Einzelbild herunterladen
 

bcs Staates eine ungeheurer schwierige Sache ist, bei der es wenig zu improvisieren gibt." Zusammenfassend kann man sagen, daß Mussolini für das Gesetz als Ganzes die Vertrauensfrage gestellt hat, aber in Einzelheiten bereit ist, mit sich handeln zu lassen. Den Begriff der Freiheit als ideelles Gut hat er abgelehnt, unter Hinweis auf die Not und den Mangel an materiellen Gütern. Und in diesen: Sinne hat er den Arbeiterorganisationen Avancen gemacht, in der Zuversicht, bei ihnen Verständnis für die Auffassung zu finden: was braucht ihr Frei- heit, wenn ihr Brot habt. Und da die Gewerk- schaftsbemegung als Großes Ganzes die Anpassung an das Atatcrielle, an die Wirklichkeit darstellt, im Gegensatz zum Sozialismus, der ideelle, auf die Zukunft gerichtete Ziele hat, ist die von Mussolini gebotene Hand gleich von dem Ver- treter der Generalkonsöderation der Arbeit, dem Abgeordneten r a g o n a angenommen worden, indem er erklärte, als Sozialist stimme er gegen das Wahlgesetz, ohne aber damit die von ihm vertretene Gewerkschaftsbewegung binden zu wollon. Heute spricht man gar von dem Eintritt des Ein- heitssozialiften E o l o m b i n o, eines Führers der Metall- arbeiter, in das neue Ministerium der Volkswirtschaft. Der Grundton der Rede Mussolinis war sehr vermittelnd, im Gegensatz zu den beständigen Drohungen neuer Gepalttaten, zu denen sich die faschistische Presse hinreißen läßt. Ungeachtet seiner parlamentarischen Nachgiebigkeit geht der Faschismus aber seinen Zielen unbeirrt nach. So ist die Abschaffung der Erbschaftssteuer in gerader Linie und unter Eheleuten beschlossen worden, unter anderm als Mittel zur Festigung der Familien und in zweiter Linie, weil die Steuer mehr den unbeweglichen als den schwer fest- stellbaren beweglichen Besitz trifft. Der Ausfall wird auf 20l) Millionen im Jahre geschätzt. Gleichzeitig werden die Avancen dem Vatikan gegenüber sortgesetzt. Mussolini soll gesagt haben, er werde das Kruzifix auch in der Aula des Parlaments anbringen lassen. Am vorigen Sonntag haben die Faschisten in Florenz die Sitze von vier katholischen Der- einen verwüstet und geplündert; Mussolini hat darauf an einem der Führer der Katholiken von Florenz das folgende Telegramm gerichtet:Nicht Faschisten, sondern nur zwei- deutige Elemente des alten Antiklerikalismus können es fein, die die katholischen Vereine verwüstet haben; ich habe ihre Jdenitfizierung angeordnet, sowie sofortige Verhaftung. Der Faschismus hat zu viele Leweise seiner tiefen Verehrung für den katholischen Glauben geliefert, als daß feine Fahne durch solche zu mißbilligende Handlungen befleckt werden könnte". Im Pontedera ist das Voltshaus mit dem dazu gehörenden Theater und Restaurant verwüstet worden, in Pisa die Lokale des republikanischen Vereins und die eines katholischen Verbandes. Faschisten in Lastautos haben in Monza die Sitze der klerikalen Organisationen und die Druckerei des klerikalen Blattes zerstört; der Schaden wird auf 300 000 Lire geschätzt. In Albiate war der Material- schaden einer gleichen Expedition gering aber eine Frau erhielt eine Schußwunde am Kopf. Daß die faschistische Regierung auch in der Form von Ausführungsbestimmungen ein Ausnahmegesetz ge- gen die Presse plant, ist im Ausland« schon bekannt. Das Älbertinische Pressegesetz vom Jahre 1848, das die Preß- freiheit sanktionierte, wird heute durch ein bisher nicht er- lasfenes Rsfllement vervollständigt und aufgehoben. Die schon vom Ministerrat angenommenen Ausführungsbestim- mungen setzen fest, daß als verantwortlicher Redakteur nur der Chefredakteur oder ein tatsächlicher Redakteur zeichnen kann; er darf nicht zweimal wegen Prehvergehen vorbestraft sein und kann weder Mitglied der Kammer noch des Senats sein. dem Präfekten(höchsten Regierungsvertreter der Provinz) steht es zu, Zeitungen zu verwarnen, die a) durch falsche und tendenziöse Nachrichten das Ansehen des Landes im Auslande herabsetzen oder irgendwie die öffent- liche Ordnung im Lande stören; d) zu Gewalttaten, Wider- stand gegen die Staatsgewalt, Disziplinlosigkeit der Angehöri- gen der öffentlichen Betriebe aufreizen oder das Vaterland,

Znaim . Bon Richard Bernstein. Wenn man von Wien nach Tetschen-Dresden-Berlin fuhr, ehe­mals in sagenhaften Vorkriegszeiten, so hielt der Schnellzug nach zwei Stunden eine Minute in Znaim . Heute liegt jene Grenz­prozedur dazwischen, die man ISIS/20 in Wien dieHölle von Lundenburg" nannte. Damals stieg man in Znaim natürlich nicht aus, sondern taufte höchstens vom Fenster aus ein Paar Würstel oder, wenn es Sommer war, auch ein« Gurte wie etwa in Lübbenau , wenn man von Berlin gen Görlitz fuhr. Gelegentlich einmal sah ich auf einer Kunstausstellung in Wien ein Bild von Znaim , das wohlig im Grünen an Fluß und Berglehne liegen muß. Znoumo war die tschechische Bezeichnung, amtlich deswegen mitver- wendet, weil Znaim bereits auf dem Gebiet der t. k. Markgrasschaft Mähren , also in einem national gemischten Land lag. Einmal wurde Znaim m der österreichischen Politik berühmt. Es bewarb sich dort nämlich plötzlich ein Deutschnationaler namens Teufel um das Reichs- ratsmandat und der Hauptvorzug, der ihm nachgerühmt wurde und den er selbst in Anzeigen völkischer Blätter hervorhob, das war seine Eigenschaft als erster arischer Gurken Händler. Womit implicite ausgesprochen war, daß die anderen Znaimer Gurkenhändler alles Juden seien. Da» gesegnete Mähren hat noch«ine zweite Stadt mit einer Ernährungsspezialität: das in der Hohenzollerngeschichte un­rühmlich bekannte Olmütz mit seinen berühmten Quargeln, worunter man kleine Stücke jenes im Reisen lausenden Käses zu verstehen hat. den man in Deutschland , j« nachdem, Harzer, Joldleiste, deutschen Käse, Guhgäse(in Sachsen -Thüringen ) usw. heißt. Leider ist aber niemals ein erster arischer Quargelhändler aufgetreten, obwohl die österreichische Politik oft genug sozusagen auf dem Ouargelniveau stand. Olmütz aber heißt auf tschechisch Olomouc und ist neben feiner Quargelmetropolität Sitz eines Fürsterzbischoss, welche Würde da­mals Seine Eminenz der Kardinal Dr. Kohn, also wahrscheinlich kein Arier, bekleidete. Zur Vermeidung aller Folgen sei ober betont, daß man sich in Mähren nicht etwa nur von Gurken und Quargeln nährt. Sagt dos Wiener Volkslied selbst von dem Kroaten, daß er nicht allein« vom Salat lebt, so teilen die Mährer mit den Bewohnern oller katholischen Länder die Sinnenfreude und daher auch das Jnter- esse am Essen, das ihnen nicht lediglich physiologische Notwendigkeit, also kategorischer Imperativ ist. Ein Zustand, wo es nichts zu essen, insbesondere auch keine Mchlspeis gibt, ist für diese Menschen auf die Dauer selbst durch Patriotismus der überdies den Tschechen fehlte nichttragbar" zu machen. Möglicherweise hat die poli- tische und militärische Leitung de« Deutschen Reichs dieses Moment nicht genügend gewürdigt, als sie sich 1V14 entschloß, dem Krieg an der Seite Oesterreich -Ungarns nicht auszuweichen. Ilm aber aus das weltlichere Znaim zurückzukommen, so gab e» in Wien viele Famillen, die die Wäsche zum Waschen in die Landes- zwengsarbeitsanstalt nach Znaim schickten, was sich glatt, billig und

den König und feine Familie, den Papst, die Siaatsreligion, die Institutionen und Organe des Staates und die befreun- deten Mächte beleidigen. Die Verwarnung erfolgt durch einen motivierten Erlaß und nachdem der Präfekt die Meinung einer Kommission gehört hat, der ein Richter, ein Staatsan- wall des Appellationshofcs und ein Vertreter des Preffevsr- bandes angehören. Der Präfekt hat das Recht, den verant- wortlichen Redakteur abzuschaffen und die Ernennung eines neuen abzulehnen, wenn das Blatt im Laufe von zwei Jahren zu Freiheitsstrafen von nicht weniger als sechs Monaten ver- urteilt worden oder im Laufe eines Jahres zweimal verwarnt worden ist. Apellinftanzen: das Ministerium des Innern und gegen Formfehler die 4. Abteilung des Staatsrates. Auf Grund ganz allgemeiner Kriterien kann also ein Vertreter des Ministeriums des Innern über Sein und Nichtsein einer Zei- tung befinden, unter Umgehung der Gerichte, wobei als Appell- instanz nur wieder dasselbe Ministerium des Innern in Frage kommt. Die gesamte Oppositionspiesse ist darin einig, daß die ausgearbeitetenAusführungsbestimmungen" praktisch auf AufhebungderPreßfreiheit.jaaufdie Aufhebung der Funktion der Presse hinauslaufen.

panikartige Markflucht. Die Regierung wartet noch immer. Seit letzten Donnerstag, also an zwei Börsentagen, hat sich der Dollarstand an der Berliner Börse verdoppelt und die schwindelhast« Höhe von 3 5 0 0 0 0 erreicht. Aber selbst dieser Kurs kam wieder nur unter der üblichen Abdroffelung der Nachfrage durch Zuteilungen der Neichsbank zustande. Wäh- rend an der Börse die fremden Zahlungsmittel dauernd in die Höhe getrieben werden, paffen sich Groß- und Kleinhandel dieser Bewegung nicht nur an, sondern suchen sie sogar auf einzelnen Gebieten zu überholen. Das ist insbesondere auf denjenigen Marktgebieten der Fall, deren Preisgestaltung, wie bei Getreide und Metall, vom Dollar abhängig ist und wo im Großhandel der Kurs für die Preisberechnung nicht nach der Berliner Notierung des Dollars, fondern nach der in der Regel höheren des Auslandes angesetzt wird. So erleben wir ein panikartiges Hinaufschnellen der Preise, auf das die Lohnbewegungen sich noch längst nicht in dem erforderlichen Ilmfange eingestellt haben. Denn die Wertbeständigkeit der Löhne ist nur auf einzelnen Gebieten und auch da oft nur als kleine Sicherung gegen die Geldentwertung, noch nicht aber als eine einigermaßen vollkommene Anpassung an das Warenpreisniveau durchgeführt. Daß mit den wertbeständigen Löhnen allein die Siche- rung der Währung nicht erreicht werden kann, ist oft genug dargelegt worden. Wundern aber muß man sich darüber, daß Neichsbank und Reichsregienmg auch jetzt noch nicht zu großzügigen Methoden der Stützung der Mark ge» kommen sind und daß sie sich darauf beschränken, einzelne der früher von der Sozialdemokratie geforderten und damals vom Bürgertum hart bekämpften Maßnahme� durchzuführen, im übrigen aber alles vernachlässigen, was nicht nur von der Sozialdemokratischen Partei und den Gewerkschaften, son- dern auch von einer großen Zahl von Finanzsachverständigen verlangt wird. Jetzt erft berät man über die Goldanleihe. die sich insofern von der Dollaranleihe unterscheidet, daß sie in Papiermark einzuzahlen ist. Diese Art der Goldanleihe ist schon vor etwa einem Jahre auf das entschiedenste gefordert worden. Die neue Verordnung des Reichs- wirtschaftsministers, welche entgegen der Devisenverordnung sogar die Bezahlung mit Devisen im Jnlcmdsgeschäst bis zu einem gewissen, aber praktisch kaum zu begrenzenden Um- fange vorsieht, bedeutet sogar eine Durchlöcherung der- selben Bestimmungen, die das Kabinett Cuno zur Durch- führung der Stützungsaktion erlassen hat. Ueberall Zagen und Schwanken, wo Entschlußtraft und Handeln not- wendig sind. Man scheint sich am grünen Tisch gar keinen Begriff da- von zu machen, in welchem Maße die Not des Voltes gestiegen

ohne Aerger vollzog einschließlich des Wiederkriegens. Ich besitze noch eine Anzahl vom Zahn der Zeit stark benagt« Wäschestück«, die an einem angenähten Leinwondstreifchen mit einer unverwaschbar roten Nummer rot-weiß, die Farben Böhmens ; weh dem, der sie im Krieg zur Schau trug! als ehemalige Pfleglinge der Landes- zwangsarbeitsanftalt Znaim zu erkennen sind. Wenn jetzt die Tschechoslowatenrepublik gegen mich ein Reporationsverfahren auf Herausgabe dieser Leiwandnummern einleitete und ihren Anspruch durch Herrn General-Jngenieur Rollet vollziehen ließe, fo hätte ich das der unausrottbaren Schwatzhaftigkeit zu verdanken, die mich ver- leitet hat, diese ganze Geschichte zu erzählen. Worten wir ab, was geschieht._ Reue Memoiren von Wilhelm Bios. Dieser Tage erscheint in Bergers Literar . Bureau und Verlagsanstalt, Stuttgart , der in sich obgefchlosien« 2. Band des Memoirenwerkes des 74jähri- gen württembergifchen Staatspräsidenten o. D., Genossen Wilhelm Blas:Von der Monarchie zum V o l t s st a a t". Wie bereits der 1. Band zeigte, gibt die Darstel- lung einen tiefen Einblick in die Zeitftrörnungen und in den Aufbau der Reichs- und einer Landesoerfassung, des parlamentarischen Systems und der blutigen Kämpf« gegen die Diktawr. S» bringt das Werk packende dramatische Schilderungen, ernste und humorvolle Aeußerungen über führende Zeitgenossen und Berichte über gcfchicht» lich wichtig« Begebenheiten, wie die Konferenzen der süddeutschen Staaten über ihre Stellung zum Reich, die Reichsregierung und Nationalversammlung in Stuttgart während des Kapp-Putsches u. a. m. Wir werden über das Wert, sobald es erschienen ist, aus- führlicher berichten. Sansessionelle Medizin. In einer Kleinen Anfrage einiger deutschnationaler Abgeordneten wurde darüber Be- schwerde geführt, daß bei der U n i v e rs i t ä t Breslau die Lehr- ftühle für Augenheilkunde und Frauenheilkunde ent- gegen den Vorschlägen der Fakultät mit jüdischen Pro- f« s s o r« n besetzt worden seien. Das Staatsministerium wurde ge- fragt, ob es bereit fei, in Zukunft den Wünschen der Fakultäten mehr Rechnung zu tragen und bei genügendem Angebot vorhandener Kräfte nicht einseitig jüdische Bewerber zu bevorzugen. Auf dies« Anfrage erteilt, wie der Amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, der Minister für Wissenschast, Kunst und Volksbildung folgende Antwort: Das Staatsministerium ist von jeher bereit gewesen, berechtig- ten Wünschen der Fakultäten bei Besetzung der Lehrstühle an den preußischen Unlversi.Zten Rechnung zu trogen. Daneben ist e? Aus- gäbe des Stootsministeriums, Rücksichten, die über örtlich begründete Wünsche der Fakultät hinausgehen, unter Beachtung weitcrgreisender Gesichtspunkte gegebenenfalls Geltung zu verschassc». Es kann des- bald nicht immer damit gerechnet werden, daß die Besetzung von Lehrstühlen in Uebereinstimmung mft den Vorschlägen der Fakultäten erfolgt, so sehr auch das Staatsministerium darauf Wert legt, im Einklang mit den Fakultäten vorzugehen. Abweichungen von den Vorschlägen der Fakultäten haben niemals in einer beab- sichtigten einseitigen Bevorzugung jüdischer Ge- lehrt«? ihren Grund gehabt." Vor einigen Togen wurde au» London gemeldet daß gewiß«

ist. Hemmungslos arbeitet die Nokenpresie welker, panikartig dauert die Flucht aus der Mark an und nach wie vor ver- dienen die Papiermarkschuldner der Reichsbank an wenigen Tagen hundert und mehr Prozent, während immer wachsende Volkskreise nicht mehr wissen, wie sie sich die n o t w e n- digste Nahrung mit dem täglich sinkenden Wert ihres Geldes kaufen sollen. Die Regierung ist, das kann nicht nachdrücklich genug betont werden, in vollem Umfange verantwortlich für die Unterlassungen, die sie sich in der Devifenfrage zuschulden kommen läßt. Wir oerlangen, daß nun endlich Ernst gemacht wird und daß die unzulänglichen Eingriffe der Neichsbank cm Devisenmarkt wirksam unterstützt werden durch eine Devisenbewirtschaftung und durch eine Finanz- und Kreditpolitik des Reiches, welche das Uebel an der Wurzel packt und den Interessenten die Möglichkeit nimmt, sich auf Kosten des Staates und der Allgemeinheit mit Hilfe ihrer Sachwerte zu bereichern. Tie Beratungen über die Goldanleihe. Unter Vorsitz des Reichsfinanzministers Dr. Hermes begannen am Montag im Reichssinanzministerium Verhandlungen über die Ausgabe einer innerdeutschen Goldmarkanleihe, die auf Dollar oder Goidmark lauten und mit Papiermark «ingezatstt werden soll. Bei den Beratungen waren außer dem Reichsfinanzministerium die Neichsbank und verschiedene Groß- banken vertreten. Die Verhandlungen selbst sollen am Dienslag im Rcichsfinanzminifterium, jedoch im kleineren Kreise, fortgesetzt werden. Einzelheiten über die Art der Begebung der Anleihe und ihre Höhe stehen noch nicht fest. Weiter ist die Frage noch ni-ht entschieden, ob die Neichsbank zur Garantieruno der Anleihe Gold zur Verfügung stellen wird. Das Reichsbankdirektorium sträubt sich bekanntlich dagegen. Mit der Goldanleihe, die'auch der Reichswirtschaftsrat zur Entlastung des Devisenbedarfs drin- gend befürwortet hat, soll vor allem für die Besitzer von Panier- mark die Möglichkeit geschaffen werden, ihr Geld we r t b e st ö n- dig anzulegen und gleichzeitig sollen die Sparkassen mit Hilfe der Anleiheschein««ine Deckungsmöglichkeit für Goldkonten erhalten.

Die Empörung im Volke. Entschlieftung der mittelschlesischcn Sozialdemokratie. Breslau . 23. Juli. (Eigener Drahtbericht.) Die mittel» schlesische Sozialdemokratie nahm am Sonntag in einer erweiterten Bezirksvorstandssitzung, an der auch ein Vertreter des Parteivorstandes, ferner der Oberpräsident und eine Anzahl von Abgeordneten teilnahmen, zu den Vorgängen der letzten Tage in Schlesien Stellung. Ein Referat des Landtagsabge- ordneten Genossen S ch o l i ch wandte sich scharf gegen die bürger- liche Reichsregierung, die mit ihrer passiv«» Innenpolitik und Wirt­schaftspolitik die eigentliche Urheberin der Teuerunzsunruhen fei. Einstimmig wurde nach lebhafter Aussprache eine Entschließung an- genommen, die die Hungerpolitik der Reichsregierung für die Tene- rungsunruhen verantwortlich macht und nochmals die dringende Forderung der Soziald<motratie wie folgt zusammenfaßt: Sofortige direkte Verhandlungen mit den Gläubigermächten zur Beendigung des Ruhrabenteuers; Antrag der Reichsrsgierung auf Eintritt Deutschlands in den Völkerbund vor der Herbsttagung; sofortige Mahnahmen zur Eintragung von Goldhypotheken zugunsten des Reiches auf landwirtschaftlichem Grund und Boden von über 100 Morgen, die zur Sicherheitsleistung für die Reparationsforderungen Zu verwenden sind, unter ähnlicher Beteiligung des Reiches an ollen Industrieunternehmungen; wert- beständige Löhne und Steuern; umfassende Siedl: nzc- tätigkeit; Republikanisierung der staatlichen Sicherheitsorgane." Die mittelschlesifche Sozialdemokratie verlangt vom Partei- v o r st a n d und der Reichstagsfraktion, daß sie durch V e r f ch ä r- fung der Opposition gegen die Cuno-Regierung die V«r- antwortung der bürgerlichen Parteien für die ge- genwärtige Lag« klarstellen und jedes gesetzliche, parlamentarische und außerparlamentarische Mittel zur Erreichung der genannten Ziele und zur Entlastung der Dolksmassen vom Druck des Hungers anwenden.

französische und belgische Gesellschaften sich weigerten, den Jnter- nationalen Kongreß für Augenheilkunde zu beschicken, wenn deutsche Gelehrte daran teilnehmen würden. Ueber diese Borniertheit haben sich die deutschnationvlcn Blätter,«benso wie wir, mit Recht lustig g?- macht. Wir gestatten uns nun an die deutschnationalen Abgeord- neten dieKleine Anfrage " zu richten: Jst in der Wissenschaft die konfessionelle Abgrenzung weniger albern. blöde und lächerlich als die national«? Aus Schubert » letztem Lebensjahre. Aus bisher u n v e r- öffentlichten Briefen Bauernfelds an Freunde Schu- berts erzätzlt Fritz Eb«rs folgende charakteristische Anekdote: An einem hellen Ottobertage dem letzten Anno Domini 1827, pil- gerte Franz Schubert in den GasthausgartenZum Bicrfack". Die Sonne lochte noch einmal aus tiefblauem Himmel auf den letzten Tag des Weinmonats hinab. Des Musikers Freunde, der Lustspiel- dichter Eduard Bauernfeld und der Maler Moritz v. S ch w i n d, waren, wie so oft, Teilnehmer dieses Oktaberspaziergangss. Beim Bier aus dem nahen Pötzlcindorf saßen sie bis in die Dämmerung hinein. Schubert blätterte in ShakespearesCymbetin", das Bauernfeld vor sich liegen hatte. Plötzlich rief er, guf das Ge- dicht:HorchausdieSchwalbeimAetherblau" deutend: Mir fällt hierzu eine schöne Melodie ein, hätte ich nur Notenpapier!" Schwind zog nun auf der Rückseite eines Speisezettels ein paar Linien, und im Trubel von Harfenisten, Kegelschiebern und hin- und hereilenden Kellnern schrieb Schubert das reizende Liebchen auf. Auf dem Heimweg sagte Schubert zu Baucrnseld, mit Bezug darauf. daß dieser vor einigen Tagen in den Kreisomtsdienst getreten war: Mit dir geht es aufwärts, ich sehe dich schon als Hofrat und be- rühmten Lustspieldjchter. Aber ich! Was wird aus mir armem Musikanten?! Jckf werde wohl im Alter wie Goethes Harfner on die Türen schleichen und um Brot betteln müssen!"Du bist ein Genie," antwortete ihm Brniernfeld,aber auch ein Narr! Du zweifelst an dir! Bist du gescheit? Wer dem Talent hat, muß das Höchste erreichen. Willst du meinen Rat? Dein Name klingt in aller Munde und jedes deiner Lieder ist ein Ereignis. Du hast die prächtigsten Streichquartette und Trios komponier) der herrlichen Sinfonien gar nickt zu gedenken! Es wagt nur kein Musikvcr- leger sie dir abzukaufen, da das Publikum noch keine Ahnung von der Schönheit und Grazie hat, die in diesen Werken schlummern. So nimm endlich einen Anlauf, bezwinge deine Trägheit, gib in dem nächsten Monat ein Konzert, von deinen Werken natürlich. Ein Konzert! Folge meinem Rot!" Und Schubert , der Zaghafte, faßte den Mut und solgK seines Freunde? Rat. Am 2«. März 1828 iand dieses Konzs't endlich statt. DasStändchen" von Grillparzer , Kiep- ftocksSchlachtqcsang", ein StreickquartetlsaiZ und das lls-Dur-Trio für Klavier, Geige und Violoneell bildeten dos Programm des großen Erfolges. Der Saal war überfüllt. 800 Gulden' betrug der Reingewinn. Leider reichte der Betrag nicht aus, Schuberts schreck- liche materielle Lag« dauernd zu festigen, da der größte Teil dieser Summe zur Deckung der nötigen Verpflichtungen benutzt werden mußte. Das Schlimmste aber, sein immer stärker hervortretendes Kopfleiden, machte ihm mehr und mehr zu schaffen Einige Monate später lag er schon auf dem Sterbebett. t'.c Tchkülsclzabl der VerrZutgusa der«uusibeUeger ist mit Wlrttwg vom 23. IM ani S0 00 jestgejetzt.