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Im Innern Kampf mit allen staatlichen Machtmitteln' begreifliche Verstöße gegen Recht und Gesetz vor- -iCgen Preistreiberei und Lohnd rückerei, die in ihrem Zu- gekommen. Daß das Anrecht wieder gut gemacht, daß. so weit dies sammenwirken die Existenzbasis der Massen zu vernichten möglich, Vorkehr gegen künftige ahnliche Verstöße getroffen werden drohen. Nach außen eine Politik, die an die Grenze der muß, ist selbstoerstSndlich. möglichen Opfer geht, um die Ruhe Europas wiederher- 1 Sache des Reichstags wird es nun fein, bei der De- zustellen, und die durch die aufrichtige Aktivität ihres ratung der sozialdemokratischen Interpellation über das Urteil Aufbauwillens werbend wirkt gegenüber der französt- dieser Selbstverständlichkeit praktische Anerkennung zu ver» schen Politik der Gewalt und der Vernichtung. Das sind die schaffen. Forderungen der Stunde. Die S o z i a l d e m o k r a t i e, die im Reich außerhalb der In A*w Sa<?aal1e Regierungsverantwortlichkeit steht, hat feit langem nichts un-, versucht gelassen, um durch ihre Vertreter auf Regierung und DerDeutschen Tageszeitung sind unsere bürgerliche Parteien in diesem Sinne einzuwirken. Die gegen- Feststellungen über die tieferen Gründe ihrer Quertreibereien würtige gefahrdrohende Lage verlangt, daß dieser Ruf noch! gegen Severing unbequem. Da sie ihnen sachliche Argumente lauter als bisher in der Oeffentlichkeit erhoben wird. Möge nicht entgegenzusetzen vermag, begnügt sie sich mit Ableug

er von denen gehört werden, die das Schicksal unseres Volkes in den chänden haben!_

das unmögliche Zechenbach-Urteil. Gutachten eines Münchener RechtslehrerS. Seit dem Erscheinen der Freymuthschen Schrift und der Wiederveröffentlichung des Ritter-Telegramms ist für jeden schen Tageszeitung", Herrn P a u l B a e ck e r, rechnen, der sich an- objektiv Denkenden der Beweis erbracht, daß das Urteil des scheinend zum Ziel gesetzt hat, die große Koalition in Münchener Volksgerichts gegen Fechenbach von sachlich un-! Preußen, eine der wenigen erfreulichen Erscheinungen in dieser richtigen, ja geradezu unsinnigen politischen Voraus- sonst an synthetischen Vorgängen ziemlich dürren Zeit, zum Auf

nungsversuchen. Demgegenüber verweisen wir auf die V o s s i s ch e Zeitung, die die Hallung derDeutschen Tageszeitung" folgendermaßen apostrophiert: Man sollte es nicht für möglich halten, welche Sorgen gewifie Politiker in dieser Zeit baben, in der, sozusagen, das letzte Würfel- spiel um das Schicksal Deutschlands begonnen hat. Zu diesen Polö tikern möchten wir einen der beidenHauptschriftleiter" derDeut

setzungen ausgeht. Run führt der Münchener Rechtsgelehrte Prof. Dr. F. Kitzinger in derZeitschrift für die gesamte Straf- rechtswissenschaft" den Beweis, daß es auch juristisch vollkommen unmöglich ist. Kitzinger findet nicht nur, daß das Urteil den ernst zu nehmenden Einwand der Unzuständigkeit nicht ent- sprechend gewürdigt hat, sondern er weist auch auf eine Reihe weiterer direkter Verstöße gegen das Gesetz hin, von denen einer geradezu von entscheidender Bedeutung ist. Im Fall des Ritter-Telegramms handelt es sich fraglos um ein Preffedelikt, das nach Preßges.§ 22 in sechs Monaten verjährt. Die Veröffentlichung war im April 1919 erfolgt, während das volksgerichtliche Verfahren erst im Jahre 1922 in Gang kam. Kitzinger weist ausführlich nach, daß von einer Unterbrechung der Verjährungsfrist keine Rede sein kann, und kommt zu dem Ergebnis: Es ist also, wenn nicht alles trügt, in Sachen des Ritter- Telegramms der AngeNagte wegen eines bereits verjährten Verbrechens zu einer Zuchthausstrafe von 10 llahren verurteilt worden. Der angesehene Münchener Rechtsgelehrte beschäftigt sich dann auch mit dem sog. Gargas-Komplex. Der Mit- angeklagte Dr. Gargas, ein früherer Angestellter des Aus- wärtigsn Amtes, hatte ein politisches Jnformationsbureau unterhalten, für das eine große Zahl bekannter Persönlich- leiten arbellete. U. a. hatten auch Fechenbach und der Mün- ckener Journalist L e m b k e Berichte über bayerische Geheimorganisationen geliefert. Hierfür erhiell Fechenbach ein zusätzliches Jahr Zuchthaus, während Gar- gas und Lembke zu den entsetzlichen Strafen von 12 bzw. 10 Iahren Zuchthaus verurteilt wurden! Prof. Kitzinger führt dazu aus, daß das Vollsgericht den § 92 des Strafgesetzbuches falsch angewendet habe. Es habe Geheimnisverrat" als solchen fälschlich als Landes- verrat gewertet. Dabei habe sogar das Gericht zu- gegeben, daß ein Teil der Berichte eine für. das Reich günstige Wirkung habe ausüben können, es habe aber unterlassen abzuwägen, ob nicht der Nutzen den Schaden überwog. Kitzinger läßt die Frage offen, ob nicht Dr. Gargas wie nach dem Gutachten Dr. T h i m m e s ohne weiteres angenommen werden muß für eine dem Reich vor­wiegend nützliche Tätigkeit zu 12 Iahren Zuchthaus verurteilt worden ist! Zusammen- fassend erklärt er: Es ist jedenfalls im Hauptfall(Ritter- Tele- g r a m m) objektiv schweres Unrecht geschehen. Es sind darüber hin- aus im Verfahren und der Entscheidung schwere, teilweise schwer

fliegen zu bringen. Daß er dabei seine eigenen Kräfte ein wenig überschätzt und die Einsicht und das politische Fingerspitzengefühl der anderen Beteiligten etwas unterschätzt, ist fürwahr nicht seme Schuld. Tag für Tag rennt er wie ein Sturmbock gegen den preußischen Minister Severing an, den er jetzt auch schon für die sächsischen Lebensmittelunruhen verantworllich machen möchte, und oersucht im Schweiße seines Angesichts die Deutsche Voltspartei zu seiner Ansicht herüberzuziehen, daß Severing in Wirk­lichkeit einer der fähigsten und besonnensten Männer des neuen Deutschland aus dem Kabinett ausgeschifft«erde. Er schlägt auf Severing, meint aber natürlich etwas ganz anderes. Denn auch Herr Paul Vaecker, der nicht nur halber Hauptschriftleiter, son. dern auch ganzer Landtagsabgeordneter ist, weiß sehr genau, daß Severing die gesamte Sozialdemokratische Partei hinter sich hat, und daß ein Versuch, ihn aus seinem Ministerium herauszudrängen, gleichbedeutend mit dem Auseinanderfall der großen Koalition wäre. Da aber Herr Vaecker wieder einmal Wach- träume von einer preußischen Koalition Boelitz- Stegerwald-Hergt hat, so liegt das natürlichen der Richt- linie seiner etwas verwegenen Wünsche. Daher bändelt er denn auch bereits, wie einige etwas rätselhafte Rotizen in dem sonst leidlich vernünftigenDeutschen " des Herrn Stegerwald zeigen, mit dieser Seite an. Er hat auch dort schon, wohl bei unter- geordneten Organen, Gegenlieb« gesunden. Herrn Stegerwald selbst halten wir für zu vernünftig, als daß er wie Herr Vaecker die in wenigen Tagen beginnend« neu« preußische Land- togssession zum Tummelplatz von Koalitionskämpfen machen mächte." Wir nehmen an, daß das auch den Herren von derTages- zeitung" verständlich ist. Gewerkschaften und?nüuftrieangebot. DasKorrespondenzblatt des Allgemeinen Deutschen Ge- werkschaftsbundes" beschäftigt sich mit dem Schreiben der In- dustrie an den Reichskanzler u. a. mit folgenden Ausführungen: Mögen Brot, Milch und Zucker für die Mafls der Aermsten noch teurer werden, mögen die Wdhnungsmieten ins Unerschwinglich« steigen, was kümmert dies die Wirtschäftstreife der Industrie, die zur schrankenlosen Wirtschaft der Vorkriegszeit, ver- schärft durch die Preispolitik der Kartelle, zurück» kehren wollen. Allein die Beseitigung der Außenhandelstontroll« würfe der Industrie hunderte Millionen in den Schoß, zum Rachteil des an seine Reparationspflichten festgeschmiedeten Reichs. Daß die Herren Unternehmer den gesetzliche n Achtstundentag grund- sätzlich aufrechterhalten' wollen, sieht aus wie ein großes soziale« Opfer mit dem Borbehalt, es nicht zu leisten. In der Tat bedeutet der Hinweis auf die Vorarbeiten des Reichswirtschafts-

j rats nichts anderes, als daß die Arbeitgeber sich nicht mit den iarif- vertraglich vereinbarten Ausnahmen vom gesetzlichen Achtstundentag begnügen»ollen, sondern noch wie vor auf die große Reihe gesetz, ! l i ch« r Ausnahmen Anspruch machen, die die Toriffreiheit wertlos machen würden. Di« Entlastung der Wirtschast von unproduktiven Löhnen kann leicht verstanden werden als ein unbeschränktes Entlassungsrecht der Arbeitgeber. Im Zusammenhang kann man diese Forderungen des Reichsverbandes der deutschen Industrie charakterisieren als: staatlicher Zwang auf die Arbeit- nehmer zu Mehrarbeit über den Achtstundentag hinaus, dazu volles Entlassungsrecht der Arbeit» geber und Abwälzung der Reparationslasten auf Arbeitnehmer und Verbraucher. s Eine offizielle Entgegnung der Gewerkschaften auf die Denkschrift des Reichsverbandes wird morgen zur Beröffent- lichung gelangen. Teuerungswelle und Arbeiterschaft. Im Reichstag « waren gestern Delegationen von Arbeitern und Angestellten aus dem Reich und Berlin erschienen. Sie gehörten überwiegend der Kommunistischen Partei an, doch befanden sich darunter auch Mitglieder der Sozialdemo» kmtischen Part«. Die Delegationen waren entsandt, um der Re- gierung Befürchtungen wegen des Eingreifens von Reichswehr und Schutzpolizei im Ruhrgebiet zu unterbreiten, vor allem aber, um der Regierung den ungeheuren Ernst, der durch den Zusammen» bruch der Stützungsaktion für die Mark geschaffenen Lage deutlich zu machen. Das letztere war auch die Ursache dafür, daß sich sozialdemokratische Betriebsratsmitglieder an diesen Dele» gationen beteiligten. In der Besprechung wurde die Notlag« der Arbeiterschaft eingehend dargelegt und vor allem verlangt, daß die Lohnverhandlungen beschleunigt werden, die Aus- , z a h l un g e n auf die höheren Löhne schon vorweg erfolgen, da sonst Unruhen sich nicht vermeiden lasten würden. Wie groß die Erbitterung ist, die durch das unaufhaltsame Steigen der Preise und die seringen Löhn« hervorgerufen wurde, dafür waren diese Verhandlungen, die unter Tellnahme von Regierungsvertretcrn stattfanden und im übrigen durchaus ruhig und sachlich verliefen, «in beredtes Zeichen. Reue Forderungen außer denen, die bisher bereits von der Sozialdemokratischen Reichstagsftattion und den Gmerks chasten gestellt worden waren, wurden nicht erhoben. Es ist nun aber dringend notwendig, daß die Regierung einen st a r k e n Druck auf das Unternehmertum zum Zwecke der Lohn- erhöhung ausübt und auch dafür sorgt, daß bereits vor Beendigung der Lohnverhandlungen Lorauszahlungen auf die erhöhten Löhne erfolge«. Die Krise in Thüringen . Sn» kommunistischer Borstost abgewehrt. Weimar , 1. Juni. (Eigener Drahtbericht.) Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß in Thüringen durch das Verhalten der Kommunisten sehr bald mit einer Regierungskrise zu rechnen ist.- Gestern wurde der erste Streich gegen den Innenminister, Ge- nassen Hermann, geführt. Anlaß dazu bot ein« kam» munistische Interpellation, die zur Verlegung von Landespolizei nach Zellamehlis, einer nahe an der bayerischen Grenze gelegenen Waffenfabrikationsstadt, Stellung nahm und die'« Derleaung von Iapo nach Zellamehlis als eme Provokation der dortigen Arßeiterschast bezeichnete. Diese Interpellation wurde gestern in zwei teilweise sehr erregten Landtagssttzungen behandelt. Die Kommunisten, die die Regierung zur Bekanntgabe gerichts- notorischen Materials nötigte, erlitten mit ihren Anschuldigungen kläglichen Schiffbruch. Sie brachten trotzdem ein« Eni. schließung zur Mißbilligung der Maßnahmen des Innen- minister- ein, mit der Bemerkung, daß sie einen Mißtrauensantrag einbringen würden, wenn ihnen dazu parlamentarisch die Möglich- lest gegeben wäre. Abends 8 Uhr wurde die Entschließung i n namentlicher Abstimmung abgelehnt. Die Kom- munisten stimmten dafür, die Sozialdemokraten dagegen, sämtlich« bürgerlichen Fraktionen, einschließlich der Demokraten, enthielten sich der Stimme.

Die Tragödie von Alaperling. Die Tragödie von Mayerling, in Wien aufgefrischt, der Stadt, in welcher die Hypertrophie bürgerlicher Tränendrüsen grassiert, hat mit Hilfe der fettesten Lettern, die in der Typographie aufzutreiben waren, ihren Weg noch Berlin gesunden, das ohnehin schon von Fndericus-Rex- und Alt-Heidelberg-Psychosen heimgesucht ist. Jede Stadt hat eben ihre Katastrophen: in Berlin lebt der Pro- pagandachef Friedrichs des Großen, Herr Arzen von Cserepy wie schon sein Name zeigt, durch Geburt und Abstammung in her- vorragendem Maß« dazu ausersehen, die großen Traditionen Hohen- zollernschen Germanentums mit jener Objektivität, die sowohl hi- storisch, als auch gewinnbringend ist, zu pflegen. In Wien erscheint im Kronos-DerlogDie Stunde", ein Blatt, das ebenfalls von Cserepys Landsleuten gemacht wird, und das durch die Veröffentlichimg der Geheimdokumente über den Tod des österreiänschen Kronprinzen der historischen Objektivität in dem- selben Maße Genüg« getan hat, wie dem Bedürfnis der Leserwelt nach Sensationen. Allein, nicht genug davon, es gibt einen den kulturellen An- schluß Oesterreichs an Deutschland fördernden Austausch ungarischer Emigrantenfabrikate zwischen Wien und Berlin . Ob der Fridericus Rex durch Cserepys Wiener Derbrüderungen bereits die Wiener Kinoleinewänd« erobert hat, weiß ich nichr. Allein mit Destimmt- heit ist anzunehmen, daß dem mit dem größten Aufwand an Fett im Berliner Abendblatt erscheinenden Mayerling-Bericht die Wiener Mayerling-Filme folgen werden. Und dann werden wir, dank dem ungarischen Fleiß, versorgt sein: mit Alt-Heidelberg, mit den Hohenzollern und auch noch mit der Bettwäsche der Habsburger . Wohl wäre die Tragödie von Mayerling wert, bekannt zu werden; wohl ersieht man aus der Der- öffentlichung dieses und jenes Briefes die monarchische Niedertracht, ein über Flegeln, Hentern und Barbaren ruhendes Gottesgnaden- tum. Allein, mit Cicero- und Borgis-Fett vermischt, erscheint die Weltgeschichte in den Spalten, in denen der Schmock regiert, und das Deutsch , in dem er, was erauf wen weiß", dem Leser mitteilt, ist würdig der Tendenz, die seine Mittelung hat, zum Beispiel: Darauf erst setzte sich die Gräfin in den Wagen und fuhr zu Rodeck, um d a s e l b st vor dem Geschäftspersonal die Komödie zu spielen, als ob sie die in dem Wagen zurückgebliebene Baronesse in das Geschäft hineinrufen wollte, und überrascht war, sie nicht mehr zu finden.--" Und vor diesem Deutsch würde selbst Cserepys Fridericus ver- stummen, wenn er nicht durch sein Filmdasein zur Stummheit ver- urteilt wäre. Bor diesem Deutsch, das, um gedruckt zu werden, den ganze" Fettgehalt der journalistischen Gehirne und der Setzerei ver- braucht, verblaßt sogar die mitgeteilte Habsburgische Gemeinheit. Man sieht geradezu, wie der Schmock mit einem Finger die historische Wahrheit enthüllt und gleichzeitig mit dem anderen auf den Tränensack drückt. In Wien tritt die Donau bereits über die Ufer, soviel weinen dort die Frauen. In Berlin , wo das Senti- ment härtere Auedrucksformen findet, bleibt die Spree in ihrem

Bette. Aber in beiden Städten weiß man, wozu wir die Revolution hatten. Damit der Schmock, der, wäre das Gottesgnadentum noch lebendig, dieHof- und Personalnochrichten" mit wedelnder Feder schreiben würde, dies« breitertreten könne. Die Reiche verfallen und die Thronstühle auch, Motten fressen den Purpur, und in verborgenen Winkeln rosten die Kronen: Ewig allein bleibt der Schmock. Eli-R ah. Die Sommersplelzeit de, Schiller-Theaters wurde mit Sieg. f ri« d G rzy b s OperetteSüße Susi" unter der persönlichen Leitung des Komponisten erfolgversprechend eröffnet. Man hatte einen der üblichen, sogenannten musikalischen Schwank« mit Gesangs» «inlagen erwartet, die heut oft auch unter dem Decknamen der Operette segeln. Doch die Musik war hier nicht bloß« Zutat, kein Vorwand. Sie trug mit ihren leichten, gefälligen Melodien stimmungsvoll das ganz« Stück, ergänzt durch«inen von den Herren N e i d h a r d t und Bars beigesteuerten Text, dem es an einem Einschuß von Romantik nicht gebrach. Ein Tunichtgut. Liedersänger und Pamphlettst aus dem alten Wien der Metternichschen Zeiten kreuzt de» hochmächtigen Ministers Wege mit Figaro-Intrigen und führt am Schlüsse die ihm wähl- verwandte Susi, die lustige Probiermamsell, so wenig sie wie er selber anfangs von der Ehe etwas wissen wollten, heim. Munter ist die Einführung des verliebten Pärchens im ersten Akt« mit dem nächtlichen Wien und dem Stephansturm� im Hintergrund, wie die beiden den Minister, der als eifersüchtiger Ehemann sein« Frau im Haus« eines spanischen Prinzen überraschen will, düpieren, ver Mittelakt spielt im Palais des Fürsten , der wider den verhaßten Nebenbuhler einen teuflisch raffinierten Racheplan im schönsten Kol- portagestil ausgeheckt. Er hat dem Prinzen Susis Schwester als millionenschwere Partie ausgeredet, um dessen Eitrikeit bei der Ver- lobungsfeier durch die Enthüllung des wahren Sachverhalts tödlich zu treffen.. Susi und ihr Liebhaber, die beide von dem Anschlag keine Ähnung haben, treiben mitten in der aristokrattschen Gesell- schaft ihr Gegenspiel, bis sich dann schließlich bei einem Gartenfest« alles zur vorgeschriebenen Zufriedenheit auslöst. Di« Exzellenz be- reut und glaubt von neuem an die Unschuld der Gemahlin, Susi kehrt von dem reichen, dürren Schneidermeister, der sie zum Standes- amt führen will, zu ihrem richtigen Kompagnon zurück, und der be- trogen« Prinz wird ungeachtet der fehlenden Millionen mit der ibm angetrauten Braut höchst glückllich werden. Di« Häufung grotesker romanhafter Unmöglichkeiten wirkt bei dem parodiltischen Ton, in dem sie vorgetragen werden, großenteils ganz amüsant. Und die Musik, vereinigt mit dem flotten Spiel, kielt die Stimmung bis zum Ende reg«. Bor allem war das Liebespärchen durch Kurt Bespermann und Carola Toelle gut vertreten. Fräulein Toclle, die man bisher nur als Schauspielerin und Filmdarstellerin kannte, erwies sich hier als«in« Soubrette ersten Ranges, von unge- wöbnlich eigenartig keckem Charme. Mimik, Gesang und Tanz. alles atmete dieselbe mühelose Anmut und schalkhast« Durchtrieben. beit. Schon in den ersten Szenen hatte sie das Vublikun, erobert. Die Dacapos wollten kein Ende nehmen. Wie die Darsteller, mußten der Komponist und seine Mitarbeiter immer wieder vor dem Dorhange erscheinen. dt.

Die Gondel. In der Bellevuestraße ein neuc» Theater zu den vielen, die Berlin schon hat. Ein Theaterchen. Und vermutlich und leider eins nur für die dreihundert mehr gehen nicht hinein, die es dazu immer haben. Was man dort gibt? Mit zwei Worten: Gespielte Lieder. So wird z. D. ein Mittelalter- liches Minnelied: Feinsliebchen, du sollst mir nicht bar- fuß gehen!, dramatisch-szenisch aufgelöst, und e, erblüht in ganz köstlicher, naiver Frische zu neuen, Leben. Da wirkt einGesang der Bergleute" mit Worten von Theobald Tiger , schwer schlagenden>md hämmernden Rhythmen von Hans May und einem kraftvollen Bühnenbild von Paul Leni wie ein Gruß an die Männer im Ruhr- und Soorgebiet. Der Atem der Zeit weht aus diesem einheitlich gestalteten Stückchen. In heiter satten Farben wird Schu- mann» Lied vom Fröhlichen Landmann drollig getanzt, höchst amüsant in einem Ihimmy mit drei überlebensgroßen gro- testen Negern der Amerikanismus»erulkt. Neßler» aufgedunsenes Trompeterlied" wird einfach ausgelacht. Theobald Tiger ! läßt in seinenGassenhauer" drei Grotesk« Droschkenkutscher Berliner Humors ältlicher Färbung spielen, wobei das Schund- Variete einen eleganten Hieb abbekommt. Die alt« deutsche Rhein - Romantik wird in geschmackvoller Weise aufgefrischt. Manche Sächelchen müssen noch feiner herausgearbeitet werden. Als Ge- samtei ndruck aber bleibt Freude über das künstlerisch« Wollen. Keine Zote, kein« Plattheit, kein« Schlüpfrigkeit, und gerade dadurch ein Stückchen bester deutscher künstlerischer Kultur. Fragt sich nur: Wird sich Berlin WW. das gefallen lassen? Für die künstlerische Leitung zeichnen Paul Leni und H a n s M a y, für die Regie John G o t t o« t. Den Sprecher machte diskret Max'Bing. Don den Darstellern fielen angenehm«ms : der vielseitig« Herr B l a ß und die Damen Pohrin und Paech. Di« bunten Bühnenbilder von Paul Leni , Ernst Stern und Ccsar Klein waren teilweise von überraschender Einprägsamkeit. Hier scheint mit all den netten, zierlichen, vorbeihuschenden Lric-ä-brac-Sachen doch ein Neues werden zu wollen, das der Pfleg« bedarf. tr. Papst und Tänzerin. Die berühmte ttalienisch« Balletdioa Cerrito, die vor etwa 60 Jahren auf der Höhe ihres internationalen Ruhmes stand, hatte keinen sehnlicheren Wunsch, als vom Papst empfangen zu werden. Pius IX. war indessen nicht geneigt, diesen Wunsch zu erfüllen, und er hotte jahrelang alle Audienzbesuche der Tänzerin zurückgewiesen. Schließlich hotten es die einflußreichen Freunde der Cerrito aber doch erreicht, daß der Papst sich widerwillig bereit fand, die zudringlich« Dame, von deren weltlicher Berufs- tättkeit er ja nichts zu wisien brauchte, zu empfangen. Am Tage der Audienz war der Papst wegen der heftigen Gichtschmerzen, die ibn plagten, b-londers lcMechter Laune. Er zwang sich jedoch, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und verwies die Schön« auf die Eitelkeit aller©eltfteuden. die Vergänglichkeit des kurzbemessenen Lebens und die unendliche Güte Gottes mit so erbaulichen und be- redten Worten, daß die tiefbewegte Tänzerin mit den Worten:Acb, hätte ich doch den schönen Glauben Eurer Heiligkeit!" vor dem V.""" zerkmrscbt auf die Knie sank. Gerade in diesem Augenblick verspürt« der Papst in den Füßen einen brennenden Schmerz, der ihm den Stoßseufzer entlackte:Ach ja, lieb« Tochter, und wenn ich Deine Bem« hätte, dann wäre uns beiden geholfen."