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steuer zeigt, weite Kreise an der Geldentwertung ht einem Mahe, zu dem die Verzugszinsen des Reiches bei verspäteter Steuerzahlung in gar keinem Verhältnis stehen. Man sollte den Zinssatz für Zahlungsverspätungen radikal, vielleicht auf 200 Proz. monatlich, heraufsetzen, so daß auch den säumigen Steuerzahlern die Lust vergeht, mit den vom Reich gestundeten Beträgen an der Geldentwertung zu verdienen. Selbstverständlich müßte auch die Kreditgewährung der Reichsbank derart eingestellt werden, daß Geld- cniwertungsgewinne ganz ausgeschaltet oder wenigstens sehr erschwert werden. Es sollte sich ein Weg finden, derartige Maßnahmen auf dem Verordnungswege zu treffen, um die weitere Berelen- dung des Volkes hintanzuhalten. Gerade wenn man mit der Regierung der Ueberzeugung ist, daß der Kampf gegen das Währungselend mit aller Energie und mit größter Beschleu- nigung aufgenommen werden muß, darf man nicht warten bis zu einem Zeitpunkt, wo bei der täglich wachsenden Rot die Hilfe vielleicht schon zu spät ist. Cuno und dann? Stimmen aus dem Zentrum und der Bokkspartei. Die Frage, wie weit und wie einflußreich die Zentrums- kreise sind, die hinter dem Not-Artikel derGermania * stehen, ist für die weitere Entwicklung der Dinge von großer Bedeutung. Als symptomatisch kann es betrachtet werden, daß derDeutsche ", das Organ Stegerwalds, erklärt, man könne und müsse alle Ausführungen derGermania " unterschreiben. DieMärkische Volkszeitung" druckt den Ar- tikel ab und nennt bei dieser Gelegenheit dieGermania " das führende Zentnimsblatt, das sie auch zweifellos ist. Da- gegen spricht die volksparteilicheZeit" von einemfalschen Alarm" und erklärt, sie habe Grund, den Artikel derGer- mania" nicht für parteioffiziös zu hallen. Weiter sagt sie: Er geht wahrscheinlich auf bestimmte Kreis« und Per- sonen des Zentrums zurück, die besonderen Anlaß zur Oppo- sition suchen. Das Zentrum als Gesamtpartei kann man mit diesem Artikel jedenfalls nicht identifizieren. Man wird viel- mehr nach unseren parlamentarischen Erkundi- gungen annehmen können, daß die maßgebenden Kreis« der Zentrumsfrattion den Alormartikel derGermania " gerade im gegenwärtigen Zeit- punkt nicht billigen, da er die Stimmung nur unnötio erregt. DieG e r m a n i a" setzt indessen ihren Feldzug fort. indem sie den Eintritt der Sozialdemokratie in die Regierung fordert. Sie sagt zu den Ausführungen, mit denen wir ihren Not-Artikel begleiteten, folgendes: Es ist ein billiges Vergnügen, anderen Leuten vorzurechnen, daß sie aus negativer Kritik positiv« Folgerungen zu ziehen Höllen, i Gilt diese Wahrheit nicht auch für die Sozialdemokratie? Wer erkennt, daß es mtt dem heutigen Kurse nicht weitergehen kann, hat die Pflicht zu positivem Handeln und kann sich hinterher mit der wohlfeilen Redensart, er habe es ja immzr gesagt, nicht herausreden. Man wird an die Sozialdemokratie die Frage richten müssen, was sie getan, nicht was ste gesagt hat. Wenn die Sozialdemokratie also erkennt, daß es so nicht weiter- gehen kann, so hat sie genau dieselben Pflichten, die sie aus unserer Kritik ableitet, nämlich dafür zu sorgen, daß ein«starke, attions- iähige, auf ehrliches Vertrauen breiter Volksmasien gestützte Re- gierung" gebildet wird. Die Sozialdemokratie kann wirklich nicht behaupten, daß das Zentrum diesem Bestreben im Wege steh«. Nicht erst seit gestern, feit Iahren, besonder» aber vor und nach dem 14. November 1922 ist das Zentrum bemüht gewesen, eine solche Regierung zustande zu bringen. Das kann aber bei unseren parla- mentarischen Verhältnissen nur durch ein« Regierung der großen Koalition, also eine Vereinigung von Stresemann bis Breitscheid , geschehen. Eine solche Regierungskoalition, wie sie zur Zufriedenheit in Preußen besteht, hätte dl« groß« Mehrheit des deutschen Volkes hinter sich, besäße im Reichstag eine feste parla- meniarische Basis und könnte mit starker Hand die Dinge zum Besieren wenden. Daß wir heute diese Regierung nicht haben, daran

ist die Sozialdemokrasie nicht unschuldig, die durch ihre ungeschickte Taktik im November vorigen Jahres die Regierung Cuno überhaupt erst ermöglichte. Die Sozialdemokratte hätte es in der Hand, aus dem Kabinett Cuno die starke, aktionsfähige Regierung zu machen, die derVorwärts" verlangt. Sie hätte dann allerdings die Pflicht, nicht kritisierend abseits zu stehen. Unsere gestrigen Aus- führungen hatten den Zweck, auf die Notwendigkeit einer starken, sich ihrer Verantwortung bewußten, zum Führen entschlossenen Re- gierung hinzuweisen. Die heutige Regierung hat das vertrauen der breiten Massen nicht mehr. DasmitallerKlarheitzum Ausdruck zu bringen, erscheint un« notwendig. Wir haben die Stimmung so geschildert, wie sie im Volke überall zu» Ausdruck kommt. Die Folge- rungen daraus zu ziehen, ist Sache der Regierung und der Par- teien. Es wäre verhängnisvoll, über diese verzweifelte Stimmung einfach hinwegzugehen oder zu glauben, sie durch Redensarten be- ruhigen zu können. Wir wiederholen, was gestern hier gesagt wurde: Das Kabinett Cuno könnt« ein« starke Regierung sein, wenn es wollte. Es könnte durch energische Notstandsmaßnahmen, wie sie die Gefahren der Stunde erheischen, das geschwunden« Vertrauen viel- leicht noch zurückerobern. Wir brauchen wirklich diestarte, affions- fählge, aus ehrliches vertrauen breiter Volksmassen gestützte Regie­rung". die dervorwärts" verlangt. Bemerkenswert ist auch, was dieZell ", das offizielle Organ der Volkspartei, zum Not-Artikel derGermania " zu sagen hat. Sie meint: Nicht richtig scheint es uns, wenn dieGermania " plötzlich alle Schuld nur bei der Regierung findet, derenBankerott" verkündet und von einer Neunten-Novemberstimmung spricht. Schließlich war doch das Zentrum mit Regierungspartei, oder, wenn es diesen Ausdruck ablehnt, jedenfalls mitverantwortlich wie jede andere Partei für das Geschehen und Unterlassen dessen, was seit dem Januar vor sich gegangen ist. Das trifft letzten Endes auch die Sozialdemokratte, die in ihremVorwärts"- Kommen- tar so tut, als wenn es sich bei unserer gesamten Lag« um die Schwierigkeiten eines bürgerlichen Kabinetts handle, und als wenn dies« Schwierigkeiten die Verantworttichkeit der Sozialdemokratie weniger drückten, weil sie diesem Kabinett ja nicht angehöre. In Zellen wie den heutigen und in Zeiten des Ruhrkampfes gibt es überhaupt keine Teilung der Parteien in Regierungs- und Oppo- sittonsparteien, sondern die Gesamtheit des Reichstages ist für die gute Führung der Geschäfte ebenso verantwortlich wie die Re- gierung. Die Führer der Arbeitsgemeinschaft sind Sonnabend nachmittag zu einer Besprechung im Reichstag zusammengetreten. Der Reichstag selbst wird sich anfangs August zusammensindeu, und man wird dann auch in aller Ruhe die Frage erörtern können, ob ein Regierungswechsel. auf den dieGermania " ebenso wie dervorwärts" anspielt, uns weiter bringt. Sollten wirklich weite Kreise der Auffassung sein, daß er wünschenswert ist, um unserer inner- und außenpolitischen Not zu steuern, so würden die Männer, die heute an der Spitze des Reiches stehen, die letzten sein, die sich einer solchen Forderung versagen. Dafür birgt ihr Charakter, der lediglich in der Hingabe an das Staatsganze die Aufgabe des einzelnen Staatsmannes zu sehen hat.... Sollte aber doch die Regierung in«ine schwierige Lag« kommen, so stimmen wir demVorwärts" zu, daß wir uns in dieser Zeit den Luxus langwieriger Regierungskrisen nicht leisten können, und daß den Versuch, die Regierung Cuno zu stürzen, nur machen darf, wer überzeugt ist, daß ihr sofort eine andere Regie- rung zu folgen vermag, die, auf das Vertrauen weller Volksschichten gestützt, in der Lage ist, die Dinge vorwärts zu führen. Diese Auf- fassung desVorwärts" ist eine Warnung für unüberlegte Herbei- führung von Regierungstrifen, läßt aber gleichzeittg auch zwischen den Zeilen erkennen, daß die Sozialdemokratie bereit ist, unter Umständen verantwortlich an einer neuen Regierungsbildung mitzuwirken. Sie gibt damit sicherlich die Ansichten der offiziellen Parteiführung wieder, die gleichzeittg die schärfste Verurteilung derjenigen Bestrebungen bilden, die anderwärts Sozialdemokratie und Kommu­nismus vor einen gemeinsamen Wagen spannen wollen. Nach

dieser Richtung hat der Angrtffsartikel derGermania" ein be- deutsames Echo geweckt und wir werden den kommenden inner- polittschen Ereignissen mit Spannung entgegensehen können. Nicht nur die Staatsautorität, sondern auch die parlamentarische Autor:?-''! steht gegenwärtig auf dem Spiel. Der'Ruf nach dem Diktator ist auch der Ausdruck der Müdigkeit gegenüber einem Parlament, da? die Dinge nicht zu wenden vermag. Hüte man sich vor unüberlegten Handlungen und vor irgendeinem Szenenwechsel, der in Wirllichkeit das Spiel nicht ändert. Finde man sich zusammen in dem, was ge- setzgeberisch prakttsch geschehen muß, vielleicht durch ein« Inlliative aus dem Reichstag selbst, und sorge man dafür, daß die über- mäßig gespannte Situation uns nicht zu allem, was wir polltisch und wirffchastlich zu tragen haben, noch ein Bild häßlichen Parteihaders in nächster Zeit gibt. DieZeit" täte gut. aus unseren Ausführungen keine allzu weitreichenden Schlüsse zu ziehen, insbesondere nicht, was die Parteikonstellation in einigen Einzelstaaten betrifst. Sie spricht von Sachsen , wir könnten von Bayern reden. Das ist ein interessantes Kapitel, über das man sich stundenlang unterhalten könnte, aber es führt zu nichts und vom Thema weit ab. Die Entdeckung, daß die Sozialdemokratieunter Um- st ä n d e n" bereit ist, an einer Regierungsbildung teilzu- nehmen, brauchte nicht erst jetzt gemacht zu werden. Allerdings kommt es eben auf die Umstände an. Aus der Stellung� der Parte', in der Regierung und aus ihrem Programm müssen die Anhänger der Sozialdemokratie die Hoffnung schöpfen können, daß der richtige Weg zur Besserung der äußeren wie der inneren wirtschaftlichen Lage betreten wird, und diese Hoffnung darf nicht enttäuscht werden. Dabei sind nicht die Schlagwort« und die vorgefaßten Meinungen entscheidend, sondern die Männer und die Maßnahmen. Die£00* des Einzelhandels. Gegen falsche Borwürfe. Bei den starken Preiserhöhungen für alle Gegenstände des tag- lichen Bedarfs sind in der Press« und sonst in der Oeffentlichkcit schwere Angriffe gegen den Einzelhandel in seiner Gesamtheit erhoben worden: in einzelnen Fällen ist es zu Plünderungen von Läden und Ausschreitungen gegen die Inhaber von Ladengeschäften gekommen. Dem Einzelhandel wird vielfach die Schuld für das Anziehen der Preis« zugeschoben und behauptet, daß er durch Zurück- Haltung von Waren und wucherische Ausbeutung der Allgemeinheit unberechtigte übermäßig« Gewinne erziele. Wo solche Fälle vor- liegen, wird jedesmal mitallemRachdruckeingeschritten werden. Don preußischer Regierungsseite wird jedoch darauf hin- gewiesen, daß ein« Verallgemeinerung solcher Angriffe der Begründung entbehrt. Der Einzelhandel ist bei der fortschreitende!, Geldentwertung genöttat, bei Bemessung des Kleinoerkaufs- Preises der allgemeinen Preissteigerung Rechnung zu tragen. Es würde ihm sonst nicht möglich sein, den Bestand seiner Verkaufslägcr in dem für die notwendigsten Bedürfnisse der Bevölkerung erforder- lichen Umfange zu erhallen und feine Aufgab« der Warenoerteilung zu erfüllen._ Die Teuerung im besehten Gebiet. Essen. 28. Juli. (Mtb.) Die katastrophale Geldentwertung ver- fmnden mit dem Mangel an Einfuhrdevisen hat«ine sehr starke Preissteigerung, besonders für Kartoffeln, zur Folge gehabt. Das Ruhrgebiet ist während der Sommermonate so gut wie aus- schließlich auf holländische Kartoffeln angewiesen. Der Zentner ländischer Kartoffeln kostet 3,10 Gulden, mithin schon in Holland über 1 Million Mark. In den letzten drei Tagen erhöhte sich der Kartoffel. preis von 3000 auf 6000 und gestern auf 10000 M. für das Pfund. Heute ist der Preis für dasPfundKartoffeln auf 16000 M a r k in die Höhe geschnellt, wobei sich für den Kleinverkauf nur ein Gewinn von S Proz. bei einer Zumessung von 2 3 Zentnern für jedes Geschäft ergibt. Erst im Lauf« der nächsten Wochen�worden aus Hannover und der Provinz Brandenburg inländische Früh? er- toffeln erwartet, die eine Entspannung der Lage auf dem Kartoffel- markt herberführen dürften. Bei Gemüse, das ebenfalls wegen

Deutschland ! Bon Karl Dröge r. Roch bist du gauz zerrissen. Aus hundert Wunden strömt dein Blut. Du keuchst ia Finsternissen And schwelst in einer trüben vlnt. verworrner Streit der Stimmen Erstickt den Ton. der alle» eint. Sollst du in Rächt vergllmmeu? Ist dir kein neuer weg vermeint? Ich spähe nach den Zeichen, Und schon zerbricht der harte Rann. ver Wahn muß einmal weichen. Daß dich die Welt enkbehreu kann. Uns aber ist geboten, Mit dir durch Rächt in» Licht zu geh«, Darin einst deine Toten verklärt und herrlich anferst ehn.

von weißen Mäusen und Ringkämpferinnen. Berliner Gerichtsfzenen. Bon Manfred Georg . Die Wittib Berta Senkblei hatte sich für den großen Tag in Moabit , da sie vor den Berliner Schöffen ihre gerechte Sache ver- treten sollte, besonders fein gemacht. Die angesteckten Locken bim- mellen wie Elöckchen pomadisiert hin und her, auf den Wangen! glänzt« ein frisches Hochrot und die riesige Granatbrosche saß wie ein altertümliches Schild auf dem schwachen Vorgelände der Brust. Ihr Gegner, Theodor C., Leiter eines sogenanntenTiersana- toriums" im Norden der Stadt, scheint die ganze Angelegenheit nicht so ernst zu nehmen. Er sitzt mit gelassenem Lächeln ihr gegen- über, und ihre Blick« entzünden sich an der freundlichen Klarheit seiner wasserblauen Augen zu einem immer giftigeren Farbenspiel. Vorsitzender: Sie beschuldigen also, Frau Senkblei, den Herrn C., Ihre Hyazinthe getötet zu haben? Di« Witwe: Er hat sie getötet. Da gibt's kein Zweifel. Vorsitzender: Aber er hat ste Ihnen doch wieder zugeführt. Die Witwe� Das ist nubt wahr. Das hier ist sie nicht, das weiß ich genau, bitte sehr. Und sie schlägt ihre über den Tisch fallend« Mantille auseinander und enthüllt«inen kleinen Holzkäfig, in dem eine niedliche weihe Maus unruhig hin und her hüpft. Die Witwe: Das ist sie nicht. Hyazinthe war eines Tages sehr unruhig. Sie sraß nicht. Wenn ich sonst kam, klopfte sie mit dem Schwänzchen auf den Boden und schnüffelte oder ließ ein Kleckschen vor Freude. Nicht mehr. Herr C. meinte, sie Hab« die Grippe und ich sollte sie dalassen. Als ich wieder kam, übergab er mir den Käsig. Sein Diener grinste furchtbar dabei. Das fiel mir schon aus. Na, ich zahlte und ging mft meinem Mäuschen nach Hause. Wie ich dort

das Milchnäpfchen reinstelle, rührt sich das verdammte Vieh nicht vom Fleck, und wie ich es mit dem Finger locke, beißt es mich. Da wußte ich: Herr E. hat mein weißes Prinzeßchen gemordet. Er hat ja auch einen Mörderblick. Vermutlich hat er Hyanzinthe viviseziert, der der I Vorsitzender: Beruhigen Sie sich nur, Frau Senkblei. Wir haben auch noch schlimmer« Verbrecher hier. Und wir haben auch wenig Zeit. Haben Sie also Beweise,.daß dieses Tier«in anderes ist als Ihre Hyazinthe? In diesem Augenblick ereignet sich«in Zwischenfall. Herr Theodor C. erhebt sich, blickt mit seinen wasserblauen Augen umher und erklärt in seinem gemütlichen Dialekt: Es Ist scho hall so, wie dös Weibsbild dohrt moint. Wär' i net abgreift gwen, hätt' i dem hohen Gerichtshof das Verhandeln g'sport und ihr a Göld zahlt. Das Luder, i mein die Maus nämli, vcrreckete glei am nächsten Tag. Hat halt zuvill im Wams gehabt. Do Hab ich ein' andere kauft. I kann mi net zanken. Nacha hätt's gheißn, i bin a miserabler Viechdoktor, nich? Vorsitzender(lächelnd): Na, sehen Sie, Herr C. wollte doch allen Schaden gut machen. Er hat Sie doch nicht betrügen wollen. Die Witwe: Aber gequäll hat er das süße Tierchen schrecklich. Vorsitzender: Na, es ruht ja jetzt sanft. Nun aber Schluß. Also ver- gleichen wir uns jetzt oder! Endlich läßt sich Frau Senkblei überreden. Nicht ohne beim Herausgehen wütend zu murmeln:Aus Indien war ste. Vielleicht ist sie gar nicht tot. Aber ich werde das schon herauskriegen!" Und wutschnaubend und unversöhnlich segelt sie davon. »* Ganz in den Ideen seiner Zeit aufgegangen war der Taschen- dieb Bruno M., der die Iudensrage von der praktischen Seite her zu lösen suchte. Wer ihn da so vor den hiesigen Schössen sah, konnte nimmermehr aus den Gedanken kommen, es mit einem gewöhnlichen Kollegen der Warschauer Ganowim zu tun zu haben. Gekleidet wie ein Leipziger Normalbürger, mit kariertem Vorhemdchen, absichtlich aus den Röllchen herausgezupften Wollimterjackenärmeln und einem, allerding» unechten blonden Vollbart bettat M., der hauptfächlich auf der Berliner Hochbahn und der Wannseebahn sein Unwesen trieb, gewöhnlich mit einer Nummer desVölkischen Beobachters" und einem Hakenkreuz im Knopfloch bewaffnet, das Abteil, in das sich sein schon lang« vorher beobachtetes Opfer gesetzt hatte Vorsitzender: Und was machten Ei« dann? Angeklagter: Nun, ich begann in meiner Zeitung zu lesen, schüttelte mit dem Kopf, murmelte vor mich hin und begann schließlich auf die Juden zu schimpfen. Das zog immer. Ein paar regten sich stets auf und der, auf den ich zielte-- Dorsitzender: Wußten Sie denn immer, ob der von Ihnen Verfolgte ein Jude war? Sonst hätte er doch nicht im gewünschten Sinne reagiert. Angeklagter: Ach. wissen Sie, Herr Vorsitzender. Er schon nicht. Aber die anderen wissen so selten. mit wem sie es zu tun haben, daß sie auch einen Nichtjuden so lange reizen, bis er hochgeht. Die sind eben dumm. Na, gewöhnlich kam es dann zum Krach. Ich hatte ja auch immer Gegner unter dem Publikum. Wenn sich alle nun genügend zankten, dann beleidigte ich den anderen plötzlich direkt. Er springt auf, will mir an die Kehle, andere fahren dazwischen, wir prügeln un,(es ist immer kurz vor einer Station) und ich verschwinde. Habe ich nicht seine Uhr im Gebalge, dann sicher die eines anderen. Vorsitzender: Na, hören Sie mal, für Sie wäre ein Aufhören

des Antisemitismus ja direkt eine Eeschäftsschädigung. Sind Sie nicht übrigens auch Mitglied von Geheimlogen? Angeklagter: Jawohl. Ich mußte eine Blutprob« abgeben. Vorsitzender: Ich denke, Ihre Mutter war Polin. Angeklagter: Wenn schon. Ich habe ja die Blutprobe von meinem Freund Hermann eingereicht. Jetzt bin ich allerdings überall herausgeschmissen. Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück und gibt nach seiner Rückkehr dem gewitzten Welttind Zeit,«ine Weil« in gesicherter Muße ein« neue polittsche Sttömung abzuwarten. -i- Wie gefährlich es mitunter ist, für nicht ganz sattelfeste Lieb- haber, am späten Abend junge Mädchen anzusprechen, mußte der Korrespondent Br. erfahren. Er hotte mit Kollegen in einem öst- lichen Vorort gezecht und war mit der Stcttlner Bahn nachts wieder nach Berlin hereingekommen. Heute stand er als Privotkläger in Moabit vor den Schranken und ihm gegenüber eine junge Böhmin, vollbusig, in roter Bluse, halben Reiterstiefeln und einem molligen Gesicht, aus dem nur das Kinn sonderbar energisch hervorsticht. Sie ist wegen Körperverletzung angeklagt. Vorsitzender: Sie geben also zu, den Herrn Br. niedergeschlagen zu haben? Angeklagte: Jawohl. Ich landete einen unter dem Kinn. Vorsitzender(erstaunt): Was taten Sie? Was sind das für Fachausdrücke? AngeNagte: Bitte schön, ich bin Boxerin. Ich kam von Hamburg und suchte in Berlin Engagement zum Damenboxen. Hatte mich etwas verspätet, da sprach der Kläger Ecke Friedrich- und Chausseesttaße mich an. Er wackelt« zwar ein bißchen, und ich nahm ihn erst gar nicht ernst. Ging ruhig weiter. Mit einem Male zieht er mich am Pelzkragen. Das war mir aber doch zu bunt. Ich herrsche ihn an: Belästigen Sie mich nicht! Na, und wie das in der Gegend da oben ist, gleich waren Dutzende rings um mich herum. Und da geniert er sich wohl, weil«r so feudal aussah mit der bunten Mütze und brüllt: Was, ich Sie angesproch««?! Sie haben mich angesprochen, verstehen Sie.! Da klebte ich ihm aber eine, er wollte mit dem Stock schlagen, und nu ging ich los, wupp, wupp, da lag er und paddelte mit den Lackbeenen in der Luft.... Der Zu- schauerroum strahlt. Das Gericht schmunzelt. Der Kläger bohrt den Kopf in die Akten. Dann kommt eine Beratungepause, die mit einer nicht allzu hohen Geldsttafe endet: Wegen des wenig einwandfreien Verhaltens des Klägers. Ein Zuschauer fälscht beim Hinausgehen Goethe und meint: Ja, ja, das Ewig-Weibliche schlägt uns knock out.

ver dritte Songreh der puzlsistischea Studenten Deuljchlands begann Sonnabend abend in Dresden . Am Sonntag vormittag findet auf dem Altmarkt gemeinsam mit einer Kundgebung der Arbeiterschaft Dresdens und den Dresdener Gesinnungsfreunden eine KundgebungNie wieder Krieg" statt. Nachmittags 4 Uhr wird der Kongreß im Landtagsgebäude eröffnet. Auf der Tages. ordnung stehen ein Referat zur gegenwärttgen Lage, ein Bericht der Engländerin Sleepshonks über die polittschen Sttömungen zur gegenwärtigen Lag« in England. Ein Bericht des Bundesoorsttzenden W. Wedding über die internationale Stundentenbewegung und ein Jahresbericht der Bundesleitung. Frau Else Reventtow wird über die Stellung des Deutschen Friedenstartells zur Ruhrfrage referieren. Der Montag wird den Völkerbundproblemen gewidmet sein.