einer der schwersten Belastungen unserer innerpolitischen Lage geworden und hat eine steigende und wachsende Erbitterung aller der Schichten des Volkes zur Folge gehabt, die nicht das Glück haben, als Sachwertbesitzer von der Geldentwertung profitieren zu können. Im Grunde genommen konzentrieren sich die meisten innerpolitischen Problem« auf dieses ganze Fragengebiet. Der übermächtige Einfluß schwer- industrieller Wirtschaftskreise der großen Kartell- und Industrie- Organisationen ist durch die Markentwertung und nurch die Steuerbevorzugung zu einer Gefahr gewor. den, deren Größe kein verantwortlicher Politiker auch im bürgerlichen Lager mehr verkennen kann. Die Gemeinden sind unter dieser Entwicklung in den letzten Ioyren beinahe zur wirtschaftlichen und kulturellen Taten- losigkeit verurteilt gewesen. Es ist deswegen ein außerordentliches Verdienst der linken Mehrheit der Berliner Stadtverordnetenversammlung und des Berliner Magistrats, daß Berlin als die größte Stadt der Republik den entschlösse- neu Willen zeigt, von sich aus dem Schlendrian der letztenIahreeinEndezumachen. Gestern drohten die Volksparteiler und auch die Deutschnationalen bei der Annahme der Geldentwertungsklausel den Berliner Etat nicht anzunehmen und das heißt bei den Mehrheitsverhältnissen der Stadtverordnetenversammlung ihn zu Fall zu bringen. Die Sozialdemokratie kann diesen Parteien, und vor allen Dingen der V o l k s p a r t e i die Verantwortung für einen solchen Schritt ruhig überlassen. In Wirklichkeit ist es die höchste Zeit, daß Berlin sich dazu entschließt, voranzugehen. Den Widerstand, den gerade die wirtschaftlichen Inter- cssenvertreter dieser notwendigen und unvermeidlichen Reform entgegensetzt, können wir nicht anders bewerten, als wie die „Zeit" die Bekämpfung der Devifenverordnung durch be- stimmte Wirtschaftskreise charakterisiert. Das volksparteiliche Zentralorgan stellt fest, daß die Nützlichkeit der Deoisenver- ordnung schon daraus hervorgehe, daß Herr Degoutte in Düsseldorf sie bekämpfe und daß allerdings Degoutte Helfershelfer in Deutschland gefunden habe. „Man spricht davon, daß die wirst chafilichen Bedürfnisse in erster Linie stünden. Erst kommt der Staat und dann kommt die Wirtschaft." Was dem Staate recht ist, ist den Gemeinden billig. Ohne die Erhaltung einer lebens- und leistungsfähigen Gemeinde- Wirtschaft, ohne die Gesundung unserer Berliner Finanzen kann auch Handel und Gewerbe auf die Dauer nicht existieren, geschweige denn, daß die berechtigten Ansprüche, die heut von der Bevölkerung an die Riesengemeinde gestellt werden müssen, auch nur einigermaßen befriedigt werden können. Wenn die Sozialdemokratie den Kampf für die Gesundung aufnimmt, so braucht sie den Appell an die Wähler, den die Wirtschaftskreise durch eine Ablehnung dieser Forde- vung und des Etats eventuell herbeizuführen entschlossen scheinen, nicht befürchten. Die Massen wurden den Steuern- und Geldentwcrtungsgewinnlern schon die richtige Antwort geben.
Verleumdung als Prinzip. Was kommunistische« Gläubigen zugemutet wird. Im Berliner Kommumstenlaxer herrscht wieder einmal Kater- stimmung. Mit ihrem Parolen-Organ. der„Roten Fahne" steht es augenscheinlich, trotz der eingestandenen russischen Unterstützungs- gelber, herzlich schlecht. Die Abonnentenzahl will sich nicht vom Fleck rühren und sie ist seit langem schon so gering, daß die Abend- ausgäbe des Blattes bereits seit Januar hingestellt wevden mußte. Auch den„Vorwärts" versuchten kommunistisch« Vertrauensmänner zu einer solchen Selbstbeschneidung zu veranlassen: selbstverständlich ohne Erfolg, da der„Vorwärts" und unsere Parteigenossen gleicher- maßen wissen, daß es einer politischen Ausschaltung gleichkäme. Jetzt veranstaltet die„Rote Fahne" ein« große Werbeaktion. Seltstoerständlich wieder, daß diese ganze Unternehmung lediglich auf Verleumdungen des„Vorwärts" und der ganzen Sozialdemokratie aufgebaut wird. Wir pflegen den Rüpeleien des Kommunistenblattes zumeist keine Beachtung zu schenken, weil der Erfolg zeigt, daß selbst die Gläubigsten unter den Gläubigen darauf
Cin parteihistoristhes Museum. Im Vorwärtshause, Lindenstraße 3, liegt unser Partei- Archiv. Em kleines Museum,«in« Porttätgalerie, ein« Hand- schriftensammlung und eine Bibliothek. In einem Glasschrank, auf dem die Totenmasken Lassalles und Bebels stehen: ergreisende Andenken und Reliquien der Märtyrer des zaristischen Rußland . An den Wänden Bildnisse bekannter Parteiführer, darunter dos favbige Original von Lossalles oft reproduzierten Jugendbilde. In mächtigen feuersicheren Schränken: Manuskript« und Brief« von Karl Marx , Engels. Lassalle, Bebel, Liebknecht u.a.m., daneben eine umfangreiche Sammlung von Photos: Einzel- und Gruppen- blldnisse, varteihistorisch denkwürdige Stötten , als besondere Kost- barkeit eine englische Originalphotographit von Marx . Rührend die kleinen Erinnerungen aus Bebels Nachlaß, darunter das Wanderbuch des katholischen Drrchslergesellen. der noch nichts vom Klassenkampf wußte und in einem frommen Handwerksbunde organisiert war. Den umfangreichsten und wertvollsten Teil des Archivs aber bildet die Bibliothek, die mehrer« Räume füllt und neben der gesamten Parteiliteratur ein« Mille bibliographischer Seltenheiten enthält, zum Beispiel die Jahrgänge des Pariser „Moniteur", des sozusagen amtlichen Organs der großen fran- zösischen Revolution, mit den ausführlichen Sitzungsberichten und sonstigen Akten der konstituierenden und der gesetzgebenden Ber- sammlung und des Konvents. Inmitten dieser Ding« waltet der Partei-Archivar Genosse H i n r i ch s e n seines Amtes, mit der liebevollen Sorgfalt des Sammlers und Schatzhüters. Sachkundig macht er den Besucher auf diese oder jene Rarität aufmerksam und er freut sich haus- väterlich, wenn man seinem Institut Interesse entgegenbringt. Leider aber hat er zu dieser Freud« nicht allzuoft Veranlassung- Sein Gäste-Buch verzeichnet zwar die Namen berühmter Besucher aus aller Herren Länder— auch Trotzki ist darunter— und an den Arbeitstischen sitzen immer fünf, sechs Leute, lesend und sich Notizen machend. Aber sowohl im Buche wie am Tisch glänzen durch Abwesenheit ausgerechnet— unsere Berliner Genossen. Die meisten von ihnen wissen woijl gar nichts von der Sehenswürdig- keit und der Bildungsstätte, die das Haus Lindensttaße 3 beherbergt: Ihnen wird dieser Hinweis genügen, um das Interesse rege zu machen. Denn das Archiv soll kein toter, unfruchtbarer Besitz der Partei sein, es soll lebendige Belehrung und Anregung spenden, und gerade die Einheimischen täten gut, von der bequemen Gelegen- heit fleißigsten Gebrauch zu machen- -fber nicht nui als Nutznießer, sondern auch als Förderer könnten fie tätig sein. Gar mancher Genosse besitzt Andenken und Kuriositälen. die von parteigeschichtlichem Interesse sind, vielleicht noch vom Dater oder Großvater ererbt, aus der Zeit des Schans- gesetzes. Man unterschätze diese oft unscheinbaren Dinge nicht, sie können für spätere Geschlechter von hohem Wert fein. Der Proletarier hat selten Gelegenheit, sich als„Gönner" und„Mäzen" zu betätigen. Man überlege sich, od man ttgendwo in Schrank oder Schublade etwas fürs Partei-Archiv passendes liegen hat, und man geniere sich auch nicht, mit Kleinigkeiten zu kommen: sie können wertvoller fein als man denkt. Der Genosse Hinrichfen prüft jede Gabe und er wird«ich, wen« er fie»»cht brauchen kann, für die gute Uhsi<ht danOx» sein.
nicht mehr hereinfallen. In den letzten beiden Nummern aber bringt die„Rote Fahne" eine so plumpe neue Verleumdung unsres Blattes, daß wir sie ausnahmsweise niedriger hängen müssen. Das Kommunistenblatt beschwert sich darüber, daß der„Vorwärts" das billigste große Berliner Blatt sei, und behauptet, wir spielten den„billigen Jakob", weil wir— man hör« und staune!— von Großkapitalistischen Kreisen„ausgehallen" würden! Freilich wurde am Donnerstag Morgen angekündigt, daß am Freitag der Nachweis geführt wevden würde, woher die Gelder des„Vorwärts" stammen. Wir gestehen, daß wir aufs äußerste gespannt waren. Aber noch mehr sind wir enttäuscht. Denn heute wird ivt einem spallen- tangen Artikel nachgewiesen, daß die Gelder Ws„Vorwärts"— man denk«!— aus Inseraten herrühren, die selbstverständlich „vom Großkapital und Handel" aufgegeben werden. Und da niemand einen anderen hinter dem Strauch suchte, hinter dem er nicht selbst saß, so nimmt die„Rote Fahne" als etwas ganz natürliches an, daß diese Jnseratengelder die Haltung des„Vor- wärts" ebenso sehr beeinflussen, wie die russischen Stipendien die Haltung des deutschen Kommunistenblattes. Ueberflüssig, daß wir uns gegen eine solche Unterstellung auch nur mit einem Federstrich verwahren wollten. Jeder, der nur einen kleinen Schimmer von Ueberzeugungstreu« hat, weiß, daß die Sozialdemokratie und ihre Presse sich nur nach ihren Grundsätzen richtet, nicht aber durch Inseratengelder bestochen werden kann. Sonst müßten wir schon halbtommunistisch sein, dieweil doch die kommunistischen Vuchverleger, die auch aus russischen Ouellen gespeist zu werden pflegen, gerade den„Vorwärts" als Insertionsorgan für ihre kommunistischen Schriften sehr gern und sehr eifrig benutzen. Diese Geschäftsunternehmungen wissen ebensogut wie seder andere Geschäftsmann, daß man wirkungsvoll feine Inserate nur bei einem gelesenen und weitverbreiteten Blatt aufgibt. Da sie aber sehen, daß das bei der„Roten Fahne" nicht zuttifft, so ziehen sie begreiflcher Weise den„Vorwärts" vor. Man kann den Schmerz ber„Roten Fahne" darüber verstehen, daß ihr Inseratenteil ein herzlich kleiner ist und daß ihr täglich attestiert wird, wie gering man ihre Bedeutung im Geschäftsleben einschätzt. Sie möchte gern mehr von diesen angeblichen groß- kapitalistischen Bestechungsgeldern haben. Augenscheinlich spekuliert sie heute auf die Vergeßlichkeit der Leser und denkt nicht daran, daß ihre„Anzeigenabteilung" gelegenllich bei den„kapitalistischen Unternehmern" um Aufträge geradezu bettelt. Erinnert sie sich nicht daran, daß der„Porwärts" das nachfolgende Schriftstück ver- öffenllicht hat? Es ging doch von der„Roten Fahne" selbst aus und lautete: „Die Rote Fahne " Berlin SW. 68, den 6. Oktober 1322. Friedrichstr. 22S. Wie Ihnen bekannt fein dürfte, hat die Tageszeitung„Die Freiheit" ab 1. d. M. ihr Erscheinen eingestellt. Die bisherigen Leser dieser Zeitung, welche den Kreisen der Hand- und Kopfarbiter angehören, sind fast restlos Abon- nenten der„Roten Fahne" geworden.' „Die Rote Fahne " hat ixtdurch einen gewaltigen Aufschwung bezüglich der Höhe ihres Leserkreises erhalten: sie ist jetzt das einzige Blatt der werktätigen Bevölkerung Groß- Perlins. wollen Sie in diesen Kreisen Ihr Absatzgebiet erweiteru, so wäre es vortellhast, wenn Sie in Zukunft die„Rote Fahne" zu Ihren geschäftlichen Ankündigungen benutzen würden. Unsere alten Inserenten haben uns wiederholt bestätigt, daß die„Rote Fahne" ein äußerst wirkuugsvolle» Insertionsorgan ist. Wir stehen gern mit näheren Details und Bertreterbesuch zur Verfügung und sind Ihres baldgefl. Bescheides gewärtig. Hochachtungsvoll „Die Rote Fahne " Anbei 1 Karte. Anzeigen-Abteilung (Unterschrift.) Damals haben wir den Schwindel gekennzeichnet, den die„Rote Fahne" mit der Behauptung trieb, die Abonnenten der„Meihett" wären„fast restlos" zu ihr übergegangen und sie habe-«inen ge- walligen Ausschwung" genommen. Der„gewaltig« Aufschwung" be- stand darin, daß das Kommunistenblatt die Abendausgabe einstellen mußte. Die Inserenten aus kapitalistischen Kreisen, die die Kommunisten klassenbewußt anschnorrten, hüteten sich, ihr« Aufträge einem Blatt« mtt solchem„Ausschwung"
Antwort an Herrn LeopolS Jeßner. Sehr geehrter Herr Intendant! Warum ein so gereizter Ton? Unsere Meinungsverschiedenheit beruht auf einem leicht erklärlichen Mißverständnis. Ich glaubte nämlich, daß Sie die Berantworwng dafür übernehmen, was in Ihrem Schauspielhaus vorgeht. Es war leichtfertig von mir, sowas zu glauben: das gebe ich zu. Wenn wieder mal das ernste künstlerische Schaffen eines anderen an Ihrer Bühne nicht voll aus- gemünzt werden sollt«, dann werde ich mich an den Inspizienten oder an den Beleuchter wenden. Sie werden doch nicht etwa annehmen, ich hätte nicht gewußt, daß Herr Legal den„Empedotles" inszeniert hat? Das war auf dem Programm deutlich zu lesen, daß ich mir getaust habe(es kostete 2000 M., wofür Sie nichts können, sondern der Verlag Wald- heim u. Co.). Ich habe mich aber an Ihre und nicht an Legal? Adresse gewandt, weil es sich um Hölderlin handelte, well aus dem„Empedotles" ein großer Abend hätte werden können, wenn man am Staatstheater mtt demselben helligen Einfühlungs- willen an ihn herangegangen wäre wie bei der Uraufführung in Stuttgart . Um Gustav Freytag hätte ich nicht soviel Aufhebens gemacht. Darin allerdings Hobe ich mich geirrt, daß Sie den„Empe- dotles" angenommen haben. Da Sie es getan haben würden, wenn Sie nur Gelegenheit gehabt hätten, werden Sie mtt den Irrtum nicht Übelnehmen. Sie werden um so leichter zum Verzeihen ge- stimmt sein, wenn Sie hören, daß ich mich am Montag vormittag telephonisch vergewissern wollte. Die Auskunft des Fernsprechamts teilte mir aber mit, das Schauspielhaus wünsche nicht angerufen zu werden. Für Hölderlin ist nun mal ein« festliche Stimmung erforderlich. Sie war am Montag nicht vor- handen. Es tat mir weh, wie an Aeußerllchkeiten die Weihe er- habener Poesie zugrundeqing. Daher ist es falsch, wenn Sie mich in einzelnen Punkten widerlegen wollen. Das war gerade mein Vorwurf: Wollen Sie, oder vielmehr will Herr Legal— ich weiß schon gar nicht mehr, wer nun eigentlich der Verantwortliche ist— «in« Saison voll künstlerischer Arbett krönen, so darf er das eben nicht acht Tage vor Schluß machen. Gewiß gibt es einen Aufbau, aber es gibt einen vernünftigen und einen unvernünftigen. Ich würde«in festliches Weihespiel in einer Zeit literarischer Erwartung herausbringen und nicht, wenn Ihr« Gemeinde über- rniidet ist und zu Wiederholung�» durch die Ferien die Gelegenheit genommen ist. Ihr sehr ergebener Ernst Degner.
Die Slaaksoper bei kroll. Augenscheinlich von interessierter Seite wurden in letzter Zeit in einigen Blätter., Nachrichten ver- öffenllicht. die den Anschein erwecken mußten, als wäre die Mag« des künftigen Schicksals der ehemaligen Krclloper noch immer ntchl entschieden. Es wurde so dargestellt, als ob der vom Landtag m seiner Sitzung vom IS. Juni eingesetzte Ausschuß zu entscheiden haben solle, ob iu dem umzcbau:en Krollthcater die Staatsoper oder die Große Lokksop« zu spielen haue. Tatsächlich liegen die Ding« aber ander». Der vom Landlag«ingesetzte Ausschuß soll zu» samme» mit der Staatsregterung lediglich nach Mitteln«t»*>"■»
zu geben. Dafür rächt sich die kleine Seele, die bei ihm die Propo- ganda leitet, indem sie den„Vorwärts" beschuldigt, er wäre durch Inseratengelder bestochen. Wäre das Verleumden nicht zu einem kommunistischen Prinzip erhoben, so könnte man über eine solche Behauptung in Zorn ge- raten. So aber läßt sie uns eiskalt. Unsere Genossen in den Fabriken, Bureaus und Werkstätten aber, die von den kommunisti- sehen Funktionären mit Werbeversuchen belästigt werden, sind Manns genug, den Werbern mit Wilhelm Busch zu antworten: Ihr« Eni- rüstung ist nur ein Vergnügen an Inseraten, welche sie nicht kriegen! �eigners Rechtfertiaung. Dresden , 2S. Juni.(WTB.) Zu Beginn der heutigen Laru- tagssitzung gab der Ministerpräsident Dr. Z e i g n« r eins Er- klärung ab zu dem Bericht« des sächsischen Dolksblattes in Zwickau über seine am 19. d. Mts. in Niederplanitz gehaltene Reds. Der Bericht habe Ungenauigkeiten und wesentliche Unrichtigkeiten ent- hallen. Aus Grund dieses Berichtes sei ihm vorgeworfen worden. daß er von einem Bankcroll der Reich-regierung gesprochen und die bedingungslose Ausgabe des passiven Widerstandes verlangt habe. Auch von einem Verrat am Reiche sei gesprochen worden. Dem- gegenüber stelle er fest, dag er nicht von einem Bankerott der Politik Eunos gesprochen habe, sondern er habe nur gesogt, daß ein großer Teil des deutschen Volkes infolge der Ereignisse der letzren sieben Monate am Ende seiner Kräfte sei, was den Bankerott bedeute. Weiter habe er gesagt, das Kabinett Cuno werde wohl eines Tages abtreten müssen, weil es sich auf einen Standpunkt festgelegt habe, der auf die Dauer nicht aufrechterhallen werden könne. Man müsse liquidieren. Anknüpfend an die Berichte über die Fragen Lord Curzons an die französische Regierung habe er sodann die Erwartung ausgesprochen, daß die englische Vermitt- lung ermöglichen werde, Frankreich doch noch an den Verhandlung-- tisch zu bringen. Deshalb dürfte� die englischen Vorschläge nicht abgelehnt werden, sondern man müsse verhandeln, verhandeln, wohl- verstanden, über die englischen Vorschläge. Am 19. April habe er ausdrücklich im Landtag in der eindeutigsten Weise erklärt, daß die sächsische Regierung die Forlsührung des passiven Widerstandes durchaus billige. Auch in Niederplanitz habe er nicht von einer bedingungslosen Auf- gäbe des passivsn Widerstandes gesprochen, vielmehr erklärt, daß man diesen Kamps aussechten müsse. Allerdings habe er Hinzuge» fügt, das Ziel des Abwehrkompfes müsse sein, die V e r h a n d- lungsbereitschaft der gegnerischen Regierungen auf ver- nünftiger Grundlage herbeizuführen, und daß die sächsische Regie- rirng der Ansicht sei, die Politik des passiven Widerstandes müsse durch eine aktive Politik von Vorschlägen ergänzt werden. In- zwischen seien wieder Wochen ins Land gegangen. Außer den ganz Unbelehrbaren habe sich das ganze deutsche Volk bis tief in die Reihen der Deutschen Dolkspartei inzwischen auf denselben Stand- punkt gestellt. Bor 14 Tagen habe auch der preußische Minister- Präsident Broun eine Erklärung abgegeben, die sich sachlich durchaus mtt seinen Ausführungen deckte. Er wolle auch heut« nicht von seiner Erklärung vom 19. April abrücken, aber er müsse doch auf Dinge hinweisen, die noch viel zu wenig gewürdigt würden, denn er halte die innerpolitische Rückwirkung der Ruhr- oktion für außerordentlich gefährlich. Ter Ministerpräsident wies in diesem Zusammenhang auf den Mord in Parchim , auf das Attentat gegen die Druckerei des„Volksblattes" in M ü nst e r und auf die Ergebnisse des Prozesses Fuchs- Machaus hin. In den letzten Tagen seien ihm zahlreiche Briese mit den gemeinsten Drohungen zugegangen. Er halte sich für verpflichret, auf dies« Dinge ösfenllich hinzuweisen. Alles dies hätte ihn nun veranlaßt, in Niederplanitz klar zu sagen, daß die gesamte Staatsautorilät gegen diese Attentäter eingesetzt werden müsse. Nichts anderes sei der Sinn seiner Ausführungen gewesen. Die Rede des Ministerpräsidenten wurde auf der linken Seite mtt lebhaftem Beifall aufgenommen. Nach einer Debatte wurde,«vie bereits gemeldet, das Mß- irauensoowm der veusschen Dolkspartei mil 48 gegen 43 Stimmen abgelehnt._ Mandatsverlust wegen Ausscheiden aus der Fraktion. Als Gegner des tschechischen Republikschutzgesetzes hatte Abg. Dr. Drbensky mit drei anderen-Mitgliedern der Partei des Außenministers Benesch, der„Tschechischen Sozialisten", gegen das Gesetz gestimmt. Darum hatte die Parteileitung sie wegen„Per- stoß gegen das Parteistatut" auf Mandatsverlust verklagt. Der Wahlgerichtshof hat jetzt in diesem Sinn entschieden. Die Prbensky-Leute haben jedoch unter den tschechischen Repubtikern ziemlichen Anhang.— Auch dem Hakenkreuzler Baeran, der seiner Zeit Stinkbomben in den Saal geworfen hat, ist das Mandat aberkannt.
suchen, der Großen Dolksoper außerhalb des Krollhauses ein Heim zu sichern. Ueber die künftige Bewirtschaftung der ehemaligen Krolloper führt« der Abg. Schwering als Berichterstatter des Hauptausschusses ohne Widerspruch m der Landtagssitzung vom 16. Juni nach dem stenographischen Protokoll(Spalte 18 217) aus: „Die Meinung des Ausschusses bezüglich der von der Regierung in Gang gesetzten Verhandlungen war die.. daß in der Frage des Krolltheaters eine Verbindung zwischen Krolloper bzw. Freier Volksbühne und dem Staalstheater hergestellt werden soll."— Der Umbau der ehemaligen Krolloper dürfte im September dieses Jahre- beendet werden, so daß die Staatsoper dann dort ihre Aufführun- gen beginnen kann. Patriotismus. Willibald Schulze hatte einen Stellungsbefehl erholten. Er machte daraufhin dem Bezirkstommando folgendes Angebot: Er sei zwar theoretisch bereit, dem Staat« bis zur Grenze sein« Leistungsfähigkeit zu dienen, mache das jedoch von der Er- füllung nochfolgender Bedingungen abhängig: a> sein Leben dürfe nicht gefährdet werden, d) für etwaige Beschädigungen habe der Staat im voraus eine Versicherung abzuschließen, c) er sei am Rein- gewinn des Unternehmens prozentualtter zu beteiligen. Die Sache hat damals viel Wohlgefallen erregt. Sie mochte wochenlang an allen Stammtischen die Runde und die Witzblätter hatten Stoft auf Monate hinaus. Nicht so beifällig nahm das Be- zirkstommando die Sache auf. Es erblickte darin eine steche Ver- hohnepiepelung und brachte Herrn Schulze vor die Schranken des Gerichts. Der Verteidiger sah den Fall alz hoffnungslos an und suchte wenigstens den guten Glauben durchzudrücken. Der für solch« Fäll« berettgehaltene Medizinalrat strich seinen wohlgepflegten Bart und murmelt« etwa» von geistiger Beschränktheit, die zweifellos vor- Händen sti. Doch könne sie keinesfalls Sttafausschließung bedingen. Denn bei der hervorragenden staatsbürgerlichen Unterweisung, die in Deutschland allen Untertanen von Kind auf zuteil werde, müßte sich selbst ein vollkommener Idiot über seine bedingungslosen Pflich- ten dem Staate gegenüber im klaren sein. Und Willibald Schulze wurde verknackt. Von Rechts wegen. Willibald Schulze kam davon. Er kam sogar sehr gut davon. Man erkannte bald seinen Gewandtheit im Perkehr mit Behörden, und er rückte bald in die solcher Begabung zugehörigen Stellungen auf. Jetzt berät er unsere Großindustriellen. Da wandte sich neulich der Staat abermals an seine Bmger. Diesmal forderte er nicht das Leben, sondern bat lediglich die Leute mit dem dickes» Portemonnaie, ihre Pflicht in Äetteff Bezahlui� der Staatsschulden zu tun. Auch dieses Schreiben beantwortet« Herr Schulze. Er holt« aus irgendeiner alten Ablegemappe den bewußten Brief von damals, modelt« ihn den geänderten Derhättnissen ent- sprechend um, und schickte ihn der Regierung als Garantieangebot der Industrie. Diese» Angebot wird nun schon seit einem Monat von der Re- gierung, ernsthaften Abgeordneten und weniger ernsthaften Zeittm- gen allen Ernste» besprochen. So Z"dern sich die Zeiten.
Wechsel in der Leitung des BnrgtheaterS T Der Rücktritt des Wiener Lurgtbealerdireltol» Patt Ifen steht bevor, vi» Rachjoiatr wird JihiI a,»«id mmk a-""""'