Ehrhardts Helferin vor dem Staatsgerichtshof.
Dorf. : Also Sie haben sich das nicht überlegt, wo sein Bild doch an allen-Litfaßsänlen Nebte. Und soll ich Ihnen glauben, daß Sie mit gntem Gewissen dem Untersuchungsrichter sagten, Sie kennten Ehrhordt nicht? Angekl.: Er hatte doch den Namen Ehrhardt abgelegt: Ehrhardt war tot, er war nun ein anderer Mensch. Vors.: Das ist doch Unsinn. Wenn cincr, der ein Verbrechen be* geht,"einen anderen Namen annimmt, so taucht er doch damit nicht unter. Sie wollen uns glauben machen, daß der Name vor Gott und der Welt ausgelöscht war. Ich glaube, Sie sind viel klüger, als Sie tun. Ueber Ehrhardt und sein Wert werden Sie wohl in ruhiger Stunde auch nachgedacht haben. Ich habe es mit Empörung gelesen, wie dieser Mann Sie und Liedig ins Unglück hat stürben lassen. Den Studenten Liedig hat Ehrhardt Ihnen als Vetter vor- gestellt. Es ist unerhört, wie die Herren lügen können. Hat der Untersuchungsrichter Ihnen nicht vorgehalten, daß Ehrhardt bei Ihnen wohne? Angekl.: Nein. Ich hatte mich auch geweigert, einen Eid zu leisten, das war mir unsym- pothisch. Vors.: Das glaube ich auch. Angekl.: Ich bat um einen Zeitaufschub wegen des Eides. Vors.: Erklärlich, um Ausreden zu machen, braucht man Zeit. Sie haben dem Untersuchungsrichter damals wörtlich gesagt: Ich weih nicht, wo Ehrhardt iich aushätt, mit wem er in Verbindung steht. Das sagten Sie von Ihrem Zwangsmieter. Hat Ehrhardt oder Liedig Ihnen diese Lüge suggeriert? In Ihrem Gehirn sind diese Lügen nicht entstanden. Sie standen ia in voller Hörigkeit zu ihm. Hat sich nach der Aussage nichts in Ihrem Gewissen geregt? Angekl.: Vielleicht würt« ich es heute doch anders machen. Vors.: Was wußten Sie vom Eid? Angekl.: Gar nichts. Vors.: Wie, Sie sind doch katholische C h r i st i n und wollen das nicht wissen? Hat Ihnen Ehrhardt nichts darüber gesagt? Angekl.: Ich wollte erst zu einem Geist- lichen gehen. Dann aber sprach ich mit Ehrhardt über der Ver- nehmung. Ich fragte ihn, ob ich ungefragt etwas sagen mühte, daß Eschwege identisch mit Ehrhardt sei. Ehrhardt meinte, das sei nicht nötig. Vors.: So so, das sagt also der Kapitän Ehrhardt. Was sagte er vom Eid? Angekl.: Er sagt«, ich müsse schwören. Dann kam ein Polizeikommissar, der Eschwege zur Vernehmung lud. Vors.: Und dann kam der zweite Kavalier, der Student Liedig. Angekl.: Ich erzählt« Liedig alles und meint«, ich wolle den Eid hinausschieben. Ehrhardt war der Ansicht, ich solle nicht schwören, es mühte erst eine Rechtsauskunft eingeholt werden. (Die Prinzesstn weint auf.) Liedig sollt« sich erkundigen, ob ich sagen müsse, daß Eschweg« gleich Ehrhardt sei. Liedig kam zurück und meinte, das müßte ich nicht unbedingt sagen.— Oberreichs- o n w al t: Vorher hat die Prinzessin nie gesagt, daß Ehrhardt ihr vom Eid abgeraten habe, das isi also völlig neu. Daraufhin wird Ehrhardts Aussage vor dem Untersuchungsrichter verlesen, in der er behauptet, als Sohn eines Straßburger Beamten ins Ausland gegangen, im Krieg« zufällig in Deutschland gewesen zu sein und als Verpflegungsoffizier den Krieg mitgemacht z» haben. Er habe die Prinzessin als Krankenschwester kennengelernt und ihr aus dem Feld« geschrieben. Vors.: Das ist In allen Haupt- und Iiebendlngcn gelogen. Prinzessin, haben Sie in dem Haus, in dem Ehrhardt bei Ihnen wohnte, auch Verwandte empfangen und haben Sie Ehrhardt richtig vorgestellt? Ich habe ihn als Elchwege aus- gegeben. Vors.: Ehrhardt sagte dem Untersuchungsrichter wörtlich: Ich weih seit gestern, daß die Prinzessin Ehrhardt kennt: mir selbst ist«r unbekannt. Während der Vernehmung Ehrhordts haben Sie im.stotel Königehof gewartet. Angekl.: Ich wurde aber in den Iustizpalost geholt. Ehrhardt sagte: Es hat keinen Zweck mehr zu leugnen, ich bin erkannt. Vors.: Sie haben zu Protokoll gegeben, daß Sie nur im Vertrauen zu Ehrhordt so gehandelt hätten und sein Opfer geworden sind. Es wird darauf aus den Protokollen die frühere Aussag« der Prinzessin vorgelesen, in der sie sagt, daß Ehrhardt ihr«ine ungarische Naturalisationsurkund« gezeigt habe, die auf den Namen Hugo v. Eschwege lautet«. Erlzardt habe gesagt: Ehrhardt ist tot, wer gefragt wird, kann ruhig sagen, daß er Ehr- Hardt nicht kenn«. Bor f.: Wie nannten Sie Ehrhardt denn zu.Haus«? Angekl.: Hugo, oder Eschweg«. Beisitzer Wissel: Wenn Ehrhardt für Sie tot war, war seine Familie auch gestorben. Angekl.: Rein. Beisitzer: Also lebte er doch teilweis« für Si«. Angekl.: Ehr- Hardt war stets der Ansicht, die auch von anderen geteilt wurde, daß er wegen des Kapp-Putfches nicht bestraft werden könne. Hierauf wurde Rschksanwaik Schlelein- München als Zeuge vernommen. Er bekundete, daß Liedig zu ihm gekommen sei und erzählt habe, er sei vor dem Untersuchungsrichter vernommen war- den. Cr habe dort bekundet, daß er Ebrhardt nicht kenne, da dieser ja seinen Namen abgelegt Hab«. Auf sein« Frag«, ob das ein« E i d e s v e r l« tz u n g fei, so erklärte der Zeuge, Hab« ich ihn zu- nächst beruhigt und ihm erklärt, c» wäre besser gewesen, er hätte es nicht getan, aber ein direkter Meineid fei es nicht. Hätte ich gewußt, wie die Verhältnisse liegen, so hätte ich ihn aus dos ernsteste gewarnt. Bors.: Prinzessin, Sie sind zu bedauern. Es ist ein Skandal, wie man mit Ihnen verfahncn ist. Zeug«: Di« Prinzessin ist völlig weltfremd. O b« r r« i ch s a n w a l t: Ter Zeug« nimmt wohl ein wenig zu sebr Partei für sie. Zeuge: Nein. Z. B. glaubt« sie, niemand könne sie zwingen,«inen Eid zu leisten. Lzierauf erfolgte die Veruchmung des Reichsgcrichlsrats Dr. Meh über die von ihm in München angestellten Ermittlungen. Diese seien nur, so erklärte er,«in kleiner Ausschnitt in der Sache Kapp und Genossen gewesen. Gewisse Spuren deuteten darauf hin daß Ehrhordt in München weile und daß di<„Deutsch-un�arische Treu» hand-Gesellschaft" ein Werkzeug Ehrhardts sei. Die Nt ü n ch e n c r Polizei stellk; Untersuchungen an, fand aber nichts und be- traut« das Amtsgericht mit der Sache. Dieses wandt« sich an die Neichsanwaltschaft. verfolgt« die Spuren, und lud die Prinzessin Hohenlohe vor. Diese habe ausgesagt, daß sie Ehrhardt in München auf der Straße xetroiien habe, aber nicht wisse wer er sei. Vorher hob« ihm jedcch ein Kaufmann Bruckner erzählt, daß die Prinzessm ibm durch Ehrhardt vorgestellt worden sei. Dr. Metz verlangte vor- sirbl-holber den Eid von der Prinzessin. Sie wollte ihn aber mmt leisten, denn sie glanbt«, Personen ihre? Standes leisteten keinen Eid. Bon Dr. Metz aufgeklärt, bat sie iim Bedenkzeit. Ich stellte, so fuhr Dr. Metz fort, nun nöbere Nachforschungen bei der Munchener Bolizei über die Prinzessin Hodenloh« an und erfuhr zu meiner I.e.xü-ralchuna, daß«in Dr. jur. Hugo von Eschwege dort wohne. Ich war sehr erfreut, denn er mubte wissen, ob Ehrhardt bei der Bnnzeisin verkehrte. Ich ließ d«n Herrn vorladen, ebenso wie die Vrinzessin. Am nücblten Morgen k-'m d'- Prinzessin mit einem Herren. s:ck) es« vorsttllt�. un� bat, bah ich ihn AU�rst i-ernehnien solüs. Ich vornahm jedoch die Prin�ssm zuerst und er- suchte sie, den Eid zu leisten und den Handschuh dabei auszuziehen. Sie soiste. sie wolle teintn rettgiöson Eld leisten. Das frappierte mich sehr stark, denn die Dame ist sehr reli- Vors.: Prln.z«ssin, mtt hat si« über den religiösen und den neuen Eid aufceklart? Angekl.: L>«dig und Ehrhardt: es gibt doch mehrere Eide . Bors.: Es gibt nur einen Eid. Diese seinen Unterschiede sind Ihnen nur von einem anderen Menschen zugc- tragen worden. Warum haben Sie»ich, den religiösen Eid geleistet?, Die Angeklagte sthevetgt.
Zeuge Reichsgenchtsrat Dr. Metz: Sie hat damals den weit- lichen Eid geleiftet. Ich vernahm dann Herrn o. Eschwege , der keine gültigen Papiere besaß und sich raffinierterweise als Auslandsdeulscher bezeichnet«, weil dies« Leute doch meist keine Papiere haben. Er gab an, er sei zu der Prinzessin gezogen, um sie vor Zwangseinquartierung zu schützen. Ich zeigte Eschweg« dann die Photographie Ehrhardts in Uniform und fragte, ob er diesen Mann kenne. Seelenruhig erwiderte Eschwege , er kenne den Viann nicht, er sei auch nie bei der Prinzessin ge- wesen. Diese Aussage beschwor Eschwege . Ich schickt« den Polizeikommissar Heldwein mit Eschwege mit, um sich noc.) dessen andere Legitimationen anzusehen. Kaum war Eschwege fort, da kommt e i n e F r a u und sagt: Der Mann, der eben ravsgeht, ist der Konsul Eichmann . Daß Eichmann mit Ehrhardt identisch war, wußte ich. Weiter hatte der Kommissar keine richtigen Legitimationen gefunden. Deshalb ließ ich den Zeugen Bruckner und F r ä u° lein Hammerschmidt kommen, die Eichmann erkannt hatten, und nun bestellte ich Eschweg« zum zweitenmal, denn Ehrhardt wußte, was für die Prinzessin auf dem Spiel stand, und er mußle kommen. Ich rechnet« damals mit dem Kapitän Ehrhardt, nicht mit dem jetzigen flüchtigen Angeklagten. Eschwege erschien dann auch und ich fragt« kreuz und quer. Eschwege fuhr auf: Was soll die Fragerei? Sie haben hier allerlei Weiber geladen und draußen steht der Schuft Bruckner. Da war es klar. Ich sagte zu Ehrhardt: Sie haben die Prinzessin Hohenlohe ins Unglück gestürzt; ich nehme an, daß Sie die Dame verehren. Er fuhr auf: Das tue ich auch. Ich sagte: Wenn die Prinzessin einen Meineid geleistet hat, kann sie ins Zuchthaus kommen. War es fahrlässig geschehen, so kann si« freikommen. Darauf teilt« Ehrhardt mir mit, wo sich die Prinzessin aufhalte und in wenigen Minuten war sie dann auch da. Ehrhardt rief: Prinzessin, das Spiel ist aus! Das Mädchen hat mich erkannt und der Schuft Bruckner hat mich auch verraten. Sie müssen widerrufen. Die Prinzessin gestand erst nach nach langem Zureden. Die Verhältnisse waren so intim, daß sie gemeinsamen Haushalt führten. Vors.: Welche Stellung hatte denn aber Ebrhardt zu seiner Familie, angesichts dieses Verhältnisses zur Prinzessin? Zeuge Dr. Metz: Ehrhardt erklärte, daß er als entfernter Vetter gegolten habe. Intime Beziehungen zur Prinzessin leugnete er entschieden. Die Prinzessin machte Aussagen, die aus einer be- stimmten Richtung gekommen sein müssen. Ich sagte zu Ehr- Hardt, er hatte den Eid nie zulassen dürfen und er gab zu, daß diese Handlung, aufgebaut auf die fadenscheinige Auskunst eines jungen Menschen, seinGewissenschwerbelast«. Reichs- anwalt Neumann: Hatte der Zeug« den Eindruck, daß der Eid der Prinzessin wissentlich falsch war? Hierauf erfolgt« die Vernehmung des Oberpräsidenlea Roske über die Schuld Ehrhardts am Kapp-Puffch und feine Haltung beim Aufstand. Der Zeuge äußerte sich zuerst über die Bildung des Freikorps im Dezember 1918. Da es an allen Ecken des Reiches brannte, war die Regierung zufrieden, daß sich Leute fanden, die bereit waren, das Vaterland zu schützten. Die For- mationen waren von der Tüchtigkeit der Führer völlig abhängig. Das war kein idealer Zustand, aber die Korps waren notwendig, da bolschewistische Banden einerseits, Banden von Leuten anderer- seits, die die Revolution vorwärts treiben wollten, sich bildeten. Wir mußten einen Grenzschutz bilden und in Bremen , Berlin und Breslau gegen die Elemente ankämpfen, die in offenem Aufruh» gegen die Bolksbeauftrogten standen. So hat der braunschweigische Ministerpräsident Sepp Oerter einig« meiner Telegramm«, in denen ich Wasfentransporte anforderte, im„Staatsonzeiger* unter der Uebcrschrift veröffentlicht:„Total verrückt geworden". Damals kam auch Ehrhardt, ein Mann, der bereit war, für sein Vaterland das Leben in die Schanze zu schlagen, der aber auch anders nicht gewußt hätte, was er hätte tun sollen, wenn er nicht Soldat war. Es kamen damals viel« Offiziere, die es als besonderes Mißtrauensvotum ansahen, wenn man sie ablehnte, aber auch aus rein materiellen Gründen kamen viele Offiziere und Mannschaften zu uns. Bei einer Vefprechung kurz vor llnterzeich. nung des Friedensvertrages in meiner Wohnung mit zahlreichen Truppensührern zeigte es sich, daß viele Ossi ziere der Meinung waren, es gehöre nur eine gute Dosis Draufgängertum dazu, die Welt ru meistern. Diese Ansicht vertrat auch Ehrhardt in einer leidenschaftliclzen. ich möchte fast sagen, erregten Weise. Diese Herren, die da opponierten, stellte ich vor die Frage, ob sie sich fügen, oder den Säbel in die Ecke stellen wollten. Ich habe Ehrhardt sein Betragen dann später nicht noch- getragen, da ich mich durchaus in fein« Seele versetzen und mir vorstellen konnte, daß damals viele vaterländisch fühlende Männer in argen Seelenkonflikt kommen mußten. Ehrhardt selbst war ein außerordentlich suggestiver Mensch. Ich muß sagen, seine Metbode, die Manneszucht in der Trupp« aufrecht zu halten, entsprach durchaus nicht immer unseren kulturellen Anschauungen: aber auf der anderen Seite muß ich doch auch sagen, daß nach vier Iahren Krieg, in einer Zeit sittlichen und moralischen Tiefftande«, seine Art und Weise wohl nicht die schlechteste war, aus Leuten, die iran als ein« ziemlich« Rasselbande ansprechen konnte,«ine schlagkräftig«, wohldisziplinierte Truppe zu machen, die glänzendes geleistet bätt«, wenn ich sie über dh Grenze geschickt hätte. Hätte ich die Brigade damals auffliegen lassen, so würde ich die Zahl der Desperados, die sich schon so umhertrieben, nur vergrößert und die Arbeitelosenzisfer vermehrt haben. Ich habe die Freikorps da- mals beibehalten, weil ich nichts anderes, nichts besseres hatte. Di« Regierung gab mir damals den Auftrag, dafür zu sorgen, daß nicht alles drunter und drüber gehe und deshalb habe ich die Säbel ge- nomiren, wo ich sie eben fand. Was nun die Stimmung der Offiziere damals anbetraf, so lzaben viele von ihnen mit Amerikanern, Eng- landen, oder Italienern znsammengesesien und sie haben aus deren Erzählungen herauszuhören geglavbt, daß die Entente den Abbau des deutschen Ijeeres gar nicht ernsthaft wollt«. Ich stehe nicht an. zu erNären, daß ich selbst damat« alles getan habe, um uns«ine größere Wehrmacht zu erhalten. Das ist jedoch, wie bekannt sein dürfte, nicht möglich gewesen. Don solchen Unterhaltungen mit Ausländern hat sich wohl auch Lüttwitz leiten lasten, der vor allen Dingen darauf bestand, weder Artillerie noch Freiwilligen- formationen abzugeben. In dieser Zeit des allgemeinen Durcheiw- anders tauchte auch die Idee einer Diktatur immer von neuem auf und alle möglichen Leute kamen zu mir und rieten mir. ich solle mich n:m Diktator auffchwingen. Ich erinnere mich, daß ein namhafter General eines Tages wegen der Uebernahme der Diktatur zu mir kam und mir versicherte, die Truppen würden sich für mich in Fetzen hauen lassen. Auch Ehrhardt war ein Anhänger dieser Idee. Ich hatte selbstverständlich«in« solche Desperadopolittt stets ab- gelehnt. Dann kam die Auflösung der Marinebriga- den. Lüttwih hat in dieser Zeit mit mir die Frage einer Diktatur mlndrslcns lechxmal erörtert. Ich habe ihn vorsichtig behandclt. den passenden Moment ab'»warten, um sowohl mit ihm als auch mit Ehrhardt Schluß machen zu können. Damals wurde von den Rechts- Parteien im Parlament und in der Oeffentlichkeit die Forde- rung nach Fachmini st ern erhoben und ich möchte hier be- tonen, daß dl« Offiziere bereit waren und das mir offen versicherten, unter mir gern weiter arbeiten zu wollen. Was nun ErHardt und feine Haltung im Kopp-Putsch anbeirlfft, so ist gar keine Frage, daß er niemals der Uebcrzeugung fti-i tonnte, er handle korrekt, wenn er die Anweisungen des Generals von Lützow befolgte. Ehr- Hardt war durch Herrn v. Gilsa darüber ausgeNärt, daß Lüttwih' zunächst beurlaubt ie! und nicht mehr auf seinen Posten zvräckkehren werde, dich also General o. Lüttwih auch nicht«ehr sei« Vor»»-
! setzter war. Tatsächlich hat Ehrhardt damals Herrn v. Gilsa die ! Versicherung gegeben, daß er die Anweisungen der Regierung, resp. . des Ministeriums streng befolgen werde. So wie ich Ehrhardt damals kannte, glaubte ich, seinen Worten voll trauen zu dürfen. Das Charakterbild Ehrhardts hat sich ja dann in den folgenden Tagen ; kaleidoskpoartig verschoben. Er war ein temperamentvoller, aber 1 bis dahin unbedingt pflichtgetreuer Offizier. Erhardts Vormarsch auf Berlin ist nicht als eine militärische Meuterei zu betrachten, von Soldaten, die schlecht bezahlt oder schlecht verpflegt wurden, sondern sein Unternehmen war rein politisch vnd richtete sich gegen die Reichsregierung. Wenn ich auch zugebe, daß Ehrhardts politische Schulung nur mäßig war, so muß ich doch auch sagen, daß er kein solcher Trottel gewesen ist, der das Kappsche Unternehmen nicht bis ins letzte durchschaut hätte. Vors.: Ist Ihnen bekannt, Herr Oberpräsident, ob Ehrhardt dem General v. Lüttwitz sein Ehrenwort verpf'än- det hatte, ihm bei dem Unternehmen behilflich zu sein? Zeuge: Dos ist sehr wohl möglich. Ich fragte die Generäle o. O ld« r s h'a u s e n und Oven, warum sie E h r h a rd t nach dem Scheitern ihrer Mission in Döberitz als Meuterer nicht einfach wie einen tollen Hund niedergeschossen haben: eine Ant- wort habe ich nicht bekommen. Ehrhardts Unternehmen ist, wenn ich mich so zusammenfassen kann, HochverratinReinkultur gewesen. Oberreichsanwalt Ebermeyer: Herr Oberpräsident. Si« hatten doch den Admiral o. Trotha zu Ehrhardt geschickt und Trotha war doch der unmittelbare Borgesetz te Ehr- Hardts. Weshalb hat er dem Ehrhardt den Bormarsch nicht ein- fach verboten? Zeuge: Das ist mir ebenso unverständlich, wie die Tatsache, daß Herr v. Trotha als Kommandeur dem Untergebenen feine Ankunft vorher telegraphisch anzeigte. Hierauf wurde Hauptmann der Reichswehr Hansen vernommen, der seinerzeit Generalstabsoffizier bei Ehrhardt war. Hauptmann Hansen hat Ehrhardt von dem Putsch abge- raten. Ehrhardt verbot ihm jedoch ausdrücklich, von dem bevor- stehenden Kapp-Putsch etwas bekannt werden zu tasten. Der Zeug« schilderte sehr ausführlich den bekannten Vormarsch der Brigade Ehrhardt nach Berlin , sowie die Tatsache, daß Vertreter der Schutz- pttizei Ehrhardt die Versicherung abgaben, daß die Schupo auf die einmarschierenden Truppen nicht schießen würde. Weiter meldete die Schutzpolizei , daß die Regierung Berlin zu verlasien im Begriff sei. Auf diese Meldung hin sagte General v. Lüttwitz zu Ehrhardt: „Sehen Sie, der Wille eines energischen Mannes ist eben ent- scheidend." Ehrhardt habe dann später bei den Verhandlungen über die Liquidierung des Sapp-llnternehmen» die Amnestie für seine Person abgelehnt. Vors.: Ehrhardt, der doch sicherlich ein willens- starker Mann war, hat offenbar auf Frauen sehr suggestiv gewirkt? Zeug«: Darüber ist mir nichts bekannt. Der nächste Zeuge Hauptmann der Reichswehr Volkmar. der früher Generatstabsoffizier bei Generat v. Lüttwitz gewesen ist. schilderte den Widerstand des Generals v. Lüttwitz gegen die Auf- lösiinq der Freikorps . Ebrhardt habe das Bestreben gehobt, m ö g- lichst viele seiner Leute in das neue Heer zu über- führen. Bei Lüttwitz seien viele ehemalige Offiziere, wie Oberst Bauer,.Hauptmann Pabst usw. ein- und ausgegangen. Auf die Frage des Porsitzenden, ob den Truppenteilen von den vorgesetzten Dienststellen die Beurlaubung L ü t t w i tz's bekannt- gegeben sei, erklärt der Zeuge, daß dies nicht gescheiten wäre. Rur die Führer der einzelnen Wehrkreiskommandos feien darüber aulgeklärt worden, sowie über die Tatsache, daß Lültwitz einen Putsch vorhabe. Weiter schildert der Zeuge die Unterredung zwischen Ehrhardt und den Generälen Oldershausen und Oven in Döberitz. Ehrhardt habe Herrn v. Oldershausen sein Bedauern darüber ausgesprochen, daß«r hinter seinem Rücken das Unter- nehmen eingeleitet habe, er könne aber nicht mehr zurück, da er sich Lüttwitz gegenüber gebunden habe. General v. Oldershausen beschwor Ehrhardt, von dem Unternehmen zu lassen. Vors.: Ein General beschwört seinen Untergebenen? Das ist doch undenkbar! Beim Militär gilt doch, soweit ich weiß, jeder Befehl. Herr v. Oldershausen hätte dock) nur befehlen brauchen. Zeuge: Hier lag«in Sonderfall vor. Ehrhardt fühlt« sich in der Auswirkung des politisch eingestellten Unternehmens an Lüttwitz gebunden. Am Schluß der Unterredung forderte Ehr- Hardt dann verschiedene Dinge, darunter die Neuwahl des Reichs- Präsidenten durch das Dolt, Errichtung einer Regierung auf breiter Grundlage, Wiederverwendung des General o. Lüttwitz , die Ein- setzung eines militärischen Kriegsministers und Amnestie für die Führer und Mannschaften, die an dem Dormarsch beteiligt waren. Vors.: Ich verstehe trotzdem noch immer nicht, weshalb General v. Oldershausen dem untergebenen Offizier Ehrhardt nicht in scharfer militärischer Form entgegengetreten ist und ihn gefangen gesetzt bar. Zeuge: Es ist sehr traurig, das auszusprechen, aber d'e vechält- niste waren damals so verworren, auch unter dem Osfizlerskorps. daß von der alten Disziplin keine Rede mehr sein konnte. Ehrhardt hätte einfach nicht mehr pariert. Darauf wurde General v. Oldershausen (seinerzeit Chef des Reichswebrgruppenkammandas I) vernommen. Cr erklärte: Ich wußte ungefähr von dem Vorhaben des Generals v. Lüttwitz und suchte ihn auf, um ihn zu bitten, sich nicht weiter mit kapp einzutasten, dem nach meiner Ansicht iedes Organisations- latent fehlte— Vors.: Na, aber ich verstehe Sie nicht. Vor allen Dingen hatte doch Herr v. Lüttwitz ein Verbrechen vor.— Zeuge: NatürliiH, das war auch ausschlaggebend. Ich habe die Ehrhardt-Driqnde in Döberitz durch das dortige Fliegerkommando übermachen lasten.?lls ich von dem Vormarsch nähere Nachricht bekam, organisierte ich den Widerstand in Berlin und ordnete den Schutz des Regierungeviert elsan. Ich bin dann nach Döberitz ge- fahren und verlangte Ehrhardt zu sprechen. Ehrhardt selbst sagte mir. er sei schon von fünf bis sechs Admiraten und Generaten«hne Erfolg ersucht worden, von seinem Unternehmen abzulassen.. Als ich saffc- daß Zureden n chls mehr half, teilte ich ihm mit, daß in Berlin der Widerstand rrganisierr sei und daß auf seine Leute geschossen werden würde. Da stellte Ehrhardt sein bekanntes Ulti- inatum und erklärte mir. auch„er würde am Rande von Charlotten- bürg warten, bis eine Kabinettslitzung sich mit seinen Forderungen beschäftigt hätte".— Vors.; Ja, haben Sie denn dem Kapitän nicht unter die Rase gerieben, daß Sie sein Vorgesetzter seien und daß er sich in Arrest z» begeben hätte, bis Sie weiteres verfügten?— Zeuge- Ehrhardt hätte mir einfach nicht gehorcht Dazu kam, daß die grüne Polizei mit Ehrhardt sympathisierte. Roch dem Scheitern meiner Mission fuhr ich nach Berlin zum R e i ch s w e h r ni i n: st e r Rost« in die Kabinetts- sttzung. Roste war der Ansicht, man solle den„Spuk", wie er es nannte, mit Malchinengnmhien verjaaen. Ich sagte zu ihm: Dieser Ausspruch macht Ihrem mililärlichen Empfinden aste Ehre, aber Sie dürfen mir glauben, daß zwar dort, wo Sie gerade stehen, geschossen wird. Aber rerfjts und links von dieser Stelle wird man nicht schießen: schließlich wird man uns von hinten totschlagen. Auch Generat v. S e c ck t war der Ansicht, daß man am Branden- burger Tor nicht mit blauen Bohnen manövrierest könne. Darauf- hin ist auch der Widerstand iu Bcrbn aufgegeben und die eingesetzten Truppen sind zvrückgezoge» wo, de». Zum Schluß des heutigen Verhandlungstages wurde npch Oberst. leutnant v. Bock und General a. D. v. Hülfe» vernommen. Hieraus wurde die Verhaudluos aus Dieuotag früh vertagt.