partei diesem Vorschlag je nähergetreten ist. Er zeigt aber recht gut, wie es um die U e b e r z e u g u n g s t r e u e völkischer Führer in der Stunde der Gefahr bestellt ist. Die Parteileitung der Deutschnationalen in München schließt die Veröffentlichung des Briefes mit den Worten:„Diesem Brief ist weiter nichts hinzu-» zufügen, da er sich und den Polifiker, der ihn geschrieben, selbst charakterisiert." Das ist richtig. Aber ebenso charakterisfisch ist es, daß eine deufichnationale Parteileitung einen vertrau- lichen Brief chres früheren Vorsitzenden veröffentlicht, um ihn bloßzustellen._ Ein Unschulüsengel. Zu dem F r e i s p r u ch des Leutnants Heines, der wegen Beteiligung an dem Sturm auf das Münchener Hotel Grünwald vor dem„Volksgericht" angeklagt war, erfahren wir folgendes: Der Name Heines weckt alte Erinnerungen. Als im Jahre 1921 nach dem Ende des oberschlefischen Abenteuers die Roßbach-Banden sich marodierend und ftandalierend über Mittelschlesien ergossen, tauchte auch im Kreise Steinau ein Trupp auf, der unter Führung eines Leuwants Heines stand. Um ihre Waffen behallen zu können, wollten sich die Roßbacher von den Großgrundbesitzern des Kreises als Feldhüter usw. einstellen lassen. Eine Nochprüfung durch das Landratsamt ergab jedoch, daß die in Vorschlag gebrachten Feldhüter zum großen Teil schwer vorbestraft« Indi- v i d u e n mit langjährigen Gefängnis- und Zuchthausstrafen waren. Infolge der Uebergriffe der Roßbacher gab es mehrfach Reibereien mit der organisierten Arbeiterschaft. Aus einer Versammlung der Gewerkschaften in einem Hauptort des Kreises, die die Roßbacher zu sprengen beabsichtigten, wäre fast eine große Schlägerei entstanden, die nur durch das persönliche Eingreifen des republike - nifchen Landrats v. Wedel verhindert wurde. Auf dem Rückwege von der Versammlung wurde der Landrat jedoch aus der Land- straße von einem Trupp Roßbacher bedroht, der unter dem Be» fehl des genannten Leutnants Heines stand. Nur dem Umstand, daß im letzten Augenblick eine Anzahl heimkehrender Ar- beiter dazwischen kam, war es zu verdanken, daß der Landrat nicht schwer mißhandelt wurde. Starke Wahrscheinlichkeitsgründe sprechen dafür, daß dieser Leutnant Heines mit dem in München steige- sprochenm idenfisch ist. Und das würde ja immerhin ein starker Beweis für seine gänzliche„Schuldlosigkeit" an den Münchener Tumulten sein._ Ein Trichbunöler vor Gericht. Leipzig , 30. Mai. (WTL.) Vor dem Staatsgerichtshof wurde heute die am Sonnabend vertagte Verhandlung gegen den früheren Hauptgeschäftsführer des Deuffchvölkischen Schutz- und Trutzbundes, Alfred Roth , wegen Beleidigung des Reichs- Ministers Rathenau und Aufreizung zum Klafienhaß fortgesetzt. Roth hatte in einer Rede in Stettin am 8. Mai v. I. Rathenau u. a. als„Kandidaten des Weltjudentums" bezeichnet und ihm vor- geworfen, daß er auf die Bolfchewisierung Deuffchlands hinarbetr«. Der Oberreichsanwalt ließ die Anklage wegen Austeizung zum Klafienhaß fallen und beanttagte wegen Beleidigung eines Mitgliedes der Reichsregierung eine Gefängnisstrafe von 8 Monaten, eine Geldsttafe von 100 090 Mark sowie die Publikations- befugnis in einigen Stettiner und Berliner Blättern. Die Fort- setzung der Verhandlung findet morgen statt.
Der rote Terror in Georgien . Amtlich wird aus Moskau ge- meldet, daß in Georgien 15 Hinrichtungen wegen einer qegenrevolutionären Verschwörung erfolgten. Unter den Der- schwörern hätten sich Menschewisten und weißaardistisch« Generäle befunden, die auch Verbindung mit englischen Offizieren hatten. In Berliner georgischen Kreisen wird darauf hingewiesen, daß diese Hinrichtungen nur eine Episode in dem Terrorsystem darstellen. Seit Mitte Februar dieses Jahres seien in Georgien 300 Personen hingerichtet worden. Die sozialistischen Elemente Georgiens seien im übrigen Gegner jeder aufständischen Bewegung.
Das republikanisthe Rothenburg . Don Fritz Müller, Chemnitz . Ort: Sin altertümliches Wirtshaus in Rothenburg o. T. ?!« i t: Sin Abend in der Pfingftwoche 192». Personen: A.. B., E„ rechtsgerichtet- Arrund«. M. W., mein« Wrnigleit. fj. 51.: Das waren herrliche Zeiten! B.: O, wenn es doch wieder so würde, wie es vor hundert Iahren war! E.: Hier in diesem Ort ist der Rahmen noch der alt« geblieben! Swckliche Zustände, von denen hier jeder Stein redet! , M.W.: Das stimmt! Beim Rathaus fängt es gleich an. B.: Wie meinen Sie das? M. W.: Nun, schon wenn man hereinkommt und blickt durch die Windungen der Wendeltreppe, so ficht man hoch oben einen alten Reichsadler. A.: Einen alten Reichsadler und nicht den neuen, der wie ein P l e i t e g« i e r aussieht! A. W.: Wissen Sie auch wie der alte Adler aussieht? C.: Nein. M. W.: Schwarzrotg old l B.: Das ist weniger angenehm! C.: Umso erfreulicher aber ist es, daß der Saal im zweiten - Stockwerk Kaisersaal heißt. M.W.: Und in diesem Saal kam die Bürgerschaft alljährlich zusammen. Wissen Sie, wann es war? . A.: Nein. M.W.: Am 1. Mai! B.: Damals gab's doch noch kein« Roten ! M. W.: Nein, es waren brave Bürger. Trotzdem aber ver- sammelten sie sich jedes Jahr am 1. Mai und leisteten einen Eid! l'SL: Das ist recht! Damals galt ein Eid noch etwas. E.: Damals hieß es: Ein Mann, ein Wort! M. W.: Wissen Sie auch, wem die Bürgerschaft den Eid leistet«? B.: Wahrscheinlich dem Landesfürsten! M. W.: Nein, Rothenburg war freie Stadt. E: Dann dem Kaiser! M. W.: Nein, in dem Führer, den Sie vor sich liegen haben, könx-i Sie es lesen. Hier— auf Seite 44— steht:„Hier leistete die Bürgerschaft alljährlich am I. Mai den Eid auf die Re- publik!" 5l.: Verdammte Bande, diese Rothenburgerl B: Das hätt ich der Gesellschaft nicht zugetraut! M. W.: Das ist doch ganz selbstverständlich: denn die freien Städte hatten republikanische Verfassungl C.: Ach so! M. W.: Da Sie einmal den Führer aufgeschlagen, will ich Sie auf noch etwas aufmerksam machen. Sie wünfchten doch vorhin, die Zeiten vou damals sollten wiederkehren. Suchen Sie doch bitte einmal, was der Führer«ff Seite B über den Faulturm schreibt!
A.(liest):„Unter den zahlreichen Türmen... fällt uns der gewaltig« Faulturm auf. In den tiefen Verließen desselben fanden, wie es heißt, die Verräter an der Republik ein schreck- l i ch e s Ende." B. u. C.:(werden sprachlos). M. W.: Schwarzrotgoldener Reichsadler, Feier des 1. Mai, Eid auf die Republik — das waren herrliche Z eiten. Ver- räter an der Republik finden ein schreckliches Ende— we n n e s doch wieder so würde!— Empfehle mich, meine Herren, guten Abend!—
Der Streit um öas Kroll-Theater. Zu der Frage des Kroll-Theaters Hot sich nunmehr der Mnister für Wissenschaft, Kunst und Aolksbitdung in einer dem Preußfichen Landtag überreichten Denkschrift vom 28. Mai 1923 geäußert. Der Minister geht davon aus, daß die preußische Regierung mit der Uebernahme der beiden früheren Hostheater in staatliche Verwaltung die Pflicht übernommen habe, diese Anstalten als Muster- an st alten der Kunst zu erhalten, und die in ihnen zu pflegende Kunst immer mehr den- breiteren Volksschichten zugänglich zu machen. Es wird dargelegt, daß sich die Ingebrauchnahme des Kroll-Theater durch die Staatsoper immer mehr zur unbedingten, schließlich sogar zu einer Existenzfrage für die Staats- oper gestaltet hat: Zunächst in rein technischer Hinsicht, da die Staatsoper wegen des Mangels an Probebühnen und Proberäumen sowie mit Rücksicht auf ihre veralteten und verbrauchten technischen Einrichtungen das mit allen technischen Hilfsmitteln der Reuzeit aus- gestaltete Kroll-Theater in ihrem eigenen Betriebe nicht entbehren kann: sodann in wirtschaftlicher Hinsicht, weil die Sioatsoper zahlreiche außerordentliche Maßnahmen zur Erhöhung ihrer Ein- nahmen sich verschaffen muß, um jetzt und für die Zukunft ein allzu starkes Anwachsen des Zuschußbedarfs zu verhindern. Die geplanten Berliner Opern- und Musikwochen, eine etwaige Verlegung der Sinfoniekonzerte in das Kroll-Thirnter, die Gesamigaiifpiele der Staatsoper im Ausland, die dadurch notwendige Verstärkung des Personals, vor ollem aber die Notwendigkeit des Umbaues werden in diesem Zusammenhang als Beispiel angeführt: schließlich in k ü n st- lerischer Hinsicht, da gerade die Umschichtung der Besucher- kreise der Staatsoper und die dadurch herbeigeführte Einschränkung des Spielplans eine Betriebserweiterung notwendig erfchei- neu lassen, durch die es möglich ist, olle künstlerisch wertvollen Werke der gejamten Opernliteratnr, z. B- auch wieder die Spieloper, ohne Rück ficht auf di«Kasse, zu geben.— Die Denkschrift weist nach, daß durch die mit der Volksbühne geschlossenen Verttäg« auch das Interesse der Volksbühne gleich den staatlichen Jntmssen durchaus gewahrt ist. Sie geht von der Ueberzeugung aus, daß auch di« Volksbühne der Vorstellungen der Sraatsoper im Kroll-Haus für den Fortbestand und die Erhaltung ihrer Mitgliedschaft unbedingt bedarf. Auch auf die En t w i cklu n g der Großen Volksoper geht die Denkschrift des näheren ein An Hand von Kundgebungen der Votksoper wird gezeigt, daß dieses Unternehmen sich anfänglich als Erweiterung und Hilfsanstatt für die Staatsoper in dem Sinne �gezeigt hatte, datz« die BejuchaorMniatum jüc eine verbrei
tern de Voltsoper schaffen wollte, so daß die Vertreter der Volksoper imMärz 1921 erklärten, nach Fertigstellung von Kroll auf eine andere als eine rein organisatorisch« Tätigkeit im Dienste der Volksoper verzichten zu wollen. Es wird weiter gezeigt, wie sowohl die staatliche Kunstverwaltung als auch die Staatsope? der Großen Volksoper jede auch denkbar praktische Förderung und Hilfe zuteil werden ließen, bis zu dem Zeitpunkt, wo staatlicherseits die Enttoick- lung der Großen Volksoper nicht mehr als gedeihlich erachtet werden tonnt«, vor allein deshalb nicht, weil die Entwicklung der Volksnper den an eine Volksbühne zu stellenden Anforderungen des volkstüm- lichen Charakters nicht entsprach und auch die notwendigen Wirtschaft- lichen Garantien nicht bietet. Demgegenüber soll der Betrieb der Großen Bolksoper durch die Staatsoper der einer wahrenDolks- oper sein._ .Elektro" in der Staaisoper. Man hat das Werk m der Staatsoper lange nicht gegeben. Jetzt zu Ehren eines Gastes, brannte die glühendste und prunkendste Partitur von Richard Strauß wieder heftig in unser Gewissen. Das Rot leuchtet wie beim ersten Hören, der Sturm der Musikgeister jagt erynnienhaft über uns her, und nur leise senkt sich ein Staub auf die musikdra- matische Idee»nd auf die weichgesungenen, wenigen lyrischen Ein- fälle der Begegnungsszen« mit Orest . Schillings gerät in Wärme. Frau Gutheil-Schoder wird zum großen Erleben. Ein Gorgonenhaupt, mystisch lächelnd und in den Augen visionäre Verzückung. Man fühlt: der Blick dieser versteinerten und verhärm- ten Tochter dringt durch den Geheimnisschleier des Lebens auch bei ber mörderischen Mutter. Man weiß: sie wird Bruder und Schwester hypnotisieren bis zum Mut der grausigen Tat. Ihr Schreiten ist geisterhaft, ihr Kampf Verzückung und Wahnsinn, das Erheben der Arme zum Fluch oder Göttergebet von antiker Einfachheit. Sie mischt in der Mimik ganz große, griechische Bewegung mit ner- vösem Spiel des Körpers und der Sinne. So steigert sie die Raser. i des ganzen Werks zu schauspielerischen Höhepunlren von Riesen- wucht, von unentrinnbarem Schicksal. Der Schrei entgleitet ja manchmal, aber im Ansetzen der Stimme, im Schwellen und Zer- gliedern der Tön« bleibt sie, die Charatterspielerin, wundervoll. Jeder Zoll an ihr gebunden an ein Schicksal, gefesielt und getrieben von der menschlich-umnenschlichcn Aufgabe. Ihr Tod erweckt Mit- leid, di« Ermordete, nicht die Mörderin hat recht, selbst wenn eine so ausgiebige Kraft wi« die der 5l r n d t- Ober der Klytämnestra heroi- sches Wesen, prachtvoll« Musikalität leiht, und ein« naturhast treibende Chrysosthemis(K l e p n e r) das Weib in erdennaher Atmosphäre zeigt. Die Szene war geladeiz vom Blut und vom Geist des berühmten Wiener Gastes. K. S. Sehraus. Roch zum Schluß der Saison haben die markantesten Künstlerinnen des Tanzes sich bei uns wie zu einer vergleichenden Schau eingestellt: Mary Wigman , Niddy Impekoven , die Korso- vina. Mary Wigman hat ihre zuerst in der Bolksbühn« auf- geführten Gruppentänze in der Philharmonie wiederholt und durch die einzigartige dramatische Wucht, innere Beseeltheit uixfc_ voll- endete Stilreinheit neue Eroberungen für die Idee der höchsten Tanzart gemacht und vielen ein tiefgehendes Erlebnis bereitet. Lieblicher, milder, wie ein« Fee des Tan.zes, erfreute uns wieder— in einer Veronllaltimg des Staatstheaters für die Ruhrhilfe— Niddy Impekoven . Sie ist die idealste Verkörperung des Geistes hex Musik, sie übersetzt die Musit mit ganz ungewöhnlich» Schmiß,