Das abgejchm'ttene Ruh?geb!et. Die Lebensmittelversorgung gefährdet. Essen, 3. Juli. (WTB.) In der vergangenen Nacht ist die V« r- kehrssperr« schärf st«ns durchgeführt worden. Es ist unmöglich, vom besetzten in das unbesetzt« Gebiet zu gelangen. Vor allen Dingen ist es den Arbeitern unmöglich, ihre Arbeits- statten zu erreichen. Auch die Lebensmittelversorgung ist sehr schwierig geworden. Die Verkehrssperre in Duisburg , Mül- heim und Oberhausen übt auf die Lebensmittelversorgung des In- dustriegebiets eine geradezu vernichtende Wirkung aus. Die Stadt Duisburg ist bekanntlich mit ihren großen Lager- Häusern und Speichern die Vorratskammer für das ganze Industrie- gebiet. Da auch der Eisenbahnverkehr von Duisburg vollständig unterbunden ist, ebenso der Stvaßenbahnverkehr vollständig stillgelegt ist, ist es überhaupt nicht mehr möglich, das Industriegebiet voitf Duisburger Hafen aus mit Lebens- und Futtermitteln zu versorgen. Duisburg-Ruhrort ist serner auch die Durchgangsstraße zu den großen Lebensmittelfabriken der rechten Rheinseite. Di« Zufuhr von Zucker, Oel, Kaffee usw. ist hierdurch vollständig unter- bunden. Auch wenn die Berkehrssperr« nur kurze Zeit bestehen sollte, so kommt es doch zu ganz erheblichen Störungen in der Lebensmittelversorgung. Die Kartoffel not verschärft sich im Ruhrgebiet in erschreckender Weis«. Ein Zentner Sarloffeln wird bereits mit 70 000 M. bezahlt. Elberfeld . 3. Juli. (Eig. Drohtbericht.) Der Kommandant in Vohwinkel hat die StillegungderElberfelder Schwebe- bahn, deren Endpunkt im unbesetzten Gebiet liegt, ab Dienstag mittag 12 Uhr verfügt. Verhandlungen sind bisher ohne Erfolg ge> blieben. Durch die Stillegung der Schwebebahn wird der Ver- kehr im Wuppertal und im Bergischen Land vollständig unterbunden. In Hengstei dürfen nur Personen passieren, die aus dem unbesetzten Gebiet kommen und ins unbesetzte Gebiet wollen. Alle anderen werden in einer Blechbude festgehalten und zurückgeschickt. Durch die neuesten Maßnahmen ist die Lebensmittel- Versorgung im Einbruchsgebiet ernstlich gefährdet. Dos trifft be- sonders für die Bezirke Esten und Gelsenkirchen zu. Der Regie- rungspräsident von Köln wurde bei dem englischen Kreis- delegierten vorstellig, um eine mildere Handhabung der von den Franzosen erlassenen Verkehrsbestimmung, speziell für den Brückentopf Köln zu erwirken. Der englische Kreis- delegierte sagte zu, einen entsprechenden Versuch zu machen und hat sich sofort mit den maßgebenden Stellen in London in Verbindung gesetzt. In London wird augenblicklich, wie uns von englischer Seite mitgeteilt wird, über die Angelegenheit beraten. Ein Resultat liegt noch nicht vor. Wie die Generalbetriebsleitung selbst mitteilt, soll der Verkehr Köln— Ohligs— Vohwinkel und der Verkehr Vohwinkel— Ohligs— Köln in Form eines Pendelverkehrs, wenn auch nicht planmäßig, aufrechterhalten werden. Berliner Post ist am Montag und Dienstag nicht eingetroffen. Zeitungen werden eben- falls ins besetzte Gebiet nicht zugelassen. Dos sozialdemokratische „Solinger Volksblatt", das in Elberfeld gedruckt wird, kann deshalb nicht erscheinen. In Bottrop haben die Franzosen durch Plakatanschlag an- geordnet, daß s am tli che Wirtschaften fiir die Dauer von 4 Wochen ab 3. Juli zu schließen sind, und die Straßenbahn ihren Verkehr für 14 Tage einzu st allen hat. Der angeb- liche Grund hierfür ist ein Unfall eines französischen Kraftwagens, der in der Nacht vom 29. zum 39. Juni gegen einen auf einer Hauptverkehrsstraße am Bahnhof Bottrop-Nord liegenden Stein fuhr, wobei einig« Infasten erheblich verletzt wurden. Sanktionen für das Mainzer Attentat. Paris , 3. Juli. (WTD.) Wie Hovos aus Koblenz meldet, sind infolge des angeblichen Attentats beim Mainzer Tunnel drei Personen verhaftet worden, die beschul- digt werden, an dem Attentat teilgenommen zu haben. Pari», 3. Juli.<WTB.) Wie die Morgenblätter aus Mainz berichten, ist infolge des Bombenattentats gegen den Mainzer Tunnel und eines angeblichen zweiten Attentats, dos durch Auflegen eines 15 Kilogramm schweren Eisenstücks auf die Eisenbahnschienen erfolgt
von dem Schmarren herunterzuwischen. Es sind zu nennen: Heinz Hilpert mit einer Bombenrolle, der gelenkige Bert- hold Reißig als ,mmer lustiger, leichtlebiger Intrigant, Else Bäck und Herta Ruß. Da kommt ein Couplet vor mit d«ch Refrain:„Das ist die Posse von Berlin ." Und dann heißt es:„Das ist das Trauerspiel von Berlin ." Iawoll, e» ist ein Trauerspiel mit dem Repertoire an den Berliner Bühnen! Dgr. Die Malariagefahr in Deutschland . Schon während des Krieges hatte es sich in manchen Gegenden, hauptsächlich im Elsaß , Baden und Württemberg gezeigt, daß die Fiebermücken, die Anophetiden, in Deutschland viel verbreiteter sind als dies bis dahin angenommen wurde. Als nach Beendigung des Krieges viele Tausende von mit Malaria infizierten Truppen in die Heimat zurückströmten, schien zunächst die Möglichkeit gegeben, daß es bei wis in der Heimat zu einer Einschleppung und einem größeren Ausbruch der Malaria kommen würde. Derartige Erwägungen sührten dazu, in den ein- zelnen Bundesstaaten Erhebungen über dos Borkemmen und die Zhäufigkei- der Fiebermücken anzustellen und nach Möglichkeit die- jenigen Gegenden ausfindig zu machen, die für ein« epidemische Ausbreitung der Malaria besonders geeignet erscheinen. Dr. F. Eck- stem vom Forschungsinstitut für angewandte Zoologie in München . hat für Bayern diese Untersuchungen durchgeführt und er betont in der Zeilschrift„Desinfektion", daß ihm die Gefahr einer Einschleppung der Malaria in unf-rem Vaterland«, trotz- dem er eine allgemeine Verbreitung der Fiebermucken bis ins Hoch. gebirge hinauf feststellen konnte, nicht gegeben erscheint. Rur zwei oder drei solcher Fiebermücken kommen für die Uebertragung der Malanaparasiien in Frage und gerode bei Wesen belden Arten hat die Untersuchung ergeben, daß die Fiebermucken nicht in sehr großer Zahl vorhanden sind, und dann überall eigentlich mehr Parasiten des Viehes als des Menschen sind. Die Bekämpfung der Fiebermücken und der Hausschnacken ist aber natürlich trotz dieser Feststellungen nötig, sie geschieht in Stallungen am besten durch Ab- spritzen mit Insektizid, einer Methode, die nach den Erfahrungen Ecksteins sowohl dem häufig geübten Abstammen als auch Durch, gasungen mit Schwefeldioxyd und Blausäure vorzuziehen ist. Bürgerlich? Kultur anno 1923. Die neuen Reichen machen als Kiinstsammler we komischste Figur. In einen Laden in der Bellevue- cir k f0 lesen wir im„Querschnitt", ein Ehepaar aus .vcagdeburg und verlangt einen typstchen Trübner. Man zeigt ihnen Stcwnberaer-S-c-Mld. Darauf der Mann:„Nein, für Trübner sind doch oi« Figuren das Charakteristischste" Daraus bekommen sie eine naturalistische pudelnackte Frau zu sehen, irgendein Modell im Walde. Nun ober Gattin:„Ehe ich so'n Bild in meinem Salon hänge, lasse ich muh lieber selber malen."— In eine andere Berliner Kunsthandlung kommt ein Ehepaar. Es will«in Barock-Eßzimmer kaufen. Man zeigt ihnen ein fabelliaftcs Danziger Zimmer. Dar- auf die Frau zu ihrem Mann, die Augen zukneifend, als wenn sie sagen wollt«, daß der Verkäufer ein Idiot sei:„Barock ist doch grün." «Ine neue oftden-schc Zeitschrift. Im Verlag Viiebotsch-Breslau erlibeint eine ZweunonatSichrist sär Kunst,«ultur. Kritik.D e r-r c u- £ st e n", zu deic» u. a. Hermann Eiebr, Dtax Herrmaun« Nclsse, Paul Barnah, Hemrlch Dominit, Alfred Hein und der HerimSgeber Alfou» Hatzduck zähle».
sein soll, angeordnet worden, in Mainz und Dororken seden Verkehr, mit Ausnahme der Straßenbahn und dem Fußgänger- verkehr, zu verbieten. Alle öffentlichen Lokale werden ab g Uhr geschlossen. Fünf angesehene Bürger wurden ausgewiesen. Sachsen unö öle bayerischen Volksgerichte. München . 3. Juli. sEca.) Im bayerischen Ländtag gab heute das Justizministerium auf eine Anfrage der Bayerischen Volkspartei Auskunft über die Differenz mit der sächsischen Regierung bezüglich des Rechtsgültigkeit der bayerischen Volks- gerichte. Die Antwort des bayerischen Justizministeriums bestätigt die Richtigkeit der Pressemitteilungen, wonach der sächsffch« Justiz- minister die ihm unterstellten Staatsanwaltschaften angewiesen habe, Rechtshilfeersuchen nur noch denjenigen bayeri- schen Volksgerichten zu enffprechen, die auf Grund der neuesten bayerischen Ausnahm eoerordnungen die Rechtsprechung ausüben. Das bayerische Justizministerium verwies demgegenüber darauf, daß sowohl Reichsgericht wie auch Reichsregierung wieder- holt die bayerischen Volksgerichte anerkannt haben. Das sächsische Justizministerium ist deshalb ersucht worden, den Erlaß auf- z u h e b e n, weil er gegen das Reichsrecht verstoße. Eine Antwort auf dieses Ersuchen liegt von dem sächsischen Justiz- Ministerium noch nicht vor. Im übrigen stellt sich nach Mitteilung der bayerischen Justizverwaltung dos sächsische Vorgehen als eine leere Demonstration ohne praktische Bedeutung dar. Seine Folge konnte nur die sein, daß, da die Volksgerichte in der Hauptsache Gerichte für die schwere Kriminalität sind, Sachsen den Berbrechern ein Asylrecht einräumen würde.
Freunüe ües neuen Rußlanü. Am 27. Juni gab die„Gesellschaft der Freunde des neuen Ruß- land", die sich kürzlich in Berlin begründet hat, ihr« erste Veran- staltung. Dr. Adolf B e h n e, der bekannte Kunsthistoriker, sprach über die Entwicklung der russischen Kunst. Der Geograph Dr. Filch- ner wies auf die großen Enwicklungsmöglichteiten hin, die in Ruß- land vorhanden sind und die nicht nur für das russische Volk selbst, sondern auch für Deutschland und für alle anderen Kulturnationen von großer Bedeutung wären. Der berühmte russische Mathematiker Prof. A. N. K r y l o f f sagte, daß die Gründung dieser Gesell- schaft in Rußland wie in Deutschland die dankbarste Anerkennung finden werde. Er betonte, daß es schon zur Zeit Peters des Großen ein deuffcher Gelehrter gewesen wäre, Leibniz , welcher für diesen Herrscher die Statuten der Akademie der Wissenschaften verfaßte, und daß deutsche Gelehrte es waren, welche durch ihre Mitwirkung an der Förderung der russischen Wisienschaft großen Anteil hatten. Den Schluß der Veranstaltung bildet« die Vorführung einer Reihe von Lichtbildern, die den Schutz und die Fürsorge sür die Kinder im neuen Rußland illustrierten. In das Komitee der Gesellschaft erklärten ihren Beitritt: Dr. Adolf B e h n e, Prof. Albert E i n st e i n. Prof. E l tz b a ch e r, Verleger S. Fischer, Dr. Herbert Jhering , Intendant des Schauspielhauses Leopold I e ß n e r, Schriftsteller Bernhard Keller- mann, Reichstagspräsident Lobe, Prof. L i e p m a n n. Prof. M a r k w a l d, Moritz M e l z e r, Prof. Oesterreich, Oberstadt- schulrat P a u l s e n, Präsident R i ck e l t, Verleger E. Rowohlt, Bankier Hugo Simon und Iustizrat Werthauer. Sekretär der Gesellschaft ist Lehmann-Lukas, Berlin NW. , Wilsnacker Straße 1k l l. Die Geselffchast ist laut Programm parteipolitisch vollkommen neutral und will der Forderung der deutsch -russischen Beziehungen dienen, ohne zu den Problemen der russischen Regierungspolitik irgendwie Stellung zu nehmem_ Das Moorschutzgesetz im&mütag. In der gestrigen Sitzung des Landtags folgte nach Ueberweisung zahlreicher, dem Hause vorliegender Vorlagen an die in Frage kommenden Ausschüsse die zweite Beratung des Moorschutz. gesetzes, das nach längerer Aussprache im wesentlichen in der Ausschußfassung angenommen wurde. In zweiter und dritter Lesung angenommen wurde eins- Borlage, die die Bewilligung von 199 Milliarden Mark zur Erschließung der E l b i n s e l Wilhelmsburg und für den Bau eines Kanal» durch den Ostteil der Insel vorsieht. Die nächste Sitzung des Landtags findet am Mittwoch 12 Uhr statt. -» Der Aeltestenrat des Landtages beriet am Dienstag über die Geschäftsloge. Man will in dieler Woche bis zum kommenden Donnerstag sitzen. Ferner sollen weitere Plenarsitzungen stattfinden am Dienstag und Mittwoch nächster Woche, um die Vorlagen, die den Ausschuß beschäftigen, nach ihrer Erledigung im Ausschuß im Plenum zu verabschieden. Das Haus will sich dann bis zum 11. September vertagen. Am 11. September will es zu einer kurzen Tagung wieder zusammen- treten, um u. o. auch die Ausführungsbestimmungen zum Landes- steuergesetz zu beraten und zu verabschieden. Die Wintertagung wird voraussichtlich Anfang Oktober beginnen.
Italien will weitervermitteln. Rom , 3. Juli. (MTB.) Ministerpräsident Mussolini erörterte im Ministerrat hie jüngsten Geschehnisse auf dem Gebiete der auswärtigen Politik und sagte dabei über die Ruhrfrage: Di« Lage an der Ruhr habe sich in den letzten Tagen ver- s ch l e ch t e r t. Einerseits dauere der passive Widerstand fort, an- dcrerseits sei die Besetzung ausgedehnt und verschärft worden durch Maßnahmen, die immer mehr politischen und militä» r i s ch e n Charakter annähmen. Di« allgemeinen Rückwirkunaen dieser Krisis, die einen akuten Zustand erreicht zu haben schein«, kämen in den Wechselkursen der europäischen Valuten zum Ausdruck, die einschließlich des englischen Pfundes sich im Vergleich zum Dollar ungünstig entwickelten. Das sehr edelmütige Eingreifen des Papstes im Interesse Europas und der Menschheit habe die Lage nicht verändert. Unmittelbar daraus sei die vom französischen Senat einstimmig gebilligte Rede Poincarcs gefolgt und es habe sich ein Sabotageakt ereignet, der zahlreichen belgischen Soldaten das Leben gekostet habe. Sonach sei kein« Enstpannung, sondern eine Verseblechtcrung der Lage eingetreten. Noch Lösung der belgischen Krisis könne die diplomatische Aktion wieder aufgenommen werden. Italien beteilige sich an ihr unmittelbar und werde sich auch künftig nicht fernhalten, sofern das Problem auf den Weg einer vollständigen Lösung im Sinne der Vorschläge des Londoner Memorandums gebracht würde, zu dem auch die späteren Entwürfe nicht im Gegensatz stän- den, nämlich die Verbindung des Reporationsproblems mit dem der interalliierten Schulden, ein ausreichendes M o r a t o- r i um für Deutschland , Festsetzung eines endgültigen Zaylungsbetrages durch«inen Plan, der vernünftige Zah- hingen und ernste wirtschaftlich« Bürgschaften enthielte und den Verzicht Frankreichs aus die Besehung der Ruhr in Aussicht nähme. Was den passiven Widerstand anlange, so glaube Italien , daß Deutschland kein Interesse daran habe, ihn zu ver» l S n g e r n, da es nicht daran denken könne, Frankreich zu über- winden, noch auch die Illusion hegen könne, auswärtige Hilfe zu erlannen. Man müsse die Herbeiführung von Möglichkeiten für ein« Verständigung durchaus beschleunigen, da die Ruhrfrage auf der europäischen Wirstchaft schwer laste und den Wiederausbau verzögere.> sy. zlzt.. ur.
Die französische Antwort verschoben. Paris , 3. Zuli. sTU.) Die Ueberreichung der französijchcn Antwort im Foreign Office ist im letzten Moment verschoben worden. 3n London nimmt man an, daß eine gemeinsame sranzösisch-belgisch? Antwort überreicht werden soll, daß aber noch der Verlauf der heute stattfindenden belgischen kabineitssitzung abgewartet werden mußte, ehe die beiden Botschafter in London den gemeinsamen Schritt tun können. Eine havas-Meldung besagt, daß heute kein Besuch des Grafen St. Aulaire bei Lord Eurzon vorgesehen sei. London , 3. Juli. (MTB.)„Poll Mall Gazeste" zufolge ist für morgen eine Kabinettssitzung anberaumt worden. London , 3. Juli. (WTB.) Der Präsident der Handels- k a m m e r von Manchester , Cläre Lees, sagte in einer Ansprache an die Mitglieder der Handelskammer: Der Weg, auf dem Frank- reich sich befinde, führe zur Zerstörung nicht nur Deutsch- lands, sondern auch Frankreichs , Großbritanniens und Europas . Das letzte deutsche Angebot habe eine neue Lage geschaffen. Deutschland erkläre sich bereit, nach seiner Leistungs- fähigkeit zu zahlen, und biete alles, was es habe, als Bürgschaft an. Es sei nicht einzusehen, warum Frankreich zögern sollte, ein Abkommen auf dieser Grundlage anzustreben. Frankreich müsse begreifen, daß man N'cht zu gleicher Zeit eine Politik der Zer- störung und des Wiederaufbaues verfolgen könne. Wenn Frank- reich es ablehn«, an einer Konferenz teilzunehmen, die eine Lösung bieten solle, dann müßte die Konferenz trotzdem abgehalten ' werden. Die endlose Verzettelung habe die Geduld derer, die, wie die Einwohner Manchesters, unter den Folgen dieser Streitig- leiten zu leiden hätten, nahezu erschöpft. Botschafterbesuche bei Lord Curzon . London . 3. Juli. (WTB.) Das Reutersche Bureau erfährt, daß der belgische Botschafter heute abend eine einstündige Unterredung mit Lord Curzon im Foreign Office gehabt hat. Der Botschafter überreichte keine Rot«, erläutert« aber die bel- gische Auffassung betreffs der Ruhrfroge. Wie verlautet, haben sich bei der Unterredung neue Gesichtspunkt« nicht ergeben. Lord Eurzon setzte in seiner Antwort noch einmal den. britischen Stand- punkt auseinander. Nach Beendigung der Besprechung stattete der französische Botschafter St. Aulaire Lord Curzon einen Besuch ab. Eine vor den eben erwähnten Besprechungen ausgegebene Reuter-Not« besagt, man halt« es für m ö g l i ch, daß die sranzösstche Regierung warten werde, bis die belgische Regierung ihr« Antwort auf den britischen Fragebogen nach London gesandt habe, damit die beiden Antworten gleichzeitig übermittelt werden könnten. Da das Kabinett Theunis sein« Amtsgeschäfte erst heute offiziell aufge- nommen hat, rechnet man mit einer Verzögerung um ein bis zwei Tag«. Von französischer Seit« ist Reuter mitgeteilt worden, der Zweck des Besuchs des französischen Botschafters beim Staatssekretär des Aeußeren sei nicht gewesen, einen bestimmten Plan in mündlicher oder schriftlicher Form zu übermitteln, sondern lediglich die Be- sprechungen fortzusetzen, die bereits stattgefunden hatten. Die in diesen Besprechungen gegebenen Erläuterungen der Auffassung Frankreichs würden dabei erweitert und wiederholt werden. Die Duisburger Explosion in der belgischen Kammer. Thennis' Program, nrcdc. Brüssel . 3. Juli. (Eca.) Zu Beginn der Kammersitzung. die heute nachmittag stattfand, verurteilte der Kammerpräsident und sozialistisch- Abgeordnete Brunei in scharfen Worten das Attentat von D u i s b u r g. Er erklärte, daß dieser Akt die E n t r ü st u r. g des ganzen Landes hervorgerufen habe durch die Roheit und diä Feigheit, mit der er vollführt worden fei. Brunei fügte hinzu, die Kammer schließe sich dieser Entrüstung des Landes an. Im Namen der Regierung schloß sich der K r i e g s m i n i st e r dieser Erklärung an. Alsdann betrat Theunis die Tribüne und verlas die Erklärung der neuen Regierung, deren hauptsächlichster Teil folgendermaßen lautet:„Die Regierung in derselben Zusammensetzung wie vorher legt Ihnen das gleich« Programm vor� das nur in den beiden Punkten, zu denen wir Ihnen vor der letzten Kabinettsbildung keine Vorschläge unterbreitet hatten(Genter Universität und vierzehnmonatige Dienst- zeit. Red. d.„V."), ergänzt worden ist. Dies« beiden Fragen interessieren aber das ganze Land, sie beschäftigen leidenschaftlich die öffentliche Meinung und es ist unbedingt notwendig, daß sie un- verzüglich gelöst werden. Die Beklemmung, die durch sie entstanden ist, muß beseitigt und die Gemüter beruhigt werden." Theunis wendet sich alsdann der auswärtigen Politik zu. Nach außen, so er- klärte er, erhalten wir unsere wertvollen Freundschaften aufrecht und sind mit Anspannung aller Kräfte bemüht, die Reparationszahlungen, die man uns schuldet, zu erhalten. Diese Politik, die noch kürzlich von dem Parlament bei Gelegenheit der Abstimmung über das auswärtige Budget gutgeheißen wurde, ist bestrebt, den Bersailler Vertrag zur Durchführung zu bringen. Wir beabsichtigen, wie schon in der Vergangenheit, in diesem Punkte ebenso den Beweis großer Festigkeit wie auch großer Mäßigung abzugeben, sobald es sich um die Verteidigung der Rechts und der Interessen Belgiens handelt. Die Regierung wird die größte Energie aufwenden, um V e r g e l tu n g zu erhalten für das scheußliche Ver- brechen, dem mehrere unserer Soldaten zum Opfer gefallen sind, und das die Entrüstung der zivilisierten Welt entfesselt hat. (Auch wir teilen diese Entrüstung—. vorausgesetzt, daß es sich wirtlich um ein Attentat handelt— durchaus, zumal solche Taten aur unschuldige Werkzeuge einer verblendeten Gewaltpolitik treffen. Aber die„zivilisierte Welt" wird darüber nicht vergessen dürfen, sich über die Verbrechen und Gewalttaten zu entrüsten, die von den widerrechtlich ins Ruhrgebiet eingedrungenen sranzösi- schen und belgischen Besatzungstruppen seit nahezu sechs Monaten verübt werden, ohne daß in Belgien , außer den Sozialisten, irgend jemand die Stimme dagegen erhebt. Red. d.„V.".) Hinsichtlich der Reparationen, die wir notwendig haben, die uns versprochen wurden, die man uns schuldet, und deren Rechtmäßigkeit von den Alliierten wie auch von den Deutschen anerkannt wird, wird die Regierung durch die Hartnäckigkeit ihre» Schuldners gezwungen, zu Zwangsmaßnahmen zu greifen. Um diesen Schuldner zur Ausführung seiner Verpflichtungen zu bringen, wird die Regierung ihre Politik aufrechterhalten, bis unser Land Genug- tuung erhalten hat. Sie wird ihre Anstrengungen fortsetzen, um unter den Alliierten ein Einverständnis zu erzielen, das die endgültige Lösung dieser für das Land lebenswichtigen Frage be- schleunigen kann. Gleichzeitig hat der Senat für die belgischen Opfer des Duis- burger Attentates eine Sympathiekundgebung veranstaltet und eben- falls die Verlesung der Regierungserklärung angehört. Der Ehrhardtprozeß. Der Staatsgerichishof Hat. wie amtlich gemeldet wird, den Termin für den Prozeß gegen, Ehrhardt end- gültig auf den 23. Juli festgesetzt.<