Me.279+ 40.Jahrgang Ausgabe A nr. 138

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Zentralorgan der Vereinigten Sozialdemokratifchen Partei Deutschlands

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Sonntag, den 17. Juni 1923

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Baldwin will Poincaré sprechen. bhnempfänger als Steuerzahler

London , 16. Juni. ( EP.) Lord Robert Cecil erklärte Freitag abend in Liverpool in einer Rede, die Eröffnung von Unterhand­lungen zwischen Baris und London beweise, daß man aus der Sad. gaffe heraustommen werde. Es beftünden aber noch andere Un ruheherde, wie Bulgarien . Desterreich sei im Begriff, sich rasch und ficher zu erholen, während Deutschland mehr und mehr finans ziell zusammenbreche; seine Lage werde durch bie nationalisti

es

Mai ist von der sozialdemokratischen Reichstags­Condon, 16. Juni. ( EE.) Dem diplomatischen Mitarbeiter präsidenten abgegebenen Versicherungen Degouttes, daß an eine entwertung beantragt worden. Damals wurden von den bür­fraktion die legte Anpassung des Lohnabzugs an die Geld der„ Westminster Gazette" zufolge wäre der englische Ministerpräsi- Unterbindung der Lebensmittelzufuhr oder gar eine Aushungerung gerlichen Parteien die sozialdemokratischen Anträge als zu dent Stanley Baldwin willens, sich mit dem französischen Premier- der Bevölkerung nicht gedacht sei. Der Sinn der jetzt gewaltfam vor weitgehend bekämpft und teilweise geringere Säge beschlossen. miniffer über das ganze Reparationsproblem zu unterhalten. genommenen Verkehrseinstellung im Ruhrgebiet fann fein anderer man vertrat die Auffassung, daß die Geldentwertung fein, als die Bevölkerung auszuhungern und sie dadurch zur Kapi- war die glüdlide 3eit, wo wir noch einen Dollarstand von tulation zu veranlassen. In Borhalle bei Hagen hat der französische Kommandant aus 35 000 hatten nicht in dem vom Zusammenbruch der Anlaß der Auffindung von Sprengpatronen auf den Stüßungsaktion bis Mitte Mai eingetretenen Tempo sich fort­Bahngleifen folgende Ganttionen verhängt: 1. Der Straßen- sehen würde. Das Gegenteil ist eingetreten. Der bahnverkehr Hagen - Herdecke und Hagen - Vorhalle ist von Edesen Dollarstand ist gegenwärtig dreimal so hoch als Mitte Mai. ab verboten. 2. Am morgigen und am nächsten Sonntag ist jeder Die Löhne haben allerdings in feiner Weise mit der Straßenverkehr von 3 Uhr nachmittags bis zum nächsten Morgen Geldentwertung Schritt gehalten. Trotzdem haben die 5 Uhr früh vollständig gesperrt. im Mai beschlossenen und am 1. Juni in Kraft getretenen Er mäßigungsfäße die beabsichtigte Anpassung der Steuer­lasten der Lohnempfänger an die Geldentwertung nicht ge= bracht. Selbst nach Ansicht des Reichsfinanzministers foll der Steuerabzug von 10 Proz. durch die Ermäßigungssäge für die Familienangehörigen und der Werbungskosten jo er­mäßigt werden, daß im Normalfalle ein qualifizier= ter Arbeiter nur eine Steuerlast von 51 bis 6 Broz. trägt. Ein Beamter der Gehaltsgruppe III mit Normal­5,3 Proz. gehabt. Im Mai war dieser auf 6,8 Proz. ge­stiegen. Im Juni wird er trotz der Heraufsetzung der Ermäßi familie hat im März 1923 einen tatsächlichen Steuerabzug von gungssäge auf mehr als das Doppelte noch höher wer­ben. Das zeigt deutlich, daß die im Mai beabsichtigte Mil­Derung des Steuerabzuges durch die tatsächliche Entwicklung

fchen und militaristischen Bewegungen nicht gebeffert. Die Entwaffnung sei eine Lebensnotwendigkeit für Europa , sie merde aber erst möglich sein, wenn wirkliche Garantien für die Aufrechterhaltung des Friedens geschaffen fein werden.

Der englisch - französische Meinungsaustausch. Paris , 16. Juni. ( Eca.) Der gestrige Besuch des französischen Botschafters St. Aulaire bei Lord Curzon hat den Meinungs­austausch zwischen Paris und London eingeleitet. St. Aulaire foll der englischen Regierung versichert haben, daß das französische Rabi­

nett das englische Memorandum in dem gleichen freundschaftlichen Geiste lesen werde, in dem es abgefaßt wurde". Er soll einige Fragen gestellt haben, um einzelne Punkte des Memorandums auf­zuklären. Es dürfte fich dabei noch um die Frage handeln, inwieweit der Meinungsaustausch nach englischer Meinung tatsächlich dazu führen kann, daß die englische Regierung, wenn man über das englische Memorandum zu einer Einigung gelangt, die französisch belgische. Forderung nach Einstellung des passiven Widerstandes unterstügen würde und in welcher Form.

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Reichskommiffar Mehlich auf die Straße gefekt. Dortmund , 16. Juni. ( TU.) Der Reichskommissar Mehlich mußte sein Gebäude in Dortmund bis heute nachmittag 6 Uhr räumen. Das Mobiliar mußte zurückgelassen werden. Die Aften durfte er mitnehmen. Das Haus Betenstraße 25( das alte Gerichts gebäude) mußte bis heute nachmittag 6 Uhr geräumt sein.

Die Lage in Bulgarien .

Um angesichts der widersprechenden Meldungen Klarheit über die jeßigen Zustände in Bulgarien zu gewinnen, haben wir drahtlich die Redaktion unseres Parteiblattes in Sofia , des Narod"( Das Bolf), um Auskunft gebeten und folgende, vom Genossen Gatasoff gezeichnete Antwort erhalten:

vereitelt wurde.

anfangs auftauchenden lokalen Widerstände find gebrochen. Alle Sofia , 16. Juni. Der Umsturz ist vollständig gelungen. Die Bauernführer wurden verhaftet. Innerhalb der Bevölkerung von lagungspflichtigen wird der Steuersatz festgestellt, nachdem sein Das ist die Folge von zwei Tatsachen. Bei den Beran­Stadt und Land herrscht allgemeine Freude; sie hat volles Bertrauen Einkommen in voller Höhe bekannt ist. Beim Lohn- und Ge­zur Koalitionsregierung. Innenpolitisch bedeutet der Umsturz einen Verständigung aber nicht Kapitulation. Bruch mit der bisherigen Politit. Die Innenpolift der neuen Re- haltsempfänger geschieht es vorher und in völliger Unkenntnis Bruch mit der bisherigen Politit. Die Innenpolitik der neuen Re- der voraussichtlichen Preis- und Lohnentwicklung. Dieses London , 16. Juni. ( EP.) Der diplomatische Korrespondent des gierung iff links orientiert. Die Sozialdemokratie unterstützt das Unrecht war in feinem Augenblid größer als gegen­Daily Telegraph" schreibt, daß die Einstellung des paffiven neue Kabinett, um die Linksrichtung zu sichern und zu feffigen. Widerstandes leicht zu erlangen märe, menn Deutschland dafür Es wird nun auch aus Belgrad gemeldet, daß der Widerwärtig. Niemand weiß, ob wir nicht im Laufe des Juli Kurse für die ausländischen einige wenige, auch nur geringe Rompensationen gewährt stand der Bauern aus Mangel an Artillerie zu erlahmen haben, die uns im gegenwärtigen Augenblick noch phant würden. Die englische Diplomatie dürfe diese Möglichkeit nicht aus beginne. Sehr wahrscheinlich ist es nicht, daß die Bauern ge- fastisch erscheinen. Die Löhne und Gehälter, die unter der ben Augen verlieren. Solange aber Frankreich eine Kapitu- rade in der Ernte zu elde ziehen. Der von Südslawien Regierung Cuno- Beder fünstlich niedrig gehalten fierung Deutschlands fordere, sei ein Ausmeg nicht zu erreichen, betriebene Schritt der Kleinen Entente in Sofia zur wurden, müssen jetzt start steigen, weil das Hungerðaſein da jede deutsche Regierung gestürzt werden würde, die einer solchen Erlangung eines Bekenntnisses der neuen Regierung auf den für arbeitende Menschen einfach zum Bersagen ihrer Arbeits­Frieden von Neuilly foll in Paris nicht gebilligt( oder ge­stattet?) merden, weil die Regierung 3antoff dieses Be- fraft führen würde. tenntnis sofort freiwillig abgelegt habe.

Forderung zustimme.

tes

Die Pariser Kammerabstimmung.

Attentat auf Lunatscharski ?

Zahlungsmittel

So unangenehm es deshalb auch für den Gesetzgeber sein mag, Geseze erlassen zu müssen in Unkenntnis der tatsächlichen Paris , 16. Jumi.( EP.) Nach den berichtigten Ziffern Berhältnisse, beim Lohnabzug ist es diesmal unbedingt Journal Office" haben in der gestrigen Rammerfizung notwendig, soll nicht wie bisher die Steuerlast weit über 354 Abgeordnete für und 161 gegen die Regierung gestimmt. Die Paris , 16. Juni. ( EE.) Aus Moskau meldet Radio: Bon das dem Gesetzgeber vorschwebende Maß hinaus anwachsen. Rommunisten, Sozialisten und die meisten Rabieinem Unbekannten wurde auf den Volkskommissar für Unterrichts- Daß das aber bisher immer geschehen ist, zeigt eine Berech talen haben gegen die Regierung gestimmt, ferner die lewesen, Cunaticharsti, der sich auf einer Inspektionsreije in nung über die tatsächliche Wirkung des Steuerabzuges. Ein mencisten mit Tardieu an der Spitze. Loucheur und Traustautajien befindet, geschoffen. Beamter der Gehaltsgruppe III mit zwei Kindern z. B. trug Briand haben sich u. a. der Stimmabgabe enthalten. Der im Januar 1922 eine tatsächliche Steuerlast von 4,08 Broz. Wiederaufnahme des russisch - englischen Handels. Sinn der Abstimmung ist, daß die Regierung in der Kammer eine Sie stieg im Juni bis auf 7,87 Proz. Mit dem 1. August trat starte Mehrheit nicht nur in der Außen politit, sondern Condon, 16. Juni. ( EE.) Der Korrespondent des„ Daily eine Erhöhung der steuerfreien Beträge auf mehr als das auch in der Innen politit befigt, und zwar eine ganz nach Expreß" in Moskau meldet: Der Präsident der englischen Handels- Doppelte ein. Trotzdem verminderte fich die prozentuale rechts orientierte, da sogar die zwanzig Royalisten der re- abordnung in Mostau, Hodge, beauftragte das Mitglied dieser Steuerlast nur auf 6,77 und stieg schon im folgenden Monat publikanischen Regierung das Vertrauen ausgesprochen haben, Abordnung, Breston, das sich seit Ausbruch des englisch- rusi auf 8,29, um bis zum Dezember ununterbrochen bis auf 9,53 trotzdem Boincaré alles mögliche versucht hat, um diese kompromit- fchen Konflikts in Riga aufhält, nach Petersburg zurüdzu- zu steigen. Am 1. Januar 1923 trat eine Erhöhung der steuer­tierenden Freunde loszuwerden. Die nächsten zwei Tage werden tehren und die Bureaus der englischen Abordnung wieder zu freien Beträge um mehr als das Zehnfache ein. Trotzdem sank voraussichtlich auch im Genat eine innerpolitische Rundgebung eröffnen. Kraffin soll angewiesen worden sein, aus London diefe prozentuale Steuerbelastung im Januar nur auf 7,07 und zugunsten der Regierung Poincarés bringen. zurückzukehren, da feine Mission beendet sei. ftieg im Februar wieder auf 8,60. Die abermalige Erhöhung der steuerfreien Beträge um mehr als das Bierfache fonnie den Steuerabzug unter dem Einfluß der Markstügung zwar im März und April auf 5,53 bzw. 5,0 Proz. vermindern, der Stügungsaktion und Wiedereinsehung der fortschreitenden Geldentwertung der Steuerabzug im Mai abermals auf fonnte aber nicht verhindern, daß nach dem Zusammenbruch 6,6 Proz. stieg. Dieser Saz dürfte für Juni wesentlich über­schritten werden.

Gestörte Feier in Paris .

Paris , 16. Juni. ( WIB.) Heute nachmittag wurden im Stadt­haufe die Stadtverordneten der Vorstädte empfangen. Empfang benußten drei kommunistische Gemeinderäte von Paris Diefen zu einer Rundgebung für den wiederholt gewählten, aber durch seine Berurteilung wegen Meuterei von der Wählbarkeit ausge­schlossenen Marty. Der Minister des Innern wurde ausge

Russisch - finnische Spionage. Helsingfors , 16. Juni. ( Eca.) Wegen Aufdeckung einer Spionageaffäre für Sowjetrußland, in die ein Beamter seines Mini­fteriums vermidelt ist, hat der Welyeminister Aalander bemis fioniert. Der ruffische Miliärattaché und fein Sekretär find aus fteriums Dermidelt ist, hat der Wehrminister Aalander bemis­gewiesen worden.

Bressemeldungen behaupteten, daß Botschafter Krestinsti pfiffen. Die Marfailleife, die man anftimmte, fonnte die Rund- den Berliner Boften mit dem in Kopenhagen nach foeben erfolgter gebung der Kommunisten nicht übertönen. Die Begrüßungsrede Ratifizierung des dänisch - russischen Bertrages zu schaffenden Ge­des Vorsitzenden des Generalrats wurde durch beleidigende Zwischen- fandtenposten vertauschen werde. Botschafter Krestinski erklärt uns auf unsere Anfrage, daß er in Berlin bleibe.

rufe unterbrochen.

Aushungerung dank den Sprengattentaten.

Pöhner und Schober.

Elberfeld , 16. Juni. ( Eig. Drahtb.) Durch die Unterbindung der lezten Eisenbahnzufahrtsstraßen ins Ruhrgebiet ist die Ber - Münchener Hachverrais prozeß Ungetlagten Fuchs, daß er mit Wien , 16. Juni. ( WTB) Gegenüber der Behauptung des im pflegung der Bevölkerung aufs äußerste gefährdet. Schon Polizeipräsident Böhner eine Reise nach Wien unternommen habe, 24 Stunden nach der Durchführung der neuesten franzöfifchen Maß da ihm bei seinem früheren Aufenthalt in Wien der Wunsch des nahme wurden aus verschiedenen Orten Klagen über den Mangel Biener Polizeipräsidenten zur Besprechung gemeinschaftlicher Richt an Lebensmitteln laut. Aus Bochum und Gelsenkirchen linien im Rampfe gegen den Bolschewismus ausgedrüct worden sei, wird z. B. über Kartoffel- und Fleischmangel geklagt. Desgleichen erklärt Polizeipräsident Schober, daß er den Besuch Böhners tommen aus Herne Mitteilungen über Schwierigteiten in der Ver- lediglich als Studienreise zur Besichtigung der Wiener Poli­forgung der Bevölkerung mit dem notwendigsten Bedarf. Anderer zeieinrichtungen betrachtete und das politische Thema zwischen feits ist die Unterbindung der Zufuhr ein Anreiz zur Festsetzung ihm und Böhner gar eine Rolle spielte. Er habe Pöhner höherer Preise. Auch diese Gefahr macht sich bereits bemertbar. Es ebenso wie den Berliner und Nemporter Polizeipräsidenten , die sich ift zu erwarten, daß sich die Versorgung mit Lebensgleichfalls für den Wiener Polizeiapparat intereffierten, empfangen mitteln in den nächsten Tagen tatastrophal ge- und ihm diesen besichtigen lassen. Bezüglich der Aeußerungen des staltet, wenn die Franzosen weiterhin jeden Lebensmitteltrans- Fuchs über die angeblich festzulegenden gemeinsamen Richtlinien zur port unterbinden. Uebrigens, widersprechen die jetzt getroffenen Befämpfung des Bolschemismus ftellt Schober fest, daß Böhner Maßnahmen der Bejagung in jeder Beziehung den mit Nachdruck zu weder einen Auftrag in dieser Richtung hatte, noch von ihm, Schober, Beginn der Ditupation gegenüber dem Düffeldorfer Regierungslaus folche Vorschläge gemacht wurden,

Steuerpflichtigen immer brückender gemacht. Gut ist dabei der Die Geldentwertung hat also den Lohnabzug für den Fiskus gefahren. Denn berücksichtigt man das dauernde Sinker des Reallohnes der Arbeiter, Angestellten und Beamten, das gleichbedeutend ist mit einer fortschreitenden Schwächung der Steuerquelle, so ist der Ertrag der Lohnsteuer sogar in Gold­mart gestiegen. Und das trog steigender Erwerbslosig­ftellung der Lohnsteuer und der veranlagten Einkommensteuer teit und Kurzarbeit. Zum Beweis dafür sei folgende Auf­für das Rechnungsjahr 1922 mitgeteilt, die die Erträgnisse der beiden Einkommenstategorien in Millionen Goldmark wieder­gibt:

April- Juli 1922 August

September Ditober November Dezember. Januar 1923. Februar

März

Beranlagte Einkommensteuer Lohnsteuer 124,0

Rechnungsjahr 1922

159,0

15,5

21,2

16,3

21,1

8,0

20,9

4,1

12,0

4,6

21,8

1,9

20,1

0,9

14,6

1,9

35,5

177,235,0%

329,0= 65,00