nären Kräfte maßgebend sind, die zurzeit den Schlageter- Rummel inszenieren und auf die Gräber Erzbergers, Rathe- naus und Eisners ihren Geifer speien. Deutschland kann heute nicht mehr nach den Methoden des schmählich verkrach- len wilhelminischen Systems— man denke an die Haager Konferenzen— Politik treiben. Der jetzige Zeitpunkt ist zum Eintritt in den Völkerbund aber vor allem deswegen geeignet, weil Deutschland durch seinen gewaltlosen Widerstand gegen den stärksten Militarismus der Welt sich in der Welt Sympathien er- worden hat. Das so erworbene moralische Plus Deutschlands würde noch vergrößert werden, wenn die Regierung un- zweideutiger von allen jenen verbrecherischen Dynamithelden abrückte, die die Moral der Bevölkerung des alt- und neubesetzten Gebietes immer mehr zermürben. Wird Deutschland bei einem Aufnahmegesuch Schwierig- keiten finden? Sicherlich würde das offizielle Frankreich , so- lange der zum Staatsmann verdorbene Jurist Poincart- dort niaßgedend ist, Schwierigkeiten zu machen versuchen. Durch Vorfühlung müßte deshalb festgestellt werden, ob Frankreichs Position tatsächlich so stark ist, daß es Deutsch - lands Aufnahme durch Stellung von unwürdigen Zumutun- gen sabotieren kann. Dieser Fall darf nicht eintreten, weil sonst die Propaganda der Idee des Völkerbundes und außer- dem die demokratische Republik selbst aufs schwerste geschädigt würden. Sicher ist, daß Frankreich nicht der Völker- bund ist. Bereits in der Septembertagung des Völkerbundes von 1922 sagte der Schweizer M o t t a:„Ich hatte gehofft, daß dieses große besiegte Land in diesem Jahr zu uns kom- men würde, und ich bin sicher, daß es eine einstimmige Auf- nähme bei uns gefunden hätte." Das mag etwas optimistisch gewesen sein. Solche Ausfassung ignorieren heißt aber nichts anderes, als der französischen Politik in die Hände arbeiten. Ebensowenig wie Deutschlands Aufnahme von Bedin- gungen abhängig gemacht werden darf, soll es selbst Bedin- gungen stellen. Jedes Verhandeln über formulierte Bedin- gungen hieße im übrigen bei der Schwerfälligkeit des diplo- »ratischen Apparates die Aufnahme mindestens in das nächste Jahr hineinvertagen. Dabei ist es ganz selbstverständlich, daß, wie die Resolution des Augsburger sozialdemokratischen Parteitages sagt, Deutschland eine der Bedeutung der deut- schen Wirtschaft und Kultur angemessene Stellung im Völker- bund gesichert sein muß. Anhänger des Völkerbundes sind auch inkBlrisland hierüber nicht im Zweifel. Ohne daß Deutschlimd die Zuweisung eines Sitzes im Völkerbundsrat zur Bedingung macht, müßte ihm«in solcher zugebilligt wer- den. Die Möglichkeit, Deutschland zunächst durch Wahl in den Rat aufzunehmen, ist gegeben, solange das Statut ihm dieses Recht nicht ohne weiteres einräumt. Die Anhänger des Völkerbundes im Ausland haben alles Interesse, festzustellen, daß der Völkerbund nicht mehr n u r ein Werkzeug der Sieger- staaten ist. Das wird am besten durch die Ausnahme Deutsch - iands als gleichberechtigtes Mitglied erwiesen. Umgekehrt scheint mir das Bedenken hinfällig, daß Deutschland im Völkerbundsrat durch Verhinderung einstimmiger Beschlüsse das Werk des Völkerbundes sabotieren könne. Das deutsche Volk hat seiner ganzen wirtschaftlichen und politischen Lage nach alles Interesse daran, mit den anderen Völkern am Aufbau Europas zu arbeiten. Mit Recht beklagt sich die deutsche Regierung darüber, daß sie bei der Erledigung großer, das europäische Interesse beherrschender Fragen vom Verhandlungstisch ausgeschlossen sei. Sobald Deutschland Mitglied des Völkerbundes ist, ist es in allen Fragen, die dem Völterblind überwiesen werden, Verhand- lungspartner. Dazu kommt noch eins. Die englifch-franzöfische Spannung hemmt die Lösung der Rcparotionsfrage und hindert die Liquidierung des Ruhrkonflikts. Es ist anzunehmen, daß zum mindesten Teilsragen dieser Probleme dem Völker- bund zur Lösung überwiesen werden. Wer glaubt, daß solche Lösungen für Deutschland leichter zu tragen sein werden, wenn dh deutsche Regierung nur durch Noten, Interviews und
Protestaktionen mitarbeitet? Für selbstverständlich halte ich es dabei, daß der durch den Versailler Vertrag eingesetzte Völkerbund bei der eventuellen Uebertragung von Entschei- düngen in keinem Fall zuungunsten des militärisch geschlage- nen, entwaffneten Deutschland über den Versailler Vertrag hinaus Entscheidungen treffen könnte. So gibt z. B. zur Ein- führung einer Lölkerbundsgendarmerie und zur Lösung der rheinischen Eisenbahnen aus dem deutschen Eisenbahnnetz der Versailler Vertrag keinerlei Recht. Das Selbstbesiimmungs- recht der Deutschen muß gerade vom Völkerbund in jeder Weise geachtet werden. Im Innern werden gewiß alle Gewaltpolitiker schreien, wenn Deutschland um Aufnahme in den Völkerbund nachsuchen würde. Aber das nutzt uns nach außen, wenn der Eintritt trotzdem erfolgt. Die Kreise, die sonst besonders laut die Not- wendigkeit der Revision des Versailler Ver- trag es predigen, müssen allmählich begreifen, daß wir zu einer Revision des Vertrages überhaupt nur im Völker- bund kommen werden. Wenn aber jemals eine deutsche Re- gierung mit Gewalt die Revision des Vertrages durchzusetzen versuchte, so würde sie die ganze Welt genau so gegen sich haben wie das wilhelminische Deutschland von 1914 bis 1918. Rückhaltlose Mitarbeit Deutschlands im Völkerbund würde endlich zu einer Entspannung der gesamten europäischen Atmosphäre führen müssen und damit auch allmählich die Ge- waltpolitiker in Deutschland trockenlegen. Deshalb sollte aus Gründen der inneren und äußeren Politik Deutschlands Aufnahme in den Völkerbund nacki einer schleunigst durchgeführten Vorfühlung noch vor der Herbst- tagung rechtzeitig beantragt werden. Es scheint aus- nahmsweise diesmal für die deutsche Politik noch nicht zu spät zu sein. Gewiß ist mit der Aufnahme Deutsch - lands der Völkerbund nock, nicht weltumspannend. Von großen Mächten würden die Vereinigten Staaten von Amerika und auch Rußland nach fehlen. Würde Deutschland im Völkerbund gleichberechtigt behandelt werden, so würde das die Agitation der Anhänger des Völkerbundes in den Ver- einigten Staaten stark fördern und Amerika eintrittsreif machen. Und selbst die Russen werden eines Tages einsehen müssen, daß sie ihre Isolierung nicht gerade vorwärts bringt.
Die unvollkommene Denkschrift. Zu dem gestrigen Leitaussatz des Genossen Scheide- mann wird uns von der Reichszentrale für Heimatdienst mitgeteilt: „In der als unvollkommen kritisierten Denkschrift über die Re- parationsfrage handelt es sich um«ine Zusammenstellung von Material, das vorwiegend als Unterlage für die Behandlung der Rcparationsfrage und ihren Einfluß auf den Währungsver- fall bestimmt ist. Deshalb war wohl die kalendarische Feststellung notwendig, daß das deutsche Waffenstillstandsangebot sich auf die Versprechungen Wilsons, zuletzt noch in seiner Rede in New Bork vom 27. September 1918, stützte, aber es entfiel die fach- liche Notwendigkeit der kalendarischen Behandlung einer Inner- politischen Frage, die mit dem Rcparationsproblem unter außen- politischen Gesichtspunkten nur lose zusammenhängt. Ihre Einbe- ziehung würde den Rahmen einer derartigen auch schon aus räum- liehen Gründen auf engste Zusammenfassung abgestellten Arbeit ge- sprengt und daher deren Zweck widersprochen haben." Das ändert natürlich nicht das geringst« an der Tatsache, daß die ergänzenden Feststellungen des Genossen Scheidemann höchst zweckmäßig und z e i t g e m ä ß'find. Die Zentrale für Heimatdienst würde sich ein großes Verdienst um die Aufklärung des deutschen Volkes erwerben, wenn sie dabei behilflich fein wollte, auch diesen Feststellungen möglichst weite Verbreitung zu verschaffen._ Genosse Müller-Brandenburg wurde im Einvernehmen mit der Reichsregierung unter Beilegung der Dienstbezeichnüng Polizei- oberst zum Leiter der Thüringischen Landespolizei emannt.
Der hofzauberkünftler. Von Erna Bus in g. Früher, al» der Zauberkünstler noch jung war, nahm K Hel- 111% den Kampf um dl« Goitächilichkeit auf, jetzt, wo er alt ist, ker»t er nur noch den Kampf um das trockene Brot. Er verlor �i« Zähne, ohne die Möglichkeit zu haben, sie künstlich zu ersetzen, :» kam etwas Müdes über seinen Körper und etwas Abgenütztes !ibir feine Kleidung. Einst verdrehten die Mädchen der besseren Stände nach ihm die Augen, und zwischen Eheleuten gab'» Eifer- suchtsszenin, heute dreht sich höchstens eine Nachtviole mit Stockei- schuhen noch mal nach ihm um,— weil man nie wissen kann, ob solch' alter Daddy nicht Geld hat und womöglich bei ihm die Liebe noch als Hauptwort gilt. Schwer trägt der Zauberkünstler, an seinem Los und viel Bitterkeit lmllt sich in ihm zusammen gegen die neu« Zeih Ist das Glück ihm hold, dann tritt er wohl mal in einem Vorstadtkino auf, das Bühnenschau hat. Wenn fein Name durch die Scheinwerfer auf dem Samtoorhang erscheint, hat der Zauber- kllnstler das Bewußtsein einer guten Tat. Es ist doch auch wirk- lich zu nett von ihm, daß er jetzt vor diesen„Leuten" spielt. Er ist davon überzeugt, etwas für die Voltsbildung zu tun. Er versteht sich aus feierlichen Klimbim. Zwei dicke Wachs- kerzen in schweren silbernen Leuchtern stehen aus einem init roter Plüschdecke behnngcnem Tisch. Der Schein des Kerzenlichts fällt auf das groß« golden« Monogramm, das protzig in die Samtdecke gestickt ist.(Das ist so die Aufmachung halb nach wilhelminischer Ueberhebiichkeit, halb nach Kirchenglauben. In ähnlichen Fällen ivill inan für'g erste Propaganda machen und den letzteren miß- brauchen.) Ein paar Sekunden läßt er aus sich warten, damit er die Spannung steigert. Dann tritt er an die Rampe, oerbeugt sich und erzählt rode- brechend<all« Sterne In der Artistenwelt sind Ausländer), daß er nicht zaubern könne. Wenn er das könnt«, wären alle Zuschauer stug, in der glorreichen Vergangenheit. Aber auf die Geschicklichkeit seiner Hände sei unbedingt Verlaß. Die habe schon Sein« Majestät Kaiser Wilhelm I. bestaunt. Er sei darum auch Hofzauberkünstler geworden. Jetzt in der Republik habe er auch noch mit dem Hofe zu tun, denn er wohn!« nun selbst auf einem Hofe, in einem elenden Hinterhaus. Dann beginnt er mit feinen Künsten. DI« Kapelle spielt«in Äemisch von Ave Maria und Shimmy und der Kapellmeister arbeitet mit Dirigiergesten wie ein Neutöner aus Chicago . Der Zauberkünstler ist zitterig und läßt oft etwas fallen, was ungesehen verschwinden soll. Er ist eben alt und verbraucht. Doch stellt er das nicht entschuldigend in den Vordergrund, fondern ein paar deutlich überhebliche Gesten sagen: Für euch ist's gut genug! Das Publikum klatscht Beifall. Ein kleiner Teil aus Güte und dem Bedürfnis nach eigener Beruhigung. Man weiß ja nie,
wie's einem selbst mal gehen kann. Und das ehrliche Mitleid für andere und da» Vorschußmitleid für sich selbst sind oft ganz lobens- wert. Aber der größte Teil applaudiert zum Dank für die gütige Herablassung des Herrn Hofkünstlers und beweist damit, daß ge- wisse Leute auch ohne Hexerei noch immer in der glorreichen Ver- gangenheit stecken.
Au» dem Bühnenverein ausgeschlossen ist der Theaterdirettor Victor Barnowfky. Sein Vergehen bestand darin, daß er beim letzten Berliner Schauspielerstreik sich gleich am ersten Tage bereit erklärt hatte, mit seinen Schauspielern zu ver- handeln, und daß er vor Beilegung des Streiks aus dem Verband der Berliner Bühnenleiter ausgetreten war.„Ich kann nur mit Schauspielern arbeiten, denen es gut gebt"— hatte er damals gejagt. Solche ketzerischen Ansichten werden im Kreise der Berliner Theatergewaltigen nicht geduldet, und daher wurde sein Ausschluß beantragt und beschlossen. Herr Barnowsky wird sein Schicksal zu ertragen wissen, denn feit das strenge Kartell zwischen der Direktoren- und der Schauspielerorganisation nicht mehr besteht, hat ein Ausschluß aus der elfteren keinerlei peinliche Kon- sequenzen mehr. hermoau Bahr begeht heut« seinen LO. Geburtstag. Der Mehrzahl unserer Leset wird er als Verfasser unterhaltender und geistreicher Lufsspiele bekannt sein, einige ältere Genossen«rinnern sich vielleicht auch der politischen Streitschrist, mit der er im Jahre 1886 an die Oeffentlichkeit trat. Damals machte eine Broschüre Schäfsles„Die Aussichtslosigkeit der Sozialdemokratie" viel von sich reden, und der drelundzwanzlgjährige Hermann Bahr schrieb darauf eine schneidige Entgegnung, die den schönen Titel führte: .,Di« Einsichtslofig�eit des Hertn Echäffle." In- dessen hielt es ihn nicht lange im Lager des Sozialismus, er„über- wand' ihn bald, nannte sich erst„Europäer ", dann„Japaner" und landete schließlich in der düsteren Sphäre eine» katholischen Myfti- zismus. Das„Ueberwindcn" ist überhaupt Bahre stärkste Seite: als Kunfttheoretiker bekehrte er sich früh vom Naturalismus zum Symbolismus, vom Symbolismus zum Neuklassizismus, und ai» der Expressionismus aufkam, war er einer der Ersten, der das Wesen der geheimnisvollen neuen Kunst in einem kleinen Buche volkstümlich darzustellen versuchte. Er hatte keine klare Vorstellung von der Sache, ober das Buch war amüsant zu lesen und es Hai mehrere Auflagen erlebt. Im allgemeinen, kann man sagen, ist Vahrs Name mehr in Litcratenkrciftn als im großen Publikum bekannt. Manchen talentvollen jungen Schriftsteller hat er entdeckt und ihn' durch energische Reklame den Weg zum Ruhm gebahnt. Sein« eigene Produktion leidet vor allem darunter, daß er al» Dichter gelten will, aber doch nur ei» bessere? Unterhaltungs- fchrsststeller ist. Dramatisierte Dekrete und Resolutionen. Die Moskauer „Prawda" bringt von neuem die bereits wiederholt in der Sowfer- presse ausgesprochene Forderung nach einem wahrhaft ,.revo- liitionären Theatcrrepertoire" zur Sprache. Die bis- herigen Versuche auf diesem Gebiete hätten nur lheuchlertsch«,„pjeubo- revolutionäre" Mackwerke gezeitigt. Es fei höchst« Zeit, den klein- bürgerlichen Milieustücken mit ihrer überwundenen Moral den
Iuüen unö Jesuiten im Dunöe. Gegen völkische Nnschuldeugel. Die Tatsache, daß die Stadt Münster unserer von völkischen Sprengbanden zerstörten Parteidruckerci einen Borschuß auf die zu beanspruchende Entschädigung ausgezahlt hat, wird von der „Westf. Landeszeitung" dahin ausgedeutet, daß die klerikale Stadt- Verwaltung dadurch Eigentümerin des sozialdemokratischen Blattes geworden und für dessen Politik verantwortlich sei. Die»Mccklen- burger Warte" schließt sich dieser scharfsinnigen Schlußfolgerung on und bemerkt dazu:„Die schwarze und die rote Internationale sind einig und verbündet zum Untergang Deutschlands ." Nun nimmt auch die„Germania " zu dieser Angelegenheit das Wort, um zu bemerken: Nachdem nunmehr mit der Mecklenburger Tranlampe in das münsterische Dunkel hineingeleuchtet worden ist, liegen die Dinge ziemlich klar: Di« Juden haben— mit Eino er- stündnis der Jesuiten — die Druckerei in die Luft gesprengt und die die Stadt Münster beherrschenden Jesuiten bewilligen— mit Einverständnis der Juden— einen Kredit zur Wiedererrichtung der Druckerei. Wir müssen zugeben, daß das münsterische Geld— trotz Tumultschädengesetz und ähnlicher jesuitischer Bestimmungen, die die Allgemeinheit" zur Schadenersatzleistung völkischer Bübereien ver- pflichten— schlecht verwendet worden ist. Man hätte es für den Bau einer Kaltwasserheilanstalt in M eck len. bürg bestimmen und durch liberal zu erteilende Freiplätze dafür sorgen sollen, daß die beklagenswerten Opfer der Iulibitze sich an weniger gefährlichen Orten austoben können als in den Spalten völkischer Organe. Mit diesem Vorschlag sind wir einverstanden. Wir bitten nur, einige Plätze auch für kommunistisch« Redakteure fteizu- halten, die gleichfalls mit dieser Geschichte hausieren gehen.
Das Cnüe einer Lüge. Neues Verfahren gegen die„Rote Ffahne". Das Polizeipräsidium teilt mit: Die„Rote Fahne " hat in den letzten Tagen wiederholt behauptet, die Abteilung la. des Polizeipräsidiums wisse, daß der in Münster ansässige Hauptmann Pfeffer das Gebäude der sozialdemokratischen Zeitung„Volts- wille" in die Luft gesprengt habe. Beamte der Abteilung la hätten Hauptmann Pfeffer verhaften wollen, seien aber vor Pfeffer schleu- nigst„au s g e kn i f f« n", da Pfeffer mit feinem Selbstschutz ge- droht habe. An diesen Behauptungen ist selbstverständlich kein wahres Wort. Der Polizeipräsident von Berlin hat gegen den verantwortlichen Redakteur der„Roten Fahne" Strafantrag wegen Beleidigung gestellt. Bemerkenswert ist übrigens, daß die„Rote Fahne" neuerdings wieder zu ihrer ftüheren Praxis zurückkehrt, als verantwortlichen Redakteur einen Ab- geordneten zeichnen zu lasse", dessen Immunität die Strafver- folgung erschwert._
Eine französische Tenöenzmelöung. Französische und franzosenfreniidliche englische Blätter folvis die„Deulsche Allgemeine Zeitung" ver öffentlichen die Nachricht, daß die Essener Polizei fünf Deulsche an die Franzosen ausgelieferr habe, die sie beim Durchschneiden französischer Fernsprechleilungen abgefaßt hatte. Di« Meldung stimmt in dieser Forni nicht. Wie wir an zuständiger Stelle erfahren, hat die Essener Polizei aller- ding« fünf Deutsche in lintersuchungZhaft genommen. Die Fran- zosen drangen mit Gewalt in da« Gefängnisgebäude ein, zertrümmerten die Sidlösser und nabmcu die Unlersuchungs- -gefangenen mit. Eine Rote über diesen Vorfall ist in Paris über- reicht worden.
Eejchästsmmifterium in(dlüenburg. Oldenburg . 13. Juli. (TU.) Nachdem die Versuche zu einer Regierungsbildung in Oldenburg gestern mißglückt waren, kam es heute vormittag bei der Abstimmung zur Wiederwahl des Beamtenministeriums von( Fingh mit den Ministern Weber und Seiin. Es wurden ISsifreiße Zettel abgegeben.
Garaus zu machen und zu den„neuen Methoden der Theaterarbeit im Rahmen des Marxismus " überzugehen. Bei der Schaffung dieser neuen Dramatik müßte das Originaimaterial Dcrwendung finden, welches das tägliche Leben des Sowjetbürgers bestimmt, und zwar die Sowjetdekrete, die Nesolutionen, Berord- nungen, die Zeitungen, Zeitschriften und dergleichen. Das Hauptrepcrtoire- Komitee hat, wie der Oft- Expreß meldet, soeben eine 500 Theaterstücke umfassende Liste fertiggestellt, die an die Bühnen als Richtschnur bei Zusammen- stellung des Spielplanes versandt wird. Die i» der Lifte enthaltenen Stück« zerfallen in 3 Gruppen: I. unbedingt erlaubte, 2. für Ar- heiter- und Bauernbi'chnen, d. i. Volkshäuser, Rotormiftenklubs usw. verboten« und 3. überhaupt verbotene. Daß manche Dekrete der Sowjetrcgierung einen wirksamen Operettenstosf abgeben können, ist nicht zu bezweifeln. Es fragt sich nur, ob dramatische Talente vorhanden sind, die den zur Be- arbeitung nötigen Galgenhumor und die ebenso nötig«— Courage besitzen. Wie schnell spricht«in Redner? Daß die Sprechweise der Redner sehr verschieden ist, weiß jedermann, aber nur die allerwenigsten vermöchten nach Anhören eines Vortrages auch nur schätzungsweise zu sagen, wieviel Silben der Redner in der Minute gesprochen hat. Als Herr W. H. Riehl einmal einen Vortrag halten wollte, trat ihm ein Stenograph in den Weg und fragte ihn, ob er den Vortrag stenographieren dürfe. Riehl antwortet« ihm, er möge steno- graphieren soviel er wolle, aber wenn er seine Niederschrift ab- drucken lasse, so werde er ihn gerichtlich verfolgen. Der Stenograph versicherte ihm, dies sei nicht seine Absicht: ihn locke lediglich ein stattstischeo Problem. Riehl begann nun zu reden, während der Stenograph eine Uhr neben sich legte und fleißig nachschrieb. Bald nach dem Schluß des Vortrags kam der Stenograph wieder zu Riehl , zeigte ihm fein Manuskript, dem eine kleine Berechnung beigefügt war und sagte:„Ihr Vortrag dauerte eine Stunde und acht Mi- nuten: Sie haben 8296 Silben gesprochen. Sie sprechen von großem Gleschmaß und verschwindend Neinen Pausen: Sie sprechen 122 Silben in der Minut e." Er zeigte ibm dann eine Tabelle, auf der er bereit, viele Redner in gleicher Weise statistisch erfaßt hatte. Parlamentarier stiegen im Feuer de» Kampfes bis zu 200. ja 240 Silben in der Minute. Einige Kanzelredner hatten nur 100 geliefert, ein Nachmittagsprediger von be- sonders salbungsvollem Vortrag ergab sogar nur öS tKlben. Als Riehl den Stenographen fragte, ob er etwa aus langsamem Zeitmaß auf Gedankentiefe schlösse, erhielt er zur Antwort:„Nein, denn mancher spricht mit langsamem Nachdruck, weil er die. tiefstenGedanken, undeinanderermitnochviel langsamerem, weil er gar keine Gedanken hat." Die Schlüsselzahl des Buchhandel» ist vom IS. Lull-S auf IS öOO festgesetzt worden. TaS Ttlsttcr Stadttheoter wird dcnuiAchst endgültig in städtische Regie übernommen werden. Zum Lntendantcn wurde Direktor Großkops gewählk. Eine Spende de» Papste » für deutsche Studente». Der Papst hat der Wirts chastSbilse der Deutschen Studeutenschatt durch Vermittlung de» Kölner Erzbischos« 100000 Lire überwiesen.